Diwasserstoff-Kation: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Wasserstoff-Molekülion''', '''Diwasserstoff-Kation''', oder H<sub>2</sub><sup>+</sup>, ist das einfachste [[Molekülion]].  Es besteht aus zwei positiv geladenen [[Proton]]en und einem negativ geladenen [[Elektron]] und kann durch [[Ionisation|Ionisierung]] des neutralen [[Wasserstoff|Wasserstoff-Moleküls]] gebildet werden.
Das '''Wasserstoff-Molekülion''', '''Diwasserstoff-Kation''', oder H<sub>2</sub><sup>+</sup>, ist das einfachste [[Molekülion]].  Es besteht aus zwei positiv geladenen [[Proton]]en und einem negativ geladenen [[Elektron]] und kann durch [[Ionisation|Ionisierung]] des neutralen [[Wasserstoff|Wasserstoff-Moleküls]] gebildet werden.


Es ist von großem historischem und theoretischem Interesse, da es nur ein Elektron enthält und deshalb keine Elektron-Elektron-Wechselwirkungen auftreten. Daher lässt sich die elektronische [[Schrödinger-Gleichung]] für dieses System bei festgehaltenem Kernabstand (sog. [[Born-Oppenheimer-Näherung]]) in geschlossener Weise analytisch lösen. Die analytischen Lösungen für die Energie-Eigenwerte<ref>T. C. Scott, M. Aubert-Frécon, J. Grotendorst: ''New Approach for the Electronic Energies of the Hydrogen Molecular Ion.'' Im: ''Chem. Phys.'' 324, 2006, S. 323–338, {{doi|10.1016/j.chemphys.2005.10.031}}, {{Arxiv|physics/0607081}}.</ref> stellen eine ''Verallgemeinerung'' der [[Lambertsche W-Funktion|lambertschen W-Funktion]] dar.
Es ist von großem historischem und theoretischem Interesse, da es nur ein Elektron enthält und deshalb keine Elektron-Elektron-Wechselwirkungen auftreten. Daher lässt sich die elektronische [[Schrödinger-Gleichung]] für dieses System bei festgehaltenem Kernabstand (sog. [[Born-Oppenheimer-Näherung]]) in geschlossener Weise analytisch lösen. Die analytischen Lösungen für die Energie-Eigenwerte<ref>T. C. Scott, M. Aubert-Frécon, J. Grotendorst: ''New Approach for the Electronic Energies of the Hydrogen Molecular Ion.'' Im: ''Chem. Phys.'' 324, 2006, S. 323–338, [[doi:10.1016/j.chemphys.2005.10.031]], {{arXiv|physics/0607081}}.</ref> stellen eine ''Verallgemeinerung'' der [[Lambertsche W-Funktion|lambertschen W-Funktion]] dar.


Wegen seiner Bedeutung als einfachstes molekulares System wird das Wasserstoff-Molekülion in den meisten Lehrbüchern der [[Quantenchemie]] als Beispiel behandelt.  Die erste erfolgreiche quantenmechanische Behandlung des H<sub>2</sub><sup>+</sup> wurde vom dänischen Physiker [[Øyvind Burrau]] im Jahr 1927 veröffentlicht,<ref>{{Cite journal| volume = M 7:14
Wegen seiner Bedeutung als einfachstes molekulares System wird das Wasserstoff-Molekülion in den meisten Lehrbüchern der [[Quantenchemie]] als Beispiel behandelt.  Die erste erfolgreiche quantenmechanische Behandlung des H<sub>2</sub><sup>+</sup> wurde vom dänischen Physiker [[Øyvind Burrau]] im Jahr 1927 veröffentlicht,<ref>{{Cite journal| volume = M 7:14| pages = 1–18| author = Ø. Burrau| title = Berechnung des Energiewertes des Wasserstoffmolekel-Ions (H2+) im Normalzustand| journal = Danske Vidensk. Selskab. Math.-fys. Meddel.| date = 1927| url = http://gymarkiv.sdu.dk/MFM/kdvs/mfm%201-9/mfm-7-14.pdf}}</ref><ref>{{Cite journal| volume = 15| issue = 1| pages = 16–17| author = Øjvind Burrau | title = The calculation of the Energy value of Hydrogen molecule ions (H<sub>2</sub><sup>+</sup>) in their normal position | journal = Naturwissenschaften| date = 1927| doi=10.1007/BF01504875}}</ref> gerade ein Jahr nach der Veröffentlichung der grundlegenden Arbeit zur Wellenmechanik durch [[Erwin Schrödinger]]. Frühere Versuche waren im Jahr 1922 durch [[Karel Niessen]]<ref>Karel F. Niessen ''Zur Quantentheorie des Wasserstoffmolekülions'', Dissertation, Universität Utrecht, Utrecht: I. van Druten (1922), zitiert in J. Mehra, Volume 5, Part 2, 2001, S. 932.</ref> und [[Wolfgang Pauli]],<ref>{{cite journal |author=W. Pauli|title=Über das Modell des
| pages = 1–18| author=Ø. Burrau | title = Berechnung des Energiewertes des Wasserstoffmolekel-Ions (H2+) im Normalzustand | journal = Danske Vidensk. Selskab. Math.-fys. Meddel.| date = 1927| url = http://www.sdu.dk/media/bibpdf/Bind%201-9%5CBind%5Cmfm-7-14.pdf}}</ref><ref>{{Cite journal| volume = 15| issue = 1| pages = 16–17| first = Burrau Ø.| title = The calculation of the Energy value of Hydrogen molecule ions (H<sub>2</sub><sup>+</sup>) in their normal position | journal = Naturwissenschaften| date = 1927| url =http://www.springerlink.com/content/h60148l4717uv805/fulltext.pdf|format=PDF}}</ref> gerade ein Jahr nach der Veröffentlichung der grundlegenden Arbeit zur Wellenmechanik durch [[Erwin Schrödinger]]. Frühere Versuche waren im Jahr 1922 durch [[Karel Niessen]]<ref> Karel F. Niessen ''Zur Quantentheorie des Wasserstoffmolekülions'', Dissertation, Universität Utrecht, Utrecht: I. van Druten (1922), zitiert in J. Mehra, Volume 5, Part 2, 2001, S. 932.</ref> und [[Wolfgang Pauli]],<ref>{{cite journal |author=W. Pauli|title=Über das Modell des
Wasserstoffmolekülions |journal=Ann. d. Phys. |volume=373 |issue=11 |pages=177–240 |year=1922 |doi=10.1002/andp.19223731101}} erweiterte Dissertation; eingegangen 4 März 1922, veröffentlicht im Heft Nr. 11 vom 3. August 1922.</ref> und im Jahr 1925 durch [[Harold C. Urey|Harold Urey]]<ref>{{cite journal |author=Urey HC |title=The Structure of the Hydrogen Molecule Ion |journal=Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. |volume=11 |issue=10 |pages=618–21 |year=1925 |month=October |pmid=16587051 |pmc=1086173 |doi= 10.1073/pnas.11.10.618|url=}}</ref> veröffentlicht worden. Mit einem Übersichtsartikel aus dem Jahr 1928 machte [[Linus Pauling]] sowohl die Arbeit von Burrau als auch die von [[Walter Heitler]] und [[Fritz London]] über das Wasserstoffmolekül einem größeren Leserkreis bekannt.<ref>{{cite journal |journal=Chemical Reviews |author=L. Pauling|title=The Application of the Quantum Mechanics to the Structure of the Hydrogen Molecule and Hydrogen Molecule-Ion and to Related Problems |year=1928 |volume=5 |pages=173–213 |doi=10.1021/cr60018a003}}</ref>
Wasserstoffmolekülions |journal=Ann. d. Phys. |volume=373 |issue=11 |pages=177–240 |year=1922 |doi=10.1002/andp.19223731101}} erweiterte Dissertation; eingegangen 4 März 1922, veröffentlicht im Heft Nr. 11 vom 3. August 1922.</ref> und im Jahr 1925 durch [[Harold C. Urey|Harold Urey]]<ref>{{cite journal |author=Urey HC |title=The Structure of the Hydrogen Molecule Ion |journal=Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. |volume=11 |issue=10 |pages=618–21 |year=1925 |month=October |pmid=16587051 |pmc=1086173 |doi= 10.1073/pnas.11.10.618|url=}}</ref> veröffentlicht worden. Mit einem Übersichtsartikel aus dem Jahr 1928 machte [[Linus Pauling]] sowohl die Arbeit von Burrau als auch die von [[Walter Heitler]] und [[Fritz London]] über das Wasserstoffmolekül einem größeren Leserkreis bekannt.<ref>{{cite journal |journal=Chemical Reviews |author=L. Pauling|title=The Application of the Quantum Mechanics to the Structure of the Hydrogen Molecule and Hydrogen Molecule-Ion and to Related Problems |year=1928 |volume=5 |pages=173–213 |doi=10.1021/cr60018a003}}</ref>  


