Quasineutralität: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Quasineutralität''' ist eine der grundlegenden Eigenschaften [[Physik|physikalischer]] [[Plasma (Physik)|Plasmen]]. Sie besagt, dass die [[Ladungsdichte|Dichten]] von positiven und negativen [[Elektrische Ladung|Ladungen]] in einem Plasma ungefähr gleich groß sind. Der Begriff wurde erstmals von dem Physiker [[Irving Langmuir]] 1929 verwendet&nbsp;<ref>Irving Langmuir and Lewi Tonks, [http://prola.aps.org/abstract/PR/v34/i6/p876_1 "General Theory of the Plasma of an Arc"], ''Phys. Rev.'' 34, 876-922 (1929)</ref>.
Die '''Quasineutralität''' ist eine der grundlegenden Eigenschaften [[physik]]alischer [[Plasma (Physik)|Plasmen]]. Sie besagt, dass die [[Ladungsdichte|Dichten]] von positiven und negativen [[Elektrische Ladung|Ladungen]] in einem Plasma ungefähr gleich groß sind. Der Begriff wurde erstmals von dem Physiker [[Irving Langmuir]] 1929 verwendet&nbsp;<ref>Irving Langmuir and Lewi Tonks, [http://prola.aps.org/abstract/PR/v34/i6/p876_1 "General Theory of the Plasma of an Arc"], ''Phys. Rev.'' 34, 876–922 (1929)</ref>.


Ein Plasma ist ein Gas, dessen [[Atom]]e oder [[Molekül]]e durch [[Ionisation]] teilweise oder vollständig ihre [[Elektron]]en verloren haben. Die Elektronen sind dann nicht mehr an die Atome oder Moleküle gebunden, sondern von ihnen befreit. Die negative Ladungen liegen in einem Plasma in Form von Elektronen vor und in bestimmten Fällen, die u.&nbsp;a. von der Art des Gases abhängen, auch in Form von negativen [[Ion|Ionen]], während die positiven Ladungen in Form positiver Ionen vorliegen.
Ein Plasma ist ein Gas, dessen [[Atom]]e oder [[Molekül]]e durch [[Ionisation]] teilweise oder vollständig ihre [[Elektron]]en verloren haben. Die Elektronen sind dann nicht mehr an die Atome oder Moleküle gebunden, sondern von ihnen befreit. Die negative Ladungen liegen in einem Plasma in Form von Elektronen vor und in bestimmten Fällen, die u.&nbsp;a. von der Art des Gases abhängen, auch in Form von negativen [[Ion]]en, während die positiven Ladungen in Form positiver Ionen vorliegen.


== Definition ==
== Definition ==
Quasineutralität liegt vor, wenn  
Quasineutralität liegt vor, wenn


:<math>\left| \sum_{i} (Z_{i} \cdot n_{i}) - n_{e} \right| \ll n_{e}.</math>
:<math>\left| \sum_{i} (Z_{i} \cdot n_{i}) - n_{e} \right| \ll n_{e}.</math>
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Dabei ist
Dabei ist
* <math>Z_{i}</math> die [[Ladungszahl]] der i-ten, hier positiv geladenen Ionensorte
* <math>Z_{i}</math> die [[Ladungszahl]] der i-ten, hier positiv geladenen Ionensorte
* <math>n_{i}</math> die [[Ladungsträgerdichte|Dichte]] der i-ten, hier positiv geladenen Ionensorte (die Summe wird über alle Ionenarten gebildet)
* <math>n_{i}</math> die [[Ladungsträgerdichte|Dichte]] der i-ten, hier positiv geladenen Ionensorte (die Summe wird über alle Ionenarten gebildet)
* <math>n_{e}</math> die [[Elektronendichte|Dichte der freien Elektronen]].
* <math>n_{e}</math> die [[Elektronendichte|Dichte der freien Elektronen]].
Um die Ladungsdichten in [[Coulomb]] pro Volumen zu erhalten, müssen - streng genommen - beide Seiten der Gleichung noch jeweils mit der [[Elementarladung]] <math> e </math> multipliziert werden.
Um die Ladungsdichten in [[Coulomb]] pro Volumen zu erhalten, müssen streng genommen beide Seiten der Gleichung noch jeweils mit der [[Elementarladung]] <math> e </math> multipliziert werden.


