Big Rip: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Big Rip''' (englisch etwa für „Das große Zerreißen“, vereinzelt auch „Endknall“ genannt) ist in der [[Kosmologie]] neben dem [[Big Crunch]] („Das große Zusammenkrachen“) und dem [[Big Freeze]] („Das große Einfrieren“), ewige [[Expansion des Universums|Expansion]] (auch als ''Big Chill'' oder ''Big Whimper'' bezeichnet) ein drittes [[Hypothese|hypothetisches]] Ende des [[Universum]]s. Dabei nimmt die Expansionsrate, getrieben von einer wachsenden Phantom-Energiedichte, immer schneller zu und divergiert schließlich in dem ''Big Rip'' genannten [[Singularität (Astronomie)|singulären Ereignis]]. Die Phantomenergie ist eine Form der [[Dunkle Energie|Dunklen Energie]]. Das Universum würde von den größten zu den kleinsten Strukturen zerreißen. Zuerst trifft es Galaxienhaufen, dann Galaxien, das Sonnensystem, die Erde, Atome usw.<ref>Andreas Müller: [https://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_b03.html#br ''Big Rip'']. AstroWissen, 2007.</ref>
Der '''Big Rip''' (englisch etwa für „Das große Zerreißen“, vereinzelt auch „Endknall“ genannt) ist in der [[Kosmologie]] neben dem [[Big Crunch]] („Das große Zusammenkrachen“) und dem [[Big Freeze]] („Das große Einfrieren“, ewige [[Expansion des Universums|Expansion]] [auch als ''Big Chill'' oder ''Big Whimper'' bezeichnet]) ein drittes [[Hypothese|hypothetisches]] Ende des [[Universum]]s. Dabei nimmt die Expansionsrate, getrieben von einer wachsenden Phantom-Energiedichte, immer schneller zu und divergiert schließlich in dem ''Big Rip'' genannten [[Singularität (Astronomie)|singulären Ereignis]]. Die Phantomenergie ist eine Form der [[Dunkle Energie|Dunklen Energie]]. Das Universum würde von den größten zu den kleinsten Strukturen zerreißen. Zuerst trifft es Galaxienhaufen, dann Galaxien, das Sonnensystem, die Erde, Atome und letztlich Elementarteilchen.<ref>Andreas Müller: {{Webarchiv|text=''Big Rip'' |url=https://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_b03.html |wayback=20141012061945}}. AstroWissen, 2007.</ref>


== Modelle ==
== Modelle ==
Nach dem Modell von [[Robert Caldwell]] ([[Dartmouth College]], [[New Hampshire]]), [[Marc Kamionkowski]] und Nevin N. Weinberg  aus dem Jahre 2003 würde eine ''kontinuierliche'' [[Expansion des Universums|Expansion des Universums in sich selbst]] unter Umständen nicht ewig dauern, sondern könnte instabil werden und zu einem ''Big Rip'' entarten.   
Nach dem Modell von Robert Caldwell ([[Dartmouth College]], [[New Hampshire]]), [[Marc Kamionkowski]] und Nevin N. Weinberg  aus dem Jahre 2003 würde eine ''kontinuierliche'' [[Expansion des Universums|Expansion des Universums in sich selbst]] unter Umständen nicht ewig dauern, sondern könnte instabil werden und zu einem ''Big Rip'' entarten.   


Die Autoren dieses Modells erhalten folgende Formel für die Zeit vom jetzigen Zeitpunkt <math>t_0</math> bis zum Zeitpunkt <math>t_{\rm {rip}}</math> der explosionsartigen Divergenz:
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Dabei ist
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* <math>w</math> ein Maß für die Expansionsstärke infolge der Dunkelenergie; in der Arbeit wird ein Beispiel mit <math>w = -1{,}5</math> durchgerechnet.
* <math>w</math> ein Maß für die Expansionsstärke infolge der Dunkelenergie; in der Arbeit wird ein Beispiel mit <math>w = -1{,}5</math> durchgerechnet.
* <math> H_0</math> die Hubble-Konstante
* <math> H_0</math> die [[Hubble-Konstante]]
* <math>\Omega_m</math> der reduzierte Wert für die gegenwärtige [[Dichteparameter#Einfluss auf die Geometrie des Universums|Materiedichte]] im Universum.
* <math>\Omega_m</math> der reduzierte Wert für die gegenwärtige [[Dichteparameter#Einfluss auf die Geometrie des Universums|Materiedichte]] im Universum.