Die chemische Bindung in H<sub>2</sub><sup>+</sup> kann als kovalente [[Chemische Bindung|Ein-Elektron-Bindung]] beschrieben werden, die eine formale [[Bindungsordnung]] von 1/2 hat.<ref>{{cite book |author=Clark R. Landis, Frank Weinhold |title=Valency and bonding: a natural bond orbital donor-acceptor perspective |publisher=Cambridge University Press |location=Cambridge, UK |year=2005 |pages=96–100 |isbn=0-521-83128-8 }}</ref>  
Die chemische Bindung in H<sub>2</sub><sup>+</sup> kann als kovalente [[Chemische Bindung|Ein-Elektron-Bindung]] beschrieben werden, die eine formale [[Bindungsordnung]] von 1/2 hat.<ref>{{cite book |author=Clark R. Landis, Frank Weinhold |title=Valency and bonding: a natural bond orbital donor-acceptor perspective |publisher=Cambridge University Press |location=Cambridge, UK |year=2005 |pages=96–100 |isbn=0-521-83128-8 }}</ref>


Das Wasserstoff-Molekülion wird gewöhnlich auch in [[Molekülwolke]]n im Weltall gebildet und ist von großer Bedeutung für die Chemie im [[Interstellare Materie|interstellaren Medium]].
Das Wasserstoff-Molekülion wird gewöhnlich auch in [[Molekülwolke]]n im Weltall gebildet und ist von großer Bedeutung für die Chemie im [[Interstellare Materie|interstellaren Medium]].


== Quantenmechanische Behandlung, Symmetrien und Asymptotik ==
== Quantenmechanische Behandlung, Symmetrien und Asymptotik ==
[[Datei:hydrogen_molecular_ion.png|thumb|Wasserstoff-Molekülion H2+ mit festgehaltenen Kernen A und B, Kern-Kern-Abstand R und Symmetrieebene des Kerngerüsts M.]]
[[Datei:hydrogen molecular ion.png|mini|Wasserstoff-Molekülion H2+ mit festgehaltenen Kernen A und B, Kern-Kern-Abstand R und Symmetrieebene des Kerngerüsts M.]]


