Adolf Miethe (* 25. April 1862 in Potsdam; † 5. Mai 1927 in Berlin; vollständiger Name Adolf Christian Heinrich Emil Miethe) war ein deutscher Photochemiker und Pionier der Fototechnik.
Adolf Miethe wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf. Sein Vater war Schokoladenfabrikant und Stadtrat in Potsdam.
Nach dem Abitur, das er auf dem Viktoria-Gymnasium ablegte, studierte er Physik, Astronomie und Chemie in Berlin und anschließend in Göttingen, wo er 1889 mit der Arbeit „Zur Actinometrie photographisch-astronomischer Fixsternaufnahmen“ zum Dr. phil. promoviert wurde. Praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Astrofotografie hatte er bereits am Astrophysikalischen Observatorium Potsdam als Hilfsassistent erworben, wo er 1887 gemeinsam mit Johannes Gaedicke das Blitzlichtpulver aus Magnesium, Kaliumchlorat und Schwefelantimon erfand. Nach dem Studium nahm er verschiedene Stellungen in der optischen Industrie an, wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter der optischen Werkstatt Edmund Hartnacks in Potsdam, wo er Mikroskopobjektive konstruierte. Durch die Einführung von hochbrechendem Kronglas in die Frontlinse konnte er einen größeren Arbeitsabstand erreichen. Nach dem Tod Hartnacks wechselte Miethe 1891 zu Schulze & Barthels nach Rathenow, einer für ihre optische Industrie weltbekannten Kleinstadt in Brandenburg, und entwickelte dort Fernrohre und -gläser für zivile und militärische Zwecke. In dieser Zeit errechnete er auch, unabhängig von Dallmeyer und Steinheil, die ersten in die Praxis eingeführten Teleobjektive. 1894 wechselte er erneut seinen Arbeitsplatz und ging zu Voigtländer & Sohn nach Braunschweig, wo er sich ebenfalls verschiedenen Aufgaben in der Optik widmete. Miethe nahm bei Voigtländer das Amt des technischen Direktors ein, nachdem das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war. Außerdem arbeitete er an der Verbesserung von Zielfernrohren, eine Arbeit, an der er als leidenschaftlicher Schütze besonderes Interesse besaß.
Nach dem Tod von Hermann Wilhelm Vogel erhielt Miethe zum 1. Oktober 1899 eine Berufung als dessen Nachfolger an den Lehrstuhl für Fotochemie, Fotografie und Spektralanalyse der Königlich technischen Hochschule zu Berlin. Dieser Lehrstuhl, der bei seiner Einrichtung 1873 der weltweit erste seiner Art war, bot Miethe weitreichende Möglichkeiten der Forschung in der Chemie und Physik.
Eine seiner bedeutendsten Leistungen auf dem Gebiet der Fotografie war ein Beitrag zur Farbfotografie. Er konstruierte eine Kamera zur „Dreifarbenfotografie nach der Natur“, die von dem Berliner Kunsttischler Wilhelm Bermpohl gebaut wurde. Ihre erste öffentliche Präsentation erfolgte 1903 an der Königlich Technischen Hochschule in Berlin. Bei diesem Verfahren wird ein Motiv auf jeweils drei verschiedene schwarz-weiß Fotoplatten aufgenommen, denen jeweils eine Farbfilterplatte in rot, grün und blau vorgesetzt ist. Von den Aufnahmen werden nun Positive angefertigt, die durch die gleichen Farbfilter projiziert werden, durch die sie aufgenommen wurden. Durch Überblendung entsteht dabei ein Farbbild. Das theoretisch recht einfache Verfahren wurde durch eine Vielzahl technischer Probleme erschwert. So war eines der größten Probleme die tonwertrichtige Wiedergabe der Farben auf den Schwarz-Weiß-Platten. Hierbei leistete Miethe mit der Entwicklung eines panchromatischen Aufnahmematerials einen entscheidenden Beitrag zur Farbfotografie, indem er das Ethylrot als panchromatischen Sensibilisator entdeckte. Mit einer solchen Wechselschlittenkamera erstellte der russische Fotopionier Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski Farbfotos, u. a. 1908 von Leo Tolstoi und 1909 bis 1914 von Motiven in ganz Russland.[1] Die Fotografen Eduard Kiewning, Bruno Marquardt und Robert Lohmeyer nutzten das Verfahren zwischen 1907 und 1909, um im Auftrag eines Berliner Verlages Farbaufnahmen der deutschen Kolonien herzustellen.[2]
Miethe gliederte dem Lehrstuhl 1909 eine fotografische Sternwarte an und gründete und leitete ab 1921 die Prüf- und Versuchsanstalt für Kinotechnik, in der er das Amt eines Obmanns des Kuratoriums ausübte.