Obwohl die physikalische Natur der Dunklen Energie noch unbekannt ist, kann man sie sich als eine Art ideales Gas vorstellen, das eine [[Zustandsgleichung]] <math>p=w \rho c^2</math> mit dem sogenannten <math>w</math>-Parameter besitzt. Hier bezeichnet <math>p</math> den Druck, <math>\rho c^2</math> die Energiedichte der Dunklen Energie, <math>\rho</math> die Dichte und <math>c</math> die Lichtgeschwindigkeit. Um eine beschleunigte Expansion des Weltalls zu erzwingen müsste der <math>w</math>-Parameter kleiner als <math>-1/3</math> sein. Die von Einstein eingeführte [[kosmologische Konstante]] führt zu einem Wert von <math>w=-1</math>. Mit dem zugrunde gelegten Wert von <math>w=-1{,}5</math> würde das Universum etwa in 22 Milliarden Jahren entarten.  
Obwohl die physikalische Natur der Dunklen Energie noch unbekannt ist, kann man sie sich als eine Art ideales Gas vorstellen, das eine [[Zustandsgleichung]] <math>p=w \rho c^2</math> mit dem sogenannten <math>w</math>-Parameter besitzt. Hier bezeichnet <math>p</math> den Druck, <math>\rho c^2</math> die Energiedichte der Dunklen Energie, <math>\rho</math> die Dichte und <math>c</math> die Lichtgeschwindigkeit. Um eine beschleunigte Expansion des Weltalls zu erzwingen, müsste der <math>w</math>-Parameter kleiner als <math>-1/3</math> sein. Die von Einstein eingeführte [[kosmologische Konstante]] führt zu einem Wert von <math>w=-1</math>. Mit dem zugrunde gelegten Wert von <math>w=-1{,}5</math> würde das Universum etwa in 22 Milliarden Jahren entarten.  


Unter der Annahme eines konstanten <math>w</math>-Parameters ermittelten Riess et al. 2009 aus den Messdaten des [[Hubble-Weltraumteleskop]]s einen w-Parameter von <math>w= -1{,}12 \pm 0{,}12</math> und Komatsu et al. 2011 mit Hilfe der [[WMAP]]-Messdaten einen w-Parameter von <math>w= -1{,}10 \pm 0{,}14</math>. Lässt man die Annahme eines konstanten <math>w</math>-Parameter fallen, so zeigen die Beobachtungen immer noch, dass <math>w</math> sich offenbar zeitlich wenig ändert.<ref>[http://books.google.de/books?id=vB4eBAAAQBAJ&pg=PA39&lpg=PA39&dq=%22w-parameter%22&source=bl&ots=Jyl51_QRsp&sig=PonmgTpMtsAVOR-vKlh2tDNo3cY&hl=de&sa=X&ei=kGEkVK-IDMHTygPcs4GoAQ&ved=0CEYQ6AEwBQ#v=onepage&q=%22w-parameter%22&f=false Vom Urknall zum modernen Menschen: Die Entwicklung der Welt in 10 Schritten]; Peter Ulmschneider; Google Books; abgerufen September 2014</ref> Unwahrscheinlich sind Annahmen, dass sich derartige zerreißende Ereignisse lokal ereignen könnten, weil bisherige Beobachtungen zeigen, dass das Universum auf großen Skalen homogen ist.
Unter der Annahme eines konstanten <math>w</math>-Parameters ermittelten Riess et al. 2009 aus den Messdaten des [[Hubble-Weltraumteleskop]]s einen w-Parameter von <math>w= -1{,}12 \pm 0{,}12</math> und Komatsu et al. 2011 mit Hilfe der [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]]-Messdaten einen w-Parameter von <math>w= -1{,}10 \pm 0{,}14</math>. Lässt man die Annahme eines konstanten <math>w</math>-Parameters fallen, so zeigen die Beobachtungen immer noch, dass <math>w</math> sich offenbar zeitlich wenig ändert.<ref>[http://books.google.de/books?id=vB4eBAAAQBAJ&pg=PA39&lpg=PA39&dq=%22w-parameter%22&source=bl&ots=Jyl51_QRsp&sig=PonmgTpMtsAVOR-vKlh2tDNo3cY&hl=de&sa=X&ei=kGEkVK-IDMHTygPcs4GoAQ&ved=0CEYQ6AEwBQ#v=onepage&q=%22w-parameter%22&f=false Vom Urknall zum modernen Menschen: Die Entwicklung der Welt in 10 Schritten]; Peter Ulmschneider; Google Books; abgerufen im September 2014</ref> Unwahrscheinlich sind Annahmen, dass sich derartige zerreißende Ereignisse lokal ereignen könnten, weil bisherige Beobachtungen zeigen, dass das Universum auf großen Skalen homogen ist.
 
