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Das '''Rubenssche Flammenrohr''' (nach [[Heinrich Rubens]]) ist ein Instrument zur Sichtbarmachung [[Stehende Welle|stehender]] [[Schallwelle]]n. | Das '''Rubenssche Flammenrohr''' (nach [[Heinrich Rubens]]) ist ein Instrument zur Sichtbarmachung [[Stehende Welle|stehender]] [[Schallwelle]]n. | ||
{{Mehrere Bilder | |||
| Richtung = vertical | |||
| Breite = 400 | |||
| Bild1 = RubensTube.png | |||
| Untertitel1 = Rubenssches Flammenrohr. | |||
| Bild2 = Rubenstube.svg | |||
| Untertitel2 = Schematische Darstellung des Flammenrohrs. Die orange Fläche stellt die Flammenhöhe bei normalem Betrieb dar, im Vergleich zur Wellenlänge <math>\lambda</math> der Schallwelle. | |||
| Bild3 = Rubens-tube-animation.gif | |||
| Untertitel3 = Animation des zeitlichen Verlaufs des Drucks im Rohr (rote Linie) und Position der Druckknoten (rote Punkte) der stehenden Welle im Vergleich zur Flammenhöhe in der schematischen Darstellung. | |||
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== Aufbau == | == Aufbau == | ||
Das Rubenssche Flammenrohr besteht aus einem Rohr, das an seiner Oberseite mit | Das Rubenssche Flammenrohr besteht aus einem Rohr, das an seiner Oberseite mit einer Reihe kleiner Löcher gleichen Durchmessers versehen ist. Das eine Rohrende ist mit einer dünnen [[Schwingungsmembran|Membran]], das andere mit einem verschiebbaren [[Kolben (Technik)|Kolben]] verschlossen. Durch eine Einlassöffnung wird [[brennbar]]es [[Gas]], z. B. [[Propangas]], in das Rohrinnere geleitet, welches durch die Löcher auf der Oberseite ausströmt und dort entzündet wird. | ||
== Funktionsweise == | == Funktionsweise == | ||
Ohne | Ohne dem Einfluss von Schall bildet sich über den Löchern eine gleichmäßige Reihe kleiner Flammen aus. Bringt man die Membran durch eine [[Schallquelle]] zum Schwingen, so kann die [[Resonanzfrequenz]] der im Rohr enthaltenen Luftsäule durch das Verschieben des Kolbens so eingestellt werden, dass sich im Rohrinneren eine stehende Schallwelle ausbildet. Alternativ kann die Rohrlänge konstant bleiben und stattdessen die Ton[[frequenz]] variiert werden. | ||
Die Form der stehenden Schallwelle | Die Form der stehenden Schallwelle korrespondiert mit der Höhe der Gasflämmchen: | ||
* an den | * An den ''Druckknoten'' der stehenden Schallwelle, also an den Punkten, an denen der Druck des brennbaren Gases im Rohr konstant ist, strömt ''am meisten Gas'' aus. Dort brennen die Flammen am höchsten. | ||
* an den | * An den ''Druckbäuchen'', also an den Punkten, an denen die periodische Änderung des Drucks des brennbaren Gases im Rohr am größten ist, strömt ''am wenigsten Gas'' aus. Dort sind die Flammen kleiner. | ||
Aus dem Abstand der Druckbäuche oder der Druckknoten lässt sich die [[Wellenlänge]] des Schalls ermitteln. Für eine bekannte Frequenz lässt sich so die Schallgeschwindigkeit im Rohr bestimmen. | |||
== Erklärung == | |||
=== Entstehung von Resonanz === | |||
{{Hauptartikel|Stehende Welle}} | |||
Die Schallquelle erzeugt eine Schallwelle im Rohr, welche an dem Kolben am anderen Ende des Rohres [[Reflexion (Physik)|reflektiert]] wird und in entgegengesetzter Richtung im Rohr zurück läuft. Die zurück laufende Welle überlagert sich mit der ursprünglichen Schallwelle von der Membran nach dem Prinzip der [[Interferenz (Physik)|Interferenz]]. Je höher der Ton, also je schneller die Schwingung der Membran ist, um so geringer ist die Wellenlänge der Schallwelle; die Schallgeschwindigkeit ist dabei konstant. | |||
