Gleitspiegelung: Unterschied zwischen den Versionen

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Unter einer '''Gleitspiegelung''' oder '''Schubspiegelung''' versteht man in der [[Geometrie]] eine spezielle [[Kongruenzabbildung]]. In der Ebene handelt es sich um die [[Verkettung (Mathematik)|Hintereinanderausführung]] einer [[Parallelverschiebung]] und einer [[Spiegelung (Geometrie)|Geradenspiegelung]], bei der die Verschiebung parallel zur Geraden geschieht. In einem allgemeinen Vektorraum ''V'' wird eine Gleitspiegelung als die Hintereinanderausführung einer [[Parallelverschiebung]] und einer Spiegelung an einer [[Hyperebene]] ''H'' definiert, bei der der Translationsvektor parallel zu ''H'' steht.  
Unter einer '''Gleitspiegelung''' oder '''Schubspiegelung''' versteht man in der [[Geometrie]] eine spezielle [[Kongruenzabbildung]].
* In der Ebene handelt es sich um die [[Verkettung (Mathematik)|Hintereinanderausführung]] einer [[Parallelverschiebung]] und einer [[Spiegelung (Geometrie)|Geradenspiegelung]], bei der die Verschiebung [[Parallelität (Geometrie)|parallel]] zur [[Gerade]]n geschieht.
* In einem allgemeinen [[Vektorraum]] ''V'' handelt es sich um  die Hintereinanderausführung einer Parallelverschiebung und einer Spiegelung an einer [[Hyperebene]] ''H'', bei der der Translations[[vektor]] parallel zu ''H'' steht.


Als Kongruenzabbildungen erhalten Gleitspiegelungen Längen, d. h. eine „gleitgespiegelte“ Strecke ist genauso lang wie das Original. Gleitspiegelungen sind daher [[Isometrie]]n. Allerdings erhalten Gleitspiegelungen nicht die [[Orientierung (Mathematik)|Orientierung]] einer Figur.  
Die Reihenfolge, d. h. ob zuerst die Spiegelung oder die Verschiebung ausgeführt wird, spielt für das Ergebnis keine Rolle.  


Gleitspiegelungen spielen besonders in der diskreten Geometrie eine Rolle, etwa bei der Klassifizierung der Isometrien in [[Dimension (Mathematik)|Dimension]] 2 und 3 oder bei der Untersuchung von [[Bandornamentgruppe]]n.
Als Kongruenzabbildungen erhalten Gleitspiegelungen Längen, d. h. eine „gleitgespiegelte“ Strecke ist genauso lang wie das Original. Gleitspiegelungen sind daher [[Isometrie]]n. Allerdings erhalten Gleitspiegelungen ''nicht'' die [[Orientierung (Mathematik)|Orientierung]] einer Figur, d. h. sie gehören ''nicht'' zu den [[orientierungstreue Abbildung|orientierungstreuen Abbildungen]].  


In der Kristallographie sind Gleitspiegelebenen mögliche Symmetrieelemente einer [[Raumgruppe]].
Gleitspiegelungen spielen besonders in der diskreten Geometrie eine Rolle, etwa bei der [[Klassifizierung]] der Isometrien in [[Dimension (Mathematik)|Dimension]] 2 und 3 oder bei der Untersuchung von [[Bandornamentgruppe]]n.
 
In der [[Kristallographie]] sind Gleitspiegelebenen mögliche [[Symmetrie]]elemente einer [[Raumgruppe]].


