Verdichtungsverhältnis: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Dieser Artikel|beschreibt das Verdichtungsverhältnis von Verbrennungsmotoren. Zur Verwendung des Wortes bei [[Verdichter]]n siehe [[Druckverhältnis]].}}
{{Dieser Artikel|beschreibt das Verdichtungsverhältnis von Verbrennungsmotoren. Zur Verwendung des Wortes bei [[Verdichter]]n siehe [[Druckverhältnis]].}}
Als '''Verdichtungsverhältnis''' <math>\varepsilon</math> bezeichnet man (vor allem im Zusammenhang mit [[Verbrennungsmotor]]en) das Verhältnis des gesamten [[Zylinder (Technik) #Bei Motoren oder Pumpen|Zylinder]]<nowiki/>raumes vor der [[Verdichtung]] (Gesamt[[volumen]]) zum verbliebenen Raum nach der Verdichtung (Restvolumen):


:<math>\varepsilon = \frac{V_h + V_k}{V_k} = 1 + \frac{V_h}{V_k} > 1</math>
Als '''Verdichtungsverhältnis''' <math>\varepsilon</math> bezeichnet man bei [[Kolbenmotor]]en das Verhältnis des gesamten [[Zylinder (Technik) #Bei Motoren oder Pumpen|Zylinder]]<nowiki/>raumes vor der Verdichtung ([[Arbeitsraum (Kolbenmaschine)|Gesamtvolumen]]) zum verbliebenen Raum nach der Verdichtung (Restvolumen).


mit
{{Anker|Abgrenzung}}
* <math>V_h</math> = [[Hubraum]] (= [[Kolbenhub]] · Kolbenquerschnittsfläche)
Das Verdichtungsverhältnis darf nicht mit dem Druckverhältnis von [[Normaldruck|Umgebungsdruck]] zu [[Kompressionsdruck]] verwechselt werden. Da mit der Kompression auch die [[Temperatur]] steigt, bedeutet ein geometrisches Verdichtungsverhältnis von z.&nbsp;B.&nbsp;10:1, dass der Druck der eingebrachten Luft auf deutlich mehr als das Zehnfache steigt.
* <math>V_k</math>  oder <math>V_c</math> = Kompressionsvolumen (Restvolumen)
* <math>V_h + V_k = V_H</math> [[Verbrennungsraum]] (Gesamtvolumen).


{{Anker|Abgrenzung}}
Bei Motoren mit [[Atkinson-Kreisprozess|Atkinson-]] oder [[Miller-Kreisprozess]] kann nicht der maximale Zylinderraum als Berechnungsbasis herangezogen werden, weil in der Regel die Einlassventile früher schließen und somit die Zylinderfüllung vorzeitig (vor dem unteren Totpunkt) abgeschlossen wird.
Das Verdichtungsverhältnis hängt eng zusammen mit dem [[Kompressionsdruck]] – denn da mit der Kompression auch die Temperatur stark steigt, bedeutet ein Verdichtungsverhältnis von z.&nbsp;B.&nbsp;10:1 ''nicht'', dass die eingebrachte Luft genau auf den zehnfachen Druck komprimiert wird.
 
Das Verdichtungsverhältnis kann berechnet werden mit der Formel:
{|
|-
| <math>\varepsilon = \frac{V_h + V_k}{V_k} = 1 + \frac{V_h}{V_k}</math>
|style="width:10em"| &nbsp;
| <math>V_h</math> = [[Hubraum]] (Hubvolumen = [[Kolbenhub]] · Kolbenquerschnittsfläche)<br />
<math>V_k</math> = [[Hubkolbenmotor|Kompressionsraum]] (Restvolumen)<br />
<math>V_h + V_k</math> = [[Verbrennungsraum]] (Gesamtvolumen)
|}


