Die Benson-Methode ist eine Methode zur Abschätzung der Bildungsenthalpie, Bildungsentropie und Wärmekapazität von Stoffen in der idealen Gasphase. Die Methode wurde von dem amerikanischen Chemiker Sidney Benson (1918–2011)[1] im Jahr 1958 entwickelt,[2] später mit modernen Rechenprogrammen weiter optimiert und für andere Aggregatzustände modifiziert.[3] Bereits 1976 fand die Methode Eingang in moderne Lehrbücher.[4]
Die Methode basiert auf der Annahme, dass jedes Atom eines Moleküls einen spezifischen Beitrag zu den thermodynamischen Eigenschaften eines Moleküls beiträgt. Die Bindungstypen aller Atome müssen hierfür prinzipiell bekannt sein, räumliche Geometrien (strukturelle Isomere, Konformere/Rotamere und Symmetrien) führen nur zu kleineren Sonderbeiträgen bei der Kumulation der Inkremente (Einzelbeiträge).[3]
Methanol besteht aus einer Methylgruppe sowie einer Hydroxygruppe, die hierfür zu verwendenden Inkremente werden C-(H3)(O) und O-(H)(C) bezeichnet.[5]
Die Arbeit von Domalski (1993) erlaubt mit anderen Inkrement-Sätzen auch die Berechnung thermodynamischer Daten für den flüssigen und festen Aggregatzustand.
Der eigentliche Nutzen liegt darin, für jedes beliebige Moleküle diese thermodynamischen Größen berechnen zu können. Reaktionswärmen (endotherm/exotherm) bei chemischen Reaktionen lassen sich aus den Differenzen der Bildungsenthalpien aller Reaktanten vorzüglich abschätzen, zum Beispiel bei der Oxidation des Methanols. Bei durchgängiger Benutzung von Daten für den gasförmigen bzw. den flüssigen Zustand werden rechnerisch vergleichbare Reaktionsenthalpien erhalten (Hess’scher Wärmesatz[6]) >>Not only is the method fairly easy to apply, but it usually can estimate properties with an uncertainty no larger than typical experimental uncertainties.<< (N. Cohen 1996)
Referenzdaten für Standard-Bildungsenthalpien finden sich im CRC Handbook of Chemistry and Physics im Kapitel 5.4.[7] Werte für den Gaszustand und flüssigen Zustand unterscheiden sich definitionsgemäß um den Betrag der Standard-Verdampfungsenthalpie (25 °C).
Die Bildungsenthalpie $ \Delta H_{f}^{0} $ von Methanol ist −201,6 kJ/mol. Bei der Oxidation bilden sich Formaldehyd ($ \Delta H_{f}^{0} $= −108,6 kJ/mol) und Wasser ($ \Delta H_{f}^{0} $= −241,5 kJ/mol), der Prozess in der Gasphase ist stark exotherm (ber. −148 kJ/mol).[8]
Leitet man das Formaldehydgas ($ \Delta H_{f}^{0} $= −108,6 kJ/mol) in Wasser ($ \Delta H_{f}^{0} $= −241,5 kJ/mol), so bildet sich das Hydrat (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= −380,9 kJ/mol). Diese Hydratisierung ist schwach exotherm, das Gleichgewicht liegt fast vollständig auf der Seite des Aldehydhydrats.
Das Erhitzen von Methylcyclohexan (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= −149,2 kJ/mol) mit Hydrier/Dehydrierkatalysatoren ergibt unter Wasserstoff-Abspaltung Toluol (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= +50,4 kJ/mol). Die Reaktion ist stark endotherm (ber. +200 kJ/mol).[9]
Die Umkehrung dieser Reaktion, die Hydrierung von aromatischen Kohlenwasserstoffen, setzt hohe Wärmemengen frei. Dies ist bedeutsam bei Prüfung von Dibenzyltoluol auf Eignung als flüssiger organischer Wasserstoffträger.
Bei der Addition von Wasser ($ \Delta H_{f}^{0} $= −241,5 kJ/mol) an Ethylenoxid (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= −52,6 kJ/mol) bei 200 °C oder unter Säurekatalyse in Wasser, so bildet sich u. a. Ethylenglycol (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= −384,5 kJ/mol). Die Reaktion ist wie beim homologen Propylenoxid stark exotherm (ber. −90 kJ/mol).[10]
Die Ringöffnungsreaktionen mit Aminen (z. B. "Epoxy-Amin-Additionen" bei 2K-Klebern) sind vergleichbar exotherm.
Bei der Addition von Wasser ($ \Delta H_{f}^{0} $= −241,5 kJ/mol) an Bernsteinsäureanhydrid (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= −527,9 kJ/mol) bildet sich Bernsteinsäure (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= −826,8 kJ/mol). Die Reaktion ist exotherm (ber. −57 kJ/mol).[11] Für die Hydrolyse von Maleinsäureanhydrid wird mit −53 kJ/mol eine vergleichbare Wärmetönung wie für Acetanhydrid oder Phthalsäureanhydrid berechnet.
Bei der Addition von Kohlendioxid ($ \Delta H_{f}^{0} $= −393,5 kJ/mol) an Ethylenoxid (ber. $ \Delta H_{f}^{0} $= −52,6 kJ/mol) bildet sich Ethylencarbonat ($ \Delta H_{f}^{0} $= −508,5 kJ/mol).
Dieser Teilschritt ist mit −62 kJ/mol exotherm.
Im 2. Schritt wird hieran Wasser ($ \Delta H_{f}^{0} $= −241,5 kJ/mol) addiert und unter Abspaltung von Kohlendioxid entsteht das Ethylenglycol ($ \Delta H_{f}^{0} $= −384,5 kJ/mol).
Der 2. Teilschritt ist mit −28 kJ/mol deutlich schwächer exotherm.
Die Benson-Methode wurde in der Folge auch vor dem Hintergrund leistungsfähiger Computersysteme von mehreren Physikochemikern weiterentwickelt.