Vibration: Unterschied zwischen den Versionen

Vibration: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Georg Hügler
 
imported>Georg Hügler
 
Zeile 1: Zeile 1:
'''Vibrationen''' sind [[Periode (Physik)|periodische]], meist mittel- bis höher[[Frequenz|frequente]] und nieder[[Amplitude|amplitudige]] [[Schwingung|(mechanische) Schwingungen]] von [[Materie (Physik)|Stoffen]] und [[Körper (Physik)|Körpern]], die entweder selbst [[Elastizität (Physik)|elastisch]] sind oder aus elastisch verbundenen Einzelteilen oder Bausteinen bestehen. Im Gegensatz zum Begriff „[[Schwingung]]“ suggeriert „Vibration“ die unmittelbare [[Auditive Wahrnehmung|Hörbarkeit]] oder [[Haptische Wahrnehmung|Fühlbarkeit]] dieses Vorgangs.<br />
{{Dieser Artikel|behandelt mechanische Schwingungen. Für den Walzer siehe [[Vibrationen (Walzer)]].}}
'''Vibrationen''', auch als '''Erschütterung'''<ref name="ZfI">Frank M. Rauch: [https://www.immissionsschutzdigital.de/Immissionsschutz.04.2017.162 Handlungsbedarf bei tieffrequenten Geräuschen und Erschütterungen?], [[Zeitschrift für Immissionsschutz]] 4/2017</ref> und auf Englisch als '''''chatter''''' bezeichnet, sind [[Periode (Physik)|periodische]] [[Schwingung|(mechanische) Schwingungen]] von [[Materie (Physik)|Stoffen]] und [[Körper (Physik)|Körpern]], die selbst [[Elastizität (Physik)|elastisch]] sind oder aus elastisch verbundenen Einzelteilen bzw. Bausteinen bestehen. Im Gegensatz zum Begriff „[[Schwingung]]“ suggeriert „Vibration“ die unmittelbare [[Auditive Wahrnehmung|Hörbarkeit]] oder [[Haptische Wahrnehmung|Fühlbarkeit]] des Vorgangs.
 
Viele [[Organismus|Organismen]] besitzen [[Rezeptor (Physiologie)|Rezeptoren]], die nicht auf einfache Berührung, wohl aber auf periodische mechanische [[Reiz]]e reagieren (→&nbsp;[[Mechanorezeptoren der Haut]]). Der Übergang vom Fühlen zum Hören ist dabei eher graduell.
Viele [[Organismus|Organismen]] besitzen [[Rezeptor (Physiologie)|Rezeptoren]], die nicht auf einfache Berührung, wohl aber auf periodische mechanische [[Reiz]]e reagieren (→&nbsp;[[Mechanorezeptoren der Haut]]). Der Übergang vom Fühlen zum Hören ist dabei eher graduell.


== Musik, Akustik ==
== Musik, Akustik ==
Bei [[Musikinstrument]]en versteht man unter Vibrationen zunächst das unerwünschte [[Resonanz|Mitschwingen]] von Bauteilen, die dauerhafte [[Störgeräusch]]e produzieren. Hier dienen u. a. [[Filz]]- oder Leder[[Polstern|polster]] zur Eliminierung von Vibrationen.
Bei [[Musikinstrument]]en versteht man unter Vibrationen zunächst die unerwünschte [[Resonanz]] von Bauteilen, die [[Störgeräusch]]e produzieren können. Hier dienen u. a. [[Filz]]- oder Leder[[Polstern|polster]] zur Dämpfung von solchen Effekten. Zu unterscheiden ist davon die gewollte periodisch wiederkehrende, geringfügige Veränderung der [[Tonhöhe]], das [[Vibrato]].


== Wahrnehmung, Sinne, Haut ==
== Wahrnehmung, Sinne, Haut ==
In der [[Sinnesphysiologie]] versteht man unter Vibrationen leichte Erschütterungen, die über spezielle Rezeptoren ([[Vater-Pacini-Körperchen]]) registriert werden. Die [[Pallästhesie|Vibrationswahrnehmung]] ist Teil der [[Haptische Wahrnehmung|haptischen Wahrnehmung]] und wird der [[Taktile Wahrnehmung|Feinwahrnehmung]] (epikritische Sensibilität) zugeordnet.
In der [[Sinnesphysiologie]] versteht man unter Vibrationen leichte Erschütterungen, die über spezielle Rezeptoren ([[Vater-Pacini-Körperchen]]) registriert werden. Die [[Pallästhesie|Vibrationswahrnehmung]] ist Teil der [[Haptische Wahrnehmung|haptischen Wahrnehmung]] und wird der [[Taktile Wahrnehmung|Feinwahrnehmung]] (epikritische Sensibilität) zugeordnet.