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Das Verdichtungsverhältnis wurde im Laufe der Entwicklung von Verbrennungsmotoren immer weiter gesteigert. So betrug es beim [[Mercedes-Knight]] (1910–1916) nur 4:1. Im Jahr 1912 wurde sie auf 4,6:1 und 1916 auf 5:1 erhöht. 1928 lag sie beim Modell 27/170/225 PS bei 6,2:1. Beim Typ SSKL (1929–1932) erreichte man 7:1.  
{{quelle|1=Keine Belege angegeben. Zwar scheint es alles plausibel, aber die Zusammensetzung passt hier nicht: Ältere Motoren wie der [[BMW M10|M10]] aus dem [[BMW E20]] oder der Boxermotor aus dem Porsche 930 (die hier als Beispiele angeführt sind), haben der Aufladung wegen ein geringes Verdichtungsverhältnis, weil aufgeladene Motoren stärker als freisaugende Motoren zum Klopfen neigen, nicht unbedingt, weil sie „alt“ sind, wie hier erklärt wird. --[[Benutzer:Johannes Maximilian|Johannes]] ([[Benutzer Diskussion:Johannes Maximilian|Diskussion]]) <small>([[Spezial:Beiträge/Johannes Maximilian|Aktivität]]) ([[Benutzer:Johannes Maximilian/Artikel|Schwerpunkte]])</small> 15:29, 15. Jan. 2019 (CET)}}
 
Das Verdichtungsverhältnis wurde im Laufe der Entwicklung von Verbrennungsmotoren immer weiter gesteigert. So betrug es beim [[Mercedes-Knight]] (1910–1916) anfangs nur 4:1. Im Jahr 1912 wurde es auf 4,6:1 und 1916 auf 5:1 erhöht. 1928 lag es beim Modell 27/170/225 PS bei 6,2:1. Beim Typ SSKL (1929–1932) erreichte man 7:1. Auf Zuverlässigkeit und geringe Belastung optimierte Flugmotoren mit [[AVGAS]] liefen früher oft mit nur 7:1.
 
Bei den Motoren M116/M117, die ebenfalls von Mercedes-Benz stammen, lag es bis zum Herbst 1987 bei 9:1. Danach wurde eine elektronische Klopfregelung eingeführt und man erreichte 10:1. Bei aktuellen Motoren wie beispielsweise dem 4,2-l-V8-FSI von Audi ist die Verdichtung 12,5:1.
 
Die allmähliche Steigerung der Verdichtung lag lange vor allem an der Kraftstoffrezeptur. Heute sind Oktanzahlen bis 102 [[ROZ]] an der Tankstelle verfügbar. Ältere Motoren haben tendenziell niedrigere Anforderungen an die Kraftstoffqualität, da die Kraftstoffqualität noch nicht so hoch war, als sie entwickelt wurden. Auch die Gestalt des Brennraums und des Ansaugtrakts trägt zum Oktanzahlbedarf bei. [[Harry Ricardo]] erforschte in den 1920er Jahren den Verbrennungsablauf in Motoren und entwickelte den Ricardo-Kopf, bei dem der Kolben im oberen Totpunkt einen Teil des Zylinderkopfes fast berührt, um die Oberfläche des Brennraums zu verringern.
 
Ottomotoren mit für ihre Produktionszeit ungewöhnlich hoher Verdichtung sind etwa der „Mitteldruck-Motor“ des Audi F 103 von 1965 mit einer Verdichtung von 11,2:1 und der 1,3-l-Motor mit 55 kW des VW Polo von 1982 mit einer Verdichtung von 11:1, der 98-ROZ-Benzin benötigt. Gemeinsam sind diesen Motoren kompakte Brennräume mit Quetschkanten, beim Audi im Kolben (Heron-Brennraum) und Ansaugkanäle, die der Strömung auf Kosten einer geringeren Füllung einen [[Drehimpuls|Drall]] mitgeben. Bei straßenzugelassenen Serien-Motorrädern werden heute Verdichtungen bis 13:1 eingesetzt.<ref>motorradonline.de: [http://www.motorradonline.de/einzeltests/ducati-streetfighter-848-fahrbericht-technische-daten/392340?seite=2 Technische Daten - Motorradtests - Ducati Streetfighter 848]</ref>