== Beispiele ==
== Beispiele ==
=== Dimension 2 ===
=== Dimension 2 ===
Eine affine Hyperebene in der Zeichenebene ist eine [[Gerade]]. In der zweidimensionalen Geometrie ist eine Gleitspiegelung also eine Spiegelung an einer affinen Geraden verknüpft mit einer Translation parallel zu dieser Geraden:
Eine [[affine Hyperebene]] in der Zeichenebene ist eine Gerade. In der zweidimensionalen Geometrie ist eine Gleitspiegelung also eine Spiegelung an einer [[Affinität (Mathematik)|affin]]en Geraden, verknüpft mit einer Translation parallel zu dieser Geraden:


[[Datei:Gleitspiegelung 2D.gif|Gleitspiegelung in Dimension 2]]
[[Datei:Gleitspiegelung 2D.gif|Gleitspiegelung in Dimension 2]]


Isometrien in euklidischen Vektorräumen der Dimension 2 können nach geometrischen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Innerhalb dieser Klassifikation ist die Gleitspiegelung eine von insgesamt 5 Typen. Weitere Typen sind:
Isometrien in euklidischen Vektorräumen der Dimension 2 können nach geometrischen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Innerhalb dieser Klassifikation ist die Gleitspiegelung eine von insgesamt 5 Typen. Weitere Typen sind:
* [[Identische Abbildung|Identität]]
* [[Identische Abbildung|Identität]]
* [[Parallelverschiebung|Translation]]
* [[Parallelverschiebung|Translation]]
* [[Drehung]]
* [[Drehung]]
* [[Spiegelung (Geometrie)|Spiegelung]]
* [[Spiegelung (Geometrie)|Spiegelung]].


=== Dimension 3 ===
=== Dimension 3 ===
In Räumen dritter Dimension ist eine affine Hyperebene eine Ebene. Eine Gleitspiegelung spiegelt ein Objekt hier also an einer Ebene und verschiebt das Resultat parallel zu dieser.
In Räumen dritter Dimension ist eine affine Hyperebene eine [[Ebene]]. Eine Gleitspiegelung spiegelt ein Objekt hier also an einer Ebene und verschiebt das Resultat parallel zu dieser.


[[Datei:Gleitspiegelung 3D.gif|Gleitspiegelung in Dimension 3]]
[[Datei:Gleitspiegelung 3D.gif|Gleitspiegelung in Dimension 3]]


Auch in euklidischen Vektorräumen der Dimension drei lassen sich Isometrien geometrisch klassifizieren. Die Gleitspiegelung bildet hier einen von insgesamt 7 Typen. Man unterscheidet weiterhin:
Auch in euklidischen Vektorräumen der Dimension drei lassen sich Isometrien geometrisch klassifizieren. Die Gleitspiegelung bildet hier einen von insgesamt 7 Typen. Man unterscheidet weiterhin:
* [[Identische Abbildung|Spiegelung]]  
* [[Identische Abbildung|Identität]]  
* [[Parallelverschiebung|Translation]]
* [[Parallelverschiebung|Translation]]
* [[Spiegelung (Geometrie)|Spiegelung bzw. Ebenenspiegelung]]
* [[Drehung]]
* [[Drehung]]
* [[Schraubung]]
* [[Spiegelung (Geometrie)|Ebenenspiegelung]]
* [[Drehspiegelung]]
* [[Drehspiegelung]]
* [[Schraubung]].


== Die Gleitspiegelebene als Element einer Raumgruppe ==
== Die Gleitspiegelebene als Element einer Raumgruppe ==
In einer Raumgruppe können nur Gleitspiegelebenen vorkommen, die mit dem Translationsgitter der Gruppe verträglich sind. Die zweifache Hintereinanderausführung einer reinen Spiegelung ergibt die Identität. Daraus folgt, dass die zweifache Hintereinanderausführung einer Gleitspiegelung eine reine mit dem Gitter verträgliche Translation ergeben muss.
In einer Raumgruppe können nur Gleitspiegelebenen vorkommen, die mit dem [[Translationsgitter]] der Gruppe verträglich sind. Die zweifache Hintereinanderausführung einer reinen Spiegelung ergibt die Identität; daraus folgt, dass die zweifache Hintereinanderausführung einer Gleitspiegelung eine reine mit dem Gitter verträgliche Translation ergeben muss.
Für die Kombinationen aus Spiegelung und Translation gibt es daher nur folgende Möglichkeiten:
Für die Gleitspiegelungen als Kombinationen aus Spiegelung und Translation gibt es daher nur folgende Möglichkeiten:


