Schwache Ladung: Unterschied zwischen den Versionen

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{{QS-Physik|Unerledigt=2015}}
Der Begriff der '''schwachen Ladung''' wird in der Literatur uneinheitlich verwendet und bezeichnet je nach Autor
In der [[Teilchenphysik]] werden [[Elementarteilchen]], die an der [[schwache Wechselwirkung|schwachen Wechselwirkung]] teilnehmen, als mit einer '''schwachen [[Ladung (Physik)|Ladung]]''' behaftet angesehen (englisch: ''weak charge'', auch <math>Q_{\text{weak}}</math>). Dies geschieht in Analogie zur [[elektromagnetische Wechselwirkung|elektromagnetischen Wechselwirkung]] ([[elektrische Ladung]]) und zur [[starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]] ([[Farbladung]]).
* die [[schwache Hyperladung]]<ref>{{Literatur|Autor=Peter Watkins|Titel=Story of the W and Z|Auflage=|Verlag=Cambridge University Press|Ort=Cambridge| Datum=1986| ISBN=978-0-521-26801-1| Seiten=54| Online=[https://books.google.de/books?id=J808AAAAIAAJ&pg=PA54 Google Books]}}</ref> <math>Y_W</math>
* den [[Schwacher Isospin|schwachen Isospin]] <math>T</math> oder dessen dritte Komponente<ref>{{Literatur|Autor= Jörn Bleck-Neuhaus|Titel= Elementare Teilchen. Von den Atomen über das Standard-Modell bis zum Higgs-Boson|Auflage= 2|Verlag= Springer|Ort= Berlin Heidelberg|Jahr= 2013|ISBN= 978-3-642-32578-6}}</ref> <math>T_z</math>
* eine der beiden [[Kopplungskonstante]]n <math>g,g'</math> der [[Elektroschwache Wechselwirkung|elektroschwachen Wechselwirkung]], meist <math>g</math><ref>{{Literatur|Autor= Bogdan Povh et al.|Titel= Teilchen und Kerne. Eine Einführung in die physikalischen Konzepte| Auflage = 9|Verlag = Springer| Ort=Berlin Heidelberg|Jahr= 2014|ISBN= 978-3-642-37821-8}}</ref>
* das Produkt <math>T_z \cdot g</math> aus dritter Komponente des schwachen Isospins und der Kopplungskonstante <math>g</math>


==Vergleich mit der elektromagnetischen Wechselwirkung==
Die [[schwache Wechselwirkung]] geht im [[Standardmodell]] aus der elektroschwachen [[Symmetriebrechung]] hervor. Nach dem [[Fabri-Picasso-Theorem]] existieren zu gebrochenen Symmetrien jedoch keine Ladungen.<ref>{{Literatur |Autor=Ian J. R. Aitchison und Anthony J. G. Hey|Titel=Gauge Theories in Particle Physics, Volume 2: Non-Abelian Gauge Theories: QCD and the Electroweak Theory|Auflage=3 |Verlag=Institute of Physics Publishing|Ort=Bristol, Philadelphia|Datum= 2004|ISBN= 0-7503-0950-4|Sprache=en}}</ref>
Der schwache Isospin ist die Ladung der schwachen Wechselwirkung in der ungebrochenen Phase.<ref>{{Literatur |Autor=Lewis H. Ryder|Titel=Quantum Field Theory|Auflage= 2|Verlag=Cambridge University Press|Ort=Cambridge|Datum= 1996|ISBN= 0-521-47242-3|Sprache= en}}</ref>


Anhand eines Vergleichs mit der elektromagnetischen Wechselwirkung wird der Begriff ''schwache Ladung'' anschaulich.
== Einzelnachweise ==
 
Die Ladung der elektromagnetischen Wechselwirkung ist die [[Elementarladung]] ''e''. Alle in der Natur vorkommenden elektrischen Ladungen ''Q'' sind ein ganzzahliges Vielfaches dieser Elementarladung, nur bei den nicht frei vorkommenden [[Quark (Physik)|Quarks]] gibt es Ladungen von (±2/3)''e'' und (±1/3)''e'', bei den hypothetischen [[Leptoquark]]s (±4/3)''e'' ([[X-Boson]]en) und (±1/3)''e'' ([[Y-Boson]]en). Allgemein gilt für die elektrische Ladung
:<math>Q = z \cdot e\ ,</math>
 
wobei ''z'' die dimensionslose Ladungsquantenzahl (auch [[Ladungszahl]]) gerade die Anzahl der Teilchen mit positiver Elementarladung minus die negativer Elementarladung ist. Bei Atomkernen ist ''z'' identisch mit der [[Ordnungszahl|Protonenzahl]] ''Z'' und bei Ionen aus der Differenz der Protonen und Elektronen.
 
