Neutronenüberschuss: Unterschied zwischen den Versionen

Neutronenüberschuss: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Neutronenüberschuss''' nennt man in der [[Kernphysik]] die Differenz zwischen [[Neutronenzahl]] ''N'' und [[Protonenzahl]] ''Z'' eines [[Atomkern]]s. Da die [[Massenzahl]] ''A'' gleich ''N + Z'' ist, wird er gleichbedeutend auch als ''A − 2Z'' definiert.<ref>Karl Heinrich Lieser: ''Nuclear and Radiochemistry''. 2nd, revised edition, Wiley-VCH 2001, ISBN 3-527-30317-0, Seite 9</ref> Der Neutronenüberschuss stabiler Atomkerne ist bis auf 15 Ausnahmen größer als Null und steigt mit wachsender Massenzahl ''A''.
'''Neutronenüberschuss''' nennt man in der [[Kernphysik]] die Differenz zwischen [[Neutronenzahl]]&nbsp;''N'' und [[Protonenzahl]]&nbsp;''Z'' eines [[Atomkern]]s:


Gelegentlich bezeichnet man auch die jeweilige Abweichung von der Linie ''N = Z'', die Zahl <math>A/Z-2</math>, als Neutronenüberschuss – besser ist hier die Bezeichnung „''Relativer'' Neutronenüberschuss“.
:<math>NUe = N - Z</math>
[[Datei:Nuklidkarte Banane.png|thumb|300px|Nuklidkarte mit radioaktiven Zerfallsarten: schwarz = stabil, rosa = β−-Zerfall wegen Neutronenüberschusses, blau = EC- oder β+-Zerfall wegen Protonenüberschusses, gelb = α-Zerfall]]


Da für die [[Massenzahl]]&nbsp;''A'' gilt <math>A = N + Z \Leftrightarrow N = A - Z</math>, wird der Neutronenüberschuss gleichbedeutend auch definiert als:<ref>Karl Heinrich Lieser: ''Nuclear and Radiochemistry''. 2nd, revised edition, Wiley-VCH 2001, ISBN 3-527-30317-0, Seite 9</ref>
:<math>\Rightarrow NUe = A - 2Z</math>
Der Neutronenüberschuss stabiler Atomkerne ist bis auf 15&nbsp;Ausnahmen größer als Null und steigt mit wachsender Massenzahl&nbsp;''A''.
Gelegentlich bezeichnet man auch die jeweilige Abweichung von der [[Winkelhalbierende#Winkelhalbierende eines Koordinatensystems|Winkelhalbierenden]] <math>N = Z \Leftrightarrow \frac N Z = 1</math> der Nuklidkarte, nämlich die Zahl <math>\frac{NUe} Z = \frac N Z - 1 = \frac A Z - 2</math>, als Neutronenüberschuss – besser ist hier die Bezeichnung „''Relativer'' Neutronenüberschuss“.
[[Datei:Nuklidkarte Banane.png|mini|300px|Nuklidkarte mit radioaktiven Zerfallsarten:<br />schwarz = stabil,<br />rosa = β−-Zerfall wegen Neutronenüberschusses,<br />blau = EC- oder β+-Zerfall wegen Protonenüberschusses,<br />gelb = [[Alpha-Zerfall]]]]
== Auswirkung auf die Stabilität von Atomkernen ==
Das Bild (eine [[Nuklidkarte]]) zeigt, wie sich das Verhältnis von Neutronen- zu Protonenzahl auf die Stabilität eines Atomkerns auswirkt:
Das Bild (eine [[Nuklidkarte]]) zeigt, wie sich das Verhältnis von Neutronen- zu Protonenzahl auf die Stabilität eines Atomkerns auswirkt:
* Die stabilen, also nicht radioaktiven Nuklide sind als schwarze Felder eingezeichnet. Sie reichen von [[Wasserstoff]] (<sup>1</sup>H) links unten bis zum [[Blei]] (<sup>208</sup>Pb) deutlich vor dem Ende rechts oben. Die Orte dieser Nuklide bilden eine schwach gekrümmte „Banane“ mit mehreren Lücken bei bestimmten Protonen- oder Neutronenzahlen. Beispielsweise gibt es keine stabilen Kerne mit Protonenzahl ''Z''=43 ([[Technetium]]) oder ''Z''=61 ([[Promethium]]).
* Die stabilen, also nicht radioaktiven Nuklide sind als schwarze Felder eingezeichnet. Sie reichen von [[Wasserstoff]]&nbsp;(<sup>1</sup>H) links unten bis zum [[Blei]]&nbsp;(<sup>208</sup>Pb) deutlich vor dem Ende rechts oben. Die Orte dieser Nuklide bilden eine schwach gekrümmte „Banane“ mit mehreren Lücken bei bestimmten Protonen- oder Neutronenzahlen. Beispielsweise gibt es keine stabilen Kerne mit Protonenzahl&nbsp;''Z''=43 ([[Technetium]]) oder&nbsp;''Z''=61 ([[Promethium]]).
* Rechts davon – im violetten Gebiet – findet man die Nuklide mit relativ hohem Neutronenüberschuss. Sie sind radioaktiv, der Überschuss wird meist durch [[Betazerfall#Beta-Zerfall_von_Atomkernen|β<sup>−</sup>-Zerfall]] abgebaut.
* Rechts davon – im violetten Gebiet – findet man die Nuklide mit relativ hohem Neutronenüberschuss. Sie sind [[radioaktiv]], der Überschuss wird meist durch [[Betazerfall#Beta-Zerfall von Atomkernen|β<sup>−</sup>-Zerfall]] abgebaut.
* Links davon – im blauen Gebiet – herrscht Mangel an Neutronen. Auch diese Nuklide sind radioaktiv, sie unterliegen dem β<sup>+</sup>-Zerfall oder dem [[Elektroneneinfang]].
* Links davon – im blauen Gebiet – herrscht Mangel an Neutronen (statt als '''Neutronenmangel''' kann man das auch als '''Protonenüberschuss''' bezeichnen). Auch diese Nuklide sind radioaktiv, sie unterliegen dem β<sup>+</sup>-Zerfall oder dem [[Elektroneneinfang]].
* Enthält der Kern mehr als 82 Protonen, ist er in jedem Fall instabil.
* Enthält der Kern mehr als 82&nbsp;Protonen, so ist er in jedem Fall instabil.
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Neutronenüberschuss-2.png|<span style="color:#FFF; background-color:#D00;">&nbsp;'''Rot'''&nbsp;</span>: Relativer Neutronenüberschuss stabiler [[Nuklid]]e. Er steigt etwa linear mit der Ordnungszahl an.<br><span style="color:#FFF; background-color:#0A7;">&nbsp;'''Grün'''&nbsp;</span>: Relativer Neutronenüberschuss schwererer, radioaktiver, „relativ stabiler“ [[Nuklid]]e. Hier fällt der relative Neutronenüberschuss wieder etwas ab.
Neutronenüberschuss-2.png|<span style="color:#FFFFFF; background:#DD0000;">&nbsp;'''Rot'''&nbsp;</span>: Relativer Neutronenüberschuss stabiler [[Nuklid]]e. Er steigt etwa linear mit der Ordnungszahl an.<br /><span style="color:#FFFFFF; background:#00AA77;">&nbsp;'''Grün'''&nbsp;</span>: Relativer Neutronenüberschuss schwererer, radioaktiver, „relativ stabiler“ Nuklide. Hier fällt der relative Neutronenüberschuss wieder etwas ab.
Neutronenüberschuss-3.png|Gestreckte Darstellung des Bereichs von ''A/Z − 2'' = 0,0 bis 0,7
Neutronenüberschuss-3.png|Gestreckte Darstellung des Bereichs von ''A/Z − 2'' = 0,0 bis 0,7
 