In der [[Massage#Klassische Massage|Klassischen Massage]] ist die Vibration einer der dort angewendeten fünf Handgriffe. Die [[Physikalische Therapie]] benutzt höher- und hochfrequente Vibrationen (3 bis 30 Hz)<ref>W. Mauritz, K. Steinbereithner: ''Anfeuchtung des Atemgases, physikalische Therapie.'' In: J. Kilian, H. Benzer, [[Friedrich Wilhelm Ahnefeld|F. W. Ahnefeld]] (Hrsg.): ''Grundzüge der Beatmung.'' Springer, Berlin u.a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Aufl. ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 304–313; hier: S. 310 f.</ref> unter anderem zur Schleimlösung in den Atemwegen.
In der [[Massage#Klassische Massage|Klassischen Massage]] ist die Vibration einer der dort angewendeten fünf Handgriffe. Die [[Physikalische Therapie]] benutzt höher- und hochfrequente Vibrationen (3 bis 30 Hz)<ref>W. Mauritz, Karl Steinbereithner: ''Anfeuchtung des Atemgases, physikalische Therapie.'' In: J. Kilian, H. Benzer, [[Friedrich Wilhelm Ahnefeld|F. W. Ahnefeld]] (Hrsg.): ''Grundzüge der Beatmung.'' Springer, Berlin u.&nbsp;a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Aufl. ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 304–313; hier: S. 310 f.</ref> unter anderem zur Schleimlösung in den Atemwegen.


== Auswirkungen auf den menschlichen Körper ==
== Wirkungen auf den Menschen ==
Je nach Frequenzbereich der Vibration können bei längerer Belastung, beispielsweise beim Arbeiten, zunächst allgemeines Unbehagen und später auch verschiedene Symptome wie zum Beispiel Schmerzen im Unterleib oder Brustkorb sowie Rücken- oder Kopfschmerzen auftreten. Jahrelange Belastung durch Vibrationen können, je nach Einwirkungsort, zu Lendenwirbelsäulen- und Gelenkschäden führen. Des Weiteren können vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen auftreten, vor allem in den Händen.
In der Wahrnehmung des Menschen unterscheiden sich Vibration und Erschütterungen von hörbaren Geräuschen. Demnach lässt sich die Abgrenzung im tieffrequenten Bereich vornehmen. Dabei spielt die untere [[Hörschwelle]] die entscheidende Rolle. Die Wirkung nichthörbarer tieffrequenter Geräusche ([[Infraschall]]) wird zum Beispiel mit speziellen Musikinstrumenten<ref>[http://www.sarahangliss.com/extras/Infrasonic/experiment.htm Infrasonic – haunted music?]</ref> oder Infraschall-Generatoren untersucht.<ref>[http://www.sarahangliss.com/portfolio/infrasound-the-pipe Making pure infrasound on a Budget]</ref> Im Zusammenhang mit dem [[Lärm]] von [[Eisenbahn]]en, insbesondere durch den nächtlichen [[Güterverkehr]], ist – zumindest in [[Deutschland]] – eine Zunahme von Beschwerden seitens der Anwohner zu beobachten. Gesetzliche Grenzwerte gibt es jedoch in Deutschland bisher nur beim [[Arbeitsschutz]].<ref name="ZfI" />


Diese Schädigungen gelten als [[Berufskrankheit]]en.
Je nach Frequenzbereich und Stärke der Vibration können bei längerer Belastung, beispielsweise beim Arbeiten, zunächst allgemeines Unbehagen und später auch verschiedene Symptome wie zum Beispiel Schmerzen im Unterleib oder Brustkorb sowie Rücken- oder Kopfschmerzen auftreten. Jahrelange Belastung durch Vibrationen können, je nach Einwirkungsort, zu Lendenwirbelsäulen- und Gelenkschäden führen. Des Weiteren können vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen auftreten, vor allem in den Händen ''(siehe [[Vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom]])''. Diese Schädigungen gelten seit 1993 als [[Berufskrankheit]]en.<ref>[[VDI-Richtlinie]] 2057 Blatt 1, Ausgabe September 2002, Seite 3</ref>