Die elektromagnetische Kraft zwischen zwei Elementarteilchen, aber auch zwischen zwei makroskopischen Körpern ist proportional zum Produkt der elektrischen Ladungen:
:<math> F \sim Q_1 \cdot Q_2\ .</math>
 
Bei der ''schwachen Ladung'' liegen nun die Verhältnisse entsprechend: Elementarteilchen können positive oder negative schwache Ladung tragen oder bzgl. der schwachen Wechselwirkung neutral sein. Die aus der schwachen Wechselwirkung resultierende Kraft zwischen ihnen ist proportional zum Produkt der schwachen Ladungen.
 
Allerdings besteht ein gravierender Unterschied hinsichtlich der Reichweite. Da die Wechselwirkungen über virtuelle Eichbosonen vermittelt werden, kann man die beschränkte Reichweite der schwachen Wechselwirkung über die [[Heisenbergsche Unschärferelation]] mit der großen Masse der W und Z-Bosonen (<math>m_Z \approx m_W \approx 1{,}5 \cdot 10^{-25}\,\mathrm{kg}</math>) erklären:
:<math>r = v \Delta t < \hbar / (2 \cdot c \cdot m) = r_C/2 < 1{,}3 \cdot 10^{-18}\,\mathrm{m}</math>
mit der reduzierten [[Compton-Effekt#Compton-Wellenlänge|Compton-Wellenlänge]] r<sub>C</sub>. Die elektromagnetische Wechselwirkung kann dank der masselosen Photonen beliebig kleine Photonenenergien bei entsprechend kleiner Frequenz <math>E_{\gamma} = \nu \hbar > 0</math> haben und hat daher eine unendliche Reichweite:
:<math>r = c \Delta t \le \hbar c/ (2 \cdot E_{\gamma})</math>.
 
==Kopplungen der elektroschwachen Wechselwirkung im Standardmodell==
 
Die [[Kopplungskonstante#Elektroschwache Wechselwirkung|Kopplungsstärke]] ''g'' der schwachen Wechselwirkung ist mit der Elementarladung ''e'' über
 
:<math>e = g \cdot \sin \theta_\mathrm{W}</math>
 
verknüpft; dabei ist ''Θ''<sub>W</sub> der sogenannte [[Weinbergwinkel]], der mit [[CODATA]] 2014 als 28,13° ermittelt wurde, sowie das Quadrat des Sinus mit ''s<sub>w</sub>''² = 0,2223(21). Daraus berechnet sich
:<math>g = e / \sin\theta_W = 3{,}398\cdot 10^{-19}\,\mathrm{C}</math>
 
Die Kopplungen der schwachen Wechselwirkung sind abhängig von der [[Chiralität (Physik)|Chiralität]] (Links- oder Rechtshändigkeit) der beteiligten Teilchen.
 
Die linkshändigen [[Fermion]]en (und rechtshändigen Anti-Fermionen) ordnen sich zu [[Dublett]]s wie z.&nbsp;B. das [[Elektron]] und das zugehörige [[Neutrino]] (e, ν<sub>e</sub>)<sub>L</sub> oder die [[Quark (Physik)|Quarks]] Up und Down (u, d)<sub>L</sub>; genaueres findet sich im Artikel über den '[[Isospin#Erweiterung auf schwachen Isospin|schwachen Isospin]]'.
 
Die rechtshändigen Fermionen (und linkshändigen Anti-Fermionen) treten in Singuletts auf wie z.&nbsp;B. e<sub>R</sub>, ν<sub>e</sub><sub>R</sub>, u<sub>R</sub>, d<sub>R</sub>. Bei ihnen ist der schwache Isospin ''T'' = 0 und damit auch dessen dritte Komponente ''T''<sub>''z''</sub> = 0.
 
Rechtshändige Neutrinos (und linkshändige Antineutrinos) kommen im [[Standardmodell]] nicht vor. Als '[[real neutral particles]]' würden sie nur über ihre Masse wechselwirken; im 'reinen' Standardmodell haben die Neutrinos jedoch auch keine Masse. Die beobachteten [[Neutrinooszillation]]en sind allerdings ein Hinweis, dass Neutrinos doch eine (sehr kleine) Masse haben, was zu Spekulationen über [[Steriles Neutrino|rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos]] Anlass gibt.
 
Die W-Bosonen sind selbst elektrisch geladen und haben einen schwachen Isospin (W<sup>−</sup>: Ladungszahl = −1, T<sub>z</sub> = −1, W<sup>+</sup> umgekehrt). Daher sind die W-Bosonen selbst an der elektromagnetischen wie auch an der schwachen Wechselwirkung beteiligt. Das Z-Boson hat wie das Photon keine Ladung und T<sub>''z''</sub> = 0.
 
