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Als '''Kármánsche Wirbelstraße''' bezeichnet man ein [[Phänomen]] in der [[Strömungsmechanik]], bei dem sich hinter einem umströmten [[Körper (Physik)|Körper]] gegenläufige [[Wirbel (Strömungslehre)|Wirbel]] ausbilden. Die Wirbelstraßen wurden von [[Theodore von Kármán]] erstmals 1911 nachgewiesen und berechnet. | Als '''Kármánsche Wirbelstraße''' bezeichnet man ein [[Phänomen]] in der [[Strömungsmechanik]], bei dem sich hinter einem umströmten [[Körper (Physik)|Körper]] gegenläufige [[Wirbel (Strömungslehre)|Wirbel]] ausbilden. Die Wirbelstraßen wurden von [[Theodore von Kármán]] erstmals 1911 nachgewiesen und berechnet. | ||
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Der Charakter der Wirbelbildung wird im Wesentlichen von der [[Reynolds-Zahl]] ''Re'' bestimmt. Sie stellt das Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften dar und errechnet sich aus der Strömungsgeschwindigkeit, dem Durchmesser des Körpers und der [[Viskosität]]. Im einfachsten Fall, dem eines ortsfesten Zylinders in einer stationären Strömung, lassen sich anhand der Reynolds-Zahl verschiedene Ausbildungen der Wirbelstraße beobachten: | Der Charakter der Wirbelbildung wird im Wesentlichen von der [[Reynolds-Zahl]] ''Re'' bestimmt. Sie stellt das Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften dar und errechnet sich aus der Strömungsgeschwindigkeit, dem Durchmesser des Körpers und der [[Viskosität]]. Im einfachsten Fall, dem eines ortsfesten Zylinders in einer stationären Strömung, lassen sich anhand der Reynolds-Zahl verschiedene Ausbildungen der Wirbelstraße beobachten: | ||
Bei sehr kleinen Geschwindigkeiten, bzw. sehr großen Zähigkeiten (''Re''<4, z. B. in [[Honig]]) findet überhaupt keine [[Grenzschichtablösung|Strömungsablösung]] statt. Dieser Fall ist eine klassische Anwendung der [[Potentialtheorie]]. Mit zunehmender Geschwindigkeit bilden sich auf der strömungsabgewandten Seite zwei gegenläufig rotierende Wirbelblasen aus, die ab ''Re''≥30 zunehmend instabil werden und dann erst anfangen, die typische, periodische Pendelbewegung zu zeigen. Die Frequenz der Wirbelablösungen wird durch die [[Strouhal-Zahl]] charakterisiert. Bis ''Re''<200 bleibt die gesamte Wirbelstraße dabei vollständig [[Laminare Strömung|laminar]]. | Bei sehr kleinen Geschwindigkeiten, bzw. sehr großen Zähigkeiten (''Re''<4, z. B. in [[Honig]]) findet überhaupt keine [[Grenzschichtablösung|Strömungsablösung]] statt. Dieser Fall ist eine klassische Anwendung der [[Potentialtheorie]]. Mit zunehmender Geschwindigkeit bilden sich auf der strömungsabgewandten Seite zwei gegenläufig rotierende Wirbelblasen aus, die ab ''Re''≥30 zunehmend instabil werden und dann erst anfangen, die typische, periodische Pendelbewegung zu zeigen. Die Frequenz der Wirbelablösungen wird durch die [[Strouhal-Zahl]] charakterisiert. Bis ''Re''<200 bleibt die gesamte Wirbelstraße dabei vollständig [[Laminare Strömung|laminar]]. | ||
Im Bereich höherer Reynolds-Zahlen wird unterschieden, wo im Strömungsfeld der Umschlag von laminarer zu [[Turbulente Strömung|turbulenter Strömung]] erfolgt. Dieser findet zunächst im weit entfernten Nachlauf statt (''Re''≈200) und rückt mit steigender Reynolds-Zahl bis in die [[ | Im Bereich höherer Reynolds-Zahlen wird unterschieden, wo im Strömungsfeld der Umschlag von laminarer zu [[Turbulente Strömung|turbulenter Strömung]] erfolgt. Dieser findet zunächst im weit entfernten Nachlauf statt (''Re''≈200) und rückt mit steigender Reynolds-Zahl bis in die [[Fluiddynamische Grenzschicht|Grenzschicht]] direkt am Körper heran. In diesem Bereich von ''Re''<sub>krit</sub>≈10<sup>4</sup> wird der [[Strömungswiderstandskoeffizient|Strömungswiderstand]] des Körpers minimal. Selbst in Bereichen sehr hoher Reynolds-Zahlen (''Re''>5⋅10<sup>6</sup>), wie sie bei Windströmungen um [[Fernsehturm|Fernsehtürme]] oder Inseln auftreten, sind Kármánsche Wirbelstraßen noch zu beobachten. Die [[Strouhal-Zahl]] verändert sich dabei nur unwesentlich und erreicht Werte bis maximal 0,30. | ||