== Auswirkungen auf physikalische Körper ==
== Auswirkungen auf physikalische Körper ==
Je nach Frequenzbereich der Vibration können bei längerem Auftreten von mechanischen Schwingungen (= beständige Vibration) [[Materialermüdung]]en auftreten. Dies erfolgt meist durch interkristalline (entlang der [[Korngrenze]]n des [[Gefüge (Werkstoffkunde)|Gefüges]]) Rissbildung in [[Werkstoff]]en unter dem gleichzeitigen Einfluss einer periodisch wechselnden [[Zugspannung]] oder mit überlagerter niederfrequenter Zugschwellspannung. Dieser [[Kausalität|Effekt]] kann durch Anwesenheit eines spezifischen [[Korrosionsmedium]]s verstärkt werden.
Je nach Frequenzbereich der Vibration können bei längerem Auftreten von mechanischen Schwingungen (= beständige Vibration) [[Materialermüdung]]en auftreten. Dies erfolgt meist durch interkristalline (entlang der [[Korngrenze]]n des [[Gefüge (Werkstoffkunde)|Gefüges]]) Rissbildung in [[Werkstoff]]en unter dem gleichzeitigen Einfluss einer periodisch wechselnden [[Zugspannung]] oder mit überlagerter niederfrequenter Zugschwellspannung. Dieser [[Kausalität|Effekt]] kann durch Anwesenheit eines spezifischen [[Korrosionsmedium]]s verstärkt werden. Die Effekte werden daher seit langem untersucht. In der [[VDI-Richtlinie]] 2062 hieß es dazu bereits in den 1970er Jahren: „Unerwünschten Schwingungen und Stoßeinwirkungen begegnet man auf allen technischen Gebieten, insbesondere der Maschinen- und Elektroindustrie, der Verkehrs-, der Bau- und Verfahrenstechnik.“<ref>VDI-Richtlinie 2062, Blatt 1 ''Entwurf'', VDI-Gesellschaft Konstruktion und Entwicklung, Juli 1974</ref>
 
Auch im Zusammenhang mit auftretenden [[Gebäudesicherheit|Gebäudeschäden]] wird Ursachenforschung betrieben. Die [[Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz]] hat zu dieser Thematik umfangreiche Arbeitshinweise zusammengestellt. Darin wird festgestellt: „Eine für Anlagenbetreiber und Überwachungsbehörden gleichermaßen bundesweit rechtsverbindliche Klärung der Frage, wann Erschütterungsimmissionen auf bauliche Anlagen und auf Menschen in Gebäuden als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, existiert nicht.“<ref>[https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/laerm/gesetze/erschueterungen/LAI_Hinweise_Messung_Erschuetterungsimmissionen.pdf Hinweise zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen (Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10. Mai 2000)], veröffentlicht auf der Internetseite des [[Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie|Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie]], abgerufen am 7. November 2018</ref> Oft kann aber die subjektive Wahrnehmung von Betroffenen nicht durch Messungen bestätigt werden. Eine Untersuchung des [[Landesamt für Geologie und Bergbau|Landesamtes für Geologie und Bergbau]] in Rheinland-Pfalz, die im Jahr 2013 durchgeführt wurde, hatte folgendes Ergebnis: „Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen verkehrsbedingten Erschütterungen und Massenbewegungen (Steinschläge und Felsstürze) am Mittelrhein kann auf der Basis der vorliegenden Messergebnisse und Untersuchungen nicht hergestellt werden.“*<ref>[https://www.lgb-rlp.de/fachthemendesamtes/projekte/projektliste/bahnbedingte-erschuetterungen-im-mittelrheintal.html Bahnbedingte Erschütterungen im Mittelrheintal] – Internetseite des [[Landesamt für Geologie und Bergbau|Landesamtes für Geologie und Bergbau]], Rheinland-Pfalz, abgerufen am 7. November 2018</ref>


