Partialschwingung

Partialschwingung

Version vom 23. September 2016, 14:01 Uhr von imported>Summ
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Icon tools.svg
Dieser Artikel wurde den Mitarbeitern der Redaktion Physik zur Qualitätssicherung aufgetragen. Wenn du dich mit dem Thema auskennst, bist du herzlich eingeladen, dich an der Prüfung und möglichen Verbesserung des Artikels zu beteiligen. Der Meinungsaustausch darüber findet derzeit nicht auf der Artikeldiskussionsseite, sondern auf der Qualitätssicherungs-Seite der Physik statt.

Unter Partialschwingung versteht man bei einem Lautsprecher, dass sich benachbarte Flächenstücke der Membran gleichzeitig in entgegengesetzte Richtung bewegen. Dadurch kommt es zu destruktiver Interferenz mit verringerter Lautstärke. In der Umgebung der Eigenfrequenzen der Membran ist der Effekt besonders ausgeprägt.

Mitunter wird behauptet, dass sich auf der Membran Schwingungen mit einer anderen als der angeregten Frequenz ausbilden, die den abgestrahlten Klang störend beeinflussen können. Das ist falsch, denn eine Membran kann als passives Bauelement keine eigenständigen Schwingungen erzeugen. Partialschwingungen haben auch nichts zu tun mit dem langsamen Abklingen eines resonanzfähigen Gebildes.

Erklärung

Jede Membran besitzt Eigenresonanzen, deren Frequenz u. a. von Form, Materialhärte und auch davon abhängt, ob der Rand fest eingespannt oder frei beweglich ist. Es gibt auch Versuche, den Rand mit der korrekten Wellenimpedanz abzuschließen, um stehende Wellen zu unterdrücken (Biegewellenwandler). Da Lautsprechermembranen meist durch einen Linearmotor zentral angetrieben werden, kommen von der Vielzahl der möglichen Moden nur diejenigen in Betracht, bei denen die Mitte nicht in Ruhe bleibt. Einige werden in den folgenden Bildern dargestellt.

Anmerkung: Genau genommen sollte die Frequenz im rechten Bild etwa zehnmal höher sein als im linken Bild. Das scheitert aber an den technischen Gegebenheiten des PC.

Den Mode u01 bezeichnet man als Grundzustand, er besitzt immer die tiefste Frequenz. Idealerweise schwingen bei diesem Mode alle Flächenelemente gleichphasig und sorgen gemeinsam für hohen oder tiefen Druck vor der Membran. Die Schallabstrahlung ist optimal.

Der Mode u02 liegt bei deutlich höherer Frequenz, seine Entstehung kann man sich folgendermaßen vorstellen:

  • Zieht die Tauchspule das Zentrum nach unten, „bemerken“ die unmittelbar benachbarten Flächen das zuerst. Dieser Impuls läuft mit einer gewissen Geschwindigkeit nach außen, entferntere Flächenstücke reagieren also verspätet, bewegen sich dann aber ebenfalls nach unten.
  • Nach kurzer Zeit kehrt die Tauchspule ihre Bewegungsrichtung um und hebt das zentrale Flächenstück, während sich der Außenring immer noch nach unten bewegt. Beide Flächen – Innenkreis und Außenring – bewegen sich gegenphasig. Erzeugt das eine Flächenelement Überdruck, strömt Luft zu den benachbarten Flächen entgegengesetzter Bewegungsrichtung, weil dort im selben Moment Unterdruck herrscht. Das verschlechtert die Schallabstrahlung, weil nun Luft parallel zur Membran hin- und hergepumpt wird. Dieser ständige, unerwünschte Druckausgleich ist noch gravierender als der akustische Kurzschluss zur Rückseite der Membran.
  • Die nach außen laufenden Impulse „heben“ und „senken“ werden am Rand der Membran reflektiert und laufen wieder nach innen, weil der Rand – physikalisch ausgedrückt – eine Unstetigkeitsstelle ist. Falls sie im Zentrum zu einem Zeitpunkt ankommen, an dem die Tauchspule den gleichsinnigen Impuls erzeugt, addieren und verstärken sich beide (konstruktive Interferenz). Dann bildet sich eine Stehende Welle und die Partialschwingung dieser Frequenz ist besonders ausgeprägt. Im Frequenzgang kommt es zu einem Einbruch.