Näheres über die Kopplung der [[Eichboson|Austauschbosonen]] der elektroschwachen Wechselwirkung an [[Fermionen]] steht im Artikel [[Weinbergwinkel#Konsequenzen|Weinbergwinkel]]<ref>Kopplungen im Standardmodell, Univ. Heidelberg, 2007, bei [http://www.physi.uni-heidelberg.de/~uwer/lectures/PhysikV/Vorlesung/Kapitel-VIIId.pdf Ulrich Uwer] (PDF; 1,1&nbsp;MB) und
[http://martwo.svpcommunity.de/physics/presentations/neutrino_interactions.pdf Martin Wolf] (PDF; 1,6&nbsp;MB)</ref>
 
===Photonen===
Kopplung der '''[[Photonen]] (Lichtquanten) γ''' an [[Fermionen]] f:
 
:<math>\sim Q_f = z_f \cdot e</math>
 
Das ist der rein elektromagnetische Fall. Die Händigkeit der Fermionen ist hier ohne Belang.
 
===W-Bosonen===
Kopplung der '''[[W-Boson]]en W<sup>±</sup>''' an Fermionen f:
 
:<math>\sim {Q^W}_f = T_z^f \cdot g</math>
 
Dabei ist ''T''<sub>''z''</sub> die dritte Komponente des [[Isospin#Erweiterung auf schwachen Isospin|schwachen Isospins]] ''T'' (oder I<sub>W</sub>). Wegen der formalen Ähnlichkeit kann dieses Produkt als 'schwache Ladung' ''Q''<sup>''W''</sup> bezeichnet werden. Analog zum elektromagnetischen Fall misst ''T''<sub>''z''</sub> die schwache Ladung in Einheiten von ''g'' (Kopplungsstärke oder 'schwache Elementarladung'). Für rechtshändige Fermionen (und linkshändige Anti-Fermionen) ist ''T''<sub>''z''</sub> = 0, d.&nbsp;h. es gibt keine solche Kopplung<ref>
Auf den Spuren der Elementarteilchen, Michael Kobel, IKTP TU Dresden, 2008
[http://iktp.tu-dresden.de/IKTP/pub/08/MC08_MKobel_EinfHEP.pdf PDF] und
[http://iktp.tu-dresden.de/tp/folien/schwache_umeichungen.ppt PowerPoint]</ref><ref>
[http://lukio.pyhajoki.fi/Oppiaineet/Fysiikka/cern2006/exercises/bonn1/de/ww_schwach.htm Was geschieht bei der schwachen Wechselwirkung?]</ref><ref>
[http://www.der-kosmos.de/stringtheorie.htm der-kosmos.de: Die Superstringtheorie, Abschnitt: Nichtvereinbarkeit von Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantentheorie, Wolfgang Brummet]</ref><ref>
[http://www.teilchenphysik.de/sites/site_teilchenphysik/content/e26/e51/e551/e552/infoboxContent556/Folien.ppt Ladungen der vier Urbausteine der Materie] ([[Microsoft PowerPoint|MS PowerPoint]]; 1,1&nbsp;MB)</ref><ref>
Folie: Die schwache Kraft bei [http://www.teilchenphysik.de/sites/site_teilchenphysik/content/e26/e42/e1611/e1612/e1613/infoboxContent2327/herbst01.pdf teilchenphysik.de Herbstakademie, Michael Kobel, 2001] und<br />
[http://www.physik.unizh.ch/lectures/MC2008/Einfuehrung.pdf Univ. Zürich: Teilchenphysik, Christian Kurz, 2008] (PDF; 3,0&nbsp;MB)</ref>
 
Besonders im deutschsprachigen Raum wird dagegen gelegentlich die Kopplungsstärke ''g'' (oder auch ''g'' ' mit ''e'' = ''g'' ' cos ''Θ''<sub>W</sub>) selbst als schwache Ladung bezeichnet.<ref>[http://de.wikibooks.org/wiki/Teilchenphysik:_Teilcheneigenschaften#Schwache_Ladung Wikibooks: Teilchenphysik: Teilcheneigenschaften]</ref><ref>
[http://woerterbuch.babylon.com/Schwache%20Ladung Babylon Wörterbuch]</ref><ref>
Grundlagen der Teilchenphysik, German Hacker & Hilmar Vogel, Solstice, 2003: Lexikon: Schwache Ladung<br />bei
[http://www.wernerschneider.de/grundl_d_tph/lexikonlp.html#schwacheLadung wernerschneider.de],
[http://www.solstice.de/grundl_d_tph/lexikonlp.html#schwacheLadung solstice.de],
[http://hep2.uibk.ac.at/hephy/WYP05_EMC/exercises/erlangen/de/lexikonlp.html#schwacheLadung hep2.uibk.ac.at],
[http://lukio.pyhajoki.fi/Oppiaineet/Fysiikka/cern2006/exercises/erlangen/de/lexikonlp.html#schwacheLadung lukio.pyhajoki.fi],
[http://www.xplora.org/downloads/Knoppix/Teilchenphysik/grundl_d_tph/lexikonlp.html#schwacheLadung xplora.org]</ref>
 