Die einfachste elektronische Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoff-Molekülion berücksichtigt neben dem einen Elektron die beiden Kerne, gekennzeichnet mit A und B, an festen Positionen im Raum. Sie kann geschrieben werden als  
Die einfachste elektronische Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoff-Molekülion berücksichtigt neben dem einen Elektron die beiden Kerne, gekennzeichnet mit A und B, an festen Positionen im Raum. Sie kann geschrieben werden als
:<math>\left( -\frac{\hbar^2}{2m} \nabla^2 + V \right) \psi = E \psi ~,</math>
:<math>\left( -\frac{\hbar^2}{2m} \nabla^2 + V \right) \psi = E \psi ~,</math>
wobei <math> V </math> die Elektron-Kern-Coulomb-Potentialfunktion  
wobei <math> V </math> die Elektron-Kern-Coulomb-Potentialfunktion
:<math>V =  - \frac{e^{2}}{4 \pi \varepsilon_0 } \left( \frac{1}{r_a} +\frac{1}{r_b}  \right)</math>
:<math>V =  - \frac{e^{2}}{4 \pi \varepsilon_0 } \left( \frac{1}{r_a} +\frac{1}{r_b}  \right)</math>
ist, und <math>E</math> ist die (elektronische) Energie eines gegebenen quantenmechanischen Zustands (Eigenzustands), mit der elektronischen Zustandsfunktion <math>\psi=\psi(\mathbf{r}) </math> die von den Ortskoordinaten des Elektrons abhängt.
ist, und <math>E</math> ist die (elektronische) Energie eines gegebenen quantenmechanischen Zustands (Eigenzustands), mit der elektronischen Zustandsfunktion <math>\psi=\psi(\mathbf{r}) </math> die von den Ortskoordinaten des Elektrons abhängt.
Ein additiver Term <math> 1/R </math>, der für vorgegebenen Kern-Kern-Abstand <math> R </math> eine Konstante ist, wurde in der Potentialfunktion <math> V</math> fortgelassen, da er den Eigenwert nur verschiebt. Die Abstände zwischen dem Elektron und den Kernen seien mit <math>r_a^{}</math> und <math>r_b^{}</math> bezeichnet. In atomaren Einheiten <math>(\hbar=m=e=4 \pi\varepsilon_0 =1)</math> wird die Schrödinger-Gleichung zu
Ein additiver Term <math> 1/R </math>, der für vorgegebenen Kern-Kern-Abstand <math> R </math> eine Konstante ist, wurde in der Potentialfunktion <math> V</math> fortgelassen, da er den Eigenwert nur verschiebt. Die Abstände zwischen dem Elektron und den Kernen seien mit <math>r_a^{}</math> und <math>r_b^{}</math> bezeichnet. In atomaren Einheiten <math>(\hbar=m=e=4 \pi\varepsilon_0 =1)</math> wird die Schrödinger-Gleichung zu
:<math>\left( {} - \frac{1}{2} \nabla^2 + V \right) \psi = E \psi \qquad \mbox{mit} \qquad V = {} - \frac{1}{r_a^{}} - \frac{1}{r_b^{}} \; .</math>
:<math>\left( {} - \frac{1}{2} \nabla^2 + V \right) \psi = E \psi \qquad \mbox{mit} \qquad V = {} - \frac{1}{r_a^{}} - \frac{1}{r_b^{}} \; .</math>
Der Mittelpunkt zwischen den Positionen der Kerne kann als Ursprung der Koordinaten gewählt werden. Aus allgemeinen Symmetrieprinzipien folgt, dass die Zustandsfunktionen nach ihrem Symmetrieverhalten bezüglich Rauminversion ('''r''' <math> \to </math> -'''r''') charakterisiert werden können. Es gibt Zustandsfunktionen
Der Mittelpunkt zwischen den Positionen der Kerne kann als Ursprung der Koordinaten gewählt werden. Aus allgemeinen Symmetrieprinzipien folgt, dass die Zustandsfunktionen nach ihrem Symmetrieverhalten bezüglich Rauminversion <math>(\mathbf{r} \to - \mathbf{r})</math> charakterisiert werden können. Es gibt Zustandsfunktionen
:<math>\psi_{+}(\mathbf{r})</math>,
:<math>\psi_{+}(\mathbf{r})</math>,
die "symmetrisch" bezüglich Rauminversion sind, und Zustandsfunktionen
die "symmetrisch" bezüglich Rauminversion sind, und Zustandsfunktionen
:<math>\psi_{-}(\mathbf{r})</math>,  
:<math>\psi_{-}(\mathbf{r})</math>,
die unter dieser Symmetrieoperation ''anti-symmetrisch'' sind: <math> \psi_{\pm}(-{\mathbf{r}}) = {} \pm \psi_{\pm}({\mathbf r}) \; . </math>
die unter dieser Symmetrieoperation ''anti-symmetrisch'' sind: <math> \psi_{\pm}(-{\mathbf{r}}) = {} \pm \psi_{\pm}({\mathbf r}) \; . </math>


Wir merken an, dass die Permutation (der Austausch) der Kerne die gleiche Wirkung auf die elektronischen Zustandsfunktionen hat. Für ein Mehrelektronensystem muss, zusätzlich zu diesen gerade benannten Symmetrien, auch das richtige Symmetrieverhalten der Zustandsfunktion <math>\psi</math> bezüglich Permutationen der Elektronen ([[Pauli-Prinzip|Paulisches Ausschließungsprinzip]]) gewährleistet sein. Die Schrödinger-Gleichungen für die symmetrieangepassten Zustandsfunktionen sind nun  
Wir merken an, dass die Permutation (der Austausch) der Kerne die gleiche Wirkung auf die elektronischen Zustandsfunktionen hat. Für ein Mehrelektronensystem muss, zusätzlich zu diesen gerade benannten Symmetrien, auch das richtige Symmetrieverhalten der Zustandsfunktion <math>\psi</math> bezüglich Permutationen der Elektronen ([[Pauli-Prinzip|Paulisches Ausschließungsprinzip]]) gewährleistet sein. Die Schrödinger-Gleichungen für die symmetrieangepassten Zustandsfunktionen sind nun
:<math> \begin{align}
:<math> \begin{align}
\left( -\frac{1}{2} \nabla^2 + V \right) \psi_{+} = E_{+} \psi_{+} \\
\left( -\frac{1}{2} \nabla^2 + V \right) \psi_{+} = E_{+} \psi_{+} \\
\left( -\frac{1}{2} \nabla^2 + V \right) \psi_{-} = E_{-} \psi_{-}
\left( -\frac{1}{2} \nabla^2 + V \right) \psi_{-} = E_{-} \psi_{-}
\end{align}</math>
\end{align}</math>
Der Grundzustand (der energetisch niedrigste diskrete Zustand) des <math>\text{H}_{2}^{+}</math> ist der <math> {\rm X}_{}^{2}\Sigma_{\rm g}^{+}</math> Zustand <ref>K.-P. Huber, [[Gerhard Herzberg]]: ''Molecular Spectra and Molecular Structure. IV. Constants of Diatomic Molecules.'' Van Nostrand Reinhold, New York 1979.</ref>, die zugehörige Zustandsfunktion <math>\psi_{+}</math> wird üblicherweise mit <math>1s \sigma_{\rm g}^{}</math> gekennzeichnet. Die Zustandsfunktion <math>\psi_{-}</math> des ersten angeregten  Zustands, <math> {\rm A}_{}^{2}\Sigma_{\rm u}^{+}</math>, wird mit <math> {\rm 2p}\sigma_{\rm u}^{}</math> gekennzeichnet.  Die hier auftretenden Suffixe [[Molekulare Termsymbole|g und u]]  (von ''gerade'' und ''ungerade'') kennzeichnen gerade das Symmetrieverhalten unter Rauminversion.
Der Grundzustand (der energetisch niedrigste diskrete Zustand) des <math>\text{H}_{2}^{+}</math> ist der <math> {\rm X}_{}^{2}\Sigma_{\rm g}^{+}</math> Zustand<ref>K.-P. Huber, [[Gerhard Herzberg]]: ''Molecular Spectra and Molecular Structure. IV. Constants of Diatomic Molecules.'' Van Nostrand Reinhold, New York 1979.</ref>, die zugehörige Zustandsfunktion <math>\psi_{+}</math> wird üblicherweise mit <math>1s \sigma_{\rm g}^{}</math> gekennzeichnet. Die Zustandsfunktion <math>\psi_{-}</math> des ersten angeregten  Zustands, <math> {\rm A}_{}^{2}\Sigma_{\rm u}^{+}</math>, wird mit <math> {\rm 2p}\sigma_{\rm u}^{}</math> gekennzeichnet.  Die hier auftretenden Suffixe [[Molekulare Termsymbole|g und u]]  (von ''gerade'' und ''ungerade'') kennzeichnen gerade das Symmetrieverhalten unter Rauminversion.
Ihre Verwendung ist Standard für die Kennzeichnung elektronischer Zustände von zweiatomigen Molekülen, während für Zustände von Atomen die Kennzeichnungen e und o (von Englisch {{lang|en|„even“}} und {{lang|en|„odd“}}) verwendet werden.
Ihre Verwendung ist Standard für die Kennzeichnung elektronischer Zustände von zweiatomigen Molekülen, während für Zustände von Atomen die Kennzeichnungen e und o (von Englisch {{lang|en|„even“}} und {{lang|en|„odd“}}) verwendet werden.


