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Ein '''Schwarzes-Loch-Analogon''' ist ein von [[William Unruh]] 1981 eingeführtes Modell, das die Vorgänge in einem [[Schwarzes Loch|Schwarzen Loch]] in Form eines [[Analogie (Logik)|Analogons]] abbilden soll. Insbesondere soll so die Erforschung eines Phänomens ermöglicht werden, das aufgrund seiner Eigenschaften nicht direkt beobachtbar (nämlich „schwarz“) ist. | Ein '''Schwarzes-Loch-Analogon''' ist ein von [[William Unruh]] 1981 eingeführtes Modell, das die Vorgänge in einem [[Schwarzes Loch|Schwarzen Loch]] in Form eines [[Analogie (Logik)|Analogons]] abbilden soll. Insbesondere soll so die Erforschung eines Phänomens ermöglicht werden, das aufgrund seiner Eigenschaften nicht direkt beobachtbar (nämlich „schwarz“) ist. Das Schwarze-Loch-Analogon ist ein Spezialfall der Suche nach Analoga der [[Gravitation]] in anderen Medien, die 1923 von [[Walter Gordon (Physiker)|Gordon]] begonnen wurde<ref>{{Internetquelle |autor=Matt Visser |url=http://homepages.mcs.vuw.ac.nz/~visser/Analog/bibliography.html |titel=Bibliography: Analog models of General Relativity |datum=2000-11-28 |abruf=2018-02-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Luca Bombelli |url=http://www.phy.olemiss.edu/~luca/Topics/bh/analog.html |titel=Black-Hole Analogs and Mimickers |hrsg=University of Mississippi |datum=2017-08-31 |abruf=2018-02-25}}</ref> und vor allem elektromagnetische und akustische Systeme betrachtet. | ||
== Einfaches Beispiel == | == Einfaches Beispiel == | ||
Zur Veranschaulichung mag folgendes, stark vereinfachtes (und daher nicht ganz zutreffendes) Beispiel dienen: In einer Badewanne werden Fische ausgesetzt, die mit einer Maximalgeschwindigkeit von | Zur Veranschaulichung mag folgendes, stark vereinfachtes (und daher nicht ganz zutreffendes) Beispiel dienen: In einer Badewanne werden Fische ausgesetzt, die mit einer Maximalgeschwindigkeit von <math>v_1</math> km/h schwimmen können. Nun wird der Stöpsel gezogen, so dass am Abfluss ein Strudel entsteht, der mit einer Höchstgeschwindigkeit von <math>v_2</math> km/h das Wasser abfließen lässt. Die Abflussgeschwindigkeit nimmt mit dem Abstand vom Abfluss ab. Wenn <math>v_2</math> nun höher als <math>v_1</math> ist, können Fische, die dem Abfluss zu nahe kommen, dem Sog nicht mehr entkommen, da sie langsamer schwimmen als der Strudel sich bewegt, und werden hinaus gespült. Die Grenze, an der die Abflussgeschwindigkeit gleich der maximalen Schwimmgeschwindigkeit der Fische entspricht, wäre analog zum [[Ereignishorizont]] eines Schwarzen Lochs. Fische, die diese Grenze überschreiten, haben keine Möglichkeit mehr zu entkommen.<ref>Dies dient nur der Veranschaulichung, natürlich können die Fische entkommen, indem sie quer zur Fließgeschwindigkeit fort schwimmen.</ref> | ||
== Akustisches Schwarzes-Loch-Analogon == | == Akustisches Schwarzes-Loch-Analogon == | ||
Unruh hat ein [[Akustik|akustisches]] Analogon zum Schwarzen Loch entworfen.<ref> W. G. Unruh | Unruh hat ein [[Akustik|akustisches]] Analogon zum Schwarzen Loch entworfen.<ref>{{Literatur |Autor=W. G. Unruh |Titel=Experimental black hole evaporation |Sammelwerk=Phys. Rev. Lett. |Band=46 |Datum=1981 |Seiten=1351}}, {{bibcode|1981PhRvL..46.1351U}}</ref> In Flüssigkeiten soll es verschiedene Fließgeschwindigkeiten geben, die räumlich getrennt entweder schneller oder langsamer als die [[Schallgeschwindigkeit]] sind. Die Grenze wäre wiederum entsprechend zum Ereignishorizont. Geräusche, die in dem Bereich der höheren Geschwindigkeit entstehen, wären somit im anderen Bereich nicht hörbar. Unruh bezeichnete sein Modell als ''Sonic black hole''. Ein einheitlicher Begriff hat sich im deutschen bislang nicht durchgesetzt, gelegentlich wird von ''Stummen Löchern'' und ihren Gegenstücken, den ''Tauben Löchern''<ref>Entsprechend dem [[Weißes Loch|Weißen Loch]] in der Astrophysik.</ref> gesprochen. | ||