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== Auswirkung bei der Kernspaltung ==
== Auswirkung bei der Kernspaltung ==
Die Massenabhängigkeit des relativen Neutronenüberschusses erklärt, warum [[Spaltprodukt]]e in der Regel [[Betastrahlung|beta-minus-radioaktiv]] sind. Der hohe Neutronenüberschuss eines Kerns wie etwa U-235 findet sich nach der [[Kernspaltung]] in seinen Bruchstücken (den Spalt''fragmenten'') wieder; diese enthalten daher für ihre Kernmasse zu viele Neutronen. Der Überschuss  
Die Massenabhängigkeit des relativen Neutronenüberschusses erklärt, warum [[Spaltprodukt]]e in der Regel [[Betastrahlung|Beta-minus-Strahler]] sind. Der hohe Neutronenüberschuss eines Kerns wie etwa U-235 findet sich nach der [[Kernspaltung]] in seinen Bruchstücken (den Spalt''fragmenten'') wieder; diese enthalten daher für ihre Kernmasse zu viele Neutronen. Der Überschuss wird stufenweise durch drei Prozesse abgebaut:
wird stufenweise nacheinander durch drei Prozesse abgebaut:
* direkte Emission prompter Neutronen innerhalb von 10<sup>−14</sup> Sekunden nach dem Zerfall;
* direkte Emission prompter Neutronen innerhalb von 10<sup>−14</sup> Sekunden nach dem Zerfall;
* verzögerte [[Neutronenemission]] der dann immer noch neutronenreichen Spaltprodukte in Millisekunden bis Sekunden;
* verzögerte [[Neutronenemission]] der dann immer noch neutronenreichen Spaltprodukte in Millisekunden bis Sekunden. Die Existenz dieser [[verzögertes Neutron|verzögerten Neutronen]] ermöglicht überhaupt erst die Steuerbarkeit [[Kritikalität|kritischer]] Kernreaktoren;
* Beta-minus-Zerfälle, also Umwandlung von Neutronen in Protonen.
* Beta-minus-Zerfälle, also Umwandlung von Neutronen in Protonen.