In extremen Fällen, in denen die Dichte der negativen Ionen nicht mehr gegenüber der Dichte der positiven Ionen vernachlässigt werden kann, muss sie ebenfalls in der Gleichung berücksichtigt werden:
In extremen Fällen, in denen die Dichte der negativen Ionen nicht mehr gegenüber der Dichte der positiven Ionen vernachlässigt werden kann, muss sie ebenfalls in der Gleichung berücksichtigt werden:
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== Verletzung durch elektrische Felder ==
== Verletzung durch elektrische Felder ==
[[Elektrisches Feld|Elektrische Felder]] können die Neutralität eines Plasmas lokal stören, z.&nbsp;B. in der Nähe der [[Randschicht|Plasma-Randschicht]] oder in Plasma-Doppelschichten. Durch die dadurch erfolgte Trennung von positiven und negativen [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträgern]] entstehen [[elektrische Spannung]]en. In einem quasineutralen Plasma ist die Neutralität nur über Bereiche gegeben, die groß gegenüber der [[Debye-Länge]] sind. Bei Plasmen in [[Gasentladungsröhre]]n und in [[Tokamak]]s liegt diese typischerweise im Bereich von 0,1 bis 1&nbsp;mm, im [[Sonnenwind]] etwa in der Größenordnung von 10&nbsp;m und im [[Interstellares Medium|interstellaren Medium]] von 10&nbsp;km. In Plasma-Doppelschichten, die sich zwischen Plasmen unterschiedlichen Typs bilden - wie zwischen der [[Magnetosphäre]] und der [[Ionosphäre]] der Erde - und die sich im Weltall über große Entfernungen erstrecken können (es wurden schon Ausdehnungen von über 5000&nbsp;[[Lichtjahr]]en beobachtet im [[Jet (Astronomie)|Jet]] der [[Galaxie]]&nbsp;[[M87]]), wird die Neutralität typischerweise verletzt über Abstände vom Zehnfachen der Debyelänge.
[[Elektrisches Feld|Elektrische Felder]] können die Neutralität eines Plasmas lokal stören, z.&nbsp;B. in der Nähe der [[Randschicht|Plasma-Randschicht]] oder in Plasma-Doppelschichten. Durch die dadurch erfolgte Trennung von positiven und negativen [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträgern]] entstehen [[elektrische Spannung]]en. In einem quasineutralen Plasma ist die Neutralität nur über Bereiche gegeben, die groß gegenüber der [[Debye-Länge]] sind. Bei Plasmen in [[Gasentladungsröhre]]n und in [[Tokamak]]s liegt diese typischerweise im Bereich von 0,1 bis 1&nbsp;mm, im [[Sonnenwind]] etwa in der Größenordnung von 10&nbsp;m und im [[Interstellares Medium|interstellaren Medium]] von 10&nbsp;km. In Plasma-Doppelschichten, die sich zwischen Plasmen unterschiedlichen Typs bilden wie zwischen der [[Magnetosphäre]] und der [[Ionosphäre]] der Erde und die sich im Weltall über große Entfernungen erstrecken können (es wurden schon Ausdehnungen von über 5000&nbsp;[[Lichtjahr]]en beobachtet im [[Jet (Astronomie)|Jet]] der [[Galaxie]]&nbsp;[[M87]]), wird die Neutralität typischerweise verletzt über Abstände vom Zehnfachen der Debyelänge.


