Flammpunkt

Flammpunkt

Version vom 19. Oktober 2017, 00:26 Uhr von imported>Steffen 962 (→‎Druck- und Konzentrationsabhängigkeit des Flammpunkts)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Der Flammpunkt eines Stoffes ist nach DIN V 14011 die niedrigste Temperatur, bei der sich über einem Stoff ein zündfähiges Dampf-Luft-Gemisch bilden kann.[1]

Weitere Details

Durch den Dampfdruck von Flüssigkeiten verdunstet auch unterhalb des Siedepunktes ein Teil der Flüssigkeit. Der Dampfdruck steigt mit der Flüssigkeitstemperatur, d. h. je höher die Temperatur der Flüssigkeit ist, desto mehr der Flüssigkeit geht durch Verdunsten in den Gaszustand über. Die gasförmigen Teile der Flüssigkeit reichern sich im Raum über der Flüssigkeitsoberfläche an und bilden dort ein Dampf/Luft-Gemisch. Überschreitet die Dampfkonzentration die untere Zündgrenze, so kann dieses Gemisch durch eine geeignete Zündquelle entzündet werden. Schon eine Beimischung von wenigen Prozenten einer Flüssigkeit mit niedrigem Flammpunkt zu einer Flüssigkeit mit hohem bzw. keinem Flammpunkt kann eine Mischung mit niedrigem Flammpunkt ergeben.[1] Der Verbrennungsvorgang stoppt in der Regel kurze Zeit nach der Zündung wieder, da bei dieser Temperatur noch nicht genügend brennbare Dämpfe entstehen, um die Verbrennung aufrechtzuerhalten.[2] Ist das Volumen des Gemisches groß genug, kann es explodieren. Unterhalb des Flammpunktes kann sich die Flammfront nicht von der Zündquelle weg ausbreiten, da die Wärme aus der Oxidation nicht ausreicht, um das Gemisch auf die zur Verbrennung nötige Temperatur aufzuheizen. Eine brennbare Flüssigkeit mit einem Flammpunkt, der im Bereich oder unterhalb der Normaltemperatur von etwa 20 °C liegt, ist am gefährlichsten, weil sie jederzeit ohne weitere Wärmezufuhr schon mit einem Funken gezündet werden kann. Bei brennbaren Flüssigkeiten, die wasserlöslich sind (z.B. Alkohol), ist der Flammpunkt abhängig von der Konzentration der Flüssigkeit. Das Verdünnen mit Wasser führt zur Heraufsetzung des Flammpunktes.[3] Literaturwerte für Flammpunkte gelten allgemein für einen Luftdruck von 1013 mbar. Bei höherem Druck steigt zwar der Dampfdruck geringfügig,[4] der Flammpunkt erhöht sich jedoch, weil der brennbare Dampf durch mehr Luftmoleküle „verdünnt“ wird.

Die Zündquelle (z. B. elektrostatischer Funke oder Flamme) muss eine Mindestzündenergie erzeugen (z. B. für Methan 0,2 mJ)[1] und die Atmosphäre muss einen Mindestgehalt an Sauerstoff aufweisen (z. B. für Bisphenol A 2,0 Vol.-%).

Zur Aufrechterhaltung der Verbrennung muss zusätzlich zumindest die Verdampfungswärme aufgebracht werden (Viele Stoffe befinden sich an ihrem Flammpunkt bereits im flüssigen Aggregatzustand, andere sind fest und sublimieren, manche sind am Flammpunkt nicht stabil, sodass der Dampf Zersetzungsprodukte enthält). Die dazu nötige, höhere Dampfkonzentration entsteht bei einer um wenige Grad höheren Temperatur, dem Brennpunkt. Vom Flamm- und Brennpunkt zu unterscheiden ist die Zündtemperatur, bei der eine Zündquelle nicht mehr nötig ist.

