Bartholomäus Scultetus (latinisiert aus Schultheiß bzw. Schultze(s); weitere deutsche Namensformen: Barthel Schulze oder Schulte(s); * 14. Mai 1540 in Görlitz[1]; † 21. Juni 1614 ebenda) war Stadtrichter und Bürgermeister von Görlitz. Er war auch als Mathematiker, Astronom, Chronist und Historiograph in hervorragender Weise tätig.
Barthel Schulze, der seinen Namen später nach Art der Humanisten zu Scultetus latinisierte, wurde 1540 als Sohn des Görlitzer Bürgers und Vorwerksbesitzers Martin Schulz geboren. Durch seinen älteren Bruder Zacharias, von dem die Sonnenuhr an der Görlitzer Ratsapotheke stammt, wurde schon früh Barthels Interesse für Mathematik und Astronomie geweckt. Nach dem Besuch der städtischen Lateinschule studierte er an den Universitäten in Leipzig und Wittenberg. In Wittenberg hatte er sich am 24. Februar 1564 den akademischen Grad eines Magisters der Philosophie erworben, hielt anschließend Privatvorlesungen, kehrte 1567 nach Görlitz zurück und drei Jahre später wurde er Lehrer am dortigen Gymnasium, wo er Mathematik und Astronomie unterrichtete. Seit 1570 besaß er einen Bierhof in der Petersstraße, den er bis zu seinem Tod mit seiner Familie bewohnte. Als Braubürger gehörte er zur obersten Klasse der Görlitzer Bürger, der alle städtischen Ämter offenstanden. Seine Kinder wurden 1625 mit dem Prädikat Schollenstern geadelt.
Scultetus diente seiner Vaterstadt seit 1578, als er Ratsherr wurde, in verschiedenen Funktionen. Als Stadtkämmerer oblagen ihm zahlreiche Aufgaben: Die Abrechnung der städtischen Steuern, die Verwaltung des städtischen Land- und Waldbesitzes, das Almosenwesen und andere mehr. 1589 wurde Scultetus Stadtrichter. In seiner Amtszeit (bis 1593) bearbeitete er rund 3.900 Fälle. Sechsmal in seiner Laufbahn wurde er zum Regierenden Bürgermeister der Stadt gekürt, das erste Mal 1592. Unter seiner Regierung wurde die erste Zählung der Bevölkerung durchgeführt. Vorher waren nur die Haushalte erfasst worden. Als Ratsherr und Bürgermeister wurde Scultetus oft mit der Vertretung seiner Stadt bei den Konventen des Oberlausitzer Sechsstädtebunds und auf dem Oberlausitzer Landtag betraut. Für Görlitz und die übrigen fünf Städte war er auch als Gesandter am kaiserlichen Hof tätig. Ab dem Jahre 1587 legte Scultetus ein Urkundenbuch an, in das er alle wichtigen Privilegien und Rechte seiner Stadt eintrug.
Von Scultetus sind mehrere Geschichtswerke überliefert, so etwa zur Zeitgeschichte und auch eines zur Görlitzer Stadtgeschichte bis 1580 in zwei Bänden. Im Laufe seiner Amtszeit als Stadtrichter und Bürgermeister führte er über viele Jahre Tagebuch. Die Tagebücher, in die er Ereignisse, aber auch persönliche Erfahrungen und Gedanken eintrug, sollten ihm die Amtsführung erleichtern. Sie geben heute ein detailreiches Bild von der Situation in Görlitz an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Da es sich um eine Art inoffizieller Amtstagebücher handelt, erfährt man allerdings wenig über das persönliche Leben von Scultetus außerhalb seiner Amtspflichten.
Scultetus war einer der wichtigsten Kartographen des mitteldeutschen Raums im 16. Jahrhundert. 1568 fertigte er eine Karte der Mark Meißen an. Axelle Chassagnette bezeichnet diese Karte als – unter mathematischen Aspekten im Vergleich zu anderen Karten – „sehr gut konzipiert“.[2] 1593 schuf er im Auftrag der Stände die erste Landkarte der Oberlausitz. Dazu hatte er zahlreiche Reisen durch das Markgraftum unternommen, um sich selbst ein Bild von den topographischen Gegebenheiten zu machen. Als erster trug Scultetus in seiner Karte die sorbisch-deutsche Sprachgrenze ein. 1578 erhielt er sogar ein Angebot, für den russischen Zarenhof als Kartograph tätig zu werden.
Seine nachhaltige Bedeutung erzielte Scultetus jedoch als Astronom und Mathematiker. Ihn beschäftigten vor allem Methoden zur exakteren Zeitmessung. Erfolgreich war er auf diesem Gebiet sowohl bei der Einrichtung von Sonnenuhren als auch bei der Einführung des zwölfteiligen Zifferblattes an der Görlitzer Rathausuhr. Scultetus war mit Tycho Brahe, Johannes Kepler und Valentin Thau persönlich bekannt. Die herausragende Leistung des Bartholomäus Scultetus, die in ihrer Wirkung weit über Görlitz hinausging, war sein Beitrag zur Gregorianischen Kalenderreform, für deren Durchsetzung er eintrat. Frühzeitig erkannte der Protestant Scultetus die Richtigkeit der päpstlichen Bestrebungen hinsichtlich der Kalenderreform und er befürwortete gegenüber böhmischen Landes- und Hofbeamten die Einführung des neuen Kalenders, während viele protestantische Fürsten und Gelehrte dies aufgrund religiöser Vorurteile ablehnten. Es ist nicht zuletzt Scultetus zu verdanken, dass die Kalenderreform auf Befehl Kaiser Rudolfs II. in der Oberlausitz und den übrigen böhmischen Ländern bereits 1583 beziehungsweise 1584 eingeführt wurde.
Bartholomäus Scultetus starb am 21. Juni 1614 als hochgeachteter Mann. Er wurde in der Görlitzer Nikolaikirche begraben.
Personendaten | |
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NAME | Scultetus, Bartholomäus |
ALTERNATIVNAMEN | Schulz, Barthel; Scholz, Barthel |
KURZBESCHREIBUNG | Stadtrichter und Bürgermeister in Görlitz |
GEBURTSDATUM | 14. Mai 1540 |
GEBURTSORT | Görlitz |
STERBEDATUM | 21. Juni 1614 |
STERBEORT | Görlitz |