==Einzelnachweis ==
== Extremwerte ==
{{Belege fehlen}}
Den größten absoluten Neutronenüberschuss von bisher hergestellten Isotopen haben Hassium-278 und Darmstadtium-282 mit 62.
 
== Einzelnachweis ==
<references />
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{{SORTIERUNG:Neutronenuberschuss}}
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[[Kategorie:Kernphysik]]
[[Kategorie:Kernphysik]]

Aktuelle Version vom 18. Januar 2022, 05:49 Uhr

Neutronenüberschuss nennt man in der Kernphysik die Differenz zwischen Neutronenzahl N und Protonenzahl Z eines Atomkerns:

$ NUe=N-Z $

Da für die Massenzahl A gilt $ A=N+Z\Leftrightarrow N=A-Z $, wird der Neutronenüberschuss gleichbedeutend auch definiert als:[1]

$ \Rightarrow NUe=A-2Z $

Der Neutronenüberschuss stabiler Atomkerne ist bis auf 15 Ausnahmen größer als Null und steigt mit wachsender Massenzahl A.

Gelegentlich bezeichnet man auch die jeweilige Abweichung von der Winkelhalbierenden $ N=Z\Leftrightarrow {\frac {N}{Z}}=1 $ der Nuklidkarte, nämlich die Zahl $ {\frac {NUe}{Z}}={\frac {N}{Z}}-1={\frac {A}{Z}}-2 $, als Neutronenüberschuss – besser ist hier die Bezeichnung „Relativer Neutronenüberschuss“.

Nuklidkarte mit radioaktiven Zerfallsarten:
schwarz = stabil,
rosa = β−-Zerfall wegen Neutronenüberschusses,
blau = EC- oder β+-Zerfall wegen Protonenüberschusses,
gelb = Alpha-Zerfall

Auswirkung auf die Stabilität von Atomkernen

Das Bild (eine Nuklidkarte) zeigt, wie sich das Verhältnis von Neutronen- zu Protonenzahl auf die Stabilität eines Atomkerns auswirkt:

  • Die stabilen, also nicht radioaktiven Nuklide sind als schwarze Felder eingezeichnet. Sie reichen von Wasserstoff (1H) links unten bis zum Blei (208Pb) deutlich vor dem Ende rechts oben. Die Orte dieser Nuklide bilden eine schwach gekrümmte „Banane“ mit mehreren Lücken bei bestimmten Protonen- oder Neutronenzahlen. Beispielsweise gibt es keine stabilen Kerne mit Protonenzahl Z=43 (Technetium) oder Z=61 (Promethium).
  • Rechts davon – im violetten Gebiet – findet man die Nuklide mit relativ hohem Neutronenüberschuss. Sie sind radioaktiv, der Überschuss wird meist durch β-Zerfall abgebaut.
  • Links davon – im blauen Gebiet – herrscht Mangel an Neutronen (statt als Neutronenmangel kann man das auch als Protonenüberschuss bezeichnen). Auch diese Nuklide sind radioaktiv, sie unterliegen dem β+-Zerfall oder dem Elektroneneinfang.
  • Enthält der Kern mehr als 82 Protonen, so ist er in jedem Fall instabil.

Auswirkung bei der Kernspaltung

Die Massenabhängigkeit des relativen Neutronenüberschusses erklärt, warum Spaltprodukte in der Regel Beta-minus-Strahler sind. Der hohe Neutronenüberschuss eines Kerns wie etwa U-235 findet sich nach der Kernspaltung in seinen Bruchstücken (den Spaltfragmenten) wieder; diese enthalten daher für ihre Kernmasse zu viele Neutronen. Der Überschuss wird stufenweise durch drei Prozesse abgebaut:

  • direkte Emission prompter Neutronen innerhalb von 10−14 Sekunden nach dem Zerfall;
  • verzögerte Neutronenemission der dann immer noch neutronenreichen Spaltprodukte in Millisekunden bis Sekunden. Die Existenz dieser verzögerten Neutronen ermöglicht überhaupt erst die Steuerbarkeit kritischer Kernreaktoren;
  • Beta-minus-Zerfälle, also Umwandlung von Neutronen in Protonen.

Extremwerte

Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst entfernt. Bitte hilf der Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst.

Den größten absoluten Neutronenüberschuss von bisher hergestellten Isotopen haben Hassium-278 und Darmstadtium-282 mit 62.

Einzelnachweis

  1. Karl Heinrich Lieser: Nuclear and Radiochemistry. 2nd, revised edition, Wiley-VCH 2001, ISBN 3-527-30317-0, Seite 9