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Als '''Gitterfehler''' (auch ''Gitterdefekt'' oder ''Kristall(bau)fehler'') wird jede Unregelmäßigkeit in einem sonst periodischen [[Kristallstruktur|Kristallgitter]] bezeichnet. Die Existenz von Gitterfehlern unterscheidet den ''realen Kristall'' vom theoretischen Modell des ''idealen Kristalls''. Gitterfehler sind von grundlegender Bedeutung für viele Eigenschaften eines [[Kristall]]s, insbesondere für die chemische Reaktivität, Stofftransport und [[Diffusion]] im Kristall sowie für seine mechanischen Eigenschaften. | Als '''Gitterfehler''' (auch '''Gitterdefekt''' oder '''Kristall(bau)fehler''') wird jede Unregelmäßigkeit in einem sonst periodischen [[Kristallstruktur|Kristallgitter]] bezeichnet. Die Existenz von Gitterfehlern unterscheidet den ''realen Kristall'' vom theoretischen Modell des ''idealen Kristalls''. Gitterfehler sind von grundlegender Bedeutung für viele Eigenschaften eines [[Kristall]]s, insbesondere für die [[Reaktivität (Chemie)|chemische Reaktivität]], Stofftransport und [[Diffusion]] im Kristall sowie für seine mechanischen Eigenschaften. | ||
Die Einteilung der Gitterfehler erfolgt anhand der räumlichen Ausdehnung des Fehlergebietes. Man kennzeichnet die Zahl der räumlichen Dimensionen, in denen der Gitterfehler mehr als atomare Ausdehnung besitzt. Auf diese Weise werden null- bis dreidimensionale Gitterfehler unterschieden. | Die Einteilung der Gitterfehler erfolgt anhand der räumlichen Ausdehnung des Fehlergebietes. Man kennzeichnet die Zahl der räumlichen Dimensionen, in denen der Gitterfehler mehr als atomare Ausdehnung besitzt. Auf diese Weise werden null- bis dreidimensionale Gitterfehler unterschieden. | ||
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* [[Substitutionsatom]]e {{lang|en|(''antisites''}}) sitzen auf Gitterplätzen, die im regulären Gitter durch eine andere Atomart besetzt sind. Ein Sonderfall sind [[Farbzentrum|Farbzentren]], bei denen ein Anion durch ein [[Elektron]] ersetzt ist. | * [[Substitutionsatom]]e {{lang|en|(''antisites''}}) sitzen auf Gitterplätzen, die im regulären Gitter durch eine andere Atomart besetzt sind. Ein Sonderfall sind [[Farbzentrum|Farbzentren]], bei denen ein Anion durch ein [[Elektron]] ersetzt ist. | ||
Punktfehler unterscheiden sich von den höherdimensionalen Fehlern dadurch, dass sie als einzige im [[ | Punktfehler unterscheiden sich von den höherdimensionalen Fehlern dadurch, dass sie als einzige im [[Thermodynamisches Gleichgewicht|thermodynamischen Gleichgewicht]] vorkommen. Da sie eine notwendige Voraussetzung für Stofftransport und damit für die chemische Reaktivität in einem Kristall sind, hat sich in der [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] ein eigener Zweig der Thermodynamik entwickelt, die ''Punktdefekt-Thermodynamik''. | ||
Verschiedene Punktfehler sind in einem Kristall durch Ladungs- und Strukturbedingungen aneinander gekoppelt und kommen daher oft in bestimmten Kombinationen vor. Einige wichtige Kombinationen haben eigene Bezeichnungen bekommen | Verschiedene Punktfehler sind in einem Kristall durch Ladungs- und Strukturbedingungen aneinander gekoppelt und kommen daher oft in bestimmten Kombinationen vor. Einige wichtige Kombinationen haben eigene Bezeichnungen bekommen: [[Schottky-Fehlordnung]], [[Frenkel-Fehlordnung]], [[Einlagerungsmischkristall]]e und [[Substitutionsmischkristall]]e. | ||
Punktdefekte können in ''intrinsische | Um mit Punktdefekten formale Reaktionsgleichungen aufstellen zu können, wird die [[Kröger-Vink-Notation]] verwendet. | ||
Punktdefekte können unterteilt werden in: | |||
