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Die '''Biophysik''' ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die zum einen versucht, Prozesse in [[Biologie|biologischen]] Systemen mit Hilfe der Gesetze der [[Physik]] und ihrer Messmethoden zu untersuchen und zu beschreiben, zum anderen sich aber auch mit der gezielten Neu- und Weiterentwicklung physikalischer Methoden zur Untersuchung biologischer Prozesse beschäftigt. Auch die [[Bionik]] kann der Biophysik zugerechnet werden. Kurz gesagt ist die Biophysik die Anwendung der Physik auf Biologisches und umgekehrt. | Die '''Biophysik''' ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die zum einen versucht, Prozesse in [[Biologie|biologischen]] Systemen mit Hilfe der Gesetze der [[Physik]] und ihrer Messmethoden zu untersuchen und zu beschreiben, zum anderen sich aber auch mit der gezielten Neu- und Weiterentwicklung physikalischer Methoden zur Untersuchung biologischer Prozesse beschäftigt. Auch die [[Bionik]] kann der Biophysik zugerechnet werden. Kurz gesagt ist die Biophysik die Anwendung der Physik auf Biologisches und umgekehrt. In der deutschen Hochschullandschaft gilt die Biophysik als [[Kleines Fach]].<ref>{{Internetquelle |autor=Arbeitsstelle Kleine Fächer |url=https://www.kleinefaecher.de/kartierung/kleine-faecher-von-a-z.html?tx_dmdb_monitoring%5BdisciplineTaxonomy%5D=21&cHash=92c7d50d054684d3f357ebc2d4552ae0 |titel=Biophysik auf dem Portal Kleine Fächer |abruf=2019-06-12}}</ref> | ||
Fragestellungen und Probleme ergeben sich neben der [[Biologie]] auch aus der [[medizin]]ischen Forschung und Anwendung. Biophysikalische Forschung erfordert somit die enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der Disziplinen Physik, Biologie, [[Chemie]], Medizin und deren Grenzwissenschaften. Aus diesem Grund ist die Biophysik an den Universitäten nicht zwangsläufig dem Fachbereich Physik zugeordnet. Wurde die Biophysik zunächst ausschließlich von Wissenschaftlern der o. g. Disziplinen (insbesondere Physikern) betrieben, wurden mittlerweile an mehreren deutschen Universitäten eigenständige Biophysikstudiengänge eingerichtet. | Fragestellungen und Probleme ergeben sich neben der [[Biologie]] auch aus der [[medizin]]ischen Forschung und Anwendung. Biophysikalische Forschung erfordert somit die enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der Disziplinen Physik, Biologie, [[Chemie]], Medizin und deren Grenzwissenschaften. Aus diesem Grund ist die Biophysik an den Universitäten nicht zwangsläufig dem Fachbereich Physik zugeordnet. Wurde die Biophysik zunächst ausschließlich von Wissenschaftlern der o. g. Disziplinen (insbesondere Physikern) betrieben, wurden mittlerweile an mehreren deutschen Universitäten eigenständige Biophysikstudiengänge eingerichtet. | ||
== Begriff == | == Begriff == | ||
