Luminosität: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Luminosität''' <math>L</math> ist ein Begriff aus der [[Beschleunigerphysik|Beschleuniger-]] bzw. der [[Hochenergiephysik]], sie beschreibt die Anzahl der Teilchenbegegnungen pro Zeit und Fläche. Damit wird, neben der Angabe der Kollisionsenergie, die Leistungsfähigkeit eines [[Teilchenbeschleuniger]]s gekennzeichnet.  
Die '''Luminosität''' <math>L</math> ist ein Begriff aus der [[Beschleunigerphysik|Beschleuniger-]] bzw. der [[Hochenergiephysik]]; sie beschreibt die Anzahl der Teilchenbegegnungen pro Fläche und Zeit. Die Luminosität ist eine der wichtigsten Kenngrößen zur Beschreibung der Leistungsfähigkeit eines [[Teilchenbeschleuniger]]s.
 
Luminosität darf nicht mit [[Leuchtkraft]] verwechselt werden; viele anderen Sprachen hingegen haben für beide Begriffe dasselbe Wort (z.&nbsp;B. {{enS|luminosity}}, {{frS|luminosité}}, {{esS|luminosidad}}).


== Anwendung ==
== Anwendung ==
Mit Hilfe der Luminosität kann die zu erwartende Ereignisrate <math>\dot{N}</math> bzw. der differentielle [[Wirkungsquerschnitt]] <math>\frac{d \sigma_\mathrm{p}}{d \Omega}</math> eines Experiments an einem [[Ringbeschleuniger]] mit zwei gegenläufigen Teilchenstrahlen ermittelt werden:
Die Zahl der Streuereignisse pro Zeit <math>\dot{N}</math>, zum Beispiel in einem Detektor um den Kreuzungspunkt von zwei Teilchenstrahlen an einem [[Colliding-Beam-Experiment|Beschleuniger]], ist das Produkt  des [[Wirkungsquerschnitt]]es <math>\sigma</math> mit der Luminosität <math>L</math>.
:<math>\dot N = \frac{{\mathrm d}N}{{\mathrm d}t} = \sigma \cdot L </math>.


:<math>\begin{align}
Beschränkt man sich bei den Ereignissen auf diejenigen in einem Winkelbereich <math>{\mathrm d} \Omega</math>, so gibt entsprechend der differentielle Wirkungsquerschnitt <math>\tfrac{{\mathrm d} \sigma}{{\mathrm d} \Omega}</math> mal der Luminosität die Ereignisrate pro Bereich <math>{\mathrm d} \Omega</math>.
                            \dot N                      & =        \sigma_\mathrm{p} \cdot L\\
:<math>\frac{{\mathrm d}^2N}{{\mathrm d} \Omega {\mathrm d}t} = \frac{{\mathrm d} \sigma}{{\mathrm d} \Omega}\cdot L</math>.
\Leftrightarrow \frac 1 L  \frac{dN}{dt}                  & =        \sigma_\mathrm{p}\\
\Rightarrow    \frac 1 L  \frac{d^2N}{d \Omega \cdot dt} & = \frac{d \sigma_\mathrm{p}}{d \Omega}
\end{align}</math>


Dabei ist die Ereignisrate <math>\dot{N}</math> die Anzahl zu erwartender Ereignisse pro Zeiteinheit in einem [[Teilchendetektor|Detektor]], der in einem Kreuzungspunkt der beiden Teilchenstrahlen im Beschleuniger installiert ist.
Während der Wirkungsquerschnitt unabhängig vom Beschleuniger und Detektor eine physikalische Eigenschaft der miteinander stoßenden Teilchen ist, ist die Luminosität unabhängig von den physikalischen Eigenschaften der Teilchen charakteristisch für den Beschleuniger. Sie hängt von der Zahl der Teilchen in den Teilchenpaketen ab, von ihrer gemeinsamen Schnittfläche, von ihrer Anzahl und von der Häufigkeit, mit der sie kollidieren.