===Z-Bosonen===
Kopplung der '''[[Z-Boson]]en Z<sup>0</sup>''' an Fermionen f:
 
:<math>\sim {Q^Z}_f = g_Z \cdot \frac{g}{\cos \theta_\mathrm{W}} \quad \text{mit} \quad g_Z = T_z^f - z_f \cdot \sin^2 \theta_\mathrm{W}</math>
 
wobei z<sub>f</sub> wieder für die Ladungszahl steht. Für rechtshändige Fermionen (und linkshändige Antifermionen) mit T<sub>z</sub> = 0 vereinfacht sich der obige Ausdruck zu:
 
:<math>g_Z = - z_f \cdot \sin^2 \theta_\mathrm{W}</math>
 
Die schwachen Ladungen ''Q''<sup>Z</sup> setzen sich also aus einem Produkt der Kopplungsstärke ''g''/cos ''θ''<sub>W</sub> und der schwachen Ladungszahl ''T''<sub>''z''</sub> - ''z''<sub>f</sub>sin<sup>2</sup>''θ''<sub>W</sub> zusammen. Dabei wird letztere oft selbst als 'schwache Ladung' bezeichnet. Mit der Abkürzung ''x'' = sin<sup>2</sup>''θ''<sub>W</sub> ist diese für die einzelnen Fermionen:
 
{| class="wikitable"
|-
| (ν<sub>e</sub>, ν<sub>μ</sub>, ν<sub>τ</sub>)<sub>L</sub>
| 1/2
|-
| (e, μ, τ)<sub>L</sub>
| −1/2 + x
|-
| (e, μ, τ)<sub>R</sub>
| x
|-
| (u, c, t)<sub>L</sub>
| 1/2 − 2/3 x
|-
| (d, s, b)<sub>L</sub>
| −1/2 + 1/3 x
|-
| (u, c, t)<sub>R</sub>
| −2/3 x
|-
| (d, s, b)<sub>R</sub>
| 1/3 x
|}
 
Dabei sind e, μ, τ die massiven [[Lepton]]en; ν<sub>e</sub>, ν<sub>μ</sub>, ν<sub>τ</sub> die [[Neutrino]]s; u, c, t die Up-ähnlichen [[Quark (Physik)|Quark]]s (Ladungszahl +2/3); d, s, b die Down-ähnlichen Quarks (Ladungszahl −1/3). Für die Antiteilchen gilt jeweils dasselbe mit vertauschtem Vorzeichen und vertauschter Händigkeit (L,R).
 
==Einzelnachweise==
<references />
<references />
 
[[Kategorie:Teilchenphysik]]
==Weblinks==
[[Kategorie:Quantenfeldtheorie]]
 
[[Kategorie:Schwache Wechselwirkung]]
* [http://www.jlab.org/qweak/ Q-weak: A Precision Test of the Standard Model and Determination of the Weak Charges of the Quarks through Parity-Violating Electron Scattering]
 
[[Kategorie:Teilchenphysik]]  
[[Kategorie:Kernphysik]]

Aktuelle Version vom 3. Mai 2021, 10:10 Uhr

Der Begriff der schwachen Ladung wird in der Literatur uneinheitlich verwendet und bezeichnet je nach Autor

Die schwache Wechselwirkung geht im Standardmodell aus der elektroschwachen Symmetriebrechung hervor. Nach dem Fabri-Picasso-Theorem existieren zu gebrochenen Symmetrien jedoch keine Ladungen.[4] Der schwache Isospin ist die Ladung der schwachen Wechselwirkung in der ungebrochenen Phase.[5]

Einzelnachweise

  1. Peter Watkins: Story of the W and Z. Cambridge University Press, Cambridge 1986, ISBN 978-0-521-26801-1, S. 54 (Google Books).
  2. Jörn Bleck-Neuhaus: Elementare Teilchen. Von den Atomen über das Standard-Modell bis zum Higgs-Boson. 2. Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-32578-6.
  3. Bogdan Povh et al.: Teilchen und Kerne. Eine Einführung in die physikalischen Konzepte. 9. Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-37821-8.