Richard Martin Gans (Ricardo) (* 7. März 1880 in Hamburg; † 27. Juni 1954 in City Bell bei La Plata, Argentinien) war ein deutscher Physiker.
Richard Gans war eines von sechs Kindern des Hamburger Kaufmanns Martin Philipp Gans und seiner Ehefrau Johanna Juliette Gans, geborene Behrens.
Gans studierte zunächst Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Hannover, anschließend Mathematik und Physik an der Universität Straßburg. Einer seiner Lehrer war Jonathan Zenneck. 1901 promovierte Gans an der Universität Straßburg mit dem Thema Über die Induction in rotierenden Leitern zum Dr. phil. nat., und zwar summa cum laude. Von 1901 bis 1902 forschte er an der Universität Heidelberg. 1902 wurde er Mitarbeiter Friedrich Paschens an der Universität Tübingen, wo er sich 1903 habilitierte. Von 1903 bis 1908 war er als Privatdozent an der Universität Tübingen tätig. Er war an der Entwicklung einer Präzisionsmethode zur absoluten Feldbestimmung beteiligt und hatte sich als Lehrender früh mit der Relativitätstheorie befasst. Von 1908 bis 1912 lehrte er an der Universität Straßburg. Von 1912 bis 1925 war er Professor für Physik an der Universität de La Plata, Argentinien. Er baute dort das Physikalische Institut der Universität auf und wurde dessen Direktor. Während des Ersten Weltkrieges fielen im deutschen Heer zwei seiner Brüder. Von 1925 bis 1935 war Gans Ordinarius für Theoretische Physik am II. Physikalischen Institut der Universität Königsberg.
Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wurde Gans am 27. Dezember 1935 im Alter von nur 55 Jahren aufgrund der Nürnberger Rassegesetze zwangsemeritiert. Er siedelte anschließend nach Berlin über, wo er am Forschungsinstitut der AEG in Berlin-Reinickendorf eine Ausweichposition als wissenschaftlicher Mitarbeiter erhalten hatte. Dort hatte auch sein früherer Assistent Bernhard Mrowka, der sich geweigert hatte, dem NS-Dozentenbund beizutreten, eine neue Anstellung gefunden. Leiter des Instituts war Carl Ramsauer, der von dort aus gegen die Deutsche Physik opponierte. Infolge der Rassegesetze sah sich Max von Laue gezwungen, Gans die Teilnahme an Kolloquien der Berliner Universität zu untersagen. 1938 trat Gans gemeinsam mit Emil Cohn, George Jaffé, Leo Graetz, Walter Kaufmann und anderen jüdischen Physikern aus Protest gegen nationalsozialistische Willkür aus der Deutschen Physikalischen Gesellschaft aus. Mit Hilfe von Freunden, wie etwa Walther Gerlach, konnte Gans den Verfolgungen durch die Nationalsozialisten ansonsten weitgehend entkommen. Nachdem Gans 1943 seinen Posten im Forschungsinstitut der AEG verloren hatte, arbeitete er bis 1945 im Entwicklungslaboratorium Dr. Schmellenmeier in Berlin-Lankwitz. Dieses private Institut war mit wehrtechnischen Entwicklungsaufträgen betraut und wurde vom Reichsforschungsrat finanziert. Gans war dort an der Entwicklung einer Strahlenquelle beteiligt, dem sogenannten „Rheotron“. Fachkollegen hatten gegenüber NS-Behörden die „Unentbehrlichkeit“ von Gans bei diesem Entwicklungsprojekt durchgesetzt, um ihn vor der Deportation in ein Konzentrationslager zu bewahren.
1946, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, durfte Gans an der Universität München vorübergehend den Lehrstuhl des 77-jährigen Arnold Sommerfeld vertreten, ohne jedoch Aussicht auf dessen Nachfolge zu haben. Aus persönlichen Gründen gab er die Vertretung nach etwa neun Monaten auf, um 1947 nach Argentinien zu emigrieren, wo er bereits um die Zeit des Ersten Weltkriegs an der Universidad de la Plata tätig gewesen war. Von 1947 bis 1951 wirkte er wieder an derselben Universität. Er wurde dort Direktor des Physikalischen Instituts. Von 1951 bis 1953 lehrte er an der Universität von Buenos Aires als Professor für Physik. Er war Lehrer u.a. des Physikers Bernhard Mrowka (1907–1973), der von 1931 bis 1934 sein Assistent gewesen war.
Personendaten | |
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NAME | Gans, Richard |
ALTERNATIVNAMEN | Gans, Richard Martin; Ricardo |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Physiker |
GEBURTSDATUM | 7. März 1880 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 27. Juni 1954 |
STERBEORT | City Bell bei La Plata |