[[Image:h2plus_figure_2.png|thumb|Energien (E) der niedrigsten diskreten Zustände des Wasserstoff-Molekülions <math>\text{H}_2^{+}</math> als Funktion des Kern-Kern-Abstands (R) in atomaren Einheiten. Siehe Text für weitere Einzelheiten.]]
[[Datei:h2plus figure 2.png|mini|Energien (E) der niedrigsten diskreten Zustände des Wasserstoff-Molekülions <math>\text{H}_2^{+}</math> als Funktion des Kern-Kern-Abstands (R) in atomaren Einheiten. Siehe Text für weitere Einzelheiten.]]


Für große Kern-Kern-Abstände haben die (totalen) Energie-Eigenwerte <math>E_{\pm}</math>  für diese beiden niedrigsten Zustände dieselbe asymptotische Entwicklung in reziproken Potenzen des Kern-Kern-Abstandes  ''R'' <ref> Čížek J., Damburg R.J., Graffi S., Grecchi V., Harrel II E.M., Harris J.G., Nakai S., [[Josef Paldus|Paldus J.]], Propin R.Kh., Silverstone H.J. (1986). "''1/R'' expansion for ''H2+'': Calculation of exponentially small terms and asymptotics", [[Physical Review|Phys. Rev. A]] '''33''': 12-54. {{DOI|10.1103/PhysRevA.33.12}}</ref>:
Für große Kern-Kern-Abstände haben die (totalen) Energie-Eigenwerte <math>E_{\pm}</math>  für diese beiden niedrigsten Zustände dieselbe asymptotische Entwicklung in reziproken Potenzen des Kern-Kern-Abstandes  ''R'':<ref>{{Literatur |Autor=Jiří Cížek, Robert J. Damburg, Sandro Graffi, Vincenzo Grecchi, Evans M. Harrell, Jonathan G. Harris, Sachiko Nakai, Josef Paldus, Rafail Kh. Propin, Harris J. Silverstone |Titel=1/R expansion for H2+: Calculation of exponentially small terms and asymptotics |Sammelwerk=[[Physical Review|Physical Review A]] |Band=33 |Nummer=1 |Verlag= |Ort= |Datum=1986 |Seiten=12–54 |Online= |DOI=10.1103/PhysRevA.33.12}}</ref>
:<math>E_{\pm} = {} - \frac{1}{2} - \frac{9}{4 R^4} + O(R^{-6}) + \cdots</math>
:<math>E_{\pm} = {} - \frac{1}{2} - \frac{9}{4 R^4} + O(R^{-6}) + \cdots</math>
Die tatsächliche Differenz zwischen diesen beiden Energien wird [[Austauschwechselwirkung|Austauschenergieaufspaltung]] genannt und ist gegeben durch<ref>T. C. Scott, [[Alexander Dalgarno]], J.D. Morgan III: ''Exchange Energy of ''H2+'' Calculated from Polarization Perturbation Theory and the Holstein-Herring Method.'' In: ''Phys. Rev. Lett.'' 67, 1991, S. 1419–1422. {{DOI|10.1103/PhysRevLett.67.1419}}</ref>:
Die tatsächliche Differenz zwischen diesen beiden Energien wird [[Austauschwechselwirkung|Austauschenergieaufspaltung]] genannt und ist gegeben durch:<ref>T. C. Scott, [[Alexander Dalgarno]], J.D. Morgan III: ''Exchange Energy of ''H2+'' Calculated from Polarization Perturbation Theory and the Holstein-Herring Method.'' In: ''Phys. Rev. Lett.'' 67, 1991, S. 1419–1422. [[doi:10.1103/PhysRevLett.67.1419]]</ref>
:<math>\Delta E = E_{-} - E_{+} = \frac{4}{e} \, R \, e^{-R} \left[ \, 1 + \frac{1}{2R} + O(R^{-2}) \, \right]</math>
:<math>\Delta E = E_{-} - E_{+} = \frac{4}{e} \, R \, e^{-R} \left[ \, 1 + \frac{1}{2R} + O(R^{-2}) \, \right]</math>
Dieser Ausdruck verschwindet exponentiell mit Zunahme des
Dieser Ausdruck verschwindet exponentiell mit Zunahme des
Kern-Kern-Abstandes. Der führende Term <math> {\textstyle \frac{4}{e}}  R  e^{-R} </math> wurde erst mit der [[Holstein-Herring-Methode]] richtig erhalten. In ganz ähnlicher Weise wurden asymptotische Entwicklungen in Potenzen von 1/R bis zu hoher Ordnung von Čížek et al. für die niedrigsten zehn diskreten Zustände des Wasserstoff-Molekülions erhalten (für den Fall festgehaltener Kerne). Für beliebige zweiatomige oder mehratomige molekulare Systeme lässt sich die Austauschenergieaufspaltung bei großem Kern-Kern-Abstand nur sehr schwer berechnen. Für die Behandlung langreichweitiger Wechselwirkungen, einschließlich Studien mit Bezug auf Magnetismus und Ladungsaustauscheffekte, ist ihre Kenntnis aber notwendig. Die genannten Effekte sind insbesondere von Bedeutung für das physikalische Verständnis von Sternen und von Atmosphären (terrestrisch und extraterrestrisch).
Kern-Kern-Abstandes. Der führende Term <math> {\textstyle \frac{4}{e}}  R  e^{-R} </math> wurde erst mit der [[Holstein-Herring-Methode]] richtig erhalten. In ganz ähnlicher Weise wurden asymptotische Entwicklungen in Potenzen von <math>1/R</math> bis zu hoher Ordnung von Čížek et al. für die niedrigsten zehn diskreten Zustände des Wasserstoff-Molekülions erhalten (für den Fall festgehaltener Kerne). Für beliebige zweiatomige oder mehratomige molekulare Systeme lässt sich die Austauschenergieaufspaltung bei großem Kern-Kern-Abstand nur sehr schwer berechnen. Für die Behandlung langreichweitiger Wechselwirkungen, einschließlich Studien mit Bezug auf Magnetismus und Ladungsaustauscheffekte, ist ihre Kenntnis aber notwendig. Die genannten Effekte sind insbesondere von Bedeutung für das physikalische Verständnis von Sternen und von Atmosphären (terrestrisch und extraterrestrisch).


