92.217.135.164 (Diskussion) (Im Oktober klingt doch richtiger als nur Oktober 1935, oder?) |
imported>Max-78 K |
||
Zeile 2: | Zeile 2: | ||
== Leben == | == Leben == | ||
Deutsch wurde als Sohn eines jüdischen Ärzteehepaares ([[Felix Deutsch ( | Deutsch wurde als Sohn eines jüdischen Ärzteehepaares ([[Felix Deutsch (Mediziner)|Felix]] und [[Helene Deutsch]]) geboren. Seine Mutter Helene Deutsch (1884–1982) war Professorin für Psychiatrie an der Universität Wien und letzte Schülerin von [[Sigmund Freud]], der sie 1923 zum Leiter seines Wiener psychoanalytischen Trainingsinstituts machte. Martin Deutsch beteiligte sich 1934 am Widerstand gegen das [[Austrofaschismus|austrofaschistische]] Dollfuß-Regime<ref>Elke Mühlleitner: ''Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die Mitglieder der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1902–1938''. Tübingen : Edition Diskord, 1992 ISBN 3-89295-557-3, S. 76</ref> und musste nach [[Zürich]] fliehen, wo er zur Schule ging und an der [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|ETH]] zu studieren begann. Im Oktober 1935 zog er mit seiner Familie in die USA nach Cambridge, und Deutsch setzte sein Studium am [[Massachusetts Institute of Technology]] (MIT) fort, unter anderem im Labor des Experimentalphysikers [[George Harrison (Physiker)|George Harrison]]. 1937 erwarb er dort den Bachelor-Abschluss und 1941 promovierte er bei Robley D. Evans (''A study of nuclear radiations by means of a magnetic lens beta ray spectrometer''). | ||
Da er offiziell als deutscher (seit 1938) Staatsbürger galt, konnte er zunächst nicht für das [[Manhattan-Project]] tätig werden. Ab 1943 arbeitete er in [[Los Alamos National Laboratory|Los Alamos]] bei [[Emilio Segrè]] und [[Victor Weisskopf]] (der in Wien etwas früher als dieser dieselbe Schule wie Deutsch besucht hatte<ref>er machte sein Abitur, als Deutsch in das Gymnasium eintrat</ref>). Unter Segré befasste er sich dort hauptsächlich mit der experimentellen Untersuchung der Physik der Kernspaltung statt mit technischen Fragen des Bomben-Designs. | Da er offiziell als deutscher (seit 1938) Staatsbürger galt, konnte er zunächst nicht für das [[Manhattan-Project]] tätig werden. Ab 1943 arbeitete er in [[Los Alamos National Laboratory|Los Alamos]] bei [[Emilio Segrè]] und [[Victor Weisskopf]] (der in Wien etwas früher als dieser dieselbe Schule wie Deutsch besucht hatte<ref>er machte sein Abitur, als Deutsch in das Gymnasium eintrat</ref>). Unter Segré befasste er sich dort hauptsächlich mit der experimentellen Untersuchung der Physik der Kernspaltung statt mit technischen Fragen des Bomben-Designs. | ||
Ab 1946 war er am MIT<ref>wo damals auch Weisskopf und [[Bruno Rossi]] waren</ref>, wo er Professor wurde und bis zu seiner Emeritierung blieb. 1973 bis 1979 war er Leiter des Laboratory of Nuclear Science (LNS) am MIT, gefolgt von [[Francis Low]]. | Ab 1946 war er am MIT<ref>wo damals auch Weisskopf und [[Bruno Rossi]] waren</ref>, wo er Professor wurde und bis zu seiner Emeritierung blieb. 1973 bis 1979 war er Leiter des Laboratory of Nuclear Science (LNS) am MIT, gefolgt von [[Francis Low]]. | ||
Zeile 12: | Zeile 12: | ||