Wenn die Tonhöhe und damit die Wellenlänge des Schalls im Rohr ein passendes Verhältnis zur Länge des Rohrs (bzw. zur Position des Kolbens) hat, kommt es zur [[Resonanz]]. Im Rohr bildet sich dann eine stehende Welle mit Schwingungsknoten und Schwingungsbäuchen. Schwingungsknoten sind Punkte mit ''destruktiver Interferenz'' an denen sich die entgegenlaufenden Wellen auslöschen. Schwingungsbäuche sind Punkte mit ''konstruktiver Interferenz'', an denen sich die [[Amplitude]]n der entgegenlaufenden Wellen zu einer Schwingung mit größerer Amplitude addieren. | |||
* Das Ende des Rohres an dem sich die Membran befindet, ist ein schall-offenes Ende. Hier befindet sich ein [[Druckknoten]], weil die [[Schallschnelle]] an der Membran ihre Maximalwerte annimmt. | |||
* Am geschlossenen festen Ende befindet sich ein Druckbauch weil die Schallschnelle Null ist, da das Ende starr ist und nicht mitschwingt. | |||
Würde das Rohr nicht verschlossen (was bei horizontal liegendem Rohr wegen des ausströmenden Gases nicht möglich ist), so befände sich am offenen Ende ebenfalls ein Druckknoten, der wie beispielsweise bei [[Orgelpfeife]]n etwas außerhalb des Rohres läge. | |||
== | Aus den Randbedingungen resultiert, dass für eine gegebene Wellenlänge <math>\lambda</math> nur bei bestimmten Rohrlängen [[Resonanz]] auftritt: Bei einem Rohr mit einem offenen und einem festen Ende muss die Länge <math>l</math> des Rohres ein Vielfaches der halben [[Wellenlänge]] <math>\lambda/2</math> betragen, abzüglich einer Viertelwellenlänge <math>\lambda/4</math>: | ||
:<math>\begin{align} | |||
l & = n \cdot \frac{\lambda_n}{2} - \frac{\lambda_n}{4}, \quad\quad n \in \mathbb{N}\\ | |||
& = (2n - 1) \cdot \frac{\lambda_n}{4} | |||
\end{align}</math> | |||
Für die [[Resonanzfrequenz]] <math>f_n</math> ergibt sich durch Einsetzen von <math>\lambda_n = \tfrac{c}{f_n}</math> mit der [[Schallgeschwindigkeit]] <math>c</math>: | |||
:<math>\Rightarrow f_n = (2n - 1) \cdot \frac{c}{4l}</math> | |||
=== Anharmonizität bei kleinen Frequenzen === | |||
Bei geringen Tonfrequenzen sind die Resonanzfrequenzen <math>f_n</math> des Rubensschen Flammenrohrs zu größeren Frequenzen verschoben als durch obiges Modell mit zwei Randbedingungen vorhergesagt. Dieser Effekt lässt sich durch die kleinen Löcher im Flammenrohr erklären, welche als [[Helmholtzresonator]]en wirken.<ref>{{Literatur|Autor=Michael D. Gardnerb und Kent L. Gee|Titel=An investigation of Rubens flame tube resonances|Sammelwerk=The Journal of the Acoustical Society of America|Band=125|Seiten=1285-1292|Jahr=2009|DOI=10.1121/1.3075608}}</ref> | |||
=== Höhe der Flammen bei normalem Betrieb === | |||
[[Datei:Rubens flame.png|mini|Abbildung 1: Durch Experiment ermittelte Messwerte der Flammenhöhe (y-Achse) an einem Rubenschen Flammenrohr ohne Schallwellen für unterschiedliche Volumenströme an Erdgas (x-Achse). Die gestrichelte Linie ist eine [[Lineare Einfachregression|lineare Regressionsgerade.]]]] | |||
[[Datei:Rubens pressure.png|mini|Abbildung 2: Messwerte der Quadratwurzel der Druckdifferenz (y-Achse) innerhalb und außerhalb eines Rubenschen Flammenrohrs ohne Schallwellen für unterschiedliche Volumenströme an Erdgas (x-Achse). Die gestrichelte Linie ist eine lineare Regressionsgerade.]] | |||