Das Wort ''Biophysik'' setzt sich zusammen aus [[Altgriechisch|griechisch]] βίος, ''bios'' „Leben“ und φυσική (θεωρία), ''physikē (theōria'') = „natürliche (Forschung)“. Historisch begann die Physik mit der Beschreibung von Vorgängen der unbelebten Natur. Hier wird nun untersucht, inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse auf die belebte Natur anwendbar sind. Der Begriff ''Biophysik'' wurde eingeführt und geprägt<ref>[ | Das Wort ''Biophysik'' setzt sich zusammen aus [[Altgriechisch|griechisch]] βίος, ''bios'' „Leben“ und φυσική (θεωρία), ''physikē (theōria'') = „natürliche (Forschung)“. Historisch begann die Physik mit der Beschreibung von Vorgängen der unbelebten Natur. Hier wird nun untersucht, inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse auf die belebte Natur anwendbar sind. Der Begriff ''Biophysik'' wurde eingeführt und geprägt<ref>''[https://www.biophys.mpg.de/de Über das Max-Planck-Institut für Biophysik]''.</ref> von [[Boris Rajewsky]] bei der Neugründung des Kaiser Wilhelm Instituts für Biophysik, dem jetzigen MPI für Biophysik. | ||
== Generelle Prinzipien == | == Generelle Prinzipien == | ||
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Zudem hält die Physik eine Vielzahl von Methoden (z. B. aus der [[Spektroskopie]] oder der [[Mikroskopie]]) bereit, die in ihrer ursprünglichen Form nicht für die Untersuchung und Behandlung biologischer Objekte oder deren Einzelkomponenten (z. B. [[Lipide]] oder [[Protein]]e) unter physiologischen Bedingungen geeignet sind. Ein weiterer Schwerpunkt der Biophysik ist die Anpassung dieser Methoden für die Bearbeitung biologischer Fragestellungen. Des Weiteren werden aber auch gezielt physikalische Effekte ausgenutzt, um auf deren Basis neue Methoden zu entwickeln, die die Untersuchung biologischer Prozesse erlauben. Die Einsatzgebiete dieser Methoden reichen dabei von nahezu allen Bereichen der Biologie bis in die [[medizin]]ische Diagnostik und Therapie. | Zudem hält die Physik eine Vielzahl von Methoden (z. B. aus der [[Spektroskopie]] oder der [[Mikroskopie]]) bereit, die in ihrer ursprünglichen Form nicht für die Untersuchung und Behandlung biologischer Objekte oder deren Einzelkomponenten (z. B. [[Lipide]] oder [[Protein]]e) unter physiologischen Bedingungen geeignet sind. Ein weiterer Schwerpunkt der Biophysik ist die Anpassung dieser Methoden für die Bearbeitung biologischer Fragestellungen. Des Weiteren werden aber auch gezielt physikalische Effekte ausgenutzt, um auf deren Basis neue Methoden zu entwickeln, die die Untersuchung biologischer Prozesse erlauben. Die Einsatzgebiete dieser Methoden reichen dabei von nahezu allen Bereichen der Biologie bis in die [[medizin]]ische Diagnostik und Therapie. | ||
Die Biophysik stellt ein Bindeglied zwischen der Biologie und neben der Physik einer Vielzahl weiterer wissenschaftlicher Disziplinen, wie beispielsweise [[Medizin]], [[Medizintechnik]], [[Chemie]], [[Biochemie]], physikalischer Chemie, [[Informatik]] | Die Biophysik stellt ein Bindeglied zwischen der Biologie und neben der Physik einer Vielzahl weiterer wissenschaftlicher Disziplinen, wie beispielsweise [[Medizin]], [[Medizintechnik]], [[Chemie]], [[Biochemie]], physikalischer Chemie, [[Informatik]] etc., dar. Biophysikalische Forschung erfordert deshalb eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachgebiete, sie wird deshalb häufig nicht ausschließlich in physikalischen Instituten betrieben. Häufig sind biophysikalisch orientierte Arbeitsgruppen auch in biologischen, chemischen, pharmakologischen und medizinischen Fachbereichen bzw. [[Fakultät (Hochschule)|Fakultäten]] zu finden. | ||