* ''intrinsische'' Defekte, die im thermodynamischen Gleichgewicht des reinen Kristalls vorkommen. | |||
* ''extrinsische'' Defekte, die durch die Anwesenheit einer zweiten [[Phase (Materie)|Phase]] ([[Fremdatom]]e) verursacht werden. | |||
Beispielsweise ist die Schottky-Fehlordnung eines [[Natriumchlorid]]-Kristalls intrinsisch. Wenn der Kristall aber mit geringen Mengen Kaliumchlorid [[Dotierung|dotiert]] wird, so werden die resultierenden Kalium-Substitutionsatome auf Natrium-Plätzen als extrinsische Defekte bezeichnet. Auf diesem Unterschied in der Art der [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträger]] basieren die [[Intrinsische Leitfähigkeit|intrinsische]] und die [[extrinsische Leitfähigkeit]]. | |||
== Eindimensionale Gitterfehler == | == Eindimensionale Gitterfehler == | ||
[[Bild:Dislocation coin vue en bout et coeur.svg| | [[Bild:Dislocation coin vue en bout et coeur.svg|mini|Eine Stufenversetzung.]] | ||
{{Hauptartikel|Versetzung (Materialwissenschaft)}}''Linienfehler'' werden gewöhnlich als Versetzungen oder Versetzungslinien bezeichnet. Es gibt | {{Hauptartikel|Versetzung (Materialwissenschaft)}}''Linienfehler'' werden gewöhnlich als Versetzungen oder Versetzungslinien bezeichnet. Es gibt ''Stufen''- und ''Schrauben''versetzungen. Beide sind entscheidend für die mechanischen Eigenschaften des Kristalls und daher von großer Bedeutung in den [[Materialwissenschaft]]en. Sie können aber auch „Pfade“ erhöhter Atom- oder [[Ionenbeweglichkeit]] sein und dadurch Stofftransport und Reaktivität des Kristalls beeinflussen. | ||
Zur Charakterisierung der Versetzung dient der [[Burgersvektor]] | Zur Charakterisierung der Versetzung dient der [[Burgersvektor]]. Bei Stufenversetzung steht er senkrecht auf der Versetzungslinie, bei Schraubenversetzung liegt er parallel zu ihr. | ||
== Zweidimensionale Gitterfehler == | == Zweidimensionale Gitterfehler == | ||
Ein realer Kristall hat zwangsläufig eine endliche Ausdehnung und dadurch eine Oberfläche. Dies stellt eine Unterbrechung der Translationssymmetrie und damit den einfachsten ''Flächenfehler'' dar | {| class="wikitable float-right" | ||
|+Energien zweidimensionaler Gitterfehler<ref>{{Literatur |Autor=Erhard Hornbogen, Gunther Eggeler, Ewald Werner |Titel=Werkstoffe |Verlag=Springer Berlin Heidelberg |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=2008 |Reihe=Springer-Lehrbuch |ISBN=978-3-540-71857-4 |DOI=10.1007/978-3-540-71858-1 |Online=https://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-540-71858-1 |Abruf=2022-01-05}}</ref> | |||
!Art der Grenzfläche | |||
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Ein realer Kristall hat zwangsläufig eine endliche Ausdehnung und dadurch eine Oberfläche. Dies stellt eine Unterbrechung der [[Translationssymmetrie]] und damit den einfachsten ''Flächenfehler'' dar. | |||
Alle anderen zweidimensionalen Fehler treten nur im Inneren des betrachteten Kristalls auf | Aus dem gleichen Grund zählen [[Grenzfläche]]n zu anderen [[Phase (Materie)|Phasen]] zu den Flächenfehlern. Die atomare Struktur in der Nähe einer Grenzfläche hängt sehr stark vom [[Aggregatzustand]], der chemischen Zusammensetzung und gegebenenfalls der [[Kristallographie|kristallographisch]]en Orientierung der zweiten Phase ab. | ||
* [[Korngrenze]]n trennen zwei Körner eines Kristalls, | |||
Alle anderen zweidimensionalen Fehler treten nur im Inneren des betrachteten Kristalls auf: | |||