== Vibrationsverminderung ==
== Vibrationsverminderung ==
Die Maßnahmen zur Vibrationsbekämpfung unterscheiden sich grundsätzlich von denen der [[Lärmbekämpfung]]. Vibrationen besitzen zwar häufig ähnliche Ursachen und können oft auch Lärm verursachen, besitzen aber völlig unterschiedliche Verbreitungswege. Der Schall einer Störquelle breitet sich direkt durch die Luft aus, die Erschütterungen oder Vibrationen hingegen durch den Untergrund. Dementsprechend werden Vibrationen für den Menschen dann hörbar, wenn Bauteile (Decken, Wände) im hörbaren Frequenzbereich sekundär Schall abstrahlen. Da der Sekundärschall primäre Schallschutzmaßnahmen wie Lärmschutzwände oder Schallschutzfenster wortwörtlich unterläuft, sind für diese Immissionen (Vibration, Sekundärschall) dieselben Schutzmaßnahmen erforderlich. Am wirkungsvollsten sind dabei Maßnahmen auf der Seite der Quelle (Maschinenfundament, Gleis etc.).
Die Maßnahmen zur Vibrationsbekämpfung unterscheiden sich grundsätzlich von denen der [[Lärmbekämpfung]]. Vibrationen besitzen zwar häufig ähnliche Ursachen und können oft auch Lärm verursachen, besitzen aber unterschiedliche Verbreitungswege. Der Schall breitet sich zunächst direkt durch die Luft aus, die Erschütterungen oder Vibrationen hingegen durch festes Material. Vibrationen können für den Menschen hörbar werden, wenn zum Beispiel Bauteile (Decken, Wände) im hörbaren Frequenzbereich sekundär Luftschall abstrahlen. Da der Sekundärschall passive Schallschutzmaßnahmen wie Lärmschutzwände oder Schallschutzfenster teilweise unterläuft, sind für diese Immissionen (Vibration, Sekundärschall) Schutzmaßnahmen an der Quelle (Emission) wirkungsvoller. Maßnahmen an der Quelle richten sich dabei auf Maschinenfundamente, Bahngleise usw.


Zur Beurteilung von Erschütterungs- und Sekundärschallimmissionen dienen beispielsweise die ÖNORM S 9012 in Österreich oder die BEKS in der Schweiz und in Liechtenstein. In Deutschland werden die Vibrationen nach DIN 4150-2 beurteilt. Für Sekundärschallimmissionen besteht keine normative Regelung.
Zur Beurteilung von Erschütterungs- und Sekundärschallimmissionen dienen beispielsweise die ÖNORM S 9012 in Österreich oder die BEKS in der Schweiz und in Liechtenstein. In Deutschland enthält das
''VDI-Handbuch Schwingungstechnik''<ref>{{Internetquelle
|autor= |url=https://www.vdi.de/nc/richtlinie/vdi_handbuch_schwingungstechnik-vdi_handbuch_schwingungstechnik-handbook%3A89700
|titel=VDI-Handbuch Schwingungstechnik
|hrsg=[[Verein Deutscher Ingenieure]]
|zugriff=2018-12-18}}
</ref> umfangreiche Beschreibungen und Empfehlungen. Schwingungen an und in Bauwerken werden nach Maßgabe der [[DIN]]-Reihe 4150 ermittelt und beurteilt; diese Reihe enthält auch Vorgaben zur Minderung.  


Um das Arbeiten in einer Umgebung mit Vibrationen so erträglich wie möglich zu gestalten, sollte bei der Arbeitsplatzgestaltung auf folgende Dinge geachtet werden:
Um das Arbeiten in einer Umgebung mit Vibrationen so erträglich wie möglich zu gestalten, sollte bei der Arbeitsplatzgestaltung auf folgende Dinge geachtet werden:
Zeile 34: Zeile 44:
* [[Vibrationstraining]]
* [[Vibrationstraining]]
* [[Vibrationssonde]]
* [[Vibrationssonde]]
* [[Antischall]], ''Gegenschall''
* [[Humanschwingung]]en, Vibrationen oder mechanische Schwingungen, die auf den Menschen einwirken
* [[Humanschwingung]]en, Vibrationen oder mechanische Schwingungen, die auf den Menschen einwirken
* [[Vibrationsprüfung]]
* [[Vibrationsprüfung]]

Aktuelle Version vom 16. Mai 2021, 16:47 Uhr

Vibrationen, auch als Erschütterung[1] und auf Englisch als chatter bezeichnet, sind periodische (mechanische) Schwingungen von Stoffen und Körpern, die selbst elastisch sind oder aus elastisch verbundenen Einzelteilen bzw. Bausteinen bestehen. Im Gegensatz zum Begriff „Schwingung“ suggeriert „Vibration“ die unmittelbare Hörbarkeit oder Fühlbarkeit des Vorgangs.

Viele Organismen besitzen Rezeptoren, die nicht auf einfache Berührung, wohl aber auf periodische mechanische Reize reagieren (→ Mechanorezeptoren der Haut). Der Übergang vom Fühlen zum Hören ist dabei eher graduell.

