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[[Datei:Godiva-before-scrammed.jpg|mini|Godiva erzeugte Gamma- und Neutronenstrahlungsausbrüche, indem die drei Kugelteile vereinigt sowie ein Stab durch ein Loch in der Kugel fallen gelassen wurde. Das Bild zeigt den Reaktor in einer gesicherten Konfiguration.]] | [[Datei:Godiva-before-scrammed.jpg|mini|Godiva erzeugte Gamma- und Neutronenstrahlungsausbrüche, indem die drei Kugelteile vereinigt sowie ein Stab durch ein Loch in der Kugel fallen gelassen wurde. Das Bild zeigt den Reaktor in einer gesicherten Konfiguration.]] | ||
Der '''Godiva-Apparat''' ({{enS|''Godiva device,''}} auch: '''Lady Godiva''' oder '''Godiva-Reaktor''') <ref name="la"/> war ein nicht abgeschirmter, gepulster [[Forschungsreaktor]]<ref name="Garcia"/>, der im [[Los Alamos National Laboratory]] (LANL) in [[New Mexico]] vom April 1952 bis Februar 1957 in Betrieb war. Er wurde in der technischen Abteilung 18 (TA-18) verwendet und zur Erzeugung von kontrollierten [[Gammastrahlung|Gamma-]] und [[Neutronenstrahlung | Der '''Godiva-Apparat''' ({{enS|''Godiva device,''}} auch: '''Lady Godiva''' oder '''Godiva-Reaktor''')<ref name="la" /> war ein nicht abgeschirmter, gepulster [[Forschungsreaktor]]<ref name="Garcia" />, der im [[Los Alamos National Laboratory]] (LANL) in [[New Mexico]] vom April 1952 bis Februar 1957 in Betrieb war. Er wurde in der technischen Abteilung 18 (TA-18) verwendet und zur Erzeugung von kontrollierten [[Gammastrahlung|Gamma-]] und [[Neutronenstrahlung]]spulsen genutzt. Bestrahlt wurden Testobjekte zwecks Untersuchung der Materialien unter Strahlenbelastung. | ||
Der Name ''Godiva'' stammt von dem Physiker | Der Name ''Godiva'' stammt von dem Physiker [[Otto Robert Frisch|Otto Frisch]]. Er nannte den Reaktor in Anlehnung an die englische Legende von [[Lady Godiva]] so, ''„… weil er nackt und ungeschützt war …“''.<ref name="ReferenceA">Preston, Diana: ''Before the Fall-Out – From Marie Curie to Hiroshima'' – Transworld – 2005 – ISBN 0-385-60438-6, Seite 278</ref> | ||
Der [[Reaktorkern]] war eine Kugel aus metallischem, hochangereichertem [[Uran]] von etwa 30 cm Durchmesser.<ref>McLaughlin et al. page 109, "93%"</ref> Die Kugel war dreigeteilt und befand sich am oberen Ende eines zwei Meter hohen Metallgerüsts. | Der [[Reaktorkern]] war eine Kugel aus metallischem, hochangereichertem [[Uran]] von etwa 30 cm Durchmesser.<ref>McLaughlin et al. page 109, "93%"</ref> Die Kugel war dreigeteilt und befand sich am oberen Ende eines zwei Meter hohen Metallgerüsts. | ||
Zur Erzeugung eines Strahlungspulses wurden zunächst die drei Kugelteile vereinigt und dann ein ebenfalls aus hochangereichertem Uran bestehender Zylinder durch ein Bohrloch fallen gelassen, das durch das Zentrum der Kugel führte. Kugel und Zylinder zusammen ergaben kurzzeitig eine [[kritische Masse]], so dass eine [[Kernspaltung]]s-[[Kettenreaktion]] einsetzte, die schnell wieder erlosch.<ref name="Garcia">Garcia page 1</ref> | Zur Erzeugung eines Strahlungspulses wurden zunächst die drei Kugelteile vereinigt und dann ein ebenfalls aus hochangereichertem Uran bestehender Zylinder durch ein Bohrloch fallen gelassen, das durch das Zentrum der Kugel führte. Kugel und Zylinder zusammen ergaben kurzzeitig eine [[kritische Masse]], so dass eine [[Kernspaltung]]s-[[Kettenreaktion]] einsetzte, die schnell wieder erlosch.<ref name="Garcia">Garcia page 1</ref> | ||