== Teilgebiete == | == Teilgebiete == | ||
Wie die meisten anderen [[Naturwissenschaft]]en ist auch die Biophysik in unterschiedliche Teilgebiete untergliedert. | Wie die meisten anderen [[Naturwissenschaft]]en ist auch die Biophysik in unterschiedliche Teilgebiete untergliedert. Die Teilgebiete überschneiden sich jedoch teilweise, und eine konkrete biologische Fragestellung lässt sich somit selten eindeutig einem Teilgebiet zuordnen. | ||
Im Folgenden werden die unterschiedlichen Teilgebiete kurz vorgestellt: | Im Folgenden werden die unterschiedlichen Teilgebiete kurz vorgestellt: | ||
* Zelluläre oder [[Molekulare Biophysik]] beschäftigt sich unter anderem mit Biopolymeren, Proteinstrukturen und Proteindynamik, Lichtabsorption und physikalischen Modellen von [[Enzym]]en. | * Zelluläre oder [[Molekulare Biophysik]] beschäftigt sich unter anderem mit Biopolymeren, Proteinstrukturen und Proteindynamik, Lichtabsorption und physikalischen Modellen von [[Enzym]]en. | ||
* Die [[Membranbiophysik]] beschäftigt sich mit der Untersuchung der physikochemischen Eigenschaften von [[Biomembran]]en und ihren funktionellen Bestandteilen, z. B. [[Ionenkanal|Kanälen]], [[Rezeptor (Biochemie)| | * Die [[Membranbiophysik]] beschäftigt sich mit der Untersuchung der physikochemischen Eigenschaften von [[Biomembran]]en und ihren funktionellen Bestandteilen, z. B. [[Ionenkanal|Kanälen]], [[Rezeptor (Biochemie)|Rezeptoren]] und [[Permease|Transportern]], und deren Wechselwirkung mit bioaktiven Substanzen, z. B. [[Peptid]]en. | ||
* Die [[Elektrophysiologie]] untersucht die Funktionsweise und das Zusammenwirken [[Elektrische Erregbarkeit|elektrisch erregbarer]] Zellen im [[Nervensystem]] und in der [[Muskulatur]]. | * Die [[Elektrophysiologie]] untersucht die Funktionsweise und das Zusammenwirken [[Elektrische Erregbarkeit|elektrisch erregbarer]] Zellen im [[Nervensystem]] und in der [[Muskulatur]]. | ||
* Die [[Neurophysik]] befasst sich mit der Anwendung und Weiterentwicklung physikalischer Konzepte und Messmethoden zur Erforschung des Nervensystems. | |||
* Die [[Biomechanik]] befasst sich mit Funktionen und Strukturen von Bewegungsapparaten und Bewegungen von biologischen Systemen. | * Die [[Biomechanik]] befasst sich mit Funktionen und Strukturen von Bewegungsapparaten und Bewegungen von biologischen Systemen. | ||
* Die [[Photobiophysik]] und [[Biophotonik]] beschäftigen sich mit den Auswirkungen externer Lichtquellen auf lebende Systeme bzw. der Funktion von Photonenemission in lebenden Systemen. | * Die [[Photobiophysik]] und [[Biophotonik]] beschäftigen sich mit den Auswirkungen externer Lichtquellen auf lebende Systeme bzw. der Funktion von Photonenemission in lebenden Systemen. | ||
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* [[Erwin Neher]] und [[Bert Sakmann]], Entwickler der [[Patch-Clamp-Technik]], Nobelpreis 1991 | * [[Erwin Neher]] und [[Bert Sakmann]], Entwickler der [[Patch-Clamp-Technik]], Nobelpreis 1991 | ||
* [[Irving Langmuir]] und [[Katherine Blodgett]] entwickelten das Konzept der Monolayer, Langmuir erhielt 1932 den Nobelpreis für Chemie | * [[Irving Langmuir]] und [[Katherine Blodgett]] entwickelten das Konzept der Monolayer, Langmuir erhielt 1932 den Nobelpreis für Chemie | ||
