imported>TaxonBot K (Bot: Korrektur Halbgeviertstrich) |
imported>Qcomp (+WLs, WLs zum ersten Aufte¡reten der Begriffe verschoben; den später uneingeführt verwendeten Begriff "Delta-Resonanz" erklärt; "Masse" statt "Ruhemasse", da letzteres veralteter Sprachgebrauch ist; leeren Abschnitt zu Neutronen entfernt) |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
'''GZK-Cutoff''' (nach den Physikern [[Kenneth Greisen]] <ref name="Greisen1966">{{cite journal |last=Greisen |first=Kenneth |authorlink= |coauthors= |year=1966 |month= |title=End to the Cosmic-Ray Spectrum? |journal=Physical Review Letters |volume=16 |issue=17 |pages=748–750 |doi=10.1103/PhysRevLett.16.748 |url= |accessdate= |quote= }}</ref>, [[Georgi Timofejewitsch Sazepin|Georgi Sazepin]] und [[Wadim Alexejewitsch Kusmin|Wadim Kusmin]]<ref name="Zatsepin">{{cite journal |last=Zatsepin |first=G. T. |authorlink= |coauthors=Kuz'min, V. A. |year=1966 |month= |title=Upper Limit of the Spectrum of Cosmic Rays |journal=Journal of Experimental and Theoretical Physics Letters |volume=4 |issue= |pages=78–80 |bibcode=1966JETPL...4...78Z |url=http://www.jetpletters.ac.ru/ps/1624/article_24846.pdf |accessdate= |quote= }}</ref>, die sie im Jahre 1966 errechneten) ist die Obergrenze (engl. ''cutoff'') für die [[Energie]] [[Kosmische Strahlung|kosmischer Strahlung]] sehr weit entfernter Quellen. | '''GZK-Cutoff''' (nach den Physikern [[Kenneth Greisen]]<ref name="Greisen1966">{{cite journal |last=Greisen |first=Kenneth |authorlink= |coauthors= |year=1966 |month= |title=End to the Cosmic-Ray Spectrum? |journal=Physical Review Letters |volume=16 |issue=17 |pages=748–750 |doi=10.1103/PhysRevLett.16.748 |url= |accessdate= |quote= }}</ref>, [[Georgi Timofejewitsch Sazepin|Georgi Sazepin]] und [[Wadim Alexejewitsch Kusmin|Wadim Kusmin]]<ref name="Zatsepin">{{cite journal |last=Zatsepin |first=G. T. |authorlink= |coauthors=Kuz'min, V. A. |year=1966 |month= |title=Upper Limit of the Spectrum of Cosmic Rays |journal=Journal of Experimental and Theoretical Physics Letters |volume=4 |issue= |pages=78–80 |bibcode=1966JETPL...4...78Z |url=http://www.jetpletters.ac.ru/ps/1624/article_24846.pdf |accessdate= |quote= }}</ref>, die sie im Jahre 1966 errechneten) ist die Obergrenze (engl. ''cutoff'') für die [[Energie]] [[Kosmische Strahlung|kosmischer Protonen-Strahlung]] sehr weit entfernter (⪆ 50 [[Megaparsec|Mpc]]) Quellen. | ||
Es geht hierbei um Protonen mit so hohen Energien, dass die Geschwindigkeitsdifferenz dieser Protonen zu Photonen nur noch so gering ist, dass es 600 Jahre (5 '''·''' 10<sup>19</sup> [[Elektronenvolt|eV]]) bis 2400 Jahre (10<sup>20</sup> eV) dauert, bis sie <abbr title="Es sind genau 2402200 Jahre/Meter bei 10²⁰ eV">1 Millimeter gegenüber Photonen zurückgefallen sind</abbr>. | |||
Geladene [[ | == Theorie == | ||
Geladene Protonen extrem hoher Energie „sehen“ durch den [[Doppler-Effekt]] auf Grund ihrer Geschwindigkeit [[Photon]]en <math>\gamma</math> der [[Kosmische Hintergrundstrahlung|kosmischen Hintergrundstrahlung]] um den Faktor 10<sup>11</sup> und mehr blauverschoben. | |||
:<math>\gamma | Dadurch kann es durch den [[Compton-Effekt]] zu elastischen [[Streuung (Physik)|Streuungen]] oder beginnend ab etwa 6 '''·''' 10<sup>19</sup> [[Elektronenvolt|eV]] zu Kernprozessen kommen. | ||