Das Reaktordesign wurde anhand eines Vorgängersystems namens Jemina gewählt. Jemina setzte ferngesteuert mehrere Scheiben angereichertes Uran aufeinander, um eine kritische Masse zu erreichen. Am 18. April 1952 wurde infolge einer Fehlberechnung zu viel Spaltmaterial zusammengesetzt, was zu einem prompt überkritischen Zustand und einer [[Reaktorschnellabschaltung]] führte. Die Schnellabschaltungstechnik wurde bei Godiva noch verbessert.<ref name="la"/> | Das Reaktordesign wurde anhand eines Vorgängersystems namens Jemina gewählt. Jemina setzte ferngesteuert mehrere Scheiben angereichertes Uran aufeinander, um eine kritische Masse zu erreichen. Am 18. April 1952 wurde infolge einer Fehlberechnung zu viel Spaltmaterial zusammengesetzt, was zu einem prompt überkritischen Zustand und einer [[Reaktorschnellabschaltung]] führte. Die Schnellabschaltungstechnik wurde bei Godiva noch verbessert.<ref name="la" /> | ||
Otto Frisch selber erhielt eine größere Dosis | Otto Frisch selber erhielt eine größere Dosis [[Ionisierende Strahlung|ionisierender Strahlung]], als er sich während Wartungsarbeiten im Jahr 1954 für ein paar Sekunden über den Apparat lehnte. Er bemerkte, dass die Kontrolllampen des Neutronendetektors kontinuierlich leuchteten. Frischs Körper reflektierte eine genügend große Menge von Neutronen auf den Reaktor zurück und brachten ihn so in kritischen Zustand. Frisch lehnte sich sofort zurück und entfernte einen Teil des Urans. Er hatte keine Beschwerden, meinte aber: ''„Ein paar Sekunden länger und die Dosis wäre wahrscheinlich tödlich gewesen.“''<ref name="ReferenceA" /> | ||
== Ausserbetriebnahme == | == Ausserbetriebnahme == | ||
[[ | [[Datei:Godiva-after-scrammed.jpg|mini|Godiva nach dem Kritikalitätsunfall vom 3. Februar 1954.]] | ||
Am 3. Februar 1954 und 12. Februar 1957 ereigneten sich Unfälle mit [[Kritikalität#Prompt überkritisch|prompter Kritikalität]], bei denen glücklicherweise niemand verletzt wurde. Der Reaktor war nach dem zweiten Unfall irreparabel beschädigt und wurde außer Betrieb genommen. Als Ersatz wurde ''Godiva II'' gebaut. Dieser Reaktor | Am 3. Februar 1954 und 12. Februar 1957 ereigneten sich Unfälle mit [[Kritikalität#Prompt überkritisch|prompter Kritikalität]], bei denen glücklicherweise niemand verletzt wurde. Der Reaktor war nach dem zweiten Unfall irreparabel beschädigt und wurde außer Betrieb genommen. Als Ersatz wurde ''Godiva II'' gebaut. Dieser Reaktor war bis mindestens 1961 in Betrieb.<ref name="la">McLaughlin et al. pages 78, 80-83</ref> | ||
== Referenzen == | == Referenzen == | ||
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* {{cite web| url=http://www.fas.org/sgp/othergov/doe/lanl/lib-www/la-pubs/00316018.pdf| format=pdf; 598 kB| title=LA-2569 Neutron tissue dose rate survey for the Godiva II critical assembly| date=May 1961| author=Morris J. Engelke| coauthors=Bemis Jr., Edwin A.; Sayeg, J. A.| publisher=[[Los Alamos Scientific Laboratory]]| accessdate=2008-02-28}} | * {{cite web| url=http://www.fas.org/sgp/othergov/doe/lanl/lib-www/la-pubs/00316018.pdf| format=pdf; 598 kB| title=LA-2569 Neutron tissue dose rate survey for the Godiva II critical assembly| date=May 1961| author=Morris J. Engelke| coauthors=Bemis Jr., Edwin A.; Sayeg, J. A.| publisher=[[Los Alamos Scientific Laboratory]]| accessdate=2008-02-28}} | ||