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Im Fall der axialen und diagonalen Gleitspiegelebenen ist es offensichtlich, dass der 2-fache Translationsvektor wieder zu einem Gitterpunkt führt.  
Im Fall der axialen und diagonalen Gleitspiegelebenen ist es offensichtlich, dass der 2-fache Translationsvektor wieder zu einem Gitterpunkt führt.  


Diamantgleitspiegelebenen gibt es nur in orthorhombisch F-zentrierten, tetragonal I-zentrierten und kubisch I- und F-zentrierten Bravaisgittern. Der doppelte Translationsvektor ergibt den Vektor, der die Zentrierung beschreibt.
Diamantgleitspiegelebenen gibt es nur in
* [[orthorhombisch]] [[Hermann-Mauguin-Symbolik #Symbole_der_Raumgruppen|F-zentrierten]]
* [[tetragonal]] I-zentrierten und
* [[Kubisches Kristallsystem|kubisch]] I- und F-zentrierten
Bravaisgittern.
Der doppelte Translationsvektor ergibt dabei den Vektor, der die Zentrierung beschreibt.
 
== Siehe auch ==
* [[Systematische Auslöschung]]


== Literatur ==
== Literatur ==

Aktuelle Version vom 12. Februar 2022, 17:03 Uhr

Unter einer Gleitspiegelung oder Schubspiegelung versteht man in der Geometrie eine spezielle Kongruenzabbildung.

  • In der Ebene handelt es sich um die Hintereinanderausführung einer Parallelverschiebung und einer Geradenspiegelung, bei der die Verschiebung parallel zur Geraden geschieht.
  • In einem allgemeinen Vektorraum V handelt es sich um die Hintereinanderausführung einer Parallelverschiebung und einer Spiegelung an einer Hyperebene H, bei der der Translationsvektor parallel zu H steht.

Die Reihenfolge, d. h. ob zuerst die Spiegelung oder die Verschiebung ausgeführt wird, spielt für das Ergebnis keine Rolle.

Als Kongruenzabbildungen erhalten Gleitspiegelungen Längen, d. h. eine „gleitgespiegelte“ Strecke ist genauso lang wie das Original. Gleitspiegelungen sind daher Isometrien. Allerdings erhalten Gleitspiegelungen nicht die Orientierung einer Figur, d. h. sie gehören nicht zu den orientierungstreuen Abbildungen.

Gleitspiegelungen spielen besonders in der diskreten Geometrie eine Rolle, etwa bei der Klassifizierung der Isometrien in Dimension 2 und 3 oder bei der Untersuchung von Bandornamentgruppen.

In der Kristallographie sind Gleitspiegelebenen mögliche Symmetrieelemente einer Raumgruppe.

Beispiele

Dimension 2

Eine affine Hyperebene in der Zeichenebene ist eine Gerade. In der zweidimensionalen Geometrie ist eine Gleitspiegelung also eine Spiegelung an einer affinen Geraden, verknüpft mit einer Translation parallel zu dieser Geraden:

Gleitspiegelung in Dimension 2

Isometrien in euklidischen Vektorräumen der Dimension 2 können nach geometrischen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Innerhalb dieser Klassifikation ist die Gleitspiegelung eine von insgesamt 5 Typen. Weitere Typen sind:

  • Identität
  • Translation
  • Drehung
  • Spiegelung.

Dimension 3

In Räumen dritter Dimension ist eine affine Hyperebene eine Ebene. Eine Gleitspiegelung spiegelt ein Objekt hier also an einer Ebene und verschiebt das Resultat parallel zu dieser.