Bei den Motoren M116/M117, die ebenfalls von Mercedes-Benz stammen, lag sie bis zum Herbst 1987 bei 9:1. Danach wurde eine elektronische Klopfregelung eingeführt und man erreichte 10:1. Bei aktuellen Motoren wie beispielsweise dem 4,2-l-V8-FSI von Audi ist die Verdichtung 12,5:1.
Aufgeladene Motoren haben ein niedrigeres geometrisches Verdichtungsverhältnis als Saugmotoren. Ein Beispiel ist der Mehrfachsternmotor [[Wright R-2600|R-2600]] von [[Curtiss-Wright]], der nur mit 6,9:1 verdichtet ist und [[AvGas|Flugbenzin]] mit 100 Oktan benötigt. Er ist mit einem Radialkompressor [[Motoraufladung|aufgeladen]]. Auch die turbogeladenen Motoren des [[BMW 02#BMW 2002 turbo|BMW 2002 turbo]] und des [[Porsche 930]] haben mit 6,9:1 und 6,5:1 geringe Verdichtungsverhältnisse. Sie sind auf Leistung und nicht auf Effizienz getrimmt.


Die allmähliche Steigerung der Verdichtung liegt vor allem an der Kraftstoffrezeptur. Heute sind Oktanzahlen bis 102 [[ROZ]] an der Tankstelle verfügbar. Ältere Motoren haben tendenziell niedrigere Anforderungen an die Kraftstoffqualität, da die Kraftstoffqualität noch nicht so hoch war, als sie entwickelt wurden. Ausnahmen sind etwa der 1,3-l-Motor mit 55 kW des VW Polo von 1982, der ein Verdichtungsverhältnis von 11:1 einsetzt und 98-ROZ-Benzin benötigt. Ein anderes Beispiel ist der Mehrfachsternmotor [[Wright R-2600|R-2600]] von [[Curtiss-Wright]], der nur mit 6,9:1 verdichtet ist und [[Flugbenzin]] mit 100 Oktan benötigt, weil er mit einem Radialkompressor [[Motoraufladung|aufgeladen]] wird. Auch die turbogeladenen Motoren des [[BMW 02#BMW 2002 turbo|BMW 2002 turbo]] und des [[Porsche 930]] haben mit 6,9:1 beziehungsweise 6,5:1 für ihre Zeit keine hohen Verdichtungsverhältnisse.
Eine Bedingung für heutige hohe Verdichtungsverhältnisse ist die [[Direkteinspritzung]] und die Verwendung von Klopfsensoren. Der Zeitpunkt und die Menge der Treibstoffzugabe wird hier exakt gesteuert, womit eine vorzeitige Zündung – und somit ein Klopfen – verhindert werden kann.
 
Auch die [[Wassereinspritzung]], welche heute zur Effizienzsteigerung wieder vermehrt erforscht wird, gilt als probates Mittel, die Verdichtung und somit die Expansionsrate zu erhöhen.


== Technik ==
== Technik ==
Das Verdichtungsverhältnis eines nicht aufgeladenen [[Ottomotor]]s bei [[Kraftfahrzeug]]en liegt heute bei 10:1 bis 14:1. Auf Zuverlässigkeit optimierte Flugmotoren, die mit [[AVGAS]] betrieben werden, laufen oft mit nur 7:1. Sportmotoren mit hoher spezifischer Leistung nutzen Verdichtungen bis 15:1, bei Serien-Motorrädern werden Verdichtungen bis 13:1 eingesetzt.<ref>motorradonline.de: [http://www.motorradonline.de/einzeltests/ducati-streetfighter-848-fahrbericht-technische-daten/392340?seite=2 Technische Daten - Motorradtests - Ducati Streetfighter 848]</ref>
Das Verdichtungsverhältnis von nicht aufgeladenen [[Ottomotor|Benzinmotoren]] liegt heute bei 10:1 bis 14:1. Aufgeladene Motoren sind niedriger verdichtet. Der maximale Verdichtungsdruck liegt treibstoffbedingt bei 25 bis 30 Bar.
 
