Unterkühlung bezeichnet in der Thermodynamik einen instabilen Zustand nach einer Absenkung der Temperatur, wenn eigentlich durch das Abkühlen ein Phasenübergang, z.B. Erstarren, stattfinden sollte, der aber gehemmt ist. Es gibt verschiedene Arten der Unterkühlung, die Gefrierverzögerung, die Kondensationsverzögerung und eine verzögerte Fest-Fest-Phasenumwandlung. Manchmal wird auch eine Übersättigung, die durch Abkühlen entsteht, mit zur Unterkühlung gezählt.
Bei der Gefrierverzögerung wird Flüssigkeit bis unter den Gefrierpunkt abgekühlt, ohne dass diese erstarrt. Allgemein ist dieser Effekt auch als unterkühlte Schmelze bekannt. Eine unterkühlte Flüssigkeit oder Schmelze hat somit bei gegebenem Druck eine niedrigere Temperatur als ihrem Aggregatzustand entspricht. Das Impfen mit kleinsten Keimen, evtl. auch Impulsübertragung in Form von Erschütterung, führt jedoch unter Freisetzung der Schmelzenthalpie zu spontaner Kristallisation. Daher spricht man bei der Unterkühlung von einem metastabilen Zustand des Stoffes. Dieser Bereich wird auch Ostwald-Miers-Bereich genannt.
Ein (meist sehr reiner) Stoff, der den Zustand der unterkühlten Schmelze zulässt, ermöglicht also Energiespeicherung in Form von Wärme (Latentwärmespeicher). Dieser Effekt wird unter anderem bei Handwärmern genutzt.
Die Ursache für diesen Effekt ist, dass zur Änderung des Aggregatzustands oft ein Kristallisationsansatz notwendig ist. Beispielsweise wachsen Eiskristalle nur auf Eiskristallen und einigen anderen Anordnungen. Sind diese Kristallisationsansätze nicht vorhanden, so kann eine Kristallisation und damit die Aggregatzustandsänderung nicht eintreten, selbst wenn sie von der Temperatur her möglich wäre.
Als Entdecker der Unterkühlung[1][2] gilt Israel Conradi (1634–1715), ein Doktor der Medizin und bekannter Naturforscher[3] in Danzig. Er berichtete 1677 über eine große Anzahl Experimente zur Kälte,[4][5][6], bei denen er auch die Unterkühlung entdeckte.[1] Daniel Gabriel Fahrenheit beschrieb 1724, dass er ausgekochtes Wasser in ruhig stehenden Gefäßen etwa vier Grad unter den Gefrierpunkt abkühlen konnte, ohne dass es erstarrte.[7][8] Bei Erschütterungen trat aber plötzliches teilweises Erstarren ein, wobei sich das Wasser mit Eisnadeln durchsetzte.[7][8] Charles Blagden beschrieb 1788 seine Untersuchungen über die Gefrierverzögerung von Wasser und stellte dabei fest, dass reineres Wasser zu stärkerer Unterkühlung neigt.[9] Joseph Louis Gay-Lussac kühlte Wasser, das mit einer Ölschicht bedeckt war, ohne Gefrieren auf −12 Grad.[10]