Im Juni 2009 gelang es Wissenschaftlern am [[Technion]] in [[Haifa]] ein | 2000 wurde vorgeschlagen, die neu entdeckten und experimentell sehr gut kontrollierbaren [[Bose-Einstein-Kondensat]]e (BEC) als Grundlage für Schwarze-Loch-Analoga zu verwenden.<ref>{{Literatur |Autor=L. J. Garay, J. R. Anglin, J. I. Cirac, P. Zoller |Titel=Sonic analog of gravitational black holes in Bose–Einstein condensates |Sammelwerk=Phys. Rev. Lett. |Band=85 |Datum=2000 |Seiten=4643–4647 |arXiv=gr-qc/0002015 |DOI=10.1103/PhysRevLett.85.4643}}</ref> Im Juni 2009 gelang es Wissenschaftlern am [[Technion]] in [[Haifa]] um Jeff Steinhauer ein solches Analogon in einem [[Rubidium]]<nowiki />-BEC anstatt in Wasser zu erzeugen<ref>{{Literatur |Autor=Oren Lahav, Amir Itah, Alex Blumkin, Carmit Gordon, Shahar Rinott, Alona Zayats, Jeff Steinhauer |Titel=Realization of a sonic black hole analogue in a Bose-Einstein condensate |Sammelwerk=Phys.Rev.Lett. |Band=105 |Datum=2010 |Seiten=240401 |arXiv=0906.1337 |DOI=10.1103/PhysRevLett.105.240401}}</ref><!--<ref>Siehe Bericht der Fakultät für Physik an der Universität Wien [http://www.teilchen.at:8080/teilchen/laufend/OneArticle?updatelogo=0;id=229;e=0 hier]</ref>-->. Ziel war es, die sogenannte [[Hawking-Strahlung]] nachzuweisen, was aber zunächst nicht gelang.<ref>{{Webarchiv |url=http://dsc.discovery.com/news/2009/06/17/sonic-black-hole.html |wayback=20120507061256 |text=''Sonic Black Hole Traps Sound Waves''.}} Discovery.com, 17. Juni 2009; eine umfangreichere Darstellung in englischer Sprache.</ref> Nachfolgeexperimente 2014<ref>{{Literatur |Autor=Jeff Steinhauer |Titel=Observation of self-amplifying Hawking radiation in an analogue black-hole laser |Sammelwerk=Nature Physics |Band=10 |Datum=2014 |Seiten=864–869 |DOI=10.1038/nphys3104}}</ref> und 2016<ref>{{Literatur |Autor=Jeff Steinhauer |Titel=Observation of quantum Hawking radiation and its entanglement in an analogue black hole |Sammelwerk=Nature Physics |Band=12 |Datum=2016 |Seiten=959–965 |arXiv=1510.00621 |DOI=10.1038/nphys3863}}</ref> lieferten stärkere Belege für Hawking-Strahlung,<ref>{{Literatur |Autor=Davide Castelvecchi |Titel=Artificial black hole creates its own version of Hawking radiation |Sammelwerk=Nature |Band=536 |Datum=2016-08-15 |Seiten=258-259 |DOI=10.1038/536258a}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=W. Unruh |Titel=Experimental black hole evaporation |Sammelwerk=Physics Today |Datum=2017-09-09 |Sprache=en |DOI=10.1063/PT.5.2047}}</ref> die Interpretation der Ergebnisse ist jedoch umstritten.<ref>Kritik: {{Literatur |Autor=Ulf Leonhardt |Titel=Questioning the recent observation of quantum Hawking radiation |Datum= |arXiv=1609.03803}} und Antwort: {{Literatur |Autor=Jeff Steinhauer |Titel=Response to version 2 of the note concerning the observation of quantum Hawking radiation and its entanglement in an analogue black hole |Datum= |arXiv=1609.09017}}</ref> 2019 wiesen Steinhauer und Kollegen die thermische Natur der Hawking-Strahlung in ihrem Experiment nach und eine der gravitativen Hawkingstrahlung analoge Verknüpfung von Temperatur mit dem Analogon der Oberflächengravitation. Die Strahlung ist im Bereich linearer Dispersion wie im gravitativen Fall und im Schwarzen-Loch-Analogon besteht sie ebenfalls wie im gravitativen Fall aus Partner-Moden „negativer Energie“.