H-Theorem

H-Theorem

Das Boltzmannsche H-Theorem erlaubt es, in der kinetischen Gastheorie die Maxwell-Boltzmann-Verteilung zu finden und die Entropie zu definieren. Es handelt sich damit um eine zentrale Aussage in der kinetischen Gastheorie. Das H-Theorem kann dazu herangezogen werden um den Vorgang der Equilibrierung eines Systems zu beschreiben, welcher insbesondere im Nichtgleichgewicht abläuft[1].

Das H-Theorem wird auch Eta-Theorem genannt, weil mit dem Symbol H statt des lateinischen Buchstabens H, der nicht für die Enthalpie steht, auch der oft gleich aussehende, griechische Buchstabe Eta gemeint sein könnte. Wie das Symbol zu verstehen ist, wird seit langem diskutiert und bleibt mangels schriftlicher Belege aus der Entstehungszeit des Theorems ungeklärt.[2][3] Einige Hinweise sprechen aber für die Interpretation als Eta.[4]

Aussage

Der Inhalt des H-Theorems besteht in einer Aussage über die Größe H,

H(t):=d3vf(v,t)lnf(v,t),

wo f die Boltzmann-Verteilungsfunktion ist, die die Teilchenzahl in einem Volumenelement des Phasenraums d3v bei (x,v) angibt. Dabei werden als Konsequenz des thermodynamischen Limes Effekte an der Oberfläche des betrachteten Volumens vernachlässigt sowie Freiheit von äußeren Kräften angenommen und damit eine x-Unabhängigkeit von f begründet.

Der Ansatz für H kann je nach Problemstellung variiert werden; für ein Gemisch aus zwei Gasen A und B ist etwa der Ansatz

H=HA+HB

sinnvoll, wo HA und HB das oben definierte H mit den Verteilungsfunktionen für A und B ist.

Mit Hilfe der Boltzmann-Gleichung und der Annahme verschwindender äußerer Kräfte berechnet sich die zeitliche Ableitung von H als

tH=d3v1d3v2dΩ dσdΩ |v1v2| (f1f2f1f2)[ln(f2f1)ln(f2f1)].

mit

  • fi:=f(vi)
  • v1 und v2 bezeichnen die Geschwindigkeiten zweier Stoßteilchen vor dem Stoß,
die gestrichenen Varianten ihre Geschwindigkeiten nach dem Stoß
  • dσdΩ ist der differenzielle Wirkungsquerschnitt der Stoßteilchen.

Aus der Form von tH sehen wir die Aussage des H-Theorems:

dHdt0,

woraus folgt, dass H(t) eine monotone Funktion ist.

Folgerungen

Gleichgewichtsverteilung

Im Gleichgewichtsfall muss offensichtlich tH=0 gelten. Aus der Form von tH erkennt man, dass lnf dann eine Erhaltungsgröße in den auftretenden Stößen sein muss. Nimmt man an, dass es sich dabei um eine Linearkombination der folgenden bekannten Erhaltungsgrößen des Stoßes handelt:

  • Masse m der Stoßteilchen
  • Gesamtimpuls mv und
  • Gesamtenergie mv2/2,

so erhält man daraus die Maxwell-Boltzmann-Verteilung

f=Cexp(A(vv0)2)

mit den Konstanten C, A und v0.

Entropie

Aus dem H-Theorem folgt, dass H eine monoton wachsende Größe ist, wie dies für eine Entropie vonnöten ist. Definiert man

S:=kH0V

mit

  • k die Boltzmannkonstante
  • H0 die Größe H für die Gleichgewichtsverteilung und
  • V das Volumen des Gases,

so erhält man eine extensive Zustandsgröße, die mit der Zeit monoton wächst: eine Entropie.

Verallgemeinerungen

Es existieren Verallgemeinerungen für das H-Theorem, unter anderem das Relaxationstheorem[5].

Literatur

  • Kerson Huang: Statistical Mechanics. John Wiley & Sons 1987, ISBN 0-471-81518-7, Kapitel 4.

Einzelnachweise

  1. James C. Reid, Denis J. Evans, Debra J. Searles: Communication: Beyond Boltzmann's H-theorem: Demonstration of the relaxation theorem for a non-monotonic approach to equilibrium. In: The Journal of Chemical Physics. Band 136, Nr. 2, 11. Januar 2012, ISSN 0021-9606, S. 021101, doi:10.1063/1.3675847 (scitation.org [abgerufen am 25. Juni 2019]).
  2. S. Chapman: Boltzmann’s H-Theorem. In: nature, 139 (1937), S. 931, doi:10.1038/139931a0.
  3. S. G. Brush: Boltzmann’s “Eta Theorem”: Where’s the Evidence? In: American Journal of Physics, 35 (1967), S. 892, doi:10.1119/1.1974281.
  4. S. Hjalmars: Evidence for Boltzmann’s H as a capital eta. In: American Journal of Physics, 45 (1977), S. 214–215, doi:10.1119/1.10664.
  5. James C. Reid, Denis J. Evans, Debra J. Searles: Communication: Beyond Boltzmann's H-theorem: Demonstration of the relaxation theorem for a non-monotonic approach to equilibrium. In: The Journal of Chemical Physics. Band 136, Nr. 2, 11. Januar 2012, ISSN 0021-9606, S. 021101, doi:10.1063/1.3675847 (scitation.org [abgerufen am 25. Juni 2019]).