Ab dieser Energie werden Teile der Hintergrundstrahlung zunehmend als Gammastrahlung mit mehr als 300 MeV „gesehen“, was die Bildung von [[Delta-Baryon]]en <math>\Delta^+</math> (angeregte Protonen, die den Spin des Photons „geschluckt“ haben; auch als „Delta-Resonanz“ bezeichnet) mit einer knapp 300 MeV höheren [[Masse]] als Protonen (1232 MeV vs. 938,3 MeV) ermöglicht, die mit einer Lebensdauer von 5,6 '''·''' 10<sup>−24</sup> Sekunden unter Bildung eines [[Pion]]s wieder zerfallen. | |||
Die häufigsten Kernreaktionen (>99 %) lauten | |||
:<math>p + \gamma\ \rightarrow\ \Delta^+\ \rightarrow\ p + \pi^0</math> | |||
und | und | ||
:<math>\gamma | :<math>p + \gamma\ \rightarrow\ \Delta^+\ \rightarrow\ n + \pi^+</math> | ||
und erzeugen ein Delta-Baryon <math>\Delta^+</math>, das wiederum in ein Nukleon (Proton <math>p</math> oder [[Neutron]] <math>n</math>) sowie ein Pion (neutral <math>\pi^0</math> oder geladen {{nowrap|<math>\pi^+</math>)}} zerfällt. Das Proton verliert dabei durch Übertragung von Impuls auf das Pion knapp 15 % seiner Energie und ändert seine Richtung. Der Energieverlust durch Impulsübertrag liegt dabei mit etwa 10<sup>19</sup> eV viele Größenordnungen über der Energie für die Erzeugung des Pions mit 10<sup>8</sup> eV. Liegt die Energie des Protons immer noch über dieser Schwelle, so kann die Reaktion erneut stattfinden. Für sehr weit entfernte Quellen (> 100 Mio. [[Lichtjahr]]e) ist die Wahrscheinlichkeit, ohne [[Stoß (Physik)|Stoß]] durchzukommen, sehr gering. Man spricht von GZK-Unterdrückung oder dem GZK-Effekt. | |||
== Andere Partikel == | |||
=== Elektronen === | |||
Elektronen bilden keine Deltaresonanzen, unterliegen allerdings wesentlich stärker der [[Compton-Streuung]], der [[Wirkungsquerschnitt]] berechnet sich zu [[Klein-Nishina-Wirkungsquerschnitt]]. | |||
=== Atomkerne === | |||
Kosmische Strahlung besteht hauptsächlich aus Protonen und [[Alpha-Teilchen]]. Alpha-Teilchen sind etwa viermal so schwer wie Protonen und benötigen die vierfache kinetische Energie zur Ausbildung von Delta-Resonanzen. | |||
== Beobachtungen == | |||
Zwar besteht die kosmische Strahlung bei den höchsten Energien nicht nur aus Protonen, sondern aus einer Mischung verschiedener Atomkerne, aber auch diese werden durch Wechselwirkung mit der kosmischen Hintergrundstrahlung abgebremst. | |||
Der GZK-Effekt wird daher grundsätzlich unabhängig von der genauen Zusammensetzung der kosmischen Strahlung erwartet, wobei das Ausmaß und Schwell-Energie der GZK-Unterdrückung von der nur ungenau bekannten Massenzusammensetzung der kosmischen Strahlung abhängen.<ref name="AugerPrimePDR">The Pierre Auger Collaboration: ''The Pierre Auger Observatory Upgrade - Preliminary Design Report'', 2016, {{arXiv|astro-ph/1604.03637}}</ref> | |||
Die experimentellen Resultate bezüglich der höchstenergetischen kosmischen Strahlung erschienen zunächst widersprüchlich. Während das [[AGASA-Experiment]] der [[Universität Tokio]] Teilchen oberhalb der GZK-Energie registriert haben will<ref name="AGASA2003">M. Takeda et al.: ''Energy determination in the Akeno Giant Air Shower Array experiment'' Astropart.Phys. 19 (2003) 447–462, {{arXiv|astro-ph/0209422v3}}</ref>, sind die Daten der [[HiRes-Kollaboration]] mit dem GZK-Cutoff verträglich<ref name="HiRes2008">HiRes Collaboration: ''First Observation of the Greisen-Zatsepin-Kuzmin Suppression'' Phys. Rev. Lett. 100, 101101 (2008), {{arXiv|astro-ph/0703099v2}}</ref>. Das [[Pierre-Auger-Observatorium]]<ref name="Auger2008">The Pierre Auger Collaboration: ''Observation of the suppression of the flux of cosmic rays above 4x10^19eV.'' Phys. Rev. Lett. 101, 061101 (2008), {{arXiv|0806.4302v1}}</ref> und das Telescope-Array-Projekt<ref name="TA_Energiespektrum2013">The Telescope Array Collaboration: '' The Cosmic-Ray Energy Spectrum Oberved with the Surface Detector of the Telescope Array Experiment.'' Astrophysical Journal Letters 768 (2013) 1, {{arXiv|1205.5067}}</ref> haben inzwischen bestätigt, dass es im Energiespektrum der kosmischen Strahlung tatsächlich einen Abbruch gibt, dessen Energie mit dem erwarteten GZK-Cutoff im Rahmen der Mess- und Vorhersage-Unsicherheiten übereinstimmt. | |||