* [[Korngrenze]]n trennen zwei [[Kristallit|Körner]] eines Kristalls, d. h. zwei Bereiche mit unterschiedlicher räumlicher Orientierung des Gitters. Abhängig von dem Winkel, um den die beiden Gitter gegeneinander verdreht sind, spricht man von [[Kleinwinkelkorngrenze]]n (Subkorngrenzen) oder Großwinkelkorngrenzen. | |||
* Eine Zwillingsgrenze ist die Grenzfläche zwischen den beiden Teilen eines [[Kristallzwilling]]s. | * Eine Zwillingsgrenze ist die Grenzfläche zwischen den beiden Teilen eines [[Kristallzwilling]]s. | ||
* [[Stapelfehler]] treten auf, wenn der periodische „Stapel“ der einzelnen Ebenen eines Kristalls gestört ist. Dies ist besonders bei | * [[Stapelfehler]] treten auf, wenn der periodische „Stapel“ der einzelnen Ebenen eines Kristalls gestört ist. Dies ist besonders bei [[Metall]]en ein häufiger Fehler. | ||
* An einer Antiphasengrenze ist ein Teil des Kristalls (formal) durch eine Translation gegenüber dem anderen Teil des Kristalls versetzt. Die Translation beträgt nur einen Teil der Gitterkonstante. | * An einer Antiphasengrenze ist ein Teil des Kristalls (formal) durch eine Translation gegenüber dem anderen Teil des Kristalls versetzt. Die Translation beträgt nur einen Teil der [[Gitterkonstante]]. | ||
Ferner werden auch die Wände zwischen [[Ferromagnetismus|ferromagnetischen]] oder [[Ferroelektrikum|ferroelektrischen]] [[Weiss-Bezirk|Domänen]] eines Kristalls zu den Flächenfehlern gezählt. | Ferner werden auch die Wände zwischen [[Ferromagnetismus|ferromagnetischen]] oder [[Ferroelektrikum|ferroelektrischen]] [[Weiss-Bezirk|Domänen]] eines Kristalls zu den Flächenfehlern gezählt. | ||
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* [[Pore]]n sind offene oder geschlossene Hohlräume im Kristall, die mit Gas oder Flüssigkeit gefüllt sind. | * [[Pore]]n sind offene oder geschlossene Hohlräume im Kristall, die mit Gas oder Flüssigkeit gefüllt sind. | ||
* Einschlüsse sind feste Fremdphasen. | * Einschlüsse sind feste Fremdphasen. | ||
* Ausscheidungen (Präzipitate) sind Sonderfälle des Einschlusses, bei dem die Fremdphase aus dem Kristall selbst gebildet wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn sich bei der Abkühlung einer festen [[Lösung (Chemie)|Lösung]] die Minderheitenkomponente im Kristallinneren eine eigene Phase bildet (siehe auch [[Ausscheidungshärtung]]). | ** Ausscheidungen (Präzipitate) sind Sonderfälle des Einschlusses, bei dem die Fremdphase aus dem Kristall selbst gebildet wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn sich bei der Abkühlung einer festen [[Lösung (Chemie)|Lösung]] die Minderheitenkomponente im Kristallinneren eine eigene Phase bildet (siehe auch [[Ausscheidungshärtung]]). | ||
Da Volumenfehler den sie umgebenden Kristall verzerren, sind sie von einer Zone mit einer höheren Konzentration niederdimensionaler Gitterfehler umgeben. | Da Volumenfehler den sie umgebenden Kristall verzerren, sind sie von einer Zone mit einer höheren Konzentration niederdimensionaler Gitterfehler umgeben. | ||
== Strukturelle Fehlordnung == | == Strukturelle Fehlordnung == | ||
Einen Sonderfall stellt die | Einen Sonderfall stellt die ''strukturelle Fehlordnung'' dar, die in einigen [[Ionenkristall]]en vorkommt. In solchen Kristallen hat ein einzelnes Teilgitter vollständig seine [[Translationssymmetrie]] verloren. Die Ionen dieses Teilgitters haben eine extrem hohe Beweglichkeit, man spricht von einem ''quasi-geschmolzenen'' Teilgitter. Die Kristalle werden dadurch zu sehr guten festen [[Ionenleiter]]n, zu [[Superionenleiter]]n. Eine Voraussetzung für strukturelle Fehlordnung ist, dass sehr große Ionen mit großen Zwischenräumen neben kleinen, in diesen Zwischenräumen beweglichen Ionen vorliegen. Das fehlgeordnete Teilgitter ist daher immer ein [[Kation]]en<nowiki></nowiki>gitter. | ||
