Aerospike (engl. „Luftstachel“) ist ein Raketentriebwerk, das nicht auf dem Prinzip der glockenförmigen Raketendüse basiert. Die Änderung des Düsenprinzips ermöglicht eine Anpassung an den atmosphärischen Luftdruck in unterschiedlichen Flughöhen. Durch diese Anpassungsfähigkeit kann das Triebwerk unter optimalen Bedingungen betrieben werden. Aerospike-Triebwerke werden bereits seit Mitte der 1950er Jahre erforscht. Aufgrund der Komplexität dieses Triebwerktyps konnte ein Prototyp jedoch erst in den 1990er Jahren mit dem X-33-Programm entwickelt werden. Derzeit gibt es kein einsatzfähiges Triebwerk.[1]
Ein traditionelles Triebwerk verwendet eine Lavaldüse, um die Hitze der ausströmenden Verbrennungsgase in Schub umzuwandeln. Der Schub eines Raketentriebwerkes wird durch die folgende Formel beschrieben:[1]
Er setzt sich zusammen aus der Schubkraft durch das ausströmende Abgas (Produkt aus Austrittsgeschwindigkeit $ V_{e} $ und Massendurchsatz pro Zeit $ {\dot {m}} $) und einem zweiten Formelteil, welches die Auswirkungen der Atmosphäre berücksichtigt. Es ist das Verhältnis vom Druck des ausströmenden Abgases zum atmosphärischen Druck.
Bei einer optimalen Düse entspricht der Druck des Abgases dem der Atmosphäre. Ist der atmosphärische Druck größer als der des Abgases, spricht man von einer überexpandierenden und im gegenteiligen Fall von einer unterexpandierenden Düse. Eine glockenförmige Düse ist bei einem Flug durch eine Atmosphäre für eine bestimmte Höhe (Atmosphärendruck) ausgelegt und kann deshalb während des Fluges bzw. Aufstiegs unter-, ideal- und überexpandierend sein.
Das Aerospike-Triebwerk versucht, dieses Problem zu umgehen. Anstatt die Verbrennungsgase durch eine Düse am Glockenansatz abzuleiten, verwendet der Aerospike mehrere kleinere, flach ausgerichtete Brennkammern an der Außenseite. Dabei wird aus dem Stachel auf der einen Seite und der vorbeiströmenden Luft auf der anderen Seite eine virtuelle Glocke gebildet – der Luftstachel (Aero-spike). Der Druck des ausströmenden Abgases kann durch den Massendurchsatz entsprechend variiert und so dem Umgebungsdruck der Atmosphäre angepasst werden.
Zwischen 1950 und 1970 wurden von der Firma Rocketdyne, der NASA und der U.S. Air Force mit verschiedenen Größen und Varianten insgesamt 73 Tests durchgeführt.
Die Triebwerksanordnung der sowjetischen Mondrakete N1 erzeugte einen Aerospike-Effekt.
Für das X-33-VentureStar-Projekt der NASA wurden auf Basis der früheren Forschungen vier XRS-2200-Aerospike-Triebwerke entwickelt und von 1997 bis 2000 erfolgreich getestet[2]. Das Projekt wurde jedoch aufgrund überhöhter Kosten und technischer Probleme der X-33 eingestellt.
Der erste bekannte Testflug eines Aerospike-Triebwerks wurde im Rahmen des Linear Aerospike SR-71 Experiments (LASRE) am 31. Oktober 1997[3] an Bord einer Lockheed SR-71 durchgeführt.[4] Dabei wurde das Triebwerk jedoch nicht gezündet.[4]
In Westdeutschland wurde Ende der 1960er Jahre an einem Aerospike-Triebwerk für das Raumfahrzeug Neptun gearbeitet.