Die Energien für die niedrigsten diskreten Zustände sind in der obigen Abbildung gezeigt. Die Werte können mit jeder gewünschten Genauigkeit unter Verwendung eines [[Computeralgebrasystem|Computeralgebraprogramms]] aus der „verallgemeinerten“ [[Lambertsche W-Funktion|lambertschen W-Funktion]] erhalten werden (siehe Gl. <math>(3)</math> dort und die Referenz auf die Arbeit von Scott, Aubert-Frécon, und Grotendorst) doch sie wurden zunächst numerisch erhalten, in doppelter Genauigkeit, mit Hilfe des genauesten verfügbaren Computerprogrammes genannt ODKIL <ref>G. Hadinger, M. Aubert-Frécon, G. Hadinger: ''The Killingbeck method for the one-electron two-centre problem.'' In: ''[[Journal of Physics B]].'' 22, 1989, S. 697-712, {{doi|10.1088/0953-4075/22/5/003}}.</ref>. Die roten durchgezogenen Linien sind <math> {\rm {}}_{}^{2}\Sigma_{\rm g}^{+}</math> Zustände. Die grünen gestrichelten Linien sind <math> {\rm {}}_{}^{2}\Sigma_{\rm u}^{+}</math> Zustände. Die blaue gestrichelte Linie ist ein <math> {\rm {}}_{}^{2}\Pi_{\rm u}</math> Zustand, und die rosa gepunktete Linie ist ein <math> {\rm {}}_{}^{2}\Pi_{\rm g}</math> Zustand. Obwohl die mit Hilfe der „verallgemeinerten“ [[Lambertsche W-Funktion|lambertschen W-Funktion]] erhaltenen Eigenwertlösungen diese asymptotischen Entwicklungen ersetzen, sind sie in der Praxis besonders in der Umgebung des [[Bindungslänge|Gleichgewichtsabstands]] sehr brauchbar. Solche Lösungen sind möglich, weil die [[partielle Differentialgleichung]], die die Schrödinger-Gleichung darstellt, unter Verwendung von prolaten sphäroidalen Koordinaten in zwei gekoppelte [[Gewöhnliche Differentialgleichung|gewöhnliche Differentialgleichungen]] separierbar ist.
Die Energien für die niedrigsten diskreten Zustände sind in der obigen Abbildung gezeigt. Die Werte können mit jeder gewünschten Genauigkeit unter Verwendung eines [[Computeralgebrasystem|Computeralgebraprogramms]] aus der „verallgemeinerten“ [[Lambertsche W-Funktion|lambertschen W-Funktion]] erhalten werden (siehe Gl. <math>(3)</math> dort und die Referenz auf die Arbeit von Scott, Aubert-Frécon, und Grotendorst) doch sie wurden zunächst numerisch erhalten, in doppelter Genauigkeit, mit Hilfe des genauesten verfügbaren Computerprogrammes genannt ODKIL.<ref>G. Hadinger, M. Aubert-Frécon, G. Hadinger: ''The Killingbeck method for the one-electron two-centre problem.'' In: ''Journal of Physics B.'' 22, 1989, S. 697–712, [[doi:10.1088/0953-4075/22/5/003]].</ref> Die roten durchgezogenen Linien sind <math> {\rm {}}_{}^{2}\Sigma_{\rm g}^{+}</math> Zustände. Die grünen gestrichelten Linien sind <math> {\rm {}}_{}^{2}\Sigma_{\rm u}^{+}</math> Zustände. Die blaue gestrichelte Linie ist ein <math> {\rm {}}_{}^{2}\Pi_{\rm u}</math> Zustand, und die rosa gepunktete Linie ist ein <math> {\rm {}}_{}^{2}\Pi_{\rm g}</math> Zustand. Obwohl die mit Hilfe der „verallgemeinerten“ [[Lambertsche W-Funktion|lambertschen W-Funktion]] erhaltenen Eigenwertlösungen diese asymptotischen Entwicklungen ersetzen, sind sie in der Praxis besonders in der Umgebung des [[Bindungslänge|Gleichgewichtsabstands]] sehr brauchbar. Solche Lösungen sind möglich, weil die [[partielle Differentialgleichung]], die die Schrödinger-Gleichung darstellt, unter Verwendung von prolaten sphäroidalen Koordinaten in zwei gekoppelte [[Gewöhnliche Differentialgleichung|gewöhnliche Differentialgleichungen]] separierbar ist.