Bei [[Dieselmotor]]en ohne Aufladung liegt die Verdichtung bei etwa 19:1 bis 23:1. Aufgeladene Dieselmotoren sind etwa 14:1 bis 16:1 verdichtet. Der maximale Verdichtungsdruck liegt treibstoffbedingt bei 50 bis 60 Bar.
 
Bei höherem Verdichtungsverhältnis (genauer: Expansionsverhältnis) ist auch der thermische [[Wirkungsgrad]] höher. Beim idealen [[Otto-Kreisprozess]] ergibt sich der Wirkungsgrad <math> \eta</math> mit der Verdichtung <math> \varepsilon</math> und dem Adiabatenexponenten <math>\varkappa </math>. Luft im unteren Temperaturbereich beim Verdichten hat etwa den Wert von 1,4 und Brenngas im oberen Temperaturbereich beim Expandieren etwa 1,3. Bei Kreisprozessberechnungen hat der Arbeitstakt (Expandieren) den größten Einfluss. Die Wirkungsgradberechnung für den [[Gleichraumprozess]] eines zehn zu eins verdichteten [[Saugmotor]]s lautet also:<br>
<math> \eta_{\, th_{\,\mathrm {Otto}}} = 1 - \frac{1}{\varepsilon^{\varkappa-1}} = 1 - \frac{1}{10^{\, 0,3}}</math>


Bei [[Dieselmotor]]en liegt die Verdichtung prinzipbedingt höher. Sie beträgt ohne Aufladung etwa 19:1 bis 23:1. Aufgeladene Motoren sind meist niedriger verdichtet, etwa 14:1 bis 18:1.
Beim Ottomotor nimmt die [[Klopfen (Verbrennungsmotor)|Klopfneigung]] mit der Verdichtung zu. Klopfen kann durch Benzin mit höherer [[Oktanzahl]] und durch Verstellen der [[Zündzeitpunkt|Zündung]] nach spät verhindert werden. Moderne Motoren haben [[Klopfsensor]]en, die aufkommendes Klopfen erkennen. Sie können den Zündzeitpunkt an die Benzinqualität und an die Motoreigenschaften anpassen.


Bei höherem Verdichtungsverhältnis ist auch der [[Wirkungsgrad]] höher, aber die Zunahme wird immer geringer. Beim idealen [[Otto-Kreisprozess|Ottoprozess]] ergibt sich der Wirkungsgrad <math> \eta</math> mit der Verdichtung <math> \varepsilon</math> und dem Adiabatenexponenten <math>\varkappa </math> (kann für Luft zu 1,4 angenommen werden) zu:<br>
Einfluss auf die Klopfneigung hat auch die [[Brennraum]]form und die [[Wasserkühlung|Kühlung]]. Klopfmindernd wirkt auch die [[Doppelzündung|Zündung]] mit zwei oder mehr Kerzen. Die vorzeitige (vor dem oberen [[Totpunkt]]) Direkteinspritzung senkt die Verdichtungstemperatur durch Treibstoffverdampfung. Die nachträgliche (nach dem oberen Totpunkt) Einspritzung während der Expansionsphase senkt die maximale Verbrennungstemperatur. Auch [[Wassereinspritzung]] senkt die Maximaltemperatur im Brennraum effektiv. Sie kann leistungssteigernd und effizienzsteigernd eingesetzt werden.
<math> \eta_{th \, \mathrm {Otto}} = 1 - \frac{1}{\varepsilon^{\varkappa-1}} = 1 - \frac{1}{\varepsilon^{0,4}}</math> ,<br>
beim Diesel ist es etwas weniger.
Gleichzeitig nimmt bei Ottomotoren allerdings auch die [[Klopfen (Verbrennungsmotor)|Klopfneigung]] zu. Das Klopfen kann wiederum durch Benzin mit höherer [[Oktanzahl]], Optimierung der [[Brennraum|Brennraumform]] oder den Einsatz mehrerer [[Zündkerze]]n reduziert werden. Teilweise wird auch ein [[Klopfsensor]] eingesetzt, der bei minderwertigem Benzin Vibrationen erkennt und den [[Zündzeitpunkt]] in Richtung spät verlegt. Eine etwas höhere Verdichtung lässt sich auch realisieren, indem mit einer Direkteinspritzung die Temperatur des Frischgases gesenkt wird.