== Definition ==
== Definition ==
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:<math>L = \frac{n \cdot N_1 \cdot N_2 \cdot f}{A}.</math><ref>[[Bogdan Povh]], Klaus Rith, Christoph Scholz, Frank Zetsche: ''Teilchen und Kerne'' („Particles and nuclei“). 5. Aufl. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-36683-6</ref>
:<math>L = \frac{n \cdot N_1 \cdot N_2 \cdot f}{A}.</math><ref>[[Bogdan Povh]], Klaus Rith, Christoph Scholz, Frank Zetsche: ''Teilchen und Kerne'' („Particles and nuclei“). 5. Aufl. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-36683-6</ref>


Die Luminosität hat dieselbe Einheit wie die [[Teilchenstromdichte]], nämlich cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup>. In der Regel haben Strahlen keine gleichförmige Teilchendichte. Wenn die Teilchendichte einer [[Gaußverteilung]] folgt mit den Breiten <math>\sigma_x</math> und <math>\sigma_y</math>, ergibt sich eine Luminosität von  
Die Luminosität hat dieselbe Einheit wie die [[Teilchenstromdichte]], nämlich cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup>. In der Regel haben Strahlen keine gleichförmige Teilchendichte. Wenn die Teilchendichte einer [[Gaußverteilung]] mit den Breiten <math>\sigma_x</math> und <math>\sigma_y</math> folgt, ergibt sich eine Luminosität von


:<math>L = \frac{n \cdot N_1 \cdot N_2 \cdot f}{4 \pi \sigma_x \sigma_y }.</math><ref>{{Internetquelle|url=http://pdg.lbl.gov/2011/reviews/rpp2011-rev-accel-phys-colliders.pdf|titel=ACCELERATOR PHYSICS OF COLLIDERS|autor=D. A. Edwards and M. J. Syphers|hrsg=Particle Data Group|werk=|datum=Juli 2011|sprache=|zugriff=2017-02-13}}</ref>
:<math>L = \frac{n \cdot N_1 \cdot N_2 \cdot f}{4 \pi \sigma_x \sigma_y }.</math><ref>{{Internetquelle|url=http://pdg.lbl.gov/2011/reviews/rpp2011-rev-accel-phys-colliders.pdf|titel=ACCELERATOR PHYSICS OF COLLIDERS|autor=D. A. Edwards and M. J. Syphers|hrsg=Particle Data Group|werk=|datum=Juli 2011|sprache=|zugriff=2017-02-13}}</ref>


Will man einen Prozess möglichst exakt untersuchen, d.&nbsp;h. mit hoher [[Statistische Signifikanz|statistischer Signifikanz]], ist eine hohe Luminosität notwendig. Diese ist von der Struktur des Beschleunigers und der Qualität der Teilchenstrahlen im Beschleuniger abhängig.
Will man einen Prozess möglichst exakt untersuchen, d.&nbsp;h. mit hoher [[Statistische Signifikanz|statistischer Signifikanz]], ist eine hohe Luminosität notwendig. Diese ist von der Struktur des Beschleunigers und der Qualität der Teilchenstrahlen im Beschleuniger abhängig.
== Maßeinheiten ==
Die Luminosität wird üblicherweise in cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup> angegeben.
Für die bei einem Experiment über die Zeit aufsummierte (integrierte) Luminosität <math display="inline">\int L\,\mathrm d t</math> verwendet man oft den Kehrwert der Wirkungsquerschnitts-Einheit [[Barn]], insbesondere inverse Picobarn und inverse Femtobarn:
:<math>\mathrm{1\;pb^{-1}=10^{36}\;cm^{-2}}\,</math>,
:<math>\mathrm{1\;fb^{-1}=10^{39}\;cm^{-2}}\,</math>.


