In der Thermodynamik bezeichnet Verschiebearbeit das Produkt aus Druck $ \textstyle p $ und Volumen $ \textstyle V $ eines Stoffes. Sie hat die Dimension einer Energie und ist als Produkt zweier Zustandsgrößen selbst eine Zustandsgröße, obgleich sie als -arbeit den Namen einer Prozessgröße trägt. Sie ist die Differenz von innerer Energie und Enthalpie eines thermodynamischen Systems.[1] Sie hat die Größe der Arbeit, die an einem System mit Druck $ \textstyle p $ verrichtet wird, wenn die betrachtete Stoffmenge mit Volumen $ \textstyle V $ über die Systemgrenze dort hineingeschoben wird.[2]
Die Bezeichnung Verschiebearbeit rührt daher, dass der Term $ pV $ der Arbeit entspricht, die an einem System verrichtet werden muss, wenn eine Stoffmenge aus einem Reservoir heraus mit konstantem Druck in das System hinein verschoben wird, ohne dass dabei eine mehr als infinitesimal kleine Druckdifferenz ausgenutzt wird, wie z. B. bei einer offenen Kolbenpumpe. Diese Arbeit verschiebt Energie aus dem Reservoir in das System. Hier gilt:
In zweiseitig offenen und durchströmten Komponenten, wie z. B. Verdichtern, spielt die Differenz der Verschiebearbeiten vor und hinter der Komponente eine wichtige Rolle, weil sie die mechanische Arbeit widerspiegelt, die vom System verrichtet bzw. absorbiert werden muss, um ein Fluid bei gegebenen Randbedingungen durch das System zu transportieren. Da diese Differenz nur vom Zustand vor und hinter, aber nicht innerhalb der Komponente abhängt, lässt sich der Stofftransport und insbesondere die dafür notwendige bzw. dabei freigesetzte Energie unabhängig von den Vorgängen im Inneren der Komponente betrachten.
In der Thermodynamik ist die Verschiebearbeit nicht zu verwechseln mit anderen Formen der Arbeit wie Volumenänderungsarbeit $ W_{v} $ oder technische Arbeit $ W_{t} $ (Wellenarbeit ist eine Form technischer Arbeit[3]). Die Unterschiede werden deutlich mit dem totalen Differential von $ W=p\,V $. Es gilt:
Die Differenz der Zustandsgröße Verschiebarbeit entspricht somit der Differenz der beiden Prozessgrößen Volumenänderungsarbeit und technische Arbeit. Am Beispiel des Verdichters wird dem System zur Kompression des Gasstroms also zum einen Volumenänderungsarbeit zugeführt und zum anderen muss die Differenz der Verschiebearbeit überwunden werden
wobei die dem Laufrad zugeführte Arbeit gerade der technischen Arbeit entspricht, die z. B. über einen Elektromotor bereitgestellt wird.
Ein aus der Praxis bekannter Effekt, der auf die Verschiebearbeit zurück geht, tritt beim Entleeren oder Befüllen einer Gasflasche auf. Zunächst sei die Gasflasche mit dem Volumen $ V $ über ein Ventil verschlossen. Das Gas im Inneren, mit der indiv. Gaskonstante $ R $ und der spez. isochoren Wärmekapazität $ c_{v} $, steht unter dem Druck $ p $ und weist die Umgebungstemperatur $ T_{1} $ auf. In diesem Fall sind auch die Energie und die Masse für das Gas bekannt. Mit der thermischen Zustandsgleichung gilt für die Gasmasse
und für die innere Energie gilt:
In diesem Fall tritt trotz des Ausdruckes „$ pV $“ keine Verschiebearbeit auf, da diese nur an der Systemgrenze definiert ist und somit nur bei offenen Systemen vorkommt. Das Produkt aus Volumen und Druck äußert sich hierbei als innere Energie (für ein ideales Gas nach der thermischen Zustandsgleichung).
Öffnet man nun das Ventil und ist der Druck im Inneren größer als der Umgebungsdruck, tritt das Gas aus. Für die Massenbilanz des offenen Systems gilt hierbei
wobei der Massenstrom $ {\dot {m}} $ über die Systemgrenze strömt. Gleichzeitig wird auch die Energie innerhalb der Gasflasche abnehmen. Die spezifische innere Energie $ c_{v}\,T $ wird zunächst mit dem Massenstrom abgeführt:
Man erkennt: Bei dieser Änderung der Energie bleibt die Temperatur konstant. Dies entspricht aber nicht der Erfahrung, denn tatsächlich muss das Gas zusätzlich Verschiebearbeit verrichten, was sich in einer Änderung der Temperatur äußert. Unter Berücksichtigung der spezifischen Verschiebearbeit $ p\,v $ gilt weiterhin:
Mit Integration über der Änderung der Masse innerhalb der Gasflaschen, im Intervall [1,2], wird ein Zusammenhang für die Gastemperatur erhalten:
Damit zeigt sich: Nur durch die Verschiebearbeit kühlt sich das Gas im Inneren der Flasche beim Entleeren ab.