== Alternativen ==
Der [[Big Crunch]] gilt nach den neuesten Daten als eher unwahrscheinliches Szenario. Ob letztlich eine der Theorien zur ewig unbeschleunigten Expansion (''Big Chill bzw. [[Big Freeze]]'') oder doch eher der Big Rip das Rennen um die Zukunft unseres Universum machen wird, kann derzeit noch nicht genau genug abgeschätzt werden.
 
Der Unterschied zwischen Big Rip und Big Chill besteht darin, dass beim Big Chill die kosmischen Massen zunächst kompakt bleiben und sich in sehr langer, aber endlicher Zeit in Strahlung umwandeln. Je nach Hochrechnung geht man davon aus, dass bei einem Alter zwischen 10<sup>150</sup> und 10<sup>1000</sup>&nbsp;Jahren der endgültige [[Wärmetod_(Physik)|Wärmetod]] eintritt, d.&nbsp;h. alle [[Protonenzerfall|Protonen zerfallen]] und jegliche Strahlung soweit ausgedünnt ist, dass ein [[falsches Vakuum]] bei 0&nbsp;K vorliegt. Der Big Rip würde diesen Zustand in wesentlich kürzerer Zeit und schlagartig herbeiführen und auch kombinierte Teilchen mit unendlich großer [[Halbwertszeit]] zerreißen, die hypothetisch existieren könnten und dann auch in einem ewig expandierenden Universum vereinzelt vorkommen. Vermutlich wären auch supermassive Objekte wie [[Quasar]]e oder noch größere kosmische Schwarze Löcher, die im Big Chill zwischen 10<sup>40</sup> und 10<sup>100</sup>&nbsp;Jahre überdauern könnten, bei einem Big Rip sofort verschwunden.


==Literatur==
==Literatur==
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* [http://www.astronews.com/news/artikel/2003/03/0303-004.shtml Szenario für das Ende des Universums bei Astro News]
* [http://www.astronews.com/news/artikel/2003/03/0303-004.shtml Szenario für das Ende des Universums bei Astro News]
* [http://www.drillingsraum.de/room-universe_end/ende_universum.html Big Rip, Big Crunch und Big Whimper als mögliches Ende des Universums]
* [http://www.drillingsraum.de/room-universe_end/ende_universum.html Big Rip, Big Crunch und Big Whimper als mögliches Ende des Universums]
* Lexikon der Astronomie: [https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/big-rip/41 Big Rip]
==Referenzen==
==Referenzen==
<references/>
<references/>


[[Kategorie:Kosmologie (Physik)]]
[[Kategorie:Kosmologie (Physik)]]