Brandversuch

Dieselkraftstoff oder Heizöl mit einem Flammpunkt von etwa 55 °C lassen sich bei Raumtemperatur mit einem Streichholz nicht entflammen. Wird jedoch das Streichholz lange genug an die Flüssigkeit gehalten, steigt lokal die Temperatur an der Flüssigkeitsoberfläche, wodurch der Flammpunkt erreicht und damit die Flüssigkeit lokal entflammt wird. Von hier breitet sich die Flamme dann kreisförmig auf der Oberfläche aus.[5]

Flammpunktbestimmung

Automatischer Flammpunktprüfer nach der Pensky-Martens-Methode mit integrierter Feuerlöscheinrichtung

Der Flammpunkt ist ausschlaggebend bei der Einstufung und Klassifizierung als Gefahrstoff bzw. nach der BetrSichV.[3]

Es gibt verschiedene standardisierte Apparaturen, um den Flammpunkt einer Flüssigkeit zu bestimmen:[6]

  • Methode nach Pensky-Martens (> 50 °C; DIN 51758, EN 22719, aktuell Standardapparatur)
  • Methode nach Abel-Pensky (< 50 °C; DIN 51755, geschlossener Tiegel = c. c. closed cup)
  • Methode nach Cleveland (DIN 51376, offener Tiegel = open cup)
  • Methode nach Marcusson (DIN 51584, offener Tiegel, veraltete Methode von 1959)

Generell liefern Closed-cup-Methoden niedrigere Flammpunkte als die veralteten Open-cup-Methoden.[7] Letztere dienten in Abwandlungen zur Bestimmung des heute nicht mehr gebräuchlichen Brennpunkts.

Gemische brennbarer Stoffe

In Gemischen bestimmt der Dampfdruck der am niedrigsten siedenden Substanz den Flammpunkt des Gemischs.[1]

  • Dem Ottokraftstoff (Benzin) sind neuerdings leichtsiedende Ether (Methyl-tert-butylether, Ethyl-tert-butylether) beigemischt, die seinen Flammpunkt und auch seine Zündtemperatur senken.
  • Hefeweizenbier (= 5 Vol.-% Ethanol in Wasser) hat einen Flammpunkt von 81 °C; d. h. 5-prozentiges Ethanol entwickelt bei 81 °C die zur Zündung notwendige Konzentration an brennbaren Dämpfen von 3,5 % (= Untere Explosionsgrenze).

Das lässt sich mit dem Raoultschen Gesetz über die Partialdampfdrücke von Wasser und Ethanol auch errechnen.

Beispiele

Hinweis: 1,0 Vol.-% entspricht 10.000 ppm

Substanz Siedepunkt Flammpunkt Untere
Explosions-
grenze
Obere
Explosions-
grenze
Zünd
temperatur
[°C] [°C] [Vol.-%] [Vol.-%] [°C]
Wasserstoff 00–253 000004 000077 000560
Methan (Erdgas) 00–162 000004,4 000016,5 000595
Ethan 000–89 000-135 000003 000012,4 000515
Acetylen 000–84 000002,3 000082 000305
Propan 000–42 000001,7 000010,9 000470
Butan 000000 000001,4 000009,3 000365
Acetaldehyd 000020 000-30 000004 000057 000155
n-Pentan 000036 000-35 000001,4 000008,0 000285
Diethylether 000036 000-40 000001,7 000036 000160
Schwefelkohlenstoff 000046 000-30 000001,0 000060 000102
Propionaldehyd 000047 000-40 000002,3 000021 000175
Methyl-tert-butylether 000055 000-28 000001,6 000008,4 000460
Aceton 000056 000-18 000002,1 000013 000540
Methanol 000065 000011 000005,5 000037 000455
n-Hexan 000069 000-22 000001,0 000008,1 000240
Ethyl-tert-butylether 000071 000-19 000001,2 000007,7
Ethanol (Brennspiritus) 000078 000013 000003,5 000015 000425
Isopropanol 000082 000012 000002 000012 000425
Ethylenglycoldimethylether 000084 … 86 0000-6 000001,6 000010,4 000200
n-Heptan 000098 0000-4 000001,0 000007 000215 = ROZ=0
Isooctan, 2,2,4-Trimethylpentan 000099 000-12 000001,0 000006 000410 = ROZ=100
1,4-Dioxan 000101 000011 000001,7 000025 000300
1-Butanol 000117 000034 000001,4 000011,3 000340
Propylenglycolmonomethylether 000119 … 121 000032 000001,7 000011,5 000270
n-Octan 000126 000012 000000,8 000006,5 000210
Diglykoldimethylether 000155 … 165 000051 000001,4 000017,4 000190
Dipropylenglycoldimethylether 000175 000065 000000,85 000165
Dipropylenglycolmonomethylether 000185 … 195 000080 000001,1 000014 000205
Glycerin 000290 Zers. 000176 000400
Benzin für Kfz. (KW-Gemisch) 000070 … 210 0< -20 000000,6 000008 000200 … 410
Diesel für Kfz. (KW-Gemisch) 000150 … 390 00> 55 000000,6 000006,5 000220 (ca.)
Biodiesel (FS-Methylester) 000300 (ca.) 000180 000250 (ca.)
Jet-A1 Flugturbinentreibstoff 000150 (ca.) 000038 000000,6 000006,5 000220 (ca.)
Rapsöl (FS-Triglycerid) 000350 (ca.) 000230 000300 (ca.)
Feuerzeugbenzin[8] 000113 … 143 000007 000000,7 000006 000380