Die extrem seltenen Ereignisse, die bei Energien jenseits der GZK-Grenze gemessen wurden, müssen von nähergelegenen Quellen stammen. Tatsächlich korreliert die beobachtete Richtungsverteilung mit aus dem optischen Bereich bekannten potentiellen Quellen.<ref>The Pierre Auger Collaboration: ''Update on the correlation of the highest energy cosmic rays with nearby extragalactic matter.'' Astropart.Phys. 34 (2010), S. 314–326, {{arXiv|astro-ph/1009.1855v2}}</ref> | |||
Allerdings ist noch nicht sicher geklärt, ob der GZK-Cutoff tatsächlich die Hauptursache dafür ist, dass bei höheren Energien deutlich weniger Teilchen die Erde erreichen. | |||
Eine alternative Erklärung ist, dass die Maximalenergie der Quellen der kosmischen Strahlung bei einer ähnlichen Energie liegen könnte. | |||
Mit dem derzeit durchgeführten Upgrade des Pierre-Auger-Observatoriums soll dessen Messgenauigkeit soweit erhöht werden, dass dieses Szenario vom GZK-Cutoff unterschieden werden kann.<ref name="AugerPrimePDR" /> | |||
Genaue Messungen im Bereich der GZK-Energie können | Genaue Messungen im Bereich der GZK-Energie können außerdem verwendet werden, um Theorien für noch unbekannte physikalische Effekte zu testen, beispielsweise Szenarien der [[Schleifenquantengravitation]]. Diese sagt eine höhere Energieschwelle als 6 '''·''' 10<sup>19</sup> eV voraus.<ref>{{Literatur |Autor=Jorge Alfaro, Gonzalo Palma |Titel=Loop Quantum Gravity and Ultra High Energy Cosmic Rays |Sammelwerk=Phys. Rev. D |Band=67 |Datum=2003 |Seiten=083003 |arXiv=hep-th/0208193 |DOI=10.1103/PhysRevD.67.083003}}</ref> | ||
== Quellenangaben == | == Quellenangaben == | ||
<references/> | <references /> | ||
== Weblinks == | |||
* [http://www-akeno.icrr.u-tokyo.ac.jp/AGASA/ AGASA-Experiment] | * [http://www-akeno.icrr.u-tokyo.ac.jp/AGASA/ AGASA-Experiment] | ||
* [http://hires.physics.utah.edu/ HiRes-Kollaboration] | * [http://hires.physics.utah.edu/ HiRes-Kollaboration] | ||
* [http://www.auger.org/ AUGER-Experiment] | * [http://www.auger.org/ AUGER-Experiment] | ||
[[Kategorie:Astrophysikalischer Prozess | [[Kategorie:Astrophysikalischer Prozess]] |
GZK-Cutoff (nach den Physikern Kenneth Greisen[1], Georgi Sazepin und Wadim Kusmin[2], die sie im Jahre 1966 errechneten) ist die Obergrenze (engl. cutoff) für die Energie kosmischer Protonen-Strahlung sehr weit entfernter (⪆ 50 Mpc) Quellen. Es geht hierbei um Protonen mit so hohen Energien, dass die Geschwindigkeitsdifferenz dieser Protonen zu Photonen nur noch so gering ist, dass es 600 Jahre (5 · 1019 eV) bis 2400 Jahre (1020 eV) dauert, bis sie 1 Millimeter gegenüber Photonen zurückgefallen sind.
Geladene Protonen extrem hoher Energie „sehen“ durch den Doppler-Effekt auf Grund ihrer Geschwindigkeit Photonen $ \gamma $ der kosmischen Hintergrundstrahlung um den Faktor 1011 und mehr blauverschoben.
Dadurch kann es durch den Compton-Effekt zu elastischen Streuungen oder beginnend ab etwa 6 · 1019 eV zu Kernprozessen kommen.