Er war seit 1939 verheiratet und hatte zwei Kinder, darunter [[L. Peter Deutsch]], den Entwickler von [[Ghostscript]] und Gründer der Software Firma Aladdin. Zu seinen Studenten zählt [[Henry W. Kendall]]. Deutsch holte auch [[Samuel Chao Chung Ting]] ans MIT, wo er die Arbeiten ausführte, für die er den Nobelpreis bekam. | Er war seit 1939 verheiratet und hatte zwei Kinder, darunter [[L. Peter Deutsch]], den Entwickler von [[Ghostscript]] und Gründer der Software Firma Aladdin. Zu seinen Studenten zählt [[Henry W. Kendall]]. Deutsch holte auch [[Samuel Chao Chung Ting]] ans MIT, wo er die Arbeiten ausführte, für die er den Nobelpreis bekam. | ||
1953 wurde Deutsch in die [[American Academy of Arts and Sciences]] gewählt. | 1953 wurde Deutsch in die [[American Academy of Arts and Sciences]] gewählt.<ref>Members of the American Academy. Listed by election year, 1950-1999 ([https://www.amacad.org/multimedia/pdfs/publications/bookofmembers/electionIndex1950-1999.pdf]). Seite 4. Abgerufen am 23. September 2015</ref> | ||
<ref>Members of the American Academy. Listed by election year, 1950-1999 ([https://www.amacad.org/multimedia/pdfs/publications/bookofmembers/electionIndex1950-1999.pdf]). Seite 4. Abgerufen am 23. September 2015</ref> | |||
Seit 1958 war er Mitglied der [[National Academy of Sciences]]. | Seit 1958 war er Mitglied der [[National Academy of Sciences]]. | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* Werner Röder; [[Herbert A. Strauss]] (Hrsg.): ''International Biographical Dictionary of Central European Emigrés | * Werner Röder; [[Herbert A. Strauss]] (Hrsg.): ''International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945'', Vol II, 1 München : Saur 1983 ISBN 3-598-10089-2, S. 213 | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
Zeile 27: | Zeile 26: | ||
<references /> | <references /> | ||
{{Normdaten|TYP=p|GND=|LCCN=no/2010/126528|VIAF=155191004 | {{Normdaten|TYP=p|GND=1144307724|LCCN=no/2010/126528|VIAF=155191004}} | ||
{{SORTIERUNG:Deutsch, Martin}} | {{SORTIERUNG:Deutsch, Martin}} | ||
[[Kategorie:Physiker (20. Jahrhundert)]] | [[Kategorie:Physiker (20. Jahrhundert)]] | ||
[[Kategorie:Hochschullehrer ( | [[Kategorie:Hochschullehrer (Massachusetts Institute of Technology)]] | ||
[[Kategorie:Österreichischer Emigrant in den Vereinigten Staaten]] | [[Kategorie:Österreichischer Emigrant in den Vereinigten Staaten]] | ||
[[Kategorie:Person (Manhattan-Projekt)]] | [[Kategorie:Person (Manhattan-Projekt)]] | ||
[[Kategorie:Mitglied der American Academy of Arts and Sciences]] | [[Kategorie:Mitglied der American Academy of Arts and Sciences]] | ||
[[Kategorie:Mitglied der National Academy of Sciences | [[Kategorie:Mitglied der National Academy of Sciences]] | ||
[[Kategorie:Fellow der American Physical Society]] | [[Kategorie:Fellow der American Physical Society]] | ||
[[Kategorie:Österreichischer Emigrant zur Zeit des Nationalsozialismus]] | |||
[[Kategorie:Österreicher]] | [[Kategorie:Österreicher]] | ||
[[Kategorie:US-Amerikaner]] | [[Kategorie:US-Amerikaner]] | ||
Zeile 42: | Zeile 42: | ||
[[Kategorie:Gestorben 2002]] | [[Kategorie:Gestorben 2002]] | ||
[[Kategorie:Mann]] | [[Kategorie:Mann]] | ||
{{Personendaten | {{Personendaten | ||
Zeile 51: | Zeile 50: | ||
|GEBURTSORT=[[Wien]], [[Österreich-Ungarn]] | |GEBURTSORT=[[Wien]], [[Österreich-Ungarn]] | ||
|STERBEDATUM=16. August 2002 | |STERBEDATUM=16. August 2002 | ||
|STERBEORT=[[Cambridge (Massachusetts) | |STERBEORT=[[Cambridge (Massachusetts)]] | ||
}} | }} |
Martin Deutsch (* 15. Januar 1917 in Wien, Österreich-Ungarn; † 16. August 2002 in Cambridge (Massachusetts)) war ein österreichisch-US-amerikanischer Experimentalphysiker. Er entdeckte das Positronium.