Die Daten von Rapsöl gelten stellvertretend für alle Speisefette und Speiseöle. Den Flammpunkt von Rapsöl kann man anhand der Beispiele recht zuverlässig auf ca. 230 °C schätzen. Brände am Herd entstehen durch Überschreitung der Zündtemperatur (ca. 300 °C) von Speisefetten oder Ölen.

Druck- und Konzentrationsabhängigkeit des Flammpunkts

Die Daten der Tabelle wurden unter standardisierten Bedingungen mit Reinsubstanzen ermittelt. Bei Verdünnen mit Inertgasen und/oder unter Druck ist es wahrscheinlich, dass sich die Werte für die untere Explosionsgrenze um 20 % (pro 100 °C) verringern und die der oberen Explosionsgrenze um 10 % (pro 100 °C) erhöhen.[9][10] Die Absenkung der unteren Explosionsgrenze um 20 % entspricht ungefähr einem 5 °C niedrigeren Flammpunkt (vgl. Sättigungsdampfdruckkurve).

Siehe auch

  • Chemsafe: Datenbank für Flammpunkte (unter anderem) der PTB und der BAM

Literatur

  • E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen, Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW, Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003, ISBN 3-89701-745-8
  • BG RCI Merkblatt R003 Sicherheitstechnische Kenngrößen, Jedermann-Verlag, Heidelberg, pdf-Download.
  • M. Kräft: Explosionsschutz mit Flammensperren, 2. Auflage, Mackensen, Berlin 2007, ISBN 978-3-926535-53-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Gisbert Rodewald: Brandlehre. W. Kohlhammer Verlag, 2006, ISBN 978-3-17-019129-7, S. 172 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Henry Portz: Brand- und Explosionsschutz von A-Z Begriffserläuterungen und brandschutztechnische Kennwerte. Springer-Verlag, 2015, ISBN 978-3-322-80197-5, S. 68 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. 3,0 3,1 Praxishandbuch für den betrieblichen Brandschutz. WEKA Media, ISBN 978-3-8111-4471-2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Wedler, G., „Lehrbuch der Physikalischen Chemie“, 5. Auflage, Whiley-VCH, Weinheim, 2004, ISBN 3-527-31066-5.
  5. Olaf Eduard Wolff: Brandleichen – Tatortarbeit und Ermittlungen Erscheinungsformen, Ursachen, Beweissicherung. Richard Boorberg Verlag, 2017, ISBN 3-415-05888-3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Uwe J. Möller, Jamil Nassar: Schmierstoffe im Betrieb. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-56379-9, S. 124 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Henrikus Steen: Handbuch des Explosionsschutzes. John Wiley & Sons, 2012, ISBN 3-527-66086-0, S. 60 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. EU-Sicherheitsdatenblatt Feuerzeugbenzin F001: In: pearl.de. Zippo GmbH, 17. November 2009, abgerufen 14. März 2013 (PDF; 72 kB).
  9. E. Brandes, M. Thedens: Kenngrößen des Explosionsschutzes bei nichtatmosphärischen Bedingungen. (PDF) In: PTB-Mitteilungen 113, Heft 2. Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2003, S. 115-121, archiviert vom Original am 30. September 2007; abgerufen am 12. Juli 2016.
  10. E. Brandes, M. Thedens: Safety Characteristics at non Atmospheric Conditions. (PDF; 421 kB) Physikalisch-Technische Bundesanstalt, abgerufen am 12. Juli 2016 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value), Vortragsfolien).