Aktuelle Version vom 6. Februar 2022, 00:31 Uhr

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Der Big Rip (englisch etwa für „Das große Zerreißen“, vereinzelt auch „Endknall“ genannt) ist in der Kosmologie neben dem Big Crunch („Das große Zusammenkrachen“) und dem Big Freeze („Das große Einfrieren“, ewige Expansion [auch als Big Chill oder Big Whimper bezeichnet]) ein drittes hypothetisches Ende des Universums. Dabei nimmt die Expansionsrate, getrieben von einer wachsenden Phantom-Energiedichte, immer schneller zu und divergiert schließlich in dem Big Rip genannten singulären Ereignis. Die Phantomenergie ist eine Form der Dunklen Energie. Das Universum würde von den größten zu den kleinsten Strukturen zerreißen. Zuerst trifft es Galaxienhaufen, dann Galaxien, das Sonnensystem, die Erde, Atome und letztlich Elementarteilchen.[1]

Modelle

Nach dem Modell von Robert Caldwell (Dartmouth College, New Hampshire), Marc Kamionkowski und Nevin N. Weinberg aus dem Jahre 2003 würde eine kontinuierliche Expansion des Universums in sich selbst unter Umständen nicht ewig dauern, sondern könnte instabil werden und zu einem Big Rip entarten.

Die Autoren dieses Modells erhalten folgende Formel für die Zeit vom jetzigen Zeitpunkt $ t_{0} $ bis zum Zeitpunkt $ t_{\rm {rip}} $ der explosionsartigen Divergenz:

$ t_{\rm {rip}}-t_{0}\approx {\frac {2}{3\,|1+w|\,H_{0}{\sqrt {1-\Omega _{m}}}}} $.

Dabei ist

  • $ w $ ein Maß für die Expansionsstärke infolge der Dunkelenergie; in der Arbeit wird ein Beispiel mit $ w=-1{,}5 $ durchgerechnet.
  • $ H_{0} $ die Hubble-Konstante
  • $ \Omega _{m} $ der reduzierte Wert für die gegenwärtige Materiedichte im Universum.

Obwohl die physikalische Natur der Dunklen Energie noch unbekannt ist, kann man sie sich als eine Art ideales Gas vorstellen, das eine Zustandsgleichung $ p=w\rho c^{2} $ mit dem sogenannten $ w $-Parameter besitzt. Hier bezeichnet $ p $ den Druck, $ \rho c^{2} $ die Energiedichte der Dunklen Energie, $ \rho $ die Dichte und $ c $ die Lichtgeschwindigkeit. Um eine beschleunigte Expansion des Weltalls zu erzwingen, müsste der $ w $-Parameter kleiner als $ -1/3 $ sein. Die von Einstein eingeführte kosmologische Konstante führt zu einem Wert von $ w=-1 $. Mit dem zugrunde gelegten Wert von $ w=-1{,}5 $ würde das Universum etwa in 22 Milliarden Jahren entarten.

Unter der Annahme eines konstanten $ w $-Parameters ermittelten Riess et al. 2009 aus den Messdaten des Hubble-Weltraumteleskops einen w-Parameter von $ w=-1{,}12\pm 0{,}12 $ und Komatsu et al. 2011 mit Hilfe der WMAP-Messdaten einen w-Parameter von $ w=-1{,}10\pm 0{,}14 $. Lässt man die Annahme eines konstanten $ w $-Parameters fallen, so zeigen die Beobachtungen immer noch, dass $ w $ sich offenbar zeitlich wenig ändert.[2] Unwahrscheinlich sind Annahmen, dass sich derartige zerreißende Ereignisse lokal ereignen könnten, weil bisherige Beobachtungen zeigen, dass das Universum auf großen Skalen homogen ist.

Literatur

  • Robert R. Caldwell, Marc Kamionkowski, Nevin N. Weinberg Phantom Energy and Cosmic Doomsday, Phys. Rev. Lett., 91, 2003, 071301, Arxiv

Weblinks

Referenzen

  1. Andreas Müller: Big Rip (Memento vom 12. Oktober 2014 im Internet Archive). AstroWissen, 2007.
  2. Vom Urknall zum modernen Menschen: Die Entwicklung der Welt in 10 Schritten; Peter Ulmschneider; Google Books; abgerufen im September 2014