Auguste Piccard

Auguste Piccard

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Auguste Piccard, Ausschnitt aus dem Gruppenfoto der legendären 5. Solvay-Konferenz 1927

Auguste Piccard (* 28. Januar 1884 in Basel; † 24. März 1962 in Lausanne) war ein Schweizer Wissenschaftler, Physiker (Experimentalphysik) und Erfinder. Er ist der Zwillingsbruder des Chemikers Jean-Felix Piccard und Vater von Jacques Piccard. Bertrand Piccard ist sein Enkel.

Leben

Auguste Piccard (im Trapez rechts) mit seinem Bruder Jean (links) als HD-Soldaten der Schweizer Ballontruppe, 1914–1918

Piccard legte 1910 sein Diplom als Maschinenbauingenieur am Polytechnikum in Zürich (der späteren ETH) ab, 1913 folgte die Promotion. 1915 wurde Piccard Privatdozent, 1917 erhielt er eine Professur für Mechanik und ab 1920 für Physik an der ETH. 1922 erfolgte der Ruf an die Universität Brüssel, wo Piccard bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1954 lehrte. Neben seinen bahnbrechenden Stratosphärenexperimenten beschäftigte sich Piccard auch mit Atomphysik. Er sagte 1917 die Existenz eines dritten Uran-Isotops voraus, welches er Actinuran nannte.[1] Dieses wurde 1937 von Arthur Jeffrey Dempster entdeckt und als Uran-235 identifiziert.[2] Unter anderem konstruierte Piccard den damals genauesten Seismographen.

Stratosphärenforschung

Kapsel zur Stratosphärenforschung, 1930
„Piccards Tauchkugel“, Illustration von Theo Matejko, 1937

Von Augsburg aus gestartet, stellten Piccard und sein Assistent Paul Kipfer am 27. Mai 1931 an Bord des FNRS-1 einen Ballon-Höhenrekord von 15.785 m auf.

Eine wichtige Motivation für Piccards Aufstiege in die obere Atmosphäre war die Möglichkeit, dort kosmische Höhenstrahlung zu messen. Piccard wollte damit experimentelle Beweise für die Theorien seines Freundes Albert Einstein sammeln. Einstein hatte wie Piccard an der ETH studiert. Sie trafen sich auf der legendären 5. Solvay-Konferenz 1927, die alle damals bedeutenden Physiker der Relativitätstheorie, Atom- und Quantenphysik vereinte. Die Ballonflüge von Piccard wurden theoretisch in Zusammenarbeit mit Albert Einstein vorbereitet, und konnten tatsächlich einen Teil der speziellen Relativitätstheorie erfolgreich experimentell beweisen.[3][4]

Am 18. August 1932 stieg Auguste Piccard mit dem belgischen Physiker Max Cosyns (1906–1998) zum zweiten Mal mit einem Gasballon auf, diesmal von Dübendorf in der Schweiz aus. Sie stellten mit 16.940 Metern (geometrische Messung, barometrisch 16.201 Meter) einen neuen Weltrekord auf, der später auf 23.000 m erhöht wurde.[5]

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte er den Bathyskaph (FNRS-2 und Trieste), ein Typ des Unterseeboots zur Erforschung der Tiefsee. Am 30. September 1953 stellte Piccard mit der Trieste einen neuen Rekord auf, als er im Tyrrhenischen Meer, begleitet von seinem Sohn Jacques Piccard, auf eine Tiefe von 3.150 Metern tauchte. Das Ziel dieses Tauchgangs war die Erforschung des Tiefseelebens.

Eponyme

Nach Piccard ist das Mesoskaph Auguste Piccard (PX-8) benannt, das bei der Schweizerischen Landesausstellung 1964 in Lausanne mit Touristen im Genfersee tauchte.

Ebenso wurde 2002 der Asteroid (43806) Augustepiccard und die Bucht Piccard Cove in der Antarktis nach ihm benannt.

Piccard als literarische Figur

Auguste Piccard ist die Inspiration für die Figur Professor Bienlein (franz. Prof. Tournesol, engl. Prof. Calculus) im Comic Tim und Struppi. Dessen Zeichner Hergé hatte als Schüler Piccard in Brüssel kennengelernt, wo den Schweizer Professor mit seiner eindrucksvollen Körpergrösse und seinem auffälligen Aussehen (wirres Haar, steifer Kragen) jedes Kind kannte. Während der fiktive Professor Bienlein mit einer selbstgebauten Nuklearrakete zum Mond geflogen ist, hat der echte Piccard noch kurz vor seinem Tode Wernher von Brauns Pläne zum Mondflug als „gefährliche Utopie“ bezeichnet.[4] Möglicherweise geht auch Adrian Leverkühns Erzählung über eine Unterwasserexpedition im Doktor Faustus auf Berichte über Piccards Experimente zurück.

Piccards Stratosphärenflug von 1931, der mit einer Notlandung am Gurgler Ferner endete, ist das Thema von Norbert Gstreins Novelle O2 aus dem Jahr 1993.

Schriften

  • Auguste Piccard: Über den Wolken, unter den Wellen. Brockhaus, 1954.

Literatur

  • Susanne Dieminger, Roland Jeanneret: Piccard: Pioniere ohne Grenzen. Mit einem Vorwort von Richard Branson, Weltbild, Olten 2014, ISBN 978-3-03812-517-4.

Weblinks

Commons: Auguste Piccard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. A. Hermann: Das Mutterisotop der Kernspaltung 235U — 50 Jahre. In: Isotopenpraxis Isotopes in Environmental and Health Studies. Band 21, Nr. 7, 1985, S. 237–240, doi:10.1080/10256018508623501.
  2. The Explorer Gene: How Three Generations of One Family Went Higher, Deeper ... – Tom Cheshire – Google Books. In: books.google.c. Abgerufen am 3. April 2014.
  3. H. Voelkle: Die kosmische Höhenstrahlung. Bull. Soc. Frib. Sc. Nat. Vol. 100 (2010) S. 1 (PDF; 3,4 MB)
  4. 4,0 4,1 Nachruf Piccard: DER SPIEGEL, 14/1962
  5. Dr. Erich Tilgenkamp: Reisen in ungewöhnliche Räume. Eine autorisierte Biographie. Verlag neues Leben, Berlin 1956.