== Erhöhung der Verdichtung ==
== Erhöhung der Verdichtung ==
Mit der Dicke der [[Zylinderkopfdichtung]] kann in geringem Maße Einfluss auf das Verdichtungsverhältnis genommen werden. Weiterhin wird bei dem im Rahmen einer Überholung notwendigen Planschleifen des [[Zylinderkopf]]es teilweise mehr Material abgenommen, um die Verdichtung und damit die Leistung und den Wirkungsgrad geringfügig zu erhöhen.  
Mit der Dicke der [[Zylinderkopfdichtung]] kann in geringem Maße Einfluss auf das Verdichtungsverhältnis genommen werden. Weiterhin wird bei dem im Rahmen einer Überholung notwendigen Planschleifen des [[Zylinderkopf]]es teilweise mehr Material abgenommen, um die Verdichtung und damit den Wirkungsgrad geringfügig zu erhöhen.


Bei erhöhter Verdichtung ist ggf. der Zündzeitpunkt zu korrigieren, da das Gemisch im kleineren Verdichtungsraum später gezündet werden muss, um eine optimale Leistung zu erreichen, denn die Flammfront durchläuft das geringere Volumen schneller.
Bei erhöhter Verdichtung ist gegebenenfalls der Zündzeitpunkt zu korrigieren, da das Gemisch im kleineren Verdichtungsraum erst später gezündet werden kann, um [[Klopfen (Verbrennungsmotor)|Klopfen]] zu vermeiden.
 
== Siehe auch ==
* [[Druckverhältnis]]
* [[Arbeitsraum (Kolbenmaschine)]]
* [[Hubraum]]
* [[Kolbenhub]]
* [[Hubverhältnis]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Richard van Basshuysen, Fred Schäfer: ''Handbuch Verbrennungsmotor Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven.'' 3. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2005, ISBN 3-528-23933-6
* [[Richard van Basshuysen]], Fred Schäfer: ''Handbuch Verbrennungsmotor. Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven.'' 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2005, ISBN 3-528-23933-6.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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{{SORTIERUNG:Verdichtungsverhaltnis}}
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[[Kategorie:Technische Messgröße]]
[[Kategorie:Verbrennungsmotorentechnik]]
[[Kategorie:Verbrennungsmotorentechnik]]
[[Kategorie:Kolbenmaschinentechnik]]

Aktuelle Version vom 11. Oktober 2021, 20:56 Uhr

Als Verdichtungsverhältnis $ \varepsilon $ bezeichnet man bei Kolbenmotoren das Verhältnis des gesamten Zylinderraumes vor der Verdichtung (Gesamtvolumen) zum verbliebenen Raum nach der Verdichtung (Restvolumen).

Das Verdichtungsverhältnis darf nicht mit dem Druckverhältnis von Umgebungsdruck zu Kompressionsdruck verwechselt werden. Da mit der Kompression auch die Temperatur steigt, bedeutet ein geometrisches Verdichtungsverhältnis von z. B. 10:1, dass der Druck der eingebrachten Luft auf deutlich mehr als das Zehnfache steigt.

Bei Motoren mit Atkinson- oder Miller-Kreisprozess kann nicht der maximale Zylinderraum als Berechnungsbasis herangezogen werden, weil in der Regel die Einlassventile früher schließen und somit die Zylinderfüllung vorzeitig (vor dem unteren Totpunkt) abgeschlossen wird.