Die Erklärungen in diesem Abschnitt basieren auf der Untersuchung<ref name=ficken /> von Ficken und Stephenson. Wie im nächsten Abschnitt beschrieben, können unter bestimmten Bedingungen weitere Effekte eine größere Rolle spielen als die Bedingungen im "normalen Betrieb".<ref>{{Literatur|Autor=Duan Jihui und Charles T. P. Wang|Titel=Demonstration of longitudinal standing waves in a pipe revisited|Sammelwerk=American Journal of Physics|Nummer=53|Seiten=1110|Jahr=1985|DOI=10.1119/1.14050}}</ref> | |||
Die stehende Schallwelle erzeugt an der Position <math>x</math> entlang des Rohres zur Zeit <math>t</math> einen Druck von | |||
:<math>p_\text{Schall}=p_\text{a}\sin\left(\frac{2\pi}{\lambda_n} x\right)\sin\omega t</math> | |||
mit einer Amplitude <math>p_\text{a}</math> und [[Kreisfrequenz]] <math>\omega = 2\pi f_n</math>. | |||
Da der zeitliche Mittelwert des Drucks <math>p_\text{Schall}</math> an allen Stellen gleich ist, erklärt sich hieraus nicht die unterschiedliche Höhe der Flammen. | |||
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, ist die Flammenhöhe proportional zu dem Massenstrom | |||
:<math>\dot m=\varrho A v</math> | |||
des ausströmenden Gases, welcher das Produkt aus [[Dichte]] <math>\varrho</math>, Öffnungsquerschnitt <math>A</math> und [[Strömungsgeschwindigkeit]] <math>v</math> ist. Nach dem [[Gesetz von Bernoulli]] ist die Strömungsgeschwindigkeit <math>v</math> des durch die Löcher ausströmenden Gases jedoch ''nicht'' proportional zu der Druckdifferenz zwischen dem Druck innerhalb und außerhalb des Rohres, sondern proportional zur ''Quadratwurzel'' dieser Druckdifferenz.<ref name=ficken /> So gilt für den Druck <math>p_\text{in}</math> innerhalb und den Druck <math>p_\text{out}</math> außerhalb des Rohres<ref group="Anm">Dabei kann man sich <math>v</math> an der Stelle maximaler Strömungsgeschwindigkeit vorstellen, also am äußeren Ende der Löcher, dort wo die Flammen entstehen.</ref> | |||
:<math>p_\text{in}=p_\text{out} + \frac12 \varrho v^2</math>. | |||
Dies ist für eine Rubensche Flammenrohr ohne Schallwelle in Abbildung 2 gezeigt. Die Druckdifferenz | |||
:<math>p_\text{in}-p_\text{out} = \frac12 \varrho v^2 =p_\text{g}+p_\text{Schall}</math> | |||
besteht aus einem konstanten Überdruck <math>p_\text{g}</math> sowie einem durch die stehende Schallwelle zeitlich modulierten Teil <math>p_\text{Schall}</math>. Einsetzen von <math>p_\text{Schall}</math>, auflösen nach <math>v</math> gibt für den Betrag<ref group="Anm">Mit Vorzeichen für <math>p_\text{g}<p_\text{a}: v(x,t)=\sqrt{2/\varrho}\sgn(p_\text{g}+p_\text{Schall})\sqrt{p_\text{g}+p_\text{Schall}}</math> wobei <math>\sgn</math> die [[Vorzeichenfunktion]] ist. Entsprechendes gilt für das folgende <math>\dot m</math> und muss bei <math>\bar m</math> berücksichtigt werden.</ref> | |||
:<math>v(x,t) = \sqrt{\tfrac{2}{\varrho}\left(p_\text{g}+p_\text{a}\sin\left(\frac{2\pi}{\lambda_n} x\right)\sin\omega t\right)}</math> | |||
und einsetzen in die Definition des Massenstroms ergibt | |||
:<math>\dot m(x,t) = A \sqrt{2\varrho\left(p_\text{g}+p_\text{a}\sin\left(\frac{2\pi}{\lambda_n} x\right)\sin\omega t\right)}</math>. | |||
Wird der Massenstrom über eine Schwingungsperiode integriert, so ist im zeitlichen Mittel die Masse | |||
:<math>\bar m(x)=\int_0^\frac{2\pi}{\omega} \dot m \; \mathrm d t</math> | |||