* {{cite web| url=http://www.llnl.gov/tid/lof/documents/pdf/323286.pdf| format=pdf| title=Test Plan for Godiva Move from LANL TA-18 to NTS DAF| date=2005-08-08| author=Garcia, Manual| publisher=[[Lawrence Livermore National Laboratory]]| accessdate=2008-02-28}} id=UCRL-TR-214269 | * {{cite web| url=http://www.llnl.gov/tid/lof/documents/pdf/323286.pdf| format=pdf| title=Test Plan for Godiva Move from LANL TA-18 to NTS DAF| date=2005-08-08| author=Garcia, Manual| publisher=[[Lawrence Livermore National Laboratory]]| accessdate=2008-02-28}} id=UCRL-TR-214269 | ||
* {{cite web| url= | * {{cite web| url=https://ncsp.llnl.gov/LA13638/reports/059.ref_059.pdf | format=pdf| title=Preoperational Test Experience with the Army Pulse Radiation Facility Reactor| booktitle=Proc. of the National Topical Meeting on Fast Burst Reactors| last=Kazi| first=A.H.| coauthors=Dubyoski, H.G.; Dickinson, R.W| publisher=[[United States Atomic Energy Commission]]| location=[[Albuquerque, NM]]| pages=353–371| year=1969| accessdate=2018-02-01}} | ||
* McLaughlin et al. {{cite web| url=http://www.csirc.net/docs/reports/la-13638.pdf| format=pdf; 3,9 MB| title=A Review of Criticality Accidents / 2000 Revision / LA-13638| date=May 2000| publisher=[[Los Alamos National Laboratory]]| accessdate=2008-02-28| archiveurl=https://web.archive.org/web/20090320023235/http://www.csirc.net/docs/reports/la-13638.pdf| archivedate=2009-03-20}} | * McLaughlin et al. {{cite web| url=http://www.csirc.net/docs/reports/la-13638.pdf| format=pdf; 3,9 MB| title=A Review of Criticality Accidents / 2000 Revision / LA-13638| date=May 2000| publisher=[[Los Alamos National Laboratory]]| accessdate=2008-02-28| archiveurl=https://web.archive.org/web/20090320023235/http://www.csirc.net/docs/reports/la-13638.pdf| archivedate=2009-03-20}} | ||
** LA-13638 covers United States, Russia, United Kingdom, and Japan, and is also available [http://www.orau.org/ptp/Library/accidents/la-13638.pdf here] (PDF; 3,9 MB) and [http://www.csirc.net/library/la_13638.shtml at this page], which also tries to track down documents referenced in the report. | ** LA-13638 covers United States, Russia, United Kingdom, and Japan, and is also available [http://www.orau.org/ptp/Library/accidents/la-13638.pdf here] (PDF; 3,9 MB) and [http://www.csirc.net/library/la_13638.shtml at this page], which also tries to track down documents referenced in the report. | ||
* U.S. Department of Energy. {{cite web| url=http://www.nv.doe.gov/library/factsheets/DOENV_1063.pdf| format=pdf; 2,7 MB| title=Criticality Experiments Facility| date=2005-06-15| publisher=[[National Nuclear Security Administration]] Nevada Site Office| accessdate=2008-02-28}} | * U.S. Department of Energy. {{cite web| url=http://www.nv.doe.gov/library/factsheets/DOENV_1063.pdf| format=pdf; 2,7 MB| title=Criticality Experiments Facility| date=2005-06-15| publisher=[[National Nuclear Security Administration]] Nevada Site Office| accessdate=2008-02-28}} | ||