Das Verdichtungsverhältnis kann berechnet werden mit der Formel:

$ \varepsilon ={\frac {V_{h}+V_{k}}{V_{k}}}=1+{\frac {V_{h}}{V_{k}}} $   $ V_{h} $ = Hubraum (Hubvolumen = Kolbenhub · Kolbenquerschnittsfläche)

$ V_{k} $ = Kompressionsraum (Restvolumen)
$ V_{h}+V_{k} $ = Verbrennungsraum (Gesamtvolumen)

Geschichte

Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst entfernt. Bitte hilf der Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst.
Keine Belege angegeben. Zwar scheint es alles plausibel, aber die Zusammensetzung passt hier nicht: Ältere Motoren wie der M10 aus dem BMW E20 oder der Boxermotor aus dem Porsche 930 (die hier als Beispiele angeführt sind), haben der Aufladung wegen ein geringes Verdichtungsverhältnis, weil aufgeladene Motoren stärker als freisaugende Motoren zum Klopfen neigen, nicht unbedingt, weil sie „alt“ sind, wie hier erklärt wird. --Johannes (Diskussion) (Aktivität) (Schwerpunkte) 15:29, 15. Jan. 2019 (CET)

Das Verdichtungsverhältnis wurde im Laufe der Entwicklung von Verbrennungsmotoren immer weiter gesteigert. So betrug es beim Mercedes-Knight (1910–1916) anfangs nur 4:1. Im Jahr 1912 wurde es auf 4,6:1 und 1916 auf 5:1 erhöht. 1928 lag es beim Modell 27/170/225 PS bei 6,2:1. Beim Typ SSKL (1929–1932) erreichte man 7:1. Auf Zuverlässigkeit und geringe Belastung optimierte Flugmotoren mit AVGAS liefen früher oft mit nur 7:1.

Bei den Motoren M116/M117, die ebenfalls von Mercedes-Benz stammen, lag es bis zum Herbst 1987 bei 9:1. Danach wurde eine elektronische Klopfregelung eingeführt und man erreichte 10:1. Bei aktuellen Motoren wie beispielsweise dem 4,2-l-V8-FSI von Audi ist die Verdichtung 12,5:1.

Die allmähliche Steigerung der Verdichtung lag lange vor allem an der Kraftstoffrezeptur. Heute sind Oktanzahlen bis 102 ROZ an der Tankstelle verfügbar. Ältere Motoren haben tendenziell niedrigere Anforderungen an die Kraftstoffqualität, da die Kraftstoffqualität noch nicht so hoch war, als sie entwickelt wurden. Auch die Gestalt des Brennraums und des Ansaugtrakts trägt zum Oktanzahlbedarf bei. Harry Ricardo erforschte in den 1920er Jahren den Verbrennungsablauf in Motoren und entwickelte den Ricardo-Kopf, bei dem der Kolben im oberen Totpunkt einen Teil des Zylinderkopfes fast berührt, um die Oberfläche des Brennraums zu verringern.

Ottomotoren mit für ihre Produktionszeit ungewöhnlich hoher Verdichtung sind etwa der „Mitteldruck-Motor“ des Audi F 103 von 1965 mit einer Verdichtung von 11,2:1 und der 1,3-l-Motor mit 55 kW des VW Polo von 1982 mit einer Verdichtung von 11:1, der 98-ROZ-Benzin benötigt. Gemeinsam sind diesen Motoren kompakte Brennräume mit Quetschkanten, beim Audi im Kolben (Heron-Brennraum) und Ansaugkanäle, die der Strömung auf Kosten einer geringeren Füllung einen Drall mitgeben. Bei straßenzugelassenen Serien-Motorrädern werden heute Verdichtungen bis 13:1 eingesetzt.[1]

Aufgeladene Motoren haben ein niedrigeres geometrisches Verdichtungsverhältnis als Saugmotoren. Ein Beispiel ist der Mehrfachsternmotor R-2600 von Curtiss-Wright, der nur mit 6,9:1 verdichtet ist und Flugbenzin mit 100 Oktan benötigt. Er ist mit einem Radialkompressor aufgeladen. Auch die turbogeladenen Motoren des BMW 2002 turbo und des Porsche 930 haben mit 6,9:1 und 6,5:1 geringe Verdichtungsverhältnisse. Sie sind auf Leistung und nicht auf Effizienz getrimmt.