Beispiele für Kristalle mit struktureller Fehlordnung sind bestimmte [[Polymorphie (Materialwissenschaft)|Modifikationen]] von [[Silbersulfid]], [[Silberiodid]] und [[Rubidiumsilberiodid]], bei denen jeweils das Silberteilgitter strukturell fehlgeordnet ist. | Beispiele für Kristalle mit struktureller Fehlordnung sind bestimmte [[Polymorphie (Materialwissenschaft)|Modifikationen]] von [[Silbersulfid]], [[Silberiodid]] und [[Rubidiumsilberiodid]], bei denen jeweils das Silberteilgitter strukturell fehlgeordnet ist. | ||
== Methode zur Klassifikation == | == Methode zur Klassifikation == | ||
Eine erfolgreiche mathematische Methode zur Klassifikation physikalischer Gitterdefekte, die sich nicht nur in der Versetzungstheorie gewöhnlicher Kristalle, sondern u. a. auch zur Beschreibung von | Eine erfolgreiche mathematische Methode zur Klassifikation physikalischer Gitterdefekte, die sich nicht nur in der Versetzungstheorie gewöhnlicher Kristalle, sondern u. a. auch zur Beschreibung von [[Disklination]]en in flüssigen Kristallen und bei Anregungen der [[supraflüssig]]en Zustände von <math>He^3</math> bewährt hat, ist die topologische [[Homotopie]]theorie.<ref>{{Literatur|Autor=N. D. Mermin|Titel=The topological theory of defects in ordered media|Sammelwerk=Reviews of Modern Physics|Band=51|Nummer=3|Jahr=1979|Seiten=591–648|DOI= 10.1103/RevModPhys.51.591 }} | ||
</ref> | </ref> | ||
==Siehe auch== | == Siehe auch == | ||
*[[Thermolumineszenz]] | * [[Defektkonzentration]] | ||
* [[Thermolumineszenz]] | |||
* [[Lokale Struktur]] | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
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== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> | ||
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[[Kategorie:Chemische Bindung]] | [[Kategorie:Chemische Bindung]] | ||
[[Kategorie:Gitterfehler| ]] | [[Kategorie:Gitterfehler| ]] |
Als Gitterfehler (auch Gitterdefekt oder Kristall(bau)fehler) wird jede Unregelmäßigkeit in einem sonst periodischen Kristallgitter bezeichnet. Die Existenz von Gitterfehlern unterscheidet den realen Kristall vom theoretischen Modell des idealen Kristalls. Gitterfehler sind von grundlegender Bedeutung für viele Eigenschaften eines Kristalls, insbesondere für die chemische Reaktivität, Stofftransport und Diffusion im Kristall sowie für seine mechanischen Eigenschaften.
Die Einteilung der Gitterfehler erfolgt anhand der räumlichen Ausdehnung des Fehlergebietes. Man kennzeichnet die Zahl der räumlichen Dimensionen, in denen der Gitterfehler mehr als atomare Ausdehnung besitzt. Auf diese Weise werden null- bis dreidimensionale Gitterfehler unterschieden.
Punktdefekte sind Defekte, die die Ausdehnung eines einzelnen Atoms haben. Formal sind sie also auf einen einzelnen Gitterplatz beschränkt. Es lassen sich drei Fälle unterscheiden.
Punktfehler unterscheiden sich von den höherdimensionalen Fehlern dadurch, dass sie als einzige im thermodynamischen Gleichgewicht vorkommen. Da sie eine notwendige Voraussetzung für Stofftransport und damit für die chemische Reaktivität in einem Kristall sind, hat sich in der Physikalischen Chemie ein eigener Zweig der Thermodynamik entwickelt, die Punktdefekt-Thermodynamik.
Verschiedene Punktfehler sind in einem Kristall durch Ladungs- und Strukturbedingungen aneinander gekoppelt und kommen daher oft in bestimmten Kombinationen vor. Einige wichtige Kombinationen haben eigene Bezeichnungen bekommen: Schottky-Fehlordnung, Frenkel-Fehlordnung, Einlagerungsmischkristalle und Substitutionsmischkristalle.
