Das interplanetare Internet (englisch interplanetary internet, kurz IPN - auch: Deep Space Internet) ist eine geplante Erweiterung des Internets in den erdnahen Weltraum.[1][2] Aufgrund der großen Strecken, die von den Signalen im Weltraum zurückgelegt werden, müssen die verwendeten Netzwerkprotokolle besonders tolerant gegenüber Verzögerungen sein.[2] Während beim herkömmlichen Internet aufgrund des drahtgebundenen Backbone-Netzwerks Übertragungsfehler und Verzögerung bei der Datenübertragung vernachlässigbar sind, wird das interplanetare Internet durch häufige Übertragungsunterbrechungen und Verzögerungen im Minuten- bis Stundenbereich vor besondere Herausforderungen gestellt. Die beteiligten Knoten müssen daher die zu übertragenden Daten zwischenspeichern, bis der Empfänger den Erhalt bestätigt.[3]
Während zu Beginn der Raumfahrt noch Punkt-zu-Punkt-Kommunikation mit Ad-hoc-Protokollen vorherrschte, wurde mit zunehmender Kooperation verschiedener Nationen in der Raumfahrt die Notwendigkeit standardisierter Kommunikationsprotokolle offenbar. Die Entwicklung dieser Protokolle obliegt seit 1982 dem Consultative Committee for Space Data Systems (CCSDS).[4]
Obwohl die Standardisierung der Kommunikationsprotokolle für die Raumfahrt zu Beginn parallel zu, aber getrennt von der Entwicklung des Internets verlief, näherten sich die Protokolle seit Mitte der 1990er Jahre einander an. So wurde am 2. Januar 1996 ein Dateitransfer zu dem Satellit STRV-1b über das File Transfer Protocol durchgeführt, welches auf dem TCP/IP-ähnlichen Space Communications Protocol Specifications (SCPS) Protokollstack aufsetzte.[5][6] Die Satelliten der Disaster Monitoring Constellation kommunizieren mit ihren Bodenstationen direkt mittels IP.[7][8]
Die Internetprotokolle sind jedoch nur zur Datenübertragung über relativ kurze Distanzen, wie beispielsweise in den Erdorbit, geeignet. Zum Einsatz unter Weltraumbedingungen mit hohen Übertragungsfehlerraten und Verzögerungen bei der Kommunikation über lange Strecken werden neue Protokolle gebraucht, um die Regionen, innerhalb derer die Kommunikation über Internetprotokolle abgewickelt werden kann, zu verbinden. „Region“ ist ein natürlicher Begriff in der Architektur von Weltraumnetzen und bezeichnet ein Gebiet, in dem die Charakteristika der Kommunikation, wie Sicherheit und Verfügbarkeit von Ressourcen, homogen sind.[9] Das interplanetare Internet wird daher auch als „Netz der regionalen Internets“ bezeichnet.
Aus diesem Grund wurde am Jet Propulsion Laboratory der NASA unter der Leitung von Vinton Cerf und Adrian Hooke[10] mit der Entwicklung von Delay Tolerant Networking begonnen.
Dies führte zur Entwicklung des Bundle-Protokolls, das oberhalb der Transportschicht sogenannte bundle convergence layers einführt und Datenblöcke zu Bündeln aggregiert, die genügend Informationen enthalten, dass eine Anwendung weitere Arbeitsschritte ausführen kann. Beispielsweise würde ein Bündel eine komplette Webseite umfassen, die der Webbrowser des Empfängers dann darstellen kann. Die Bundle-Architektur bildet dabei zwischen den verschiedenen Regionen ein Overlay-Netzwerk, das Daten zwischen den Regionen nach dem Prinzip “Store and forward” überträgt.
Das Bundle-Protokoll stellt dabei verzögerungstolerante Ende-zu-Ende-Dienste wie Routing, Verfügbarkeit und Sicherheit[11] bereit. Es wurde erstmals im Jahr 2008 auf dem UK-DMC Satelliten getestet.[12][8]
Ein Beispiel für eine Ende-zu-Ende-Anwendung bei einer Weltraummission ist das CCSDS File Delivery Protocol (CFDP), ein zuverlässiges Dateiübertragungsprotokoll, das bei der Deep Impact-Mission eingesetzt wurde.[13]
Die Interplanetary Internet Special Interest Group der Internet Society arbeitete an Protokollen und Standards zum Thema interplanetares Internet.[14] Die Delay-Tolerant Networking Research Group ist die vorrangige Forschungsgruppe im Gebiet Delay Tolerant Networking (DTN).
Der für 2009 geplante Start des Mars Telecommunications Orbiter wurde von der NASA abgesagt; der Satellit hatte die Aufgabe, die Kommunikation zwischen Erde und Mars zu erleichtern und wäre der erste Hub des interplanetaren Internets gewesen.[15] NASA setzte die DTN-Tests mit der Deep Impact-Sonde Epoxi fort.[16][17]
Im Januar 2010 wurde auf der ISS zum ersten Mal ein Rechner im Weltraum mit dem Internet verbunden.[18]
Die Umlaufbahnen der meisten Erdsatelliten einschließlich der International Space Station sind so niedrig, dass dort die normalen Internetprotokolle verwendet werden.