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Kármánsche Wirbelstraßen können sich beispielsweise hinter [[Inselgruppe]]n bilden, die hoch aus dem [[Meer]] ragen. Die Turbulenzen sind dann auf [[Luftaufnahme]]n als riesige Wolkenstrukturen erkennbar, siehe die Satellitenaufnahme rechts. | Kármánsche Wirbelstraßen können sich beispielsweise hinter [[Inselgruppe]]n bilden, die hoch aus dem [[Meer]] ragen. Die Turbulenzen sind dann auf [[Luftaufnahme]]n als riesige Wolkenstrukturen erkennbar, siehe die Satellitenaufnahme rechts. | ||
Hinter einem zügig mit der Hand durch die Luft bewegtem [[Räucherstäbchen]] ist eine Kármánsche Wirbelstraße ähnlich der Abbildung oben rechts zu beobachten. | |||
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Weitere Beispiele sind das Pfeifen von [[Freileitung]]en bei starkem Wind oder das Geräusch einer geschwungenen [[Gerte]]. | |||
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Aufgrund des [[Lineare Funktion|linearen]] Zusammenhangs von Ablösefrequenz und Strömungsgeschwindigkeit wird der physikalische Effekt für die Durchfluss-Messung („[[Vortex-Durchflussmesser]]“) bei nicht-abrasiven (siehe: [[Verschleiß]]), [[Viskosität|niederviskosen]] Medien genutzt. | Aufgrund des [[Lineare Funktion|linearen]] Zusammenhangs von Ablösefrequenz und Strömungsgeschwindigkeit wird der physikalische Effekt für die Durchfluss-Messung („[[Vortex-Durchflussmesser]]“) bei nicht-abrasiven (siehe: [[Verschleiß]]), [[Viskosität|niederviskosen]] Medien genutzt. | ||
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Entspricht die Ablösefrequenz der Wirbel der [[Eigenfrequenz]] des umströmten Körpers, wird er in [[Schwingung]] versetzt. Ein bekanntes Beispiel sind [[Aeolsharfe]]n. | Entspricht die Ablösefrequenz der Wirbel der [[Eigenfrequenz]] des umströmten Körpers, wird er in [[Schwingung]] versetzt. Ein bekanntes Beispiel sind [[Aeolsharfe]]n. Bei den mutmaßlichen Ursachen des Einsturzes der ersten [[Tacoma-Narrows-Brücke]] am 7. November 1940, die in heftige Schwingungen geraten war, wird diskutiert, dass er nicht oder nicht nur auf dem Effekt einer Kármánschen Wirbelstraße beruhte, sondern Folge eines aeroelastischen Flatterns war.<ref>[http://www.ketchum.org/billah/Billah-Scanlan.pdf Billah-Scanlan 1991]</ref> | ||
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* [ | * [https://earthobservatory.nasa.gov/images/80197/von-karman-vortices-off-chile Von Karman Vortices off Chile] auf earthobservatory.nasa.gov, abgerufen 31. Okt. 2020 | ||
* {{TIBAV |449 |Linktext=Experiment der Woche: Was ist eine Wirbelstraße? |Herausgeber=LUH |Jahr=2011 |DOI=10.5446/449 }} | * {{TIBAV |449 |Linktext=Experiment der Woche: Was ist eine Wirbelstraße? |Herausgeber=LUH |Jahr=2011 |DOI=10.5446/449 }} | ||
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== Einzelnachweise == | |||
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Als Kármánsche Wirbelstraße bezeichnet man ein Phänomen in der Strömungsmechanik, bei dem sich hinter einem umströmten Körper gegenläufige Wirbel ausbilden. Die Wirbelstraßen wurden von Theodore von Kármán erstmals 1911 nachgewiesen und berechnet.
Experimente dazu führte schon Henri Bénard um 1908 aus.