== Bildung ==
== Bildung ==
Das Wasserstoff-Molekülion wird in der Natur durch die Wirkung [[Kosmische Strahlung|kosmischer Strahlung]] auf Wasserstoffmoleküle gebildet.  
Das Wasserstoff-Molekülion wird in der Natur durch die Wirkung [[Kosmische Strahlung|kosmischer Strahlung]] auf Wasserstoffmoleküle gebildet.
Ein Elektron wird dabei herausgeschlagen und lässt das Kation  
Ein Elektron wird dabei herausgeschlagen und lässt das Kation
zurück.<ref name="eherbstastro">E. Herbst: ''The Astrochemistry of H<sub>3</sub><sup>+</sup>.'' In: ''Phil. Trans. R. Soc. Lond. A.'' 2000, 358, 1774, S. 2523-2534, {{DOI|10.1098/rsta.2000.0665}}.</ref>
zurück.<ref name="eherbstastro">E. Herbst: ''The Astrochemistry of H<sub>3</sub><sup>+</sup>.'' In: ''Phil. Trans. R. Soc. Lond. A.'' 2000, 358, 1774, S. 2523–2534, [[doi:10.1098/rsta.2000.0665]].</ref>
:<math>\mathrm{H_2 + Kosmische\ Strahlung \longrightarrow H_2^+ + e^- + Kosmische\ Strahlung}</math>
:<math>\mathrm{H_2 + Kosmische\ Strahlung \longrightarrow H_2^+ + e^- + Kosmische\ Strahlung}</math>


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In der Natur reagiert das Ion weiter mit anderen Wasserstoffmolekülen:
In der Natur reagiert das Ion weiter mit anderen Wasserstoffmolekülen:
:<math>\mathrm{H_2^+ + H_2 \longrightarrow H_3^+ + H}</math>
:<math>\mathrm{H_2^+ + H_2 \longrightarrow H_3^+ + H}</math>
<!-- Thema verfehlt, scheint es. Максим Максимович Исаев
Ein niederenergetisches Proton der kosmischen Strahlung kann einem neutralen Wasserstoffmolekül ebenfalls ein Elektron entreissen und ein neutrales Wasserstoffatom bilden, mit maximalem Wirkungsquerschnitt bei etwa 8.000 eV von 8x10<sup>−16</sup> cm<sup>2</sup>.<ref>Marco Padovani, Daniele Galli, Alfred E. Glassgold: ''[http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/0904/0904.4149v1.pdf Cosmic-ray ionization of molecular clouds] (PDF; 3,1&nbsp;MB)'' in Astronomy & Astrophysics 27 April 2009.</ref>
In einer künstlichen [[Plasmaentladung]]szelle kann das Ion ebenfalls erzeugt werden.
-->


== Eigenschaften ==
== Eigenschaften ==
Die Ionisierungsenergie des Wasserstoffmoleküls beträgt 15,603&nbsp;eV, die Dissoziationsenergie 1,8&nbsp;eV.
Die Ionisierungsenergie des Wasserstoffmoleküls beträgt <math>15{,}603 \, \mathrm{eV}</math>, die Dissoziationsenergie <math>1{,}8 \, \mathrm{eV}</math>.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 11. März 2021, 13:54 Uhr

Das Wasserstoff-Molekülion, Diwasserstoff-Kation, oder H2+, ist das einfachste Molekülion. Es besteht aus zwei positiv geladenen Protonen und einem negativ geladenen Elektron und kann durch Ionisierung des neutralen Wasserstoff-Moleküls gebildet werden.

Es ist von großem historischem und theoretischem Interesse, da es nur ein Elektron enthält und deshalb keine Elektron-Elektron-Wechselwirkungen auftreten. Daher lässt sich die elektronische Schrödinger-Gleichung für dieses System bei festgehaltenem Kernabstand (sog. Born-Oppenheimer-Näherung) in geschlossener Weise analytisch lösen. Die analytischen Lösungen für die Energie-Eigenwerte[1] stellen eine Verallgemeinerung der lambertschen W-Funktion dar.

Wegen seiner Bedeutung als einfachstes molekulares System wird das Wasserstoff-Molekülion in den meisten Lehrbüchern der Quantenchemie als Beispiel behandelt. Die erste erfolgreiche quantenmechanische Behandlung des H2+ wurde vom dänischen Physiker Øyvind Burrau im Jahr 1927 veröffentlicht,[2][3] gerade ein Jahr nach der Veröffentlichung der grundlegenden Arbeit zur Wellenmechanik durch Erwin Schrödinger. Frühere Versuche waren im Jahr 1922 durch Karel Niessen[4] und Wolfgang Pauli,[5] und im Jahr 1925 durch Harold Urey[6] veröffentlicht worden. Mit einem Übersichtsartikel aus dem Jahr 1928 machte Linus Pauling sowohl die Arbeit von Burrau als auch die von Walter Heitler und Fritz London über das Wasserstoffmolekül einem größeren Leserkreis bekannt.[7]

Die chemische Bindung in H2+ kann als kovalente Ein-Elektron-Bindung beschrieben werden, die eine formale Bindungsordnung von 1/2 hat.[8]

Das Wasserstoff-Molekülion wird gewöhnlich auch in Molekülwolken im Weltall gebildet und ist von großer Bedeutung für die Chemie im interstellaren Medium.

Quantenmechanische Behandlung, Symmetrien und Asymptotik

Wasserstoff-Molekülion H2+ mit festgehaltenen Kernen A und B, Kern-Kern-Abstand R und Symmetrieebene des Kerngerüsts M.