Gleitspiegelung in Dimension 3

Auch in euklidischen Vektorräumen der Dimension drei lassen sich Isometrien geometrisch klassifizieren. Die Gleitspiegelung bildet hier einen von insgesamt 7 Typen. Man unterscheidet weiterhin:

  • Identität
  • Translation
  • Spiegelung bzw. Ebenenspiegelung
  • Drehung
  • Drehspiegelung
  • Schraubung.

Die Gleitspiegelebene als Element einer Raumgruppe

In einer Raumgruppe können nur Gleitspiegelebenen vorkommen, die mit dem Translationsgitter der Gruppe verträglich sind. Die zweifache Hintereinanderausführung einer reinen Spiegelung ergibt die Identität; daraus folgt, dass die zweifache Hintereinanderausführung einer Gleitspiegelung eine reine mit dem Gitter verträgliche Translation ergeben muss. Für die Gleitspiegelungen als Kombinationen aus Spiegelung und Translation gibt es daher nur folgende Möglichkeiten:

Beschreibung Richtung senkrecht zur Spiegelebene Translationsvektor Hermann-Mauguin-Symbol
Axiale Gleitspiegelebene $ [010];[001] $ $ {\frac {1}{2}}{\vec {a}} $ a
$ [001];[100] $ $ {\frac {1}{2}}{\vec {b}} $ b
$ [100];[010] $
$ {\frac {1}{2}}{\vec {c}} $ c
$ [1{\bar {1}}0];[110] $
$ [100];[010];[{\bar {1}}{\bar {1}}0] $
$ [1{\bar {1}}0];[120];[{\bar {2}}{\bar {1}}0] $
Diagonalgleitspiegelebene $ [001];[100];[010] $ $ {\frac {1}{2}}({\vec {a}}+{\vec {b}})\,;\,{\frac {1}{2}}({\vec {b}}+{\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{2}}({\vec {a}}+{\vec {c}}) $ n
$ [1{\bar {1}}0];[01{\bar {1}}];[{\bar {1}}01] $ $ {\frac {1}{2}}({\vec {a}}+{\vec {b}}+{\vec {c}}) $
$ [110];[011];[101] $ $ {\frac {1}{2}}(-{\vec {a}}+{\vec {b}}+{\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{2}}({\vec {a}}-{\vec {b}}+{\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{2}}({\vec {a}}+{\vec {b}}-{\vec {c}}) $
Diamantgleitspiegelebene $ [001];[100];[010] $ $ {\frac {1}{4}}(-{\vec {a}}\pm {\vec {b}})\,;\,{\frac {1}{4}}({\vec {b}}\pm {\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{4}}(\pm {\vec {a}}+{\vec {c}}) $ d
$ [1{\bar {1}}0];[01{\bar {1}}];[{\bar {1}}01] $ $ {\frac {1}{4}}({\vec {a}}+{\vec {b}}\pm {\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{4}}(\pm {\vec {a}}+{\vec {b}}+{\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{4}}({\vec {a}}\pm {\vec {b}}+{\vec {c}}) $
$ [110];[011];[101] $ $ {\frac {1}{4}}(-{\vec {a}}+{\vec {b}}\pm {\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{4}}(\pm {\vec {a}}-{\vec {b}}+{\vec {c}})\,;\,{\frac {1}{4}}({\vec {a}}\pm {\vec {b}}+-{\vec {c}}) $

Im Fall der axialen und diagonalen Gleitspiegelebenen ist es offensichtlich, dass der 2-fache Translationsvektor wieder zu einem Gitterpunkt führt.

Diamantgleitspiegelebenen gibt es nur in

Bravaisgittern. Der doppelte Translationsvektor ergibt dabei den Vektor, der die Zentrierung beschreibt.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Schupp: Elementargeometrie, UTB Schoeningh (1977)
  • Schwarzenbach D. Kristallographie, Springer Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-540-67114-5