Ab dieser Energie werden Teile der Hintergrundstrahlung zunehmend als Gammastrahlung mit mehr als 300 MeV „gesehen“, was die Bildung von Delta-Baryonen $ \Delta ^{+} $ (angeregte Protonen, die den Spin des Photons „geschluckt“ haben; auch als „Delta-Resonanz“ bezeichnet) mit einer knapp 300 MeV höheren Masse als Protonen (1232 MeV vs. 938,3 MeV) ermöglicht, die mit einer Lebensdauer von 5,6 · 10−24 Sekunden unter Bildung eines Pions wieder zerfallen.
Die häufigsten Kernreaktionen (>99 %) lauten
und
und erzeugen ein Delta-Baryon $ \Delta ^{+} $, das wiederum in ein Nukleon (Proton $ p $ oder Neutron $ n $) sowie ein Pion (neutral $ \pi ^{0} $ oder geladen $ \pi ^{+} $) zerfällt. Das Proton verliert dabei durch Übertragung von Impuls auf das Pion knapp 15 % seiner Energie und ändert seine Richtung. Der Energieverlust durch Impulsübertrag liegt dabei mit etwa 1019 eV viele Größenordnungen über der Energie für die Erzeugung des Pions mit 108 eV. Liegt die Energie des Protons immer noch über dieser Schwelle, so kann die Reaktion erneut stattfinden. Für sehr weit entfernte Quellen (> 100 Mio. Lichtjahre) ist die Wahrscheinlichkeit, ohne Stoß durchzukommen, sehr gering. Man spricht von GZK-Unterdrückung oder dem GZK-Effekt.
Elektronen bilden keine Deltaresonanzen, unterliegen allerdings wesentlich stärker der Compton-Streuung, der Wirkungsquerschnitt berechnet sich zu Klein-Nishina-Wirkungsquerschnitt.
Kosmische Strahlung besteht hauptsächlich aus Protonen und Alpha-Teilchen. Alpha-Teilchen sind etwa viermal so schwer wie Protonen und benötigen die vierfache kinetische Energie zur Ausbildung von Delta-Resonanzen.
Zwar besteht die kosmische Strahlung bei den höchsten Energien nicht nur aus Protonen, sondern aus einer Mischung verschiedener Atomkerne, aber auch diese werden durch Wechselwirkung mit der kosmischen Hintergrundstrahlung abgebremst. Der GZK-Effekt wird daher grundsätzlich unabhängig von der genauen Zusammensetzung der kosmischen Strahlung erwartet, wobei das Ausmaß und Schwell-Energie der GZK-Unterdrückung von der nur ungenau bekannten Massenzusammensetzung der kosmischen Strahlung abhängen.[3]
Die experimentellen Resultate bezüglich der höchstenergetischen kosmischen Strahlung erschienen zunächst widersprüchlich. Während das AGASA-Experiment der Universität Tokio Teilchen oberhalb der GZK-Energie registriert haben will[4], sind die Daten der HiRes-Kollaboration mit dem GZK-Cutoff verträglich[5]. Das Pierre-Auger-Observatorium[6] und das Telescope-Array-Projekt[7] haben inzwischen bestätigt, dass es im Energiespektrum der kosmischen Strahlung tatsächlich einen Abbruch gibt, dessen Energie mit dem erwarteten GZK-Cutoff im Rahmen der Mess- und Vorhersage-Unsicherheiten übereinstimmt.
Die extrem seltenen Ereignisse, die bei Energien jenseits der GZK-Grenze gemessen wurden, müssen von nähergelegenen Quellen stammen. Tatsächlich korreliert die beobachtete Richtungsverteilung mit aus dem optischen Bereich bekannten potentiellen Quellen.[8] Allerdings ist noch nicht sicher geklärt, ob der GZK-Cutoff tatsächlich die Hauptursache dafür ist, dass bei höheren Energien deutlich weniger Teilchen die Erde erreichen. Eine alternative Erklärung ist, dass die Maximalenergie der Quellen der kosmischen Strahlung bei einer ähnlichen Energie liegen könnte. Mit dem derzeit durchgeführten Upgrade des Pierre-Auger-Observatoriums soll dessen Messgenauigkeit soweit erhöht werden, dass dieses Szenario vom GZK-Cutoff unterschieden werden kann.[3]
Genaue Messungen im Bereich der GZK-Energie können außerdem verwendet werden, um Theorien für noch unbekannte physikalische Effekte zu testen, beispielsweise Szenarien der Schleifenquantengravitation. Diese sagt eine höhere Energieschwelle als 6 · 1019 eV voraus.[9]