* [[Adolf Fick]] stellte das [[Diffusion#Erstes | * [[Adolf Fick]] stellte das [[Diffusion#Erstes Ficksches Gesetz|Fick'sche Gesetz]] zur Beschreibung von [[Diffusion]]sprozessen auf | ||
* [[Gerd Binnig]] Erfinder des [[Rasterkraftmikroskop]]s, Nobelpreis 1986 für die Erfindung des [[Rastertunnelmikroskop]]s zusammen mit [[Heinrich Rohrer]] | * [[Gerd Binnig]] Erfinder des [[Rasterkraftmikroskop]]s, Nobelpreis 1986 für die Erfindung des [[Rastertunnelmikroskop]]s zusammen mit [[Heinrich Rohrer]] | ||
* [[Ernst Ruska]] gilt als Vater der [[Elektronenmikroskop]]ie, Nobelpreis 1986 | * [[Ernst Ruska]] gilt als Vater der [[Elektronenmikroskop]]ie, Nobelpreis 1986 | ||
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== Literatur == | == Literatur == | ||
=== Fachbücher === | === Fachbücher === | ||
* Erich Sackmann, Rudolf Merkel: ''Lehrbuch der Biophysik.'' Wiley-VCH, Weinheim 2010, ISBN 978-3-527-40535-0. | * Erich Sackmann, Rudolf Merkel: ''Lehrbuch der Biophysik.'' Wiley-VCH, Weinheim 2010, ISBN 978-3-527-40535-0. | ||
* Gerold Adam, Peter Läuger, Günther Stark: ''Physikalische Chemie und Biophysik.'' Springer, Heidelberg 2003, ISBN 3-540-00066-6. | * Gerold Adam, Peter Läuger, Günther Stark: ''Physikalische Chemie und Biophysik.'' Springer, Heidelberg 2003, ISBN 3-540-00066-6. | ||
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* Hoppe, Lohmann, Markl, Ziegler (Hrsg.): ''Biophysik.'' Springer, Berlin 1982, ISBN 3-540-11335-5. | * Hoppe, Lohmann, Markl, Ziegler (Hrsg.): ''Biophysik.'' Springer, Berlin 1982, ISBN 3-540-11335-5. | ||
* Michel Daune: ''Molekulare Biophysik.'' Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-67046-7. | * Michel Daune: ''Molekulare Biophysik.'' Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-67046-7. | ||
* | * [[Wolfgang Laskowski]]: ''Biophysik, Struktur, Energie, Information und Bausteine belebter Systeme'', Band 1, Thieme Verlag, Stuttgart 1974, ISBN 978-3-13-502401-1. | ||
* Wolfgang Laskowski und [[Wolfgang Pohlit]]: ''Biophysik, eine Einführung für Biologen, Mediziner und Physiker'', Band 2, Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1974, ISBN 3-423-04230-3.[http://d-nb.info/540283282] | |||
* Philip Nelson: ''Biological Physics.'' Freeman, New York 2004, ISBN 0-7167-4372-8. | * Philip Nelson: ''Biological Physics.'' Freeman, New York 2004, ISBN 0-7167-4372-8. | ||
* Bengt Nölting: ''Methods in Modern Biophysics.'' 2. Auflage. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-27703-X. | * Bengt Nölting: ''Methods in Modern Biophysics.'' 2. Auflage. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-27703-X. | ||
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* Nicolau Beckmann: ''In-Vivo MR Spectroscopy. Potential and Limitations.'' Springer, Berlin 1992, ISBN 3-540-55029-1 (''In Vivo Magnetic Resonance Spectroscopy.'' Band 3). | * Nicolau Beckmann: ''In-Vivo MR Spectroscopy. Potential and Limitations.'' Springer, Berlin 1992, ISBN 3-540-55029-1 (''In Vivo Magnetic Resonance Spectroscopy.'' Band 3). | ||
* Philipp O.J. Scherer, Sighart F. Fischer: ''Theoretical Molecular Biophysics.'' Springer 2010, ISBN 978-3-540-85609-2 | * Philipp O.J. Scherer, Sighart F. Fischer: ''Theoretical Molecular Biophysics.'' Springer 2010, ISBN 978-3-540-85609-2 | ||