* {{cite web| url=http://www.osti.gov/scitech/biblio/4268715| title=Radiation effects testing at the Los Alamos Godiva II A facility| author=Zipprich, L.J.| date=1959-04-01| accessdate=2008-02-28}} OSTI ID: 4268715 | * {{cite web| url=http://www.osti.gov/scitech/biblio/4268715| title=Radiation effects testing at the Los Alamos Godiva II A facility| author=Zipprich, L.J.| date=1959-04-01| accessdate=2008-02-28}} OSTI ID: 4268715 | ||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == |
Der Godiva-Apparat (englisch Godiva device, auch: Lady Godiva oder Godiva-Reaktor)[1] war ein nicht abgeschirmter, gepulster Forschungsreaktor[2], der im Los Alamos National Laboratory (LANL) in New Mexico vom April 1952 bis Februar 1957 in Betrieb war. Er wurde in der technischen Abteilung 18 (TA-18) verwendet und zur Erzeugung von kontrollierten Gamma- und Neutronenstrahlungspulsen genutzt. Bestrahlt wurden Testobjekte zwecks Untersuchung der Materialien unter Strahlenbelastung.
Der Name Godiva stammt von dem Physiker Otto Frisch. Er nannte den Reaktor in Anlehnung an die englische Legende von Lady Godiva so, „… weil er nackt und ungeschützt war …“.[3]
Der Reaktorkern war eine Kugel aus metallischem, hochangereichertem Uran von etwa 30 cm Durchmesser.[4] Die Kugel war dreigeteilt und befand sich am oberen Ende eines zwei Meter hohen Metallgerüsts. Zur Erzeugung eines Strahlungspulses wurden zunächst die drei Kugelteile vereinigt und dann ein ebenfalls aus hochangereichertem Uran bestehender Zylinder durch ein Bohrloch fallen gelassen, das durch das Zentrum der Kugel führte. Kugel und Zylinder zusammen ergaben kurzzeitig eine kritische Masse, so dass eine Kernspaltungs-Kettenreaktion einsetzte, die schnell wieder erlosch.[2]
Das Reaktordesign wurde anhand eines Vorgängersystems namens Jemina gewählt. Jemina setzte ferngesteuert mehrere Scheiben angereichertes Uran aufeinander, um eine kritische Masse zu erreichen. Am 18. April 1952 wurde infolge einer Fehlberechnung zu viel Spaltmaterial zusammengesetzt, was zu einem prompt überkritischen Zustand und einer Reaktorschnellabschaltung führte. Die Schnellabschaltungstechnik wurde bei Godiva noch verbessert.[1]
Otto Frisch selber erhielt eine größere Dosis ionisierender Strahlung, als er sich während Wartungsarbeiten im Jahr 1954 für ein paar Sekunden über den Apparat lehnte. Er bemerkte, dass die Kontrolllampen des Neutronendetektors kontinuierlich leuchteten. Frischs Körper reflektierte eine genügend große Menge von Neutronen auf den Reaktor zurück und brachten ihn so in kritischen Zustand. Frisch lehnte sich sofort zurück und entfernte einen Teil des Urans. Er hatte keine Beschwerden, meinte aber: „Ein paar Sekunden länger und die Dosis wäre wahrscheinlich tödlich gewesen.“[3]
Am 3. Februar 1954 und 12. Februar 1957 ereigneten sich Unfälle mit prompter Kritikalität, bei denen glücklicherweise niemand verletzt wurde. Der Reaktor war nach dem zweiten Unfall irreparabel beschädigt und wurde außer Betrieb genommen. Als Ersatz wurde Godiva II gebaut. Dieser Reaktor war bis mindestens 1961 in Betrieb.[1]