Um mit Punktdefekten formale Reaktionsgleichungen aufstellen zu können, wird die Kröger-Vink-Notation verwendet.
Punktdefekte können unterteilt werden in:
Beispielsweise ist die Schottky-Fehlordnung eines Natriumchlorid-Kristalls intrinsisch. Wenn der Kristall aber mit geringen Mengen Kaliumchlorid dotiert wird, so werden die resultierenden Kalium-Substitutionsatome auf Natrium-Plätzen als extrinsische Defekte bezeichnet. Auf diesem Unterschied in der Art der Ladungsträger basieren die intrinsische und die extrinsische Leitfähigkeit.
Linienfehler werden gewöhnlich als Versetzungen oder Versetzungslinien bezeichnet. Es gibt Stufen- und Schraubenversetzungen. Beide sind entscheidend für die mechanischen Eigenschaften des Kristalls und daher von großer Bedeutung in den Materialwissenschaften. Sie können aber auch „Pfade“ erhöhter Atom- oder Ionenbeweglichkeit sein und dadurch Stofftransport und Reaktivität des Kristalls beeinflussen.
Zur Charakterisierung der Versetzung dient der Burgersvektor. Bei Stufenversetzung steht er senkrecht auf der Versetzungslinie, bei Schraubenversetzung liegt er parallel zu ihr.
Art der Grenzfläche | Energie $ \gamma $ [mJm-2] |
---|---|
Korngrenze (Großwinkel in Cu) | 500 |
Zwillingsgrenzen | 160 |
Korngrenze (Kleinwinkel) | 0…100 |
Stapelfehler in Al | 250 |
Stapelfehler in Cu | 100 |
Stapelfehler in Au | 10 |
Stapelfehler in Cu + 30 % Zn | 7 |
Ein realer Kristall hat zwangsläufig eine endliche Ausdehnung und dadurch eine Oberfläche. Dies stellt eine Unterbrechung der Translationssymmetrie und damit den einfachsten Flächenfehler dar.
Aus dem gleichen Grund zählen Grenzflächen zu anderen Phasen zu den Flächenfehlern. Die atomare Struktur in der Nähe einer Grenzfläche hängt sehr stark vom Aggregatzustand, der chemischen Zusammensetzung und gegebenenfalls der kristallographischen Orientierung der zweiten Phase ab.
Alle anderen zweidimensionalen Fehler treten nur im Inneren des betrachteten Kristalls auf:
Ferner werden auch die Wände zwischen ferromagnetischen oder ferroelektrischen Domänen eines Kristalls zu den Flächenfehlern gezählt.
Volumenfehler (auch Inklusionen) sind vollständige Fremdphasen im Inneren des Kristalls.
Da Volumenfehler den sie umgebenden Kristall verzerren, sind sie von einer Zone mit einer höheren Konzentration niederdimensionaler Gitterfehler umgeben.
Einen Sonderfall stellt die strukturelle Fehlordnung dar, die in einigen Ionenkristallen vorkommt. In solchen Kristallen hat ein einzelnes Teilgitter vollständig seine Translationssymmetrie verloren. Die Ionen dieses Teilgitters haben eine extrem hohe Beweglichkeit, man spricht von einem quasi-geschmolzenen Teilgitter. Die Kristalle werden dadurch zu sehr guten festen Ionenleitern, zu Superionenleitern. Eine Voraussetzung für strukturelle Fehlordnung ist, dass sehr große Ionen mit großen Zwischenräumen neben kleinen, in diesen Zwischenräumen beweglichen Ionen vorliegen. Das fehlgeordnete Teilgitter ist daher immer ein Kationengitter.
Beispiele für Kristalle mit struktureller Fehlordnung sind bestimmte Modifikationen von Silbersulfid, Silberiodid und Rubidiumsilberiodid, bei denen jeweils das Silberteilgitter strukturell fehlgeordnet ist.
Eine erfolgreiche mathematische Methode zur Klassifikation physikalischer Gitterdefekte, die sich nicht nur in der Versetzungstheorie gewöhnlicher Kristalle, sondern u. a. auch zur Beschreibung von Disklinationen in flüssigen Kristallen und bei Anregungen der supraflüssigen Zustände von $ He^{3} $ bewährt hat, ist die topologische Homotopietheorie.[2]