* Werner Mäntele: ''Biophysik.'' Ulmer, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8252-3270-2 | |||
=== Fachzeitschriften === | === Fachzeitschriften === | ||
* [http://biophysj.org/ ''Biophysical Journal''] Zeitschrift der amerikanischen biophysikalischen Gesellschaft {{ISSN|0006-3495}} (englisch) | |||
* [http://biophysj.org ''Biophysical Journal''] Zeitschrift der amerikanischen biophysikalischen Gesellschaft {{ISSN|0006-3495}} (englisch) | |||
* [http://ebsa.org/portal/european_biophysics_journal ''European Biophysics Journal''] Zeitschrift der europäischen biophysikalischen Gesellschaft EBSA {{ISSN|0175-7571}} (englisch) | * [http://ebsa.org/portal/european_biophysics_journal ''European Biophysics Journal''] Zeitschrift der europäischen biophysikalischen Gesellschaft EBSA {{ISSN|0175-7571}} (englisch) | ||
* ''[[Biochimica et Biophysica Acta]]'' – BBA | * ''[[Biochimica et Biophysica Acta]]'' – BBA | ||
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Die Biophysik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die zum einen versucht, Prozesse in biologischen Systemen mit Hilfe der Gesetze der Physik und ihrer Messmethoden zu untersuchen und zu beschreiben, zum anderen sich aber auch mit der gezielten Neu- und Weiterentwicklung physikalischer Methoden zur Untersuchung biologischer Prozesse beschäftigt. Auch die Bionik kann der Biophysik zugerechnet werden. Kurz gesagt ist die Biophysik die Anwendung der Physik auf Biologisches und umgekehrt. In der deutschen Hochschullandschaft gilt die Biophysik als Kleines Fach.[1]
Fragestellungen und Probleme ergeben sich neben der Biologie auch aus der medizinischen Forschung und Anwendung. Biophysikalische Forschung erfordert somit die enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der Disziplinen Physik, Biologie, Chemie, Medizin und deren Grenzwissenschaften. Aus diesem Grund ist die Biophysik an den Universitäten nicht zwangsläufig dem Fachbereich Physik zugeordnet. Wurde die Biophysik zunächst ausschließlich von Wissenschaftlern der o. g. Disziplinen (insbesondere Physikern) betrieben, wurden mittlerweile an mehreren deutschen Universitäten eigenständige Biophysikstudiengänge eingerichtet.
Das Wort Biophysik setzt sich zusammen aus griechisch βίος, bios „Leben“ und φυσική (θεωρία), physikē (theōria) = „natürliche (Forschung)“. Historisch begann die Physik mit der Beschreibung von Vorgängen der unbelebten Natur. Hier wird nun untersucht, inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse auf die belebte Natur anwendbar sind. Der Begriff Biophysik wurde eingeführt und geprägt[2] von Boris Rajewsky bei der Neugründung des Kaiser Wilhelm Instituts für Biophysik, dem jetzigen MPI für Biophysik.
Biologische Objekte (angefangen bei einzelnen Zellen über größere Zellverbünde, wie Gewebe oder Organe, bis hin zu höheren Organismen) sind von ihrem Wesen her äußerst komplex. In der Regel können biologische Prozesse nur integral über eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die zudem in vielen Fällen nicht unabhängig voneinander sind, untersucht werden. Dies stellt für die klassische Biologie eine wesentliche Beschränkung dar.
