MKF 6 ist eine Multispektralkamera, die in der DDR für die kosmische Fernerkundung der Erde gebaut wurde.
Gebaut wurde die MKF 6 vom Kombinat VEB Carl Zeiss Jena, mit organisatorischer Hilfe des Institutes für Elektronik der Akademie der Wissenschaften der DDR (IE der AdW), welches im Mai 1973 gegründet worden war. Es standen finanzielle und materielle Mittel aus einem speziellen Planteil im Staatsplan Wissenschaft und Technik zur Verfügung.
Die MKF 6 ermöglichte eine Kombination von Photogrammetrie und Spektrometrie. Erprobt wurde sie durch ein sowjetisches Flugzeug auf speziellen Flugrouten. Das geowissenschaftliche Flugprogramm dieser Tests stammte vom Zentralinstitut für Physik der Erde.
Wegen ihrer Eignung zur Spionage durfte die MKF 6 nicht in den Westen exportiert werden.
Mit der MKF 6 konnten Geländestreifen von etwa 225 km Breite und 155 km Länge (bei einer angenommenen Flughöhe von 350 km) und einer Auflösung von etwa 10-20 m (im sichtbaren Bereich) erfasst werden.[1][2] Als Aufnahmematerial kamen 70 mm breite Filme mit 110-220 m Länge (je nach Filmdicke) pro Objektiv zum Einsatz, die Einzelbilder mit einem Format von 56 mm x 81 mm lieferten. In den freien Bildrand wurden jeweils Bilddaten und ein Graukeil einbelichtet. Bei Aufnahmereihen konnte eine Überdeckung der Bilder zwischen 20 und 80 % gewählt werden. Die Gesamtmasse der Kamera mit den Bedieneinheiten betrug 175 kg.[3]
Die MKF 6 war mit sechs hochauflösenden Pinatar 4,5/125 Objektiven ausgerüstet, mit denen sie gleichzeitig sechs Fotos in sechs verschiedenen Spektralbereichen aufnehmen konnte. Die Belichtungszeit lag zwischen 1/20 und 1/200 Sekunde.[2] Diese sechs Farbkanäle lagen zwischen den Wellenlängen
Die Film- und Filterkombinationen konnten je nach Einsatz abgeändert werden. Alle sechs Objektive hatten eine einheitliche Brennweite von 125 mm. Trotzdem mussten die Fotos aller Objektive unabhängig vom jeweiligen Spektralbereich absolut den gleichen Abbildungsmaßstab haben und durften keinerlei Verzeichnung zeigen. Dazu wurde von den Optikentwicklern des Kombinates VEB Carl Zeiss Jena ein völlig neuer Objektivtyp geschaffen. Um die Bildqualität zu sichern, bewegt sich der Kamerarahmen bei der Belichtung in die Flugrichtung, um die Bahnbewegung des die Kamera tragenden Satelliten, die zu einer Bildverschmierung während der Belichtung führt, auszugleichen.[2]
Auch die Fertigung der Objektive war sehr aufwendig. Jede der einzelnen Linsen wurde separat gefasst und anschließend in einer speziellen Drehmaschine eingespannt. Dabei wurden die gefassten Linsen so zentriert, dass die Rotationsachse der Maschine und die optische Achse der Linse exakt übereinstimmten. Nun konnte die Fassung mit höchster Genauigkeit nachgearbeitet werden. Anschließend stapelte man die Linsen in ein Rohr, dessen Innendurchmesser präzise geschliffen war.
Der erste Einsatz einer MKF 6 erfolgte im September 1976 an Bord des Raumschiffs Sojus 22. Das Raumschiff wurde eigens modifiziert und statt des Kopplungsadapters mit einem Modul ausgerüstet, das die Kamera aufnahm. Eine vollständig überarbeitete Version MKF 6M, die unter anderem über redundante mechanische und elektronische Systeme verfügte[3], kam ab 1978 auf Saljut-Stationen (Saljut-6 und 7) und später auf der Raumstation MIR zum Einsatz.[2] Dort wurde sie unter anderen von Sigmund Jähn, dem ersten Deutschen im All, bedient. Daneben wurde sie ab September 1979 auch in Flugzeugen (z. B. in der An-2) für Bodenaufnahmen verwendet.[4] Insgesamt wurden elf Kameras dieses Typs gebaut.[1] Die als MKF 6MA bezeichnete Version konnte von der Bodenstation aus ferngesteuert werden.[5]
Zeitgleich mit der MKF 6 wurde ein Multispektralprojektor MSP-4 entwickelt. Mit ihm konnten mehrere Spektralbilder übereinander mit unterschiedlichen Filterkombinationen auf einen Bildschirm bzw. auf Fotomaterial projiziert werden. Für Vervielfältigungen wurde der Präzisionskopierautomat PKA als Kontaktkopiergerät ausgeführt.[5]
Das Projekt MKF 6 war für viele Forschungsinstitute und Institutionen der DDR der erste Schritt zur kosmischen und luftgestützten Fernerkundung der Erdoberfläche, die entstandenen Kamerabilder wurden genutzt zur Suche nach Bodenschätzen, zur Beurteilung land- und forstwirtschaftlicher Kulturen und Flächen, zur Bestimmung des Erntezeitpunktes, zur Kartografierung, zur Beurteilung von Wasserqualität und Bodenqualität, für militärische Aufklärung, zur Umweltforschung, für meteorologische Aussagen (Wetterforschung) und weiterem.[6] Nicht lange nach diesem Projekt wurde im Interkosmos-Programm der sozialistischen RGW-Staaten die Erdfernerkundung als eigene Arbeitsrichtung eingerichtet, was schließlich zu Regierungsabkommen auf dem Gebiet der Fernerkundung führte.
Die Baukosten der Kamera betrugen 82 Millionen Mark der DDR. Sie galt seinerzeit als die beste Weltraumkamera. Sie wird auch heute teilweise noch eingesetzt. Daneben wurden in Weltraummissionen des Interkosmos-Programms etwa 100 in der DDR entwickelte Geräte verwendet, in den Bodenstationen etwa 150 Geräte. Die Zusammenarbeit zwischen dem VEB Carl-Zeiss-Jena und der UdSSR bei der Ausrüstung von Satelliten und Bodenstationen gab es ab Mitte der 1970er Jahre. Das erste praktische Ergebnis dieser Zusammenarbeit war die Entwicklung der MKF 6.
Die Ergebnisse und Erfahrungen mit der MKF 6 flossen während der Zeit der DDR und danach in die Entwicklung von Geräten, in Forschungen und Datenauswertungen für weitere Missionen ein: