Biomarker für die Medizin oder Biologie sind messbare Parameter biologischer Prozesse, die prognostische oder diagnostische Aussagekraft haben und daher als Indikatoren z. B. für Umweltbelastungen oder Krankheiten herangezogen werden.
In der Geologie versteht man unter Biomarkern organische Substanzen, die in Sedimenten enthalten sind und Rückschlüsse auf deren (biologischen) Ursprung erlauben.
Biomarker sind charakteristische biologische Merkmale, die objektiv gemessen werden können und auf einen normalen biologischen oder krankhaften Prozess im Körper hinweisen können.
Bei einem Biomarker kann es sich um Zellen, Gene, Genprodukte oder bestimmte Moleküle wie Enzyme oder Hormone handeln. Auch komplexe Organfunktionen oder charakteristische Veränderungen biologischer Strukturen werden als medizinische Biomarker herangezogen.
Als ein gängiges Beispiel sei das Blutbild genannt, das Hinweise auf den Gesundheitszustand des Patienten gibt.
In den letzten Jahren ist ein zunehmendes Interesse der Pharmaindustrie an der Erforschung von Biomarkern zu beobachten. So ist nach einer aktuellen Marktforschungsstudie die Zahl der klinischen Studien mit Biomarkern allein in den vergangenen vier Jahren um das 10-fache gestiegen. Nach Schätzungen investiert die pharmazeutische Industrie heute jährlich bis zu zwei Milliarden Euro in die Biomarkerforschung. Gründe für diesen Trend sind zum einen in der stark rückläufigen Zahl der neu zugelassenen Arzneimittel zu suchen. Zum anderen sind viele komplexe Erkrankungen, wie z. B. AIDS oder Krebs, trotz intensivster Forschungsanstrengungen bis heute noch immer nicht hinreichend – und/oder erst (zu) spät – diagnostizier- oder gar therapierbar. Andere Erkrankungen sind mit herkömmlichen Verfahren nur sehr aufwändig und/oder langwierig zu bestimmen. Z. B. kann ein Psychologe erst nach ausführlichen psychologischen Gesprächen einigermaßen sicher eine Verstimmung von einer Depression unterscheiden. Ein Biomarker – also ein Bluttest zur Erkennung von Depressionen − ist in der Erforschung.[1] Große Hoffnungen werden daher in die Erforschung und Entwicklung neuartiger Biomarker gesteckt, die auch mit Hilfe neuartiger Verfahren wie Genomsequenzierung, Proteomics und DNA-Mikroarrays zugänglich gemacht werden (sollen).[2]
Es wird unterschieden zwischen den krankheitsbezogenen und den arzneimittelbezogenen Biomarkern.
Der „klassische“ Biomarker für die Medizin ist ein Laborparameter, den der Arzt als Entscheidungshilfe für die Diagnosestellung und die Therapieentscheidung heranzieht. So gilt zum Beispiel der Rheumafaktornachweis schon lange als wichtiger diagnostischer Marker für eine rheumatoide Arthritis.
Neben den Rheumafaktoren spielen für die Diagnostik und Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) auch moderne Biomarker wie die Antikörper gegen die körpereigenen citrullinierten Proteine, die so genannten ACPAs, eine wichtige Rolle. Diese Biomarker lassen sich bereits vor dem Auftreten erster Symptome der Rheumaerkrankung im Blut nachweisen und sind damit wertvolle und sehr aussagekräftige Biomarker für die Diagnostik dieser Autoimmunerkrankung.[3] Zudem weisen sie auf einen drohenden schweren Verlauf der Krankheit mit schwerwiegender Knochen- und Gelenkzerstörung hin, was sie für den behandelnden Arzt zu einem wichtigen Werkzeug bei der frühen Diagnosestellung und der schnellen Therapieentscheidung macht.[4][5]
Ein weiterer häufig untersuchter Biomarker ist das prostataspezifische Antigen (PSA), seine Konzentration im Blut verändert sich unter anderem bei Veränderungen der Prostata. Auch das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) korreliert mit dem Krankheitsstadium des Prostatakrebses und wird in der Literatur erwähnt.[6]
Gerade bei chronischen Erkrankungen, zu deren Behandlung der Patient möglicherweise jahrelang Medikamente mit entsprechenden Nebenwirkungen einnehmen muss, ist die sichere Diagnose der Erkrankung essentiell. Hier gewinnen Biomarker mehr und mehr an Bedeutung, denn sie können eine schwierige Diagnose absichern oder sie sogar erst ermöglichen. Einer Reihe von Erkrankungen wie zum Beispiel bestimmten Krebserkrankungen, der Alzheimer-Erkrankung oder der rheumatoiden Arthritis geht häufig ein frühes, symptomloses Krankheitsstadium voraus. In dieser Phase helfen Biomarker, symptomfreie Risikopersonen rechtzeitig und zuverlässig zu identifizieren.[7][8]
Um einen Biomarker für die Diagnostik nutzen zu können, muss das Probenmaterial möglichst leicht zugänglich sein. Das kann etwa über eine Blutentnahme durch den Arzt geschehen, eine Urin- oder Speichelprobe, oder über einen Tropfen Blut, wie ihn sich jeder Diabetiker für die regelmäßige Blutzucker-Selbstmessung selbst aus der Fingerkuppe entnimmt.