des austretenden Gases geringer, je größer die Amplitude <math>p_\text{a}</math> ist. An den Druckbäuchen ist dieser zeitliche Mittelwert geringer als an den Druckknoten, daher sind an den Druckbäuchen geringere Flammenhöhen zu beobachten.<ref name=ficken>{{Literatur|Autor=George W. Ficken und Francis C. Stephenson|Titel=Rubens flame-tube demonstration|Sammelwerk=The Physics Teacher|Band=17|Seiten=306-310|Jahr=1979|DOI=10.1119/1.2340232}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=George F. Spagna (Junior)|Titel=Rubens flame tube demonstration: A closer look at the flames|Sammelwerk=American Journal of Physics|Band=51|Seiten=848|Jahr=1983|DOI=10.1119/1.13133}}</ref> | |||
=== Umkehreffekt bei geringen Drücken === | |||
Wird die Gaszufuhr abgestellt oder so stark reduziert, dass der Überdruck in dem Rohr unter einen gewissen Wert sinkt, lässt sich beobachten, dass sich die Flammenhöhe umkehrt. Dabei konnte beobachtet werden, dass durch den Wechseldruck an den Druckbäuchen Luft und verbrannte Gase von den Flammenrändern angesaugt werden und sich im Rohr verteilen. Dadurch ist der netto Massenstrom an brennbaren Gasen an den Druckbäuchen größer als an den Druckknoten.<ref name=ficken /> | |||
Messungen an einem typischen Versuchsaufbau ergaben im Normalbetrieb einen statischen Überdruck von <math>p_\text{g}=1{,}8\;\mathrm{Pa}</math> mit einer Amplitude von <math>p_\text{a}=22{,}5\;\mathrm{Pa}</math> an den Druckbäuchen. Der Umkehreffekt konnte bei einem statischen Überdruck von <math>p_\text{g}=0{,}2\;\mathrm{Pa}</math> beobachtet werden.<ref name=ficken /> | |||
== Geschichte == | |||
[[August Kundt]], Doktorvater von Heinrich Rubens,<ref name="scitation">{{Literatur|Autor=Kent L. Gee|Titel=The Rubens tube|DOI=10.1121/1.3636076|Sammelwerk=Proc. Mtgs. Acoust.|Band=8|Jahr=2009|Seiten=025003}}</ref> zeigte 1866 mit Hilfe von [[Bärlappsporen]] und Korkstaub und dem nach ihm benannten [[Kundtsches Staubrohr|Kundtschen Rohr]], dass Schallwellen in einem Rohr stehende Wellen bilden können.<ref>{{Literatur |Autor=August Kundt |Titel=Über eine neue Art akustischer Staubfiguren und über die Anwendung derselben zur Bestimmung der Schallgeschwindigkeit in festen Körpern und Gasen |Sammelwerk=Annalen der Physik und Chemie |Band=203 |Nummer=4 |Jahr=1866 |Seiten=497–523 |DOI=10.1002/andp.18662030402}}</ref> Heinrich Rubens entwarf dann zusammen mit seinem Kollegen Krigar-Menzel das nach ihm benannten Rubenschen Flammenrohr, welches sie 1905 in einer Veröffentlichung<ref>{{Literatur|Autor=Heinrich Rubens und Otto Krigar‐Menzel|Titel=Flammenröhre für akustische Beobachtungen|Jahr=1905|Sammelwerk=Annalen der Physik|Band=322|Nummer=6|Seiten=149-164|DOI=10.1002/andp.19053220608}}</ref> vorstellten. Dieses bestand aus einem vier Meter langen Metallrohr mit 100 Löchern von zwei Millimeter Durchmesser.<ref name="scitation" /> | |||
Obwohl das Rubenssche Flammenrohr ein „effektvoller“ Demonstrationsversuch ist, wird zur Sichtbarmachung stehender Schallwellen in den Schulen häufiger das Kundtsche Rohr verwendet, um nicht mit brennbarem Gas hantieren zu müssen. | |||
== Anmerkungen == | |||
<references group="Anm"/> | |||
== Einzelnachweise == | |||
<references/> | |||
[[Kategorie:Akustik]] | [[Kategorie:Akustik]] | ||
[[Kategorie:Physikalisches Demonstrationsexperiment]] |
Das Rubenssche Flammenrohr (nach Heinrich Rubens) ist ein Instrument zur Sichtbarmachung stehender Schallwellen.