== Rekorde ==
== Rekorde ==
Am Beschleuniger [[Large Hadron Collider|LHC]] wurde eine Luminosität von 1,75·10<sup>34</sup>&nbsp;cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup> erreicht,<ref name="lhclumi">[https://lpc.web.cern.ch/cgi-bin/plots.py Performance plots], abgerufen am 10. Oktober 2017</ref> während am [[Tevatron]] zuletzt Luminositäten von ca. 4·10<sup>32</sup>&nbsp;cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup> erreicht wurden.<ref>fnal.gov: [http://www.fnal.gov/pub/now/tevlum.html Tevatron Luminosity]</ref> Der derzeitige Weltrekord wird vom Elektron/Positron-Beschleuniger [[KEKB]] in Japan gehalten und beträgt 2,11·10<sup>34</sup>&nbsp;cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup> (7. Juni 2009).<ref>Tetsuo Abe et al.: [http://ptep.oxfordjournals.org/content/2013/3/03A001.full.pdf+html ''Achievements of KEKB.''] In: ''Prog. Theor. Exp. Phys.'' 03A001, 2013, S. 1–18, {{DOI|10.1093/ptep/pts102}}.</ref> Allerdings sind die verschiedenen Beschleuniger aufgrund ihrer unterschiedlichen Bauweisen und Art der beschleunigten Teilchen nur schwer vergleichbar: Den Weltrekord bei [[Proton]]en-Beschleunigern hält der LHC.
Am Beschleuniger [[Large Hadron Collider|LHC]] wurde eine Luminosität von 1,75·10<sup>34</sup>&nbsp;cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup> erreicht,<ref name="lhclumi">[https://lpc.web.cern.ch/cgi-bin/plots.py Performance plots], abgerufen am 10. Oktober 2017</ref> während am [[Tevatron]] zuletzt Luminositäten von ca. 4·10<sup>32</sup>&nbsp;cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup> erreicht wurden.<ref>fnal.gov: {{Webarchiv|url=http://www.fnal.gov/pub/now/tevlum.html |wayback=20100323040436 |text=Tevatron Luminosity |archiv-bot=2019-04-28 17:27:24 InternetArchiveBot }}</ref> Der derzeitige Weltrekord wird vom Elektron/Positron-Beschleuniger [[KEKB]] in Japan gehalten und beträgt 2,11·10<sup>34</sup>&nbsp;cm<sup>−2</sup>s<sup>−1</sup> (7. Juni 2009).<ref>Tetsuo Abe et al.: [http://ptep.oxfordjournals.org/content/2013/3/03A001.full.pdf+html ''Achievements of KEKB.''] In: ''Prog. Theor. Exp. Phys.'' 03A001, 2013, S. 1–18, {{DOI|10.1093/ptep/pts102}}.</ref> Allerdings sind die verschiedenen Beschleuniger aufgrund ihrer unterschiedlichen Bauweisen und Art der beschleunigten Teilchen nur schwer vergleichbar: Den Weltrekord bei [[Proton]]en-Beschleunigern hält der LHC.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.weltmaschine.de/news/ask_an_expert/21042011 „Was ist eigentlich Luminosität?“] auf www.weltmaschine.de
* [https://www.weltmaschine.de/neuigkeiten/ask_an_expert/luminositaet/ „Was ist eigentlich Luminosität?“] auf www.weltmaschine.de


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 26. September 2021, 14:32 Uhr

Die Luminosität $ L $ ist ein Begriff aus der Beschleuniger- bzw. der Hochenergiephysik; sie beschreibt die Anzahl der Teilchenbegegnungen pro Fläche und Zeit. Die Luminosität ist eine der wichtigsten Kenngrößen zur Beschreibung der Leistungsfähigkeit eines Teilchenbeschleunigers.

Luminosität darf nicht mit Leuchtkraft verwechselt werden; viele anderen Sprachen hingegen haben für beide Begriffe dasselbe Wort (z. B. englisch luminosity, französisch luminosité, spanisch luminosidad).

Anwendung

Die Zahl der Streuereignisse pro Zeit $ {\dot {N}} $, zum Beispiel in einem Detektor um den Kreuzungspunkt von zwei Teilchenstrahlen an einem Beschleuniger, ist das Produkt des Wirkungsquerschnittes $ \sigma $ mit der Luminosität $ L $.

$ {\dot {N}}={\frac {{\mathrm {d} }N}{{\mathrm {d} }t}}=\sigma \cdot L $.

Beschränkt man sich bei den Ereignissen auf diejenigen in einem Winkelbereich $ {\mathrm {d} }\Omega $, so gibt entsprechend der differentielle Wirkungsquerschnitt $ {\tfrac {{\mathrm {d} }\sigma }{{\mathrm {d} }\Omega }} $ mal der Luminosität die Ereignisrate pro Bereich $ {\mathrm {d} }\Omega $.