Der Charakter der Wirbelbildung wird im Wesentlichen von der Reynolds-Zahl Re bestimmt. Sie stellt das Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften dar und errechnet sich aus der Strömungsgeschwindigkeit, dem Durchmesser des Körpers und der Viskosität. Im einfachsten Fall, dem eines ortsfesten Zylinders in einer stationären Strömung, lassen sich anhand der Reynolds-Zahl verschiedene Ausbildungen der Wirbelstraße beobachten: Bei sehr kleinen Geschwindigkeiten, bzw. sehr großen Zähigkeiten (Re<4, z. B. in Honig) findet überhaupt keine Strömungsablösung statt. Dieser Fall ist eine klassische Anwendung der Potentialtheorie. Mit zunehmender Geschwindigkeit bilden sich auf der strömungsabgewandten Seite zwei gegenläufig rotierende Wirbelblasen aus, die ab Re≥30 zunehmend instabil werden und dann erst anfangen, die typische, periodische Pendelbewegung zu zeigen. Die Frequenz der Wirbelablösungen wird durch die Strouhal-Zahl charakterisiert. Bis Re<200 bleibt die gesamte Wirbelstraße dabei vollständig laminar. Im Bereich höherer Reynolds-Zahlen wird unterschieden, wo im Strömungsfeld der Umschlag von laminarer zu turbulenter Strömung erfolgt. Dieser findet zunächst im weit entfernten Nachlauf statt (Re≈200) und rückt mit steigender Reynolds-Zahl bis in die Grenzschicht direkt am Körper heran. In diesem Bereich von Rekrit≈104 wird der Strömungswiderstand des Körpers minimal. Selbst in Bereichen sehr hoher Reynolds-Zahlen (Re>5⋅106), wie sie bei Windströmungen um Fernsehtürme oder Inseln auftreten, sind Kármánsche Wirbelstraßen noch zu beobachten. Die Strouhal-Zahl verändert sich dabei nur unwesentlich und erreicht Werte bis maximal 0,30.
Wirbel und Wirbelstraßen sind ein häufiges Phänomen. Ihre Beobachtung ist jedoch nicht ganz einfach. Luftströmungen lassen sich nicht ohne weiteres erkennen. Wasserwirbel sind genauso durchscheinend wie Wasser selbst. Bei genauer Beobachtung wird man sie in der Badewanne entdecken, wenn man mit dem Finger durch das Wasser fährt. Versetzt man eine Flüssigkeit hoher Viskosität, z. B. ein Wasser-Glyzeringemisch, teilweise mit Lebensmittelfarbe, lassen die Farbfäden die Rotationsrichtungen erkennen.
Die Animation (rechts) zeigt, wie sich Wirbel an einem Hindernis bilden, ihr Mitfließen mit der Strömung und ihre Rotation hin zum Hindernis.
Kármánsche Wirbelstraßen können sich beispielsweise hinter Inselgruppen bilden, die hoch aus dem Meer ragen. Die Turbulenzen sind dann auf Luftaufnahmen als riesige Wolkenstrukturen erkennbar, siehe die Satellitenaufnahme rechts.
Hinter einem zügig mit der Hand durch die Luft bewegtem Räucherstäbchen ist eine Kármánsche Wirbelstraße ähnlich der Abbildung oben rechts zu beobachten.
Weitere Beispiele sind das Pfeifen von Freileitungen bei starkem Wind oder das Geräusch einer geschwungenen Gerte.
Die Ablösefrequenz $ f $ der Wirbel kann über die Strouhalzahl $ S_{\mathrm {r} } $ bestimmt werden. Es gilt:
wobei $ v $ für die Anströmgeschwindigkeit und $ d $ für eine charakteristische Abmessung des umströmten Körpers steht. Die Strouhalzahl ist von der Form des Körpers und der Reynoldszahl abhängig. Für zylindrische Körper beträgt sie für einen weiten Bereich von Reynoldszahlen 0,18–0,22. Hier wird $ S_{\mathrm {r} }=0{,}2 $ gewählt. Als charakteristische Abmessung wird hier der Durchmesser eingesetzt. Somit erzeugt eine 4 mm dicke Radioantenne auf dem Dach eines 25 m/s (90 km/h) schnell fahrenden Fahrzeugs einen deutlich hörbaren Ton mit der Frequenz
Aufgrund des linearen Zusammenhangs von Ablösefrequenz und Strömungsgeschwindigkeit wird der physikalische Effekt für die Durchfluss-Messung („Vortex-Durchflussmesser“) bei nicht-abrasiven (siehe: Verschleiß), niederviskosen Medien genutzt.
Entspricht die Ablösefrequenz der Wirbel der Eigenfrequenz des umströmten Körpers, wird er in Schwingung versetzt. Ein bekanntes Beispiel sind Aeolsharfen. Bei den mutmaßlichen Ursachen des Einsturzes der ersten Tacoma-Narrows-Brücke am 7. November 1940, die in heftige Schwingungen geraten war, wird diskutiert, dass er nicht oder nicht nur auf dem Effekt einer Kármánschen Wirbelstraße beruhte, sondern Folge eines aeroelastischen Flatterns war.[1]