Das Rubenssche Flammenrohr besteht aus einem Rohr, das an seiner Oberseite mit einer Reihe kleiner Löcher gleichen Durchmessers versehen ist. Das eine Rohrende ist mit einer dünnen Membran, das andere mit einem verschiebbaren Kolben verschlossen. Durch eine Einlassöffnung wird brennbares Gas, z. B. Propangas, in das Rohrinnere geleitet, welches durch die Löcher auf der Oberseite ausströmt und dort entzündet wird.
Ohne dem Einfluss von Schall bildet sich über den Löchern eine gleichmäßige Reihe kleiner Flammen aus. Bringt man die Membran durch eine Schallquelle zum Schwingen, so kann die Resonanzfrequenz der im Rohr enthaltenen Luftsäule durch das Verschieben des Kolbens so eingestellt werden, dass sich im Rohrinneren eine stehende Schallwelle ausbildet. Alternativ kann die Rohrlänge konstant bleiben und stattdessen die Tonfrequenz variiert werden.
Die Form der stehenden Schallwelle korrespondiert mit der Höhe der Gasflämmchen:
Aus dem Abstand der Druckbäuche oder der Druckknoten lässt sich die Wellenlänge des Schalls ermitteln. Für eine bekannte Frequenz lässt sich so die Schallgeschwindigkeit im Rohr bestimmen.
Die Schallquelle erzeugt eine Schallwelle im Rohr, welche an dem Kolben am anderen Ende des Rohres reflektiert wird und in entgegengesetzter Richtung im Rohr zurück läuft. Die zurück laufende Welle überlagert sich mit der ursprünglichen Schallwelle von der Membran nach dem Prinzip der Interferenz. Je höher der Ton, also je schneller die Schwingung der Membran ist, um so geringer ist die Wellenlänge der Schallwelle; die Schallgeschwindigkeit ist dabei konstant.
Wenn die Tonhöhe und damit die Wellenlänge des Schalls im Rohr ein passendes Verhältnis zur Länge des Rohrs (bzw. zur Position des Kolbens) hat, kommt es zur Resonanz. Im Rohr bildet sich dann eine stehende Welle mit Schwingungsknoten und Schwingungsbäuchen. Schwingungsknoten sind Punkte mit destruktiver Interferenz an denen sich die entgegenlaufenden Wellen auslöschen. Schwingungsbäuche sind Punkte mit konstruktiver Interferenz, an denen sich die Amplituden der entgegenlaufenden Wellen zu einer Schwingung mit größerer Amplitude addieren.
Würde das Rohr nicht verschlossen (was bei horizontal liegendem Rohr wegen des ausströmenden Gases nicht möglich ist), so befände sich am offenen Ende ebenfalls ein Druckknoten, der wie beispielsweise bei Orgelpfeifen etwas außerhalb des Rohres läge.
Aus den Randbedingungen resultiert, dass für eine gegebene Wellenlänge $ \lambda $ nur bei bestimmten Rohrlängen Resonanz auftritt: Bei einem Rohr mit einem offenen und einem festen Ende muss die Länge $ l $ des Rohres ein Vielfaches der halben Wellenlänge $ \lambda /2 $ betragen, abzüglich einer Viertelwellenlänge $ \lambda /4 $:
Für die Resonanzfrequenz $ f_{n} $ ergibt sich durch Einsetzen von $ \lambda _{n}={\tfrac {c}{f_{n}}} $ mit der Schallgeschwindigkeit $ c $:
Bei geringen Tonfrequenzen sind die Resonanzfrequenzen $ f_{n} $ des Rubensschen Flammenrohrs zu größeren Frequenzen verschoben als durch obiges Modell mit zwei Randbedingungen vorhergesagt. Dieser Effekt lässt sich durch die kleinen Löcher im Flammenrohr erklären, welche als Helmholtzresonatoren wirken.[1]
Die Erklärungen in diesem Abschnitt basieren auf der Untersuchung[2] von Ficken und Stephenson. Wie im nächsten Abschnitt beschrieben, können unter bestimmten Bedingungen weitere Effekte eine größere Rolle spielen als die Bedingungen im "normalen Betrieb".[3]
Die stehende Schallwelle erzeugt an der Position $ x $ entlang des Rohres zur Zeit $ t $ einen Druck von
mit einer Amplitude $ p_{\text{a}} $ und Kreisfrequenz $ \omega =2\pi f_{n} $. Da der zeitliche Mittelwert des Drucks $ p_{\text{Schall}} $ an allen Stellen gleich ist, erklärt sich hieraus nicht die unterschiedliche Höhe der Flammen.