Vereinfacht ausgedrückt: Wenn beim Mode u02 die Mitte so viel Luft nach oben drückt, wie die umgebende „Hutkrempe“ ansaugt, heben sich die Druckänderungen in größerem Abstand auf und es wird kein Schall abgestrahlt.

Draufsicht auf eine schwingende Membran bei sehr hoher Frequenz oder bei einem Biegewellenwandler

Bei noch höheren Frequenzen verringern sich die Radien aller Kreise, weil die Befehle „heben“ und „senken“ immer schneller aufeinander folgen. Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera könnte man dann die nebenstehende Bilderfolge aufnehmen. Bei sehr hohen Frequenzen vibriert die Membran nur noch und die Luft schwingt parallel zu ihrer Fläche, es erfolgt keine Schallabstrahlung mehr.

Einige Effekte sorgen dafür, dass sich nach außen die Amplitude der Membranbewegung verringert:

  • Die Schallabstrahlung kostet Energie und bremst die Bewegung der Membran.
  • Die Bewegungsenergie der Tauchspule verteilt sich auf eine immer größere Fläche.
  • Das Material der Membran wird verformt und erzeugt Wärme (innere Reibung).

Gegenmaßnahmen

Ist die Membran keine Ebene, sondern ein Kegelstumpf, macht diese Formänderung das Material erheblich steifer, so dass die radiale Ausbreitungsgeschwindigkeit der Impulse steigt. Dadurch erhöht sich die Eigenfrequenz von Mode u02 von etwa 20 Hz bei einer ebenen Membran auf etwa 500 Hz und zumindest bei einem Tieftonlautsprecher hat man den Eindruck, alle Teilflächen der Membran würden sich phasengleich bewegen.

Eine weitere Gegenmaßnahme ist die Verkleinerung der Membranfläche, weil dann weniger gegenphasig schwingende Flächenstücke darauf passen. Das muss bei tiefen Frequenzen durch viele parallel geschaltete Einheiten ausgeglichen werden. Hochtonlautsprecher haben stets sehr geringe Durchmesser.

Durch gezielte Werkstoffauswahl (weiche Polymere) können Membranen eine hohe innere Dämpfung erhalten, die die kurzwelligen, also höherfrequenten Partialschwingungen auf eine kleine Umgebung der Schwingspule beschränken. Dies geht auf Kosten des Wirkungsgrades. Meistens bedingt hoher Wirkungsgrad harte Membranen und dadurch mehr Partialschwingungsprobleme.

Durch Maßnahmen am Gehäuse lassen sich Partialschwingungen der Membran zwar nicht beseitigen, jedoch ihre Frequenzlage geringfügig verschieben, weil der Gegendruck des Luftpolsters die elastischen Eigenschaften der Membran ändert. Auch kann eine geeignete Beschichtung die Membran deutlich steifer machen.

Beim Biegewellenwandler versucht man andere Wege:

  • Durch eine besonders weiche Membran werden die Resonanzstellen in den tiefen Frequenzbereich unter 100 Hz gedrückt, wo Einbrüche im Frequenzgang möglicherweise nicht mehr so stark auffallen
  • Durch eine besonders harte Membran aus Titan werden die Resonanzstellen sehr hoch, über einige Kilohertz, getrieben. Nachteilig ist die große bewegte Masse, die den Wirkungsgrad verschlechtert.

Der Hauptunterschied zu üblichen Lautsprechern besteht darin, dass der Rand der Membran energieabsorbierend mit der korrekten Wellenimpedanz eingefasst wird, um keine Reflexionen zu erzeugen, die zum Zentrum zurück laufen. Dann können sich zwar keine stehenden Wellen ausbilden, es lässt sich jedoch nicht verhindern, dass Kreiswellen von der Tauchspule nach außen laufen und für entgegengesetzt schwingende Flächenbereiche sorgen. Problematisch ist, dass die Wellenimpedanz frequenzabhängig ist.