$ {\frac {{\mathrm {d} }^{2}N}{{\mathrm {d} }\Omega {\mathrm {d} }t}}={\frac {{\mathrm {d} }\sigma }{{\mathrm {d} }\Omega }}\cdot L $.

Während der Wirkungsquerschnitt unabhängig vom Beschleuniger und Detektor eine physikalische Eigenschaft der miteinander stoßenden Teilchen ist, ist die Luminosität unabhängig von den physikalischen Eigenschaften der Teilchen charakteristisch für den Beschleuniger. Sie hängt von der Zahl der Teilchen in den Teilchenpaketen ab, von ihrer gemeinsamen Schnittfläche, von ihrer Anzahl und von der Häufigkeit, mit der sie kollidieren.

Definition

Die Luminosität eines Speicherrings ergibt sich aus den Anzahlen $ N_{1} $ und $ N_{2} $ der Teilchen in den aufeinandertreffenden Paketen (engl. bunches) und der Anzahl $ n $ der Bunches, die mit der Wiederholfrequenz $ f $ zur Kollision gebracht werden; die Teilchenpakete haben die Querschnittsfläche $ A $:

$ L={\frac {n\cdot N_{1}\cdot N_{2}\cdot f}{A}}. $[1]

Die Luminosität hat dieselbe Einheit wie die Teilchenstromdichte, nämlich cm−2s−1. In der Regel haben Strahlen keine gleichförmige Teilchendichte. Wenn die Teilchendichte einer Gaußverteilung mit den Breiten $ \sigma _{x} $ und $ \sigma _{y} $ folgt, ergibt sich eine Luminosität von

$ L={\frac {n\cdot N_{1}\cdot N_{2}\cdot f}{4\pi \sigma _{x}\sigma _{y}}}. $[2]

Will man einen Prozess möglichst exakt untersuchen, d. h. mit hoher statistischer Signifikanz, ist eine hohe Luminosität notwendig. Diese ist von der Struktur des Beschleunigers und der Qualität der Teilchenstrahlen im Beschleuniger abhängig.

Maßeinheiten

Die Luminosität wird üblicherweise in cm−2s−1 angegeben.

Für die bei einem Experiment über die Zeit aufsummierte (integrierte) Luminosität $ {\textstyle \int L\,\mathrm {d} t} $ verwendet man oft den Kehrwert der Wirkungsquerschnitts-Einheit Barn, insbesondere inverse Picobarn und inverse Femtobarn:

$ \mathrm {1\;pb^{-1}=10^{36}\;cm^{-2}} \, $,
$ \mathrm {1\;fb^{-1}=10^{39}\;cm^{-2}} \, $.

Rekorde

Am Beschleuniger LHC wurde eine Luminosität von 1,75·1034 cm−2s−1 erreicht,[3] während am Tevatron zuletzt Luminositäten von ca. 4·1032 cm−2s−1 erreicht wurden.[4] Der derzeitige Weltrekord wird vom Elektron/Positron-Beschleuniger KEKB in Japan gehalten und beträgt 2,11·1034 cm−2s−1 (7. Juni 2009).[5] Allerdings sind die verschiedenen Beschleuniger aufgrund ihrer unterschiedlichen Bauweisen und Art der beschleunigten Teilchen nur schwer vergleichbar: Den Weltrekord bei Protonen-Beschleunigern hält der LHC.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bogdan Povh, Klaus Rith, Christoph Scholz, Frank Zetsche: Teilchen und Kerne („Particles and nuclei“). 5. Aufl. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-36683-6
  2. D. A. Edwards and M. J. Syphers: ACCELERATOR PHYSICS OF COLLIDERS. Particle Data Group, Juli 2011, abgerufen am 13. Februar 2017.
  3. Performance plots, abgerufen am 10. Oktober 2017
  4. fnal.gov: Tevatron Luminosity (Memento des Originals vom 23. März 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fnal.gov
  5. Tetsuo Abe et al.: Achievements of KEKB. In: Prog. Theor. Exp. Phys. 03A001, 2013, S. 1–18, doi:10.1093/ptep/pts102.