Musik, Akustik

Bei Musikinstrumenten versteht man unter Vibrationen zunächst die unerwünschte Resonanz von Bauteilen, die Störgeräusche produzieren können. Hier dienen u. a. Filz- oder Lederpolster zur Dämpfung von solchen Effekten. Zu unterscheiden ist davon die gewollte periodisch wiederkehrende, geringfügige Veränderung der Tonhöhe, das Vibrato.

Wahrnehmung, Sinne, Haut

In der Sinnesphysiologie versteht man unter Vibrationen leichte Erschütterungen, die über spezielle Rezeptoren (Vater-Pacini-Körperchen) registriert werden. Die Vibrationswahrnehmung ist Teil der haptischen Wahrnehmung und wird der Feinwahrnehmung (epikritische Sensibilität) zugeordnet.

In der Klassischen Massage ist die Vibration einer der dort angewendeten fünf Handgriffe. Die Physikalische Therapie benutzt höher- und hochfrequente Vibrationen (3 bis 30 Hz)[2] unter anderem zur Schleimlösung in den Atemwegen.

Wirkungen auf den Menschen

In der Wahrnehmung des Menschen unterscheiden sich Vibration und Erschütterungen von hörbaren Geräuschen. Demnach lässt sich die Abgrenzung im tieffrequenten Bereich vornehmen. Dabei spielt die untere Hörschwelle die entscheidende Rolle. Die Wirkung nichthörbarer tieffrequenter Geräusche (Infraschall) wird zum Beispiel mit speziellen Musikinstrumenten[3] oder Infraschall-Generatoren untersucht.[4] Im Zusammenhang mit dem Lärm von Eisenbahnen, insbesondere durch den nächtlichen Güterverkehr, ist – zumindest in Deutschland – eine Zunahme von Beschwerden seitens der Anwohner zu beobachten. Gesetzliche Grenzwerte gibt es jedoch in Deutschland bisher nur beim Arbeitsschutz.[1]

Je nach Frequenzbereich und Stärke der Vibration können bei längerer Belastung, beispielsweise beim Arbeiten, zunächst allgemeines Unbehagen und später auch verschiedene Symptome wie zum Beispiel Schmerzen im Unterleib oder Brustkorb sowie Rücken- oder Kopfschmerzen auftreten. Jahrelange Belastung durch Vibrationen können, je nach Einwirkungsort, zu Lendenwirbelsäulen- und Gelenkschäden führen. Des Weiteren können vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen auftreten, vor allem in den Händen (siehe Vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom). Diese Schädigungen gelten seit 1993 als Berufskrankheiten.[5]

Auswirkungen auf physikalische Körper

Je nach Frequenzbereich der Vibration können bei längerem Auftreten von mechanischen Schwingungen (= beständige Vibration) Materialermüdungen auftreten. Dies erfolgt meist durch interkristalline (entlang der Korngrenzen des Gefüges) Rissbildung in Werkstoffen unter dem gleichzeitigen Einfluss einer periodisch wechselnden Zugspannung oder mit überlagerter niederfrequenter Zugschwellspannung. Dieser Effekt kann durch Anwesenheit eines spezifischen Korrosionsmediums verstärkt werden. Die Effekte werden daher seit langem untersucht. In der VDI-Richtlinie 2062 hieß es dazu bereits in den 1970er Jahren: „Unerwünschten Schwingungen und Stoßeinwirkungen begegnet man auf allen technischen Gebieten, insbesondere der Maschinen- und Elektroindustrie, der Verkehrs-, der Bau- und Verfahrenstechnik.“[6]

Auch im Zusammenhang mit auftretenden Gebäudeschäden wird Ursachenforschung betrieben. Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz hat zu dieser Thematik umfangreiche Arbeitshinweise zusammengestellt. Darin wird festgestellt: „Eine für Anlagenbetreiber und Überwachungsbehörden gleichermaßen bundesweit rechtsverbindliche Klärung der Frage, wann Erschütterungsimmissionen auf bauliche Anlagen und auf Menschen in Gebäuden als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, existiert nicht.“[7] Oft kann aber die subjektive Wahrnehmung von Betroffenen nicht durch Messungen bestätigt werden. Eine Untersuchung des Landesamtes für Geologie und Bergbau in Rheinland-Pfalz, die im Jahr 2013 durchgeführt wurde, hatte folgendes Ergebnis: „Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen verkehrsbedingten Erschütterungen und Massenbewegungen (Steinschläge und Felsstürze) am Mittelrhein kann auf der Basis der vorliegenden Messergebnisse und Untersuchungen nicht hergestellt werden.“*[8]