Das Wesen der Physik ist es, komplexe Systeme auf wenige Einflussfaktoren zu reduzieren. In der Biophysik wird zunächst versucht, biologische Systeme auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. An diesen vereinfachten Modellsystemen wird dann mit Hilfe physikalischer Methoden versucht, die Prozesse innerhalb des biologischen Systems im Idealfall auf molekularer bzw. supramolekularer Ebene zu untersuchen und mit Hilfe physikalischer Gesetze zu beschreiben. Über die Korrelation der biophysikalischen Daten mit den entsprechenden biologischen Daten lässt sich sicherstellen, dass das verwendete Modellsystem in der Lage ist, das biologische System ausreichend zu beschreiben. Die wichtigsten Grundlagen bilden hierfür die Gesetze der Thermodynamik und der Elektrodynamik, aber auch Quantenmechanik und klassische Mechanik finden Anwendung. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Kenntnis der physikalischen Gesetze und Techniken und ein detailliertes Verständnis für biologische Systeme und die physikochemischen Eigenschaften der beteiligten Moleküle.
Zudem hält die Physik eine Vielzahl von Methoden (z. B. aus der Spektroskopie oder der Mikroskopie) bereit, die in ihrer ursprünglichen Form nicht für die Untersuchung und Behandlung biologischer Objekte oder deren Einzelkomponenten (z. B. Lipide oder Proteine) unter physiologischen Bedingungen geeignet sind. Ein weiterer Schwerpunkt der Biophysik ist die Anpassung dieser Methoden für die Bearbeitung biologischer Fragestellungen. Des Weiteren werden aber auch gezielt physikalische Effekte ausgenutzt, um auf deren Basis neue Methoden zu entwickeln, die die Untersuchung biologischer Prozesse erlauben. Die Einsatzgebiete dieser Methoden reichen dabei von nahezu allen Bereichen der Biologie bis in die medizinische Diagnostik und Therapie.
Die Biophysik stellt ein Bindeglied zwischen der Biologie und neben der Physik einer Vielzahl weiterer wissenschaftlicher Disziplinen, wie beispielsweise Medizin, Medizintechnik, Chemie, Biochemie, physikalischer Chemie, Informatik etc., dar. Biophysikalische Forschung erfordert deshalb eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachgebiete, sie wird deshalb häufig nicht ausschließlich in physikalischen Instituten betrieben. Häufig sind biophysikalisch orientierte Arbeitsgruppen auch in biologischen, chemischen, pharmakologischen und medizinischen Fachbereichen bzw. Fakultäten zu finden.
Wie die meisten anderen Naturwissenschaften ist auch die Biophysik in unterschiedliche Teilgebiete untergliedert. Die Teilgebiete überschneiden sich jedoch teilweise, und eine konkrete biologische Fragestellung lässt sich somit selten eindeutig einem Teilgebiet zuordnen.
Im Folgenden werden die unterschiedlichen Teilgebiete kurz vorgestellt:
Universitäre biophysikalische Institute und Abteilungen sind in Deutschland meist an die mathematisch-naturwissenschaftlichen, aber auch an die medizinischen Fakultäten angegliedert. Außer an den Universitäten finden biophysikalische Forschungen ebenso an Instituten der Leibniz-Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft statt. Daneben gibt es auch einige Biotechnologie- und Pharmafirmen, die eigene Biophysikabteilungen unterhalten.
Biophysik wird an vielen Universitäten gelehrt – teils als Nebenfach, teils als Vertiefungsfach oder teils als eigenständiger Studiengang. Dabei kann Biophysik eher aus der biologischen oder eher aus der physikalischen Richtung angegangen werden. Meist ist Biophysik jedoch nur Haupt- oder Nebenfach für Studenten der Physik. Viele Universitäten ermöglichen jedoch eine Promotion im Fach Biophysik. Die Zahl der Universitäten, die Biophysik auch als Diplom-, Master- und Bachelorstudiengang anbieten, nimmt dabei zu.
Organisiert sind die deutschen Biophysiker in der Deutsche Gesellschaft für Biophysik (DGfB). Diese ist Mitglied der European Biophysical Societies' Association (EBSA) und der International Union for Pure and Applied Biophysics (IUPAB). Die größte und wichtigste biophysikalische Gesellschaft ist die Biophysical Society, die US-amerikanische biophysikalische Gesellschaft, in der auch Deutsche Mitglied werden können.