Die einfachste elektronische Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoff-Molekülion berücksichtigt neben dem einen Elektron die beiden Kerne, gekennzeichnet mit A und B, an festen Positionen im Raum. Sie kann geschrieben werden als

$ \left(-{\frac {\hbar ^{2}}{2m}}\nabla ^{2}+V\right)\psi =E\psi ~, $

wobei $ V $ die Elektron-Kern-Coulomb-Potentialfunktion

$ V=-{\frac {e^{2}}{4\pi \varepsilon _{0}}}\left({\frac {1}{r_{a}}}+{\frac {1}{r_{b}}}\right) $

ist, und $ E $ ist die (elektronische) Energie eines gegebenen quantenmechanischen Zustands (Eigenzustands), mit der elektronischen Zustandsfunktion $ \psi =\psi (\mathbf {r} ) $ die von den Ortskoordinaten des Elektrons abhängt. Ein additiver Term $ 1/R $, der für vorgegebenen Kern-Kern-Abstand $ R $ eine Konstante ist, wurde in der Potentialfunktion $ V $ fortgelassen, da er den Eigenwert nur verschiebt. Die Abstände zwischen dem Elektron und den Kernen seien mit $ r_{a}^{} $ und $ r_{b}^{} $ bezeichnet. In atomaren Einheiten $ (\hbar =m=e=4\pi \varepsilon _{0}=1) $ wird die Schrödinger-Gleichung zu

$ \left({}-{\frac {1}{2}}\nabla ^{2}+V\right)\psi =E\psi \qquad {\mbox{mit}}\qquad V={}-{\frac {1}{r_{a}^{}}}-{\frac {1}{r_{b}^{}}}\;. $

Der Mittelpunkt zwischen den Positionen der Kerne kann als Ursprung der Koordinaten gewählt werden. Aus allgemeinen Symmetrieprinzipien folgt, dass die Zustandsfunktionen nach ihrem Symmetrieverhalten bezüglich Rauminversion $ (\mathbf {r} \to -\mathbf {r} ) $ charakterisiert werden können. Es gibt Zustandsfunktionen

$ \psi _{+}(\mathbf {r} ) $,

die "symmetrisch" bezüglich Rauminversion sind, und Zustandsfunktionen

$ \psi _{-}(\mathbf {r} ) $,

die unter dieser Symmetrieoperation anti-symmetrisch sind: $ \psi _{\pm }(-{\mathbf {r} })={}\pm \psi _{\pm }({\mathbf {r} })\;. $

Wir merken an, dass die Permutation (der Austausch) der Kerne die gleiche Wirkung auf die elektronischen Zustandsfunktionen hat. Für ein Mehrelektronensystem muss, zusätzlich zu diesen gerade benannten Symmetrien, auch das richtige Symmetrieverhalten der Zustandsfunktion $ \psi $ bezüglich Permutationen der Elektronen (Paulisches Ausschließungsprinzip) gewährleistet sein. Die Schrödinger-Gleichungen für die symmetrieangepassten Zustandsfunktionen sind nun

$ {\begin{aligned}\left(-{\frac {1}{2}}\nabla ^{2}+V\right)\psi _{+}=E_{+}\psi _{+}\\\left(-{\frac {1}{2}}\nabla ^{2}+V\right)\psi _{-}=E_{-}\psi _{-}\end{aligned}} $

Der Grundzustand (der energetisch niedrigste diskrete Zustand) des $ {\text{H}}_{2}^{+} $ ist der $ {\rm {X}}_{}^{2}\Sigma _{\rm {g}}^{+} $ Zustand[9], die zugehörige Zustandsfunktion $ \psi _{+} $ wird üblicherweise mit $ 1s\sigma _{\rm {g}}^{} $ gekennzeichnet. Die Zustandsfunktion $ \psi _{-} $ des ersten angeregten Zustands, $ {\rm {A}}_{}^{2}\Sigma _{\rm {u}}^{+} $, wird mit $ {\rm {2p}}\sigma _{\rm {u}}^{} $ gekennzeichnet. Die hier auftretenden Suffixe g und u (von gerade und ungerade) kennzeichnen gerade das Symmetrieverhalten unter Rauminversion. Ihre Verwendung ist Standard für die Kennzeichnung elektronischer Zustände von zweiatomigen Molekülen, während für Zustände von Atomen die Kennzeichnungen e und o (von Englisch {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) und {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) verwendet werden.

Energien (E) der niedrigsten diskreten Zustände des Wasserstoff-Molekülions $ {\text{H}}_{2}^{+} $ als Funktion des Kern-Kern-Abstands (R) in atomaren Einheiten. Siehe Text für weitere Einzelheiten.

Für große Kern-Kern-Abstände haben die (totalen) Energie-Eigenwerte $ E_{\pm } $ für diese beiden niedrigsten Zustände dieselbe asymptotische Entwicklung in reziproken Potenzen des Kern-Kern-Abstandes R:[10]

$ E_{\pm }={}-{\frac {1}{2}}-{\frac {9}{4R^{4}}}+O(R^{-6})+\cdots $

Die tatsächliche Differenz zwischen diesen beiden Energien wird Austauschenergieaufspaltung genannt und ist gegeben durch:[11]

$ \Delta E=E_{-}-E_{+}={\frac {4}{e}}\,R\,e^{-R}\left[\,1+{\frac {1}{2R}}+O(R^{-2})\,\right] $

Dieser Ausdruck verschwindet exponentiell mit Zunahme des Kern-Kern-Abstandes. Der führende Term $ {\textstyle {\frac {4}{e}}}Re^{-R} $ wurde erst mit der Holstein-Herring-Methode richtig erhalten. In ganz ähnlicher Weise wurden asymptotische Entwicklungen in Potenzen von $ 1/R $ bis zu hoher Ordnung von Čížek et al. für die niedrigsten zehn diskreten Zustände des Wasserstoff-Molekülions erhalten (für den Fall festgehaltener Kerne). Für beliebige zweiatomige oder mehratomige molekulare Systeme lässt sich die Austauschenergieaufspaltung bei großem Kern-Kern-Abstand nur sehr schwer berechnen. Für die Behandlung langreichweitiger Wechselwirkungen, einschließlich Studien mit Bezug auf Magnetismus und Ladungsaustauscheffekte, ist ihre Kenntnis aber notwendig. Die genannten Effekte sind insbesondere von Bedeutung für das physikalische Verständnis von Sternen und von Atmosphären (terrestrisch und extraterrestrisch).

