Eine Ladungsdichtewelle (englisch charge density wave, CDW) ist ein Grundzustand in bestimmten quasi-eindimensionalen Leitern, der sich durch kollektive Leitungseigenschaften auszeichnet. Sie wurde seit den 1930er Jahren theoretisch diskutiert und in den 1970er Jahren experimentell nachgewiesen.
Den zugrundeliegenden Mechanismus untersuchte zuerst Rudolf Peierls[1] 1930 im eindimensionalen Fall. Bei der CDW ist sowohl die Dichte der Leitungselektronen als auch die Lage der Gitteratome periodisch moduliert mit einer Wellenlänge $ \lambda _{c}={\frac {\pi }{k_{F}}} $ (mit dem Fermi-Wellenvektor $ k_{F} $), entsprechend einem Wellenvektor $ 2\cdot k_{F} $. Die Gitter- und Elektronenmoden sind gekoppelt. Die Amplitude der Auslenkungen ist relativ klein (weniger als ein Prozent des Abstands zwischen den Gitteratomen und ebenso bei der Dichte der Leitungselektronen wenige Prozent). In der CDW bildet sich, wie Peierls zeigte, eine Bandlücke bei $ |k|=k_{F} $ aus, die sogenannte Peierls-Lücke, durch die die Energie der Leitungselektronen nahe der Fermi-Fläche gesenkt wird, was bei eindimensionalen Systemen die erforderliche Energie für die zugehörige Gitterschwingung bei tiefen Temperaturen kompensiert. Die CDW-Mode ist deshalb in diesen Systemen der bevorzugte Grundzustand, falls die Temperatur niedrig genug ist (bei höherer Temperatur ist der metallische Zustand aufgrund von thermischen Anregungen stabil). Es findet ein sogenannter Peierls-Übergang[2] vom metallischen Zustand zum CDW-Zustand statt, ein Phasenübergang zweiter Ordnung.
CDW zeigen bei Anlegen eines elektrischen Feldes kollektiven Ladungstransport[3], das hängt aber vom zugrundeliegenden Gitter ab. Meist sind die Wellenvektoren der CDW inkommensurabel mit den Gitterperioden[4], und die CDW wird in Störstellen „festgenagelt“. Erst ab einer bestimmten angelegten elektrischen Feldstärke $ E_{T} $ tritt kollektive Leitung auf (die CDW „gleitet“ dann über die Störstellen). Das Leitungsverhalten ist stark nichtlinear. CDW-Materialien sind durch sehr große Werte der dielektrischen Konstante gekennzeichnet. Im metallischen Zustand sind sie stark anisotrop. Sie zeigen ein reichhaltiges dynamisches Verhalten (wie Hysterese- und Gedächtniseffekte, kohärente Wechselstromanteile im CDW-Strom[5], Mode-Locking des CDW-Stroms bei angelegtem Wechselstrom mit Shapiro-Stufen in der Strom-Spannungs-Charakteristik), die vor allem durch die Wechselwirkung mit den die CDW festhaltenden Störstellen bedingt sind.
CDW wurden erstmals 1977 durch Nai-Phuan Ong und Pierre Monceau aufgrund ihrer ungewöhnlichen Leitungseigenschaften in Niobtriselenid (NbSe3) entdeckt[6] und seitdem in einer Reihe weiterer anorganischer und organischer Materialien, die sich meist durch eindimensionale (kettenartige) Strukturen auf atomarer Ebene auszeichnen. Der Übergang findet bei NbSe3 bei 145 Kelvin statt, kann aber auch oberhalb der Raumtemperatur stattfinden, zum Beispiel bei Niobtrisulfid (NbS3) bei 340 Kelvin. Meist ist sie im Bereich 50 bis 200 Kelvin.
CDW sind mit Spindichtewellen verwandt, die man als aus zwei CDW jeweils für entgegengesetzten Spin auffassen kann.
CDW dienen Theoretikern als exemplarisches Studienobjekt der Wechselwirkung einer kollektiven Anregung mit zufällig verteilten Störstellen. Ein häufig benutztes Modell ist das FLR-Modell für CDW, benannt nach Hidetoshi Fukuyama, Patrick A. Lee und T. Maurice Rice.[7][8]