Sein großes Interesse an der Astrofotografie machte ihn zum Teilnehmer mehrerer Expeditionen, 1908 untersuchte er auf einer Expedition nach Oberägypten Dämmerungserscheinungen und das ultraviolette Ende des Sonnenspektrums. 1910 nahm er an der Studienexpedition des Grafen Zeppelin nach Spitzbergen teil, die die Möglichkeit erkundete, die Polargebiete mit einem Luftschiff zu erforschen, und dazu meteorologische Untersuchungen vornahm. 1914 leitete er eine Expedition nach Sandnessjøen in Norwegen zur Beobachtung der Sonnenfinsternis vom 21. August.
Im Jahre 1922 wurde Miethe Ehrenmitglied der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft (DKG), einer Vorläuferin der heutigen Fernseh- und Kinotechnischen Gesellschaft.[3]
1924 erregte er Aufsehen, als er berichtete, aus Quecksilber mittels elektrischer Entladung Gold erzeugt zu haben.[4][5] Der japanische Physiker Hantaro Nagaoka bestätigte Miethes Befunde, andere bedeutende Wissenschaftler wie Fritz Haber blieben aber skeptisch. Am Ende stellten sich die gefundenen Spuren von Gold als Verunreinigungen heraus.[6]
Adolf Miethe starb am 5. Mai 1927 in Berlin an den Spätfolgen einer 1½ Jahre vorher bei einem Zugunglück erlittenen Verletzung, von der er sich trotz mehrerer operativer Eingriffe nicht erholte.
1904 lieferte Miethe im Auftrag des Kölner Schokoladeproduzenten Ludwig Stollwerck zahlreiche Naturfarbenaufnahmen für das Stollwerck-Sammelalbum No. 7. Dies war das erste in Deutschland veröffentlichte Buch, das durchgehend mit Farbfotos nach dem von Miethe entwickelten System illustriert war.[7]
Seine vielseitigen Interessen und seine umfassenden Kenntnisse in den Naturwissenschaften ließen ihn auch außerhalb der Fotografie tätig werden. So entwickelte er auch ein Verfahren zur Gewinnung synthetischer Edelsteine (Korunde und Spinelle).
Adolf Miethe war Herausgeber mehrerer Zeitschriften und Bücher und verfasste an die hundert Artikel zur Fotografie. 1889 übernahm er die Redaktion des Photographischen Wochenblatts[8] und gründete 1894 die Fachblätter Atelier des Photographen und Photographische Chronik.
Adolf Miethe führte den Titel eines „Geheimen Regierungsrates“. Seit 1960 ist er Namensgeber für den Miethe-Gletscher in der Antarktis.
Adolf Miethe war verheiratet mit Marie, geb. Müller (* 23. Juni 1866 in Ascherode; † 1946). Das Paar hatte die Töchter Inge (* 1891) und Käthe (* 1893).
Personendaten | |
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NAME | Miethe, Adolf |
ALTERNATIVNAMEN | Miethe, Adolf Christian Heinrich Emil (vollständiger Name); Miethe, Dr. A.; Miethe-Rathenow, Dr. A. |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Photochemiker und -physiker |
GEBURTSDATUM | 25. April 1862 |
GEBURTSORT | Potsdam |
STERBEDATUM | 5. Mai 1927 |
STERBEORT | Berlin |