<ref>{{Literatur |Autor=Juan Ramón Muñoz de Nova, Katrine Golubkov, Victor I. Kolobov, Jeff Steinhauer |Titel=Observation of thermal Hawking radiation and its temperature in an analogue black hole |Sammelwerk=Nature |Band=569 |Nummer=7758 |Datum=2019-05 |ISSN=1476-4687 |DOI=10.1038/s41586-019-1241-0 |Seiten=688–691 |Online=https://www.nature.com/articles/s41586-019-1241-0 |Abruf=2020-09-13}}</ref> | ||
Im 1969 vorhergesagten [[Penrose-Prozess]] kann einem rotierenden Schwarzen Loch über Teilchen aus der [[Ergosphäre]] Energie entnommen werden. Die Möglichkeit eines akustischen Analogons wurde schon 1971 von [[Jakow Borissowitsch Seldowitsch]] vorgeschlagen (Streuung von Schallwellen an einem schnell rotierenden absorbierenden Zylinder) und 2020 experimentell bewiesen.<ref>Marion Cromb, Graham M. Gibson, Ermes Toninelli, Miles J. Padgett, Ewan M. Wright, Daniele Faccio: Amplification of waves from a rotating body. In: Nature Physics. 22. Juni 2020, S. 1–5. [https://arxiv.org/abs/2005.03760 Arxiv]</ref> | |||
== Optisches Schwarzes-Loch-Analogon == | == Optisches Schwarzes-Loch-Analogon == | ||
Der deutsche Physiker [[Ulf Leonhardt]] stellte 2008 ein Modell eines [[Optik|optischen]] Schwarzes-Loch-Analogons vor. Mithilfe von optischen Fasern führte er Experimente durch, in denen auch Analoga zur Hawking-Strahlung beobachtet wurden. | Der deutsche Physiker [[Ulf Leonhardt]] stellte 2008 ein Modell eines [[Optik|optischen]] Schwarzes-Loch-Analogons vor. Mithilfe von optischen Fasern führte er Experimente durch, in denen auch Analoga zur Hawking-Strahlung beobachtet wurden. | ||
== Weblinks == | |||
* {{Internetquelle | |||
|autor=Franziska Konitzer | |||
|url=http://www.spektrum.de/news/das-schwarze-loch-in-der-badewanne/1326508 | |||
|titel=Analoge Gravitation | |||
|titelerg=Das Schwarze Loch in der Badewanne | |||
|werk=spektrum.de | |||
|datum=2015-01-09 | |||
|abruf=2018-02-25 | |||
|abruf-verborgen=1}} | |||
* {{Literatur | |||
|Autor=Natalie Wolchover | |||
|Titel=What Sonic Black Holes Say About Real Ones | |||
|Sammelwerk=Quanta Magazine | |||
|Datum=2016-11-08 | |||
|Sprache=en | |||
|Online=https://www.quantamagazine.org/what-sonic-black-holes-say-about-real-ones-20161108}} | |||
* Oren Lahav, Amir Itah, Alex Blumkin, Carmit Gordon, Shahar Rinott, Alona Zayats, Jeff Steinhauer: ''Realization of a sonic black hole analogue in a Bose-Einstein condensate'', Arxiv, 2009, [http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0906/0906.1337.pdf Dokumentation des Experiments in englischer Sprache] (PDF; 198 kB). | |||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> | ||
[[Kategorie:Astrophysik]] | [[Kategorie:Astrophysik]] | ||
[[Kategorie:Allgemeine Relativitätstheorie]] | [[Kategorie:Allgemeine Relativitätstheorie]] | ||
Ein Schwarzes-Loch-Analogon ist ein von William Unruh 1981 eingeführtes Modell, das die Vorgänge in einem Schwarzen Loch in Form eines Analogons abbilden soll. Insbesondere soll so die Erforschung eines Phänomens ermöglicht werden, das aufgrund seiner Eigenschaften nicht direkt beobachtbar (nämlich „schwarz“) ist. Das Schwarze-Loch-Analogon ist ein Spezialfall der Suche nach Analoga der Gravitation in anderen Medien, die 1923 von Gordon begonnen wurde[1][2] und vor allem elektromagnetische und akustische Systeme betrachtet.