Die Energien für die niedrigsten diskreten Zustände sind in der obigen Abbildung gezeigt. Die Werte können mit jeder gewünschten Genauigkeit unter Verwendung eines Computeralgebraprogramms aus der „verallgemeinerten“ lambertschen W-Funktion erhalten werden (siehe Gl. $ (3) $ dort und die Referenz auf die Arbeit von Scott, Aubert-Frécon, und Grotendorst) doch sie wurden zunächst numerisch erhalten, in doppelter Genauigkeit, mit Hilfe des genauesten verfügbaren Computerprogrammes genannt ODKIL.[12] Die roten durchgezogenen Linien sind $ {\rm {}}_{}^{2}\Sigma _{\rm {g}}^{+} $ Zustände. Die grünen gestrichelten Linien sind $ {\rm {}}_{}^{2}\Sigma _{\rm {u}}^{+} $ Zustände. Die blaue gestrichelte Linie ist ein $ {\rm {}}_{}^{2}\Pi _{\rm {u}} $ Zustand, und die rosa gepunktete Linie ist ein $ {\rm {}}_{}^{2}\Pi _{\rm {g}} $ Zustand. Obwohl die mit Hilfe der „verallgemeinerten“ lambertschen W-Funktion erhaltenen Eigenwertlösungen diese asymptotischen Entwicklungen ersetzen, sind sie in der Praxis besonders in der Umgebung des Gleichgewichtsabstands sehr brauchbar. Solche Lösungen sind möglich, weil die partielle Differentialgleichung, die die Schrödinger-Gleichung darstellt, unter Verwendung von prolaten sphäroidalen Koordinaten in zwei gekoppelte gewöhnliche Differentialgleichungen separierbar ist.

Bildung

Das Wasserstoff-Molekülion wird in der Natur durch die Wirkung kosmischer Strahlung auf Wasserstoffmoleküle gebildet. Ein Elektron wird dabei herausgeschlagen und lässt das Kation zurück.[13]

$ \mathrm {H_{2}+Kosmische\ Strahlung\longrightarrow H_{2}^{+}+e^{-}+Kosmische\ Strahlung} $

Die Teilchen der kosmischen Strahlung besitzen genügend Energie, um viele Moleküle zu ionisieren, bevor sie selbst abgestoppt werden.

Der maximale Wirkungsquerschnitt beträgt für sehr schnelle Protonen (70 keV) 2,5 × 10−16 cm2.

In der Natur reagiert das Ion weiter mit anderen Wasserstoffmolekülen:

$ \mathrm {H_{2}^{+}+H_{2}\longrightarrow H_{3}^{+}+H} $

Eigenschaften

Die Ionisierungsenergie des Wasserstoffmoleküls beträgt $ 15{,}603\,\mathrm {eV} $, die Dissoziationsenergie $ 1{,}8\,\mathrm {eV} $.

Einzelnachweise

  1. T. C. Scott, M. Aubert-Frécon, J. Grotendorst: New Approach for the Electronic Energies of the Hydrogen Molecular Ion. Im: Chem. Phys. 324, 2006, S. 323–338, doi:10.1016/j.chemphys.2005.10.031, arxiv:physics/0607081.
  2. Ø. Burrau: Berechnung des Energiewertes des Wasserstoffmolekel-Ions (H2+) im Normalzustand. In: Danske Vidensk. Selskab. Math.-fys. Meddel. M 7:14. Jahrgang, 1927, S. 1–18 (sdu.dk [PDF]).
  3. Øjvind Burrau: The calculation of the Energy value of Hydrogen molecule ions (H2+) in their normal position. In: Naturwissenschaften. 15. Jahrgang, Nr. 1, 1927, S. 16–17, doi:10.1007/BF01504875.
  4. Karel F. Niessen Zur Quantentheorie des Wasserstoffmolekülions, Dissertation, Universität Utrecht, Utrecht: I. van Druten (1922), zitiert in J. Mehra, Volume 5, Part 2, 2001, S. 932.
  5. W. Pauli: Über das Modell des Wasserstoffmolekülions. In: Ann. d. Phys. 373. Jahrgang, Nr. 11, 1922, S. 177–240, doi:10.1002/andp.19223731101. erweiterte Dissertation; eingegangen 4 März 1922, veröffentlicht im Heft Nr. 11 vom 3. August 1922.
  6. Urey HC: The Structure of the Hydrogen Molecule Ion. In: Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 11. Jahrgang, Nr. 10, Oktober 1925, S. 618–21, doi:10.1073/pnas.11.10.618, PMID 16587051, PMC 1086173 (freier Volltext).
  7. L. Pauling: The Application of the Quantum Mechanics to the Structure of the Hydrogen Molecule and Hydrogen Molecule-Ion and to Related Problems. In: Chemical Reviews. 5. Jahrgang, 1928, S. 173–213, doi:10.1021/cr60018a003.
  8. Clark R. Landis, Frank Weinhold: Valency and bonding: a natural bond orbital donor-acceptor perspective. Cambridge University Press, Cambridge, UK 2005, ISBN 0-521-83128-8, S. 96–100.
  9. K.-P. Huber, Gerhard Herzberg: Molecular Spectra and Molecular Structure. IV. Constants of Diatomic Molecules. Van Nostrand Reinhold, New York 1979.
  10. Jiří Cížek, Robert J. Damburg, Sandro Graffi, Vincenzo Grecchi, Evans M. Harrell, Jonathan G. Harris, Sachiko Nakai, Josef Paldus, Rafail Kh. Propin, Harris J. Silverstone: 1/R expansion for H2+: Calculation of exponentially small terms and asymptotics. In: Physical Review A. Band 33, Nr. 1, 1986, S. 12–54, doi:10.1103/PhysRevA.33.12.
  11. T. C. Scott, Alexander Dalgarno, J.D. Morgan III: Exchange Energy of H2+ Calculated from Polarization Perturbation Theory and the Holstein-Herring Method. In: Phys. Rev. Lett. 67, 1991, S. 1419–1422. doi:10.1103/PhysRevLett.67.1419
  12. G. Hadinger, M. Aubert-Frécon, G. Hadinger: The Killingbeck method for the one-electron two-centre problem. In: Journal of Physics B. 22, 1989, S. 697–712, doi:10.1088/0953-4075/22/5/003.
  13. E. Herbst: The Astrochemistry of H3+. In: Phil. Trans. R. Soc. Lond. A. 2000, 358, 1774, S. 2523–2534, doi:10.1098/rsta.2000.0665.