Daneben gibt es auch geladene Plasmen wie z.B. in den geladenen [[Teilchenstrahl]]en von [[Teilchenbeschleuniger]]n oder in [[Ionenfalle]]n.
Daneben gibt es auch geladene Plasmen wie z.&nbsp;B. in den geladenen [[Teilchenstrahl]]en von [[Teilchenbeschleuniger]]n oder in [[Ionenfalle]]n.


== Weiterführendes ==
== Weiterführendes ==

Aktuelle Version vom 6. Juli 2019, 12:38 Uhr

Die Quasineutralität ist eine der grundlegenden Eigenschaften physikalischer Plasmen. Sie besagt, dass die Dichten von positiven und negativen Ladungen in einem Plasma ungefähr gleich groß sind. Der Begriff wurde erstmals von dem Physiker Irving Langmuir 1929 verwendet [1].

Ein Plasma ist ein Gas, dessen Atome oder Moleküle durch Ionisation teilweise oder vollständig ihre Elektronen verloren haben. Die Elektronen sind dann nicht mehr an die Atome oder Moleküle gebunden, sondern von ihnen befreit. Die negative Ladungen liegen in einem Plasma in Form von Elektronen vor und in bestimmten Fällen, die u. a. von der Art des Gases abhängen, auch in Form von negativen Ionen, während die positiven Ladungen in Form positiver Ionen vorliegen.

Definition

Quasineutralität liegt vor, wenn

$ \left|\sum _{i}(Z_{i}\cdot n_{i})-n_{e}\right|\ll n_{e}. $

Dabei ist

  • $ Z_{i} $ die Ladungszahl der i-ten, hier positiv geladenen Ionensorte
  • $ n_{i} $ die Dichte der i-ten, hier positiv geladenen Ionensorte (die Summe wird über alle Ionenarten gebildet)
  • $ n_{e} $ die Dichte der freien Elektronen.

Um die Ladungsdichten in Coulomb pro Volumen zu erhalten, müssen – streng genommen – beide Seiten der Gleichung noch jeweils mit der Elementarladung $ e $ multipliziert werden.

In extremen Fällen, in denen die Dichte der negativen Ionen nicht mehr gegenüber der Dichte der positiven Ionen vernachlässigt werden kann, muss sie ebenfalls in der Gleichung berücksichtigt werden:

$ \sum _{i}(Z_{i}\cdot n_{i})\approx n_{e}. $

Diese Formulierung wird auch als Plasmanäherung bezeichnet.

Verletzung durch elektrische Felder

Elektrische Felder können die Neutralität eines Plasmas lokal stören, z. B. in der Nähe der Plasma-Randschicht oder in Plasma-Doppelschichten. Durch die dadurch erfolgte Trennung von positiven und negativen Ladungsträgern entstehen elektrische Spannungen. In einem quasineutralen Plasma ist die Neutralität nur über Bereiche gegeben, die groß gegenüber der Debye-Länge sind. Bei Plasmen in Gasentladungsröhren und in Tokamaks liegt diese typischerweise im Bereich von 0,1 bis 1 mm, im Sonnenwind etwa in der Größenordnung von 10 m und im interstellaren Medium von 10 km. In Plasma-Doppelschichten, die sich zwischen Plasmen unterschiedlichen Typs bilden – wie zwischen der Magnetosphäre und der Ionosphäre der Erde – und die sich im Weltall über große Entfernungen erstrecken können (es wurden schon Ausdehnungen von über 5000 Lichtjahren beobachtet im Jet der Galaxie M87), wird die Neutralität typischerweise verletzt über Abstände vom Zehnfachen der Debyelänge.

Daneben gibt es auch geladene Plasmen wie z. B. in den geladenen Teilchenstrahlen von Teilchenbeschleunigern oder in Ionenfallen.

Weiterführendes

  • Quasi-neutrality auf plasma-universe.com (engl.)
  • Ulrich Stroth: Plasmaphysik. 1. Auflage. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8348-1615-3.

Einzelnachweise

  1. Irving Langmuir and Lewi Tonks, "General Theory of the Plasma of an Arc", Phys. Rev. 34, 876–922 (1929)