Eine Bedingung für heutige hohe Verdichtungsverhältnisse ist die Direkteinspritzung und die Verwendung von Klopfsensoren. Der Zeitpunkt und die Menge der Treibstoffzugabe wird hier exakt gesteuert, womit eine vorzeitige Zündung – und somit ein Klopfen – verhindert werden kann.

Auch die Wassereinspritzung, welche heute zur Effizienzsteigerung wieder vermehrt erforscht wird, gilt als probates Mittel, die Verdichtung und somit die Expansionsrate zu erhöhen.

Technik

Das Verdichtungsverhältnis von nicht aufgeladenen Benzinmotoren liegt heute bei 10:1 bis 14:1. Aufgeladene Motoren sind niedriger verdichtet. Der maximale Verdichtungsdruck liegt treibstoffbedingt bei 25 bis 30 Bar.

Bei Dieselmotoren ohne Aufladung liegt die Verdichtung bei etwa 19:1 bis 23:1. Aufgeladene Dieselmotoren sind etwa 14:1 bis 16:1 verdichtet. Der maximale Verdichtungsdruck liegt treibstoffbedingt bei 50 bis 60 Bar.

Bei höherem Verdichtungsverhältnis (genauer: Expansionsverhältnis) ist auch der thermische Wirkungsgrad höher. Beim idealen Otto-Kreisprozess ergibt sich der Wirkungsgrad $ \eta $ mit der Verdichtung $ \varepsilon $ und dem Adiabatenexponenten $ \varkappa $. Luft im unteren Temperaturbereich beim Verdichten hat etwa den Wert von 1,4 und Brenngas im oberen Temperaturbereich beim Expandieren etwa 1,3. Bei Kreisprozessberechnungen hat der Arbeitstakt (Expandieren) den größten Einfluss. Die Wirkungsgradberechnung für den Gleichraumprozess eines zehn zu eins verdichteten Saugmotors lautet also:
$ \eta _{\,th_{\,\mathrm {Otto} }}=1-{\frac {1}{\varepsilon ^{\varkappa -1}}}=1-{\frac {1}{10^{\,0,3}}} $

Beim Ottomotor nimmt die Klopfneigung mit der Verdichtung zu. Klopfen kann durch Benzin mit höherer Oktanzahl und durch Verstellen der Zündung nach spät verhindert werden. Moderne Motoren haben Klopfsensoren, die aufkommendes Klopfen erkennen. Sie können den Zündzeitpunkt an die Benzinqualität und an die Motoreigenschaften anpassen.

Einfluss auf die Klopfneigung hat auch die Brennraumform und die Kühlung. Klopfmindernd wirkt auch die Zündung mit zwei oder mehr Kerzen. Die vorzeitige (vor dem oberen Totpunkt) Direkteinspritzung senkt die Verdichtungstemperatur durch Treibstoffverdampfung. Die nachträgliche (nach dem oberen Totpunkt) Einspritzung während der Expansionsphase senkt die maximale Verbrennungstemperatur. Auch Wassereinspritzung senkt die Maximaltemperatur im Brennraum effektiv. Sie kann leistungssteigernd und effizienzsteigernd eingesetzt werden.

Erhöhung der Verdichtung

Mit der Dicke der Zylinderkopfdichtung kann in geringem Maße Einfluss auf das Verdichtungsverhältnis genommen werden. Weiterhin wird bei dem im Rahmen einer Überholung notwendigen Planschleifen des Zylinderkopfes teilweise mehr Material abgenommen, um die Verdichtung und damit den Wirkungsgrad geringfügig zu erhöhen.

Bei erhöhter Verdichtung ist gegebenenfalls der Zündzeitpunkt zu korrigieren, da das Gemisch im kleineren Verdichtungsraum erst später gezündet werden kann, um Klopfen zu vermeiden.

Siehe auch

  • Druckverhältnis
  • Arbeitsraum (Kolbenmaschine)
  • Hubraum
  • Kolbenhub
  • Hubverhältnis

Literatur

  • Richard van Basshuysen, Fred Schäfer: Handbuch Verbrennungsmotor. Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven. 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2005, ISBN 3-528-23933-6.

Einzelnachweise

Weblinks