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, ist die Flammenhöhe proportional zu dem Massenstrom
des ausströmenden Gases, welcher das Produkt aus Dichte $ \varrho $, Öffnungsquerschnitt $ A $ und Strömungsgeschwindigkeit $ v $ ist. Nach dem Gesetz von Bernoulli ist die Strömungsgeschwindigkeit $ v $ des durch die Löcher ausströmenden Gases jedoch nicht proportional zu der Druckdifferenz zwischen dem Druck innerhalb und außerhalb des Rohres, sondern proportional zur Quadratwurzel dieser Druckdifferenz.[2] So gilt für den Druck $ p_{\text{in}} $ innerhalb und den Druck $ p_{\text{out}} $ außerhalb des Rohres[Anm 1]
Dies ist für eine Rubensche Flammenrohr ohne Schallwelle in Abbildung 2 gezeigt. Die Druckdifferenz
besteht aus einem konstanten Überdruck $ p_{\text{g}} $ sowie einem durch die stehende Schallwelle zeitlich modulierten Teil $ p_{\text{Schall}} $. Einsetzen von $ p_{\text{Schall}} $, auflösen nach $ v $ gibt für den Betrag[Anm 2]
und einsetzen in die Definition des Massenstroms ergibt
Wird der Massenstrom über eine Schwingungsperiode integriert, so ist im zeitlichen Mittel die Masse
des austretenden Gases geringer, je größer die Amplitude $ p_{\text{a}} $ ist. An den Druckbäuchen ist dieser zeitliche Mittelwert geringer als an den Druckknoten, daher sind an den Druckbäuchen geringere Flammenhöhen zu beobachten.[2][4]
Wird die Gaszufuhr abgestellt oder so stark reduziert, dass der Überdruck in dem Rohr unter einen gewissen Wert sinkt, lässt sich beobachten, dass sich die Flammenhöhe umkehrt. Dabei konnte beobachtet werden, dass durch den Wechseldruck an den Druckbäuchen Luft und verbrannte Gase von den Flammenrändern angesaugt werden und sich im Rohr verteilen. Dadurch ist der netto Massenstrom an brennbaren Gasen an den Druckbäuchen größer als an den Druckknoten.[2]
Messungen an einem typischen Versuchsaufbau ergaben im Normalbetrieb einen statischen Überdruck von $ p_{\text{g}}=1{,}8\;\mathrm {Pa} $ mit einer Amplitude von $ p_{\text{a}}=22{,}5\;\mathrm {Pa} $ an den Druckbäuchen. Der Umkehreffekt konnte bei einem statischen Überdruck von $ p_{\text{g}}=0{,}2\;\mathrm {Pa} $ beobachtet werden.[2]
August Kundt, Doktorvater von Heinrich Rubens,[5] zeigte 1866 mit Hilfe von Bärlappsporen und Korkstaub und dem nach ihm benannten Kundtschen Rohr, dass Schallwellen in einem Rohr stehende Wellen bilden können.[6] Heinrich Rubens entwarf dann zusammen mit seinem Kollegen Krigar-Menzel das nach ihm benannten Rubenschen Flammenrohr, welches sie 1905 in einer Veröffentlichung[7] vorstellten. Dieses bestand aus einem vier Meter langen Metallrohr mit 100 Löchern von zwei Millimeter Durchmesser.[5]
Obwohl das Rubenssche Flammenrohr ein „effektvoller“ Demonstrationsversuch ist, wird zur Sichtbarmachung stehender Schallwellen in den Schulen häufiger das Kundtsche Rohr verwendet, um nicht mit brennbarem Gas hantieren zu müssen.