Vibrationsverminderung

Die Maßnahmen zur Vibrationsbekämpfung unterscheiden sich grundsätzlich von denen der Lärmbekämpfung. Vibrationen besitzen zwar häufig ähnliche Ursachen und können oft auch Lärm verursachen, besitzen aber unterschiedliche Verbreitungswege. Der Schall breitet sich zunächst direkt durch die Luft aus, die Erschütterungen oder Vibrationen hingegen durch festes Material. Vibrationen können für den Menschen hörbar werden, wenn zum Beispiel Bauteile (Decken, Wände) im hörbaren Frequenzbereich sekundär Luftschall abstrahlen. Da der Sekundärschall passive Schallschutzmaßnahmen wie Lärmschutzwände oder Schallschutzfenster teilweise unterläuft, sind für diese Immissionen (Vibration, Sekundärschall) Schutzmaßnahmen an der Quelle (Emission) wirkungsvoller. Maßnahmen an der Quelle richten sich dabei auf Maschinenfundamente, Bahngleise usw.

Zur Beurteilung von Erschütterungs- und Sekundärschallimmissionen dienen beispielsweise die ÖNORM S 9012 in Österreich oder die BEKS in der Schweiz und in Liechtenstein. In Deutschland enthält das VDI-Handbuch Schwingungstechnik[9] umfangreiche Beschreibungen und Empfehlungen. Schwingungen an und in Bauwerken werden nach Maßgabe der DIN-Reihe 4150 ermittelt und beurteilt; diese Reihe enthält auch Vorgaben zur Minderung.

Um das Arbeiten in einer Umgebung mit Vibrationen so erträglich wie möglich zu gestalten, sollte bei der Arbeitsplatzgestaltung auf folgende Dinge geachtet werden: Nach Möglichkeit sollten drehende statt oszillierende Maschinenteile verwendet werden. Riementriebe sind Kettentrieben vorzuziehen. Bohren verursacht weniger Vibrationen als Stanzen, Hämmern oder Rammen. Ein Elektroantrieb läuft wesentlich vibrationsärmer als ein Verbrennungsmotor.

Außerdem kann der Arbeitsplatz auch durch Schwingungsisolation hinter der Vibrationsquelle geschützt werden. Hierbei wird zwischen aktiver (Vibrationserreger wird isoliert) und passiver (zu schützender Arbeitsbereich wird isoliert) Isolation unterschieden.

Nationale Arbeitsschutzverordnungen, die vibrationsbedingte Schädigungen vermeiden sollen, bilden die rechtliche Grundlage für Maßnahmen zur Vibrationsverminderung. In Deutschland ist dies beispielsweise die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom März 2007.

Siehe auch

  • Rauschen (Physik)
  • Vibrationstraining
  • Vibrationssonde
  • Humanschwingungen, Vibrationen oder mechanische Schwingungen, die auf den Menschen einwirken
  • Vibrationsprüfung
  • Beschleunigungs-Logger, für Vibrationsmessungen

Literatur

Weblinks

Commons: Vibration – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Vibration – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Erschütterung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Frank M. Rauch: Handlungsbedarf bei tieffrequenten Geräuschen und Erschütterungen?, Zeitschrift für Immissionsschutz 4/2017
  2. W. Mauritz, Karl Steinbereithner: Anfeuchtung des Atemgases, physikalische Therapie. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Aufl. ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 304–313; hier: S. 310 f.
  3. Infrasonic – haunted music?
  4. Making pure infrasound on a Budget
  5. VDI-Richtlinie 2057 Blatt 1, Ausgabe September 2002, Seite 3
  6. VDI-Richtlinie 2062, Blatt 1 Entwurf, VDI-Gesellschaft Konstruktion und Entwicklung, Juli 1974
  7. Hinweise zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen (Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10. Mai 2000), veröffentlicht auf der Internetseite des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie, abgerufen am 7. November 2018
  8. Bahnbedingte Erschütterungen im Mittelrheintal – Internetseite des Landesamtes für Geologie und Bergbau, Rheinland-Pfalz, abgerufen am 7. November 2018
  9. VDI-Handbuch Schwingungstechnik. Verein Deutscher Ingenieure, abgerufen am 18. Dezember 2018.