Zur Veranschaulichung mag folgendes, stark vereinfachtes (und daher nicht ganz zutreffendes) Beispiel dienen: In einer Badewanne werden Fische ausgesetzt, die mit einer Maximalgeschwindigkeit von $ v_{1} $ km/h schwimmen können. Nun wird der Stöpsel gezogen, so dass am Abfluss ein Strudel entsteht, der mit einer Höchstgeschwindigkeit von $ v_{2} $ km/h das Wasser abfließen lässt. Die Abflussgeschwindigkeit nimmt mit dem Abstand vom Abfluss ab. Wenn $ v_{2} $ nun höher als $ v_{1} $ ist, können Fische, die dem Abfluss zu nahe kommen, dem Sog nicht mehr entkommen, da sie langsamer schwimmen als der Strudel sich bewegt, und werden hinaus gespült. Die Grenze, an der die Abflussgeschwindigkeit gleich der maximalen Schwimmgeschwindigkeit der Fische entspricht, wäre analog zum Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs. Fische, die diese Grenze überschreiten, haben keine Möglichkeit mehr zu entkommen.[3]
Unruh hat ein akustisches Analogon zum Schwarzen Loch entworfen.[4] In Flüssigkeiten soll es verschiedene Fließgeschwindigkeiten geben, die räumlich getrennt entweder schneller oder langsamer als die Schallgeschwindigkeit sind. Die Grenze wäre wiederum entsprechend zum Ereignishorizont. Geräusche, die in dem Bereich der höheren Geschwindigkeit entstehen, wären somit im anderen Bereich nicht hörbar. Unruh bezeichnete sein Modell als Sonic black hole. Ein einheitlicher Begriff hat sich im deutschen bislang nicht durchgesetzt, gelegentlich wird von Stummen Löchern und ihren Gegenstücken, den Tauben Löchern[5] gesprochen.
2000 wurde vorgeschlagen, die neu entdeckten und experimentell sehr gut kontrollierbaren Bose-Einstein-Kondensate (BEC) als Grundlage für Schwarze-Loch-Analoga zu verwenden.[6] Im Juni 2009 gelang es Wissenschaftlern am Technion in Haifa um Jeff Steinhauer ein solches Analogon in einem Rubidium-BEC anstatt in Wasser zu erzeugen[7]. Ziel war es, die sogenannte Hawking-Strahlung nachzuweisen, was aber zunächst nicht gelang.[8] Nachfolgeexperimente 2014[9] und 2016[10] lieferten stärkere Belege für Hawking-Strahlung,[11][12] die Interpretation der Ergebnisse ist jedoch umstritten.[13] 2019 wiesen Steinhauer und Kollegen die thermische Natur der Hawking-Strahlung in ihrem Experiment nach und eine der gravitativen Hawkingstrahlung analoge Verknüpfung von Temperatur mit dem Analogon der Oberflächengravitation. Die Strahlung ist im Bereich linearer Dispersion wie im gravitativen Fall und im Schwarzen-Loch-Analogon besteht sie ebenfalls wie im gravitativen Fall aus Partner-Moden „negativer Energie“.[14]
Im 1969 vorhergesagten Penrose-Prozess kann einem rotierenden Schwarzen Loch über Teilchen aus der Ergosphäre Energie entnommen werden. Die Möglichkeit eines akustischen Analogons wurde schon 1971 von Jakow Borissowitsch Seldowitsch vorgeschlagen (Streuung von Schallwellen an einem schnell rotierenden absorbierenden Zylinder) und 2020 experimentell bewiesen.[15]
Der deutsche Physiker Ulf Leonhardt stellte 2008 ein Modell eines optischen Schwarzes-Loch-Analogons vor. Mithilfe von optischen Fasern führte er Experimente durch, in denen auch Analoga zur Hawking-Strahlung beobachtet wurden.