Deutsch wurde als Sohn eines jüdischen Ärzteehepaares (Felix und Helene Deutsch) geboren. Seine Mutter Helene Deutsch (1884–1982) war Professorin für Psychiatrie an der Universität Wien und letzte Schülerin von Sigmund Freud, der sie 1923 zum Leiter seines Wiener psychoanalytischen Trainingsinstituts machte. Martin Deutsch beteiligte sich 1934 am Widerstand gegen das austrofaschistische Dollfuß-Regime[1] und musste nach Zürich fliehen, wo er zur Schule ging und an der ETH zu studieren begann. Im Oktober 1935 zog er mit seiner Familie in die USA nach Cambridge, und Deutsch setzte sein Studium am Massachusetts Institute of Technology (MIT) fort, unter anderem im Labor des Experimentalphysikers George Harrison. 1937 erwarb er dort den Bachelor-Abschluss und 1941 promovierte er bei Robley D. Evans (A study of nuclear radiations by means of a magnetic lens beta ray spectrometer).
Da er offiziell als deutscher (seit 1938) Staatsbürger galt, konnte er zunächst nicht für das Manhattan-Project tätig werden. Ab 1943 arbeitete er in Los Alamos bei Emilio Segrè und Victor Weisskopf (der in Wien etwas früher als dieser dieselbe Schule wie Deutsch besucht hatte[2]). Unter Segré befasste er sich dort hauptsächlich mit der experimentellen Untersuchung der Physik der Kernspaltung statt mit technischen Fragen des Bomben-Designs.
Ab 1946 war er am MIT[3], wo er Professor wurde und bis zu seiner Emeritierung blieb. 1973 bis 1979 war er Leiter des Laboratory of Nuclear Science (LNS) am MIT, gefolgt von Francis Low.
1951 gelang ihm die experimentelle Bestätigung der Existenz von Positronium, einem wichtigen System zum präzisen Test der damals gerade in Entwicklung befindlichen Quantenelektrodynamik[4]. Deutsch vermaß auch dessen Spektrum und andere physikalische Eigenschaften. Da es aus einem Elektron und seinem Antiteilchen, dem Positron, besteht, zerstrahlt es in sehr kurzer Zeit in Photonen: im Grundzustand eine Zehntel Nanosekunde bei Para-Positronium (Spin 0), das in zwei oder allgemeiner eine gerade Anzahl von Photonen zerstrahlt, 140 Nanosekunden bei Ortho-Positronium (Spin 1), das in drei Photonen zerfällt. Die Existenz hatte unter anderem Carl David Anderson 1932 theoretisch vorhergesagt[5].
Er war seit 1939 verheiratet und hatte zwei Kinder, darunter L. Peter Deutsch, den Entwickler von Ghostscript und Gründer der Software Firma Aladdin. Zu seinen Studenten zählt Henry W. Kendall. Deutsch holte auch Samuel Chao Chung Ting ans MIT, wo er die Arbeiten ausführte, für die er den Nobelpreis bekam.
1953 wurde Deutsch in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.[6] Seit 1958 war er Mitglied der National Academy of Sciences.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Deutsch, Martin |
KURZBESCHREIBUNG | österreichisch-US-amerikanischer Experimentalphysiker |
GEBURTSDATUM | 15. Januar 1917 |
GEBURTSORT | Wien, Österreich-Ungarn |
STERBEDATUM | 16. August 2002 |
STERBEORT | Cambridge (Massachusetts) |