Für den zügigen Therapiebeginn ist von Bedeutung, wie schnell das Resultat aus dem Biomarkernachweis vorliegt. Optimal ist hier ein Schnelltest, der schon nach wenigen Minuten das Ergebnis liefert, was dem behandelnden Arzt einen schnellen Therapiebeginn ermöglicht.
Selbstverständlich muss ein Biomarker evaluiert sein. Das Nachweisverfahren muss genau und einfach durchzuführen sein, wobei die Ergebnisse der verschiedenen Labore nicht oder nur wenig voneinander abweichen dürfen. In unabhängigen Studien muss die Bedeutung des Biomarkers für Diagnostik, Prognose und Risikoeinschätzung der betreffenden Erkrankung belegt sein.[9]
Wenn Umwelteinflüsse (z. B. Sonnenstrahlung, Wassermangel) oder Fremdstoffe (z. B. Schadstoffe, Krankheitserreger oder Medikamente) in ein biologisches System eindringen, verändern sie den Metabolismus. Diese Änderung wird messbar, indem die Aktivität charakteristischer Substanzen, deren Vorhandensein oder deren Menge bestimmt wird.
Als derart charakteristische Substanzen werden meistens Proteine (z. B. VTG), Kohlenhydrate, Hormone oder Stoffwechselprodukte untersucht. Es kann zwischen integralen und spezifischen Biomarkern unterschieden werden. Integrale Biomarker können eine Vielzahl von Substanzen umfassen. Sie zeigen eher eine Menge von möglichen Abweichungen an. Spezifische Biomarker hingegen sind einzelne Indikatoren für einen konkreten Stoffwechselschritt.
Bei Pflanzen werden Blätter oder Nadeln, oft auch Wurzeln, entnommen, um die Marker extrahieren zu können. Das Thema wird sehr vielfältig beforscht, die Ursprünge finden sich in der Ökotoxikologie.
In der Geologie und der organischen Geochemie werden aus Sedimenten gewonnene organische Substanzen, die sich auf bestimmte Organismen zurückführen lassen, als Biomarker bezeichnet.
Durch ihren Aufbau bzw. ihrer Zusammensetzung können sie Hinweise auf ihren Ursprung geben, was als Hilfsmittel zur Rekonstruktion von Klimaveränderungen, Organismenvergesellschaftungen als auch des sedimentäre Ablagerungsmilieus in der geologischen Vergangenheit genutzt werden kann.
Geochemische Biomarker sind vor allem Lipide (Kohlenwasserstoffe, Fettsäuren, Sterole, Hopanoide), da diese relativ stabil sind und auch über geologische Zeiträume erhalten bleiben können. Die Art der Substanz kann Aussagen über den Ursprungsorganismus geben (z. B. Algen, Landpflanzen).
So werden z. B. bestimmte Ketone (Alkenone) von bestimmten marinen Algen produziert, langkettige n-Alkane (mit mehr als 25 Kohlenstoffatomen) werden in den Blattwachsen höherer Pflanzen synthetisiert. Weiterhin gibt auch das Auftreten einiger Substanzen, wie beispielsweise Diplopten (bakterieller Marker; Cyanobakterien) Hinweise auf biologische Prozesse zur Zeit der Ablagerung des Sedimentes.
Neben der Struktur wird häufig auch das Verhältnis der stabilen Isotope von vor allem Kohlenstoff und Wasserstoff an diesen Biomarkern gemessen, um Informationen zum Ursprung der Substanz zu erhalten. Die Kohlenstoffisotopie kann z. B. Rückschlüsse auf biologische Prozesse (z. B. Photosynthese), die Wasserstoffisotopie auf klimatische Einflüsse (z. B. Feuchte oder Trockenheit) zur Zeit der Entstehung der Substanzen erlauben.
Wird das Sediment nach seiner Ablagerung durch Einfluss von Temperatur und Druck verändert, werden auch relativ stabile Biomarker verändert. Man kann dann nicht mehr unbedingt auf die biologische Ausgangssubstanz schließen, und spricht auch von Geomarkern.
Auch in der Astrobiologie wird der Begriff Biomarker oder auch Biosignatur verwendet.[10][11][12] Darunter versteht man Gase wie Sauerstoff (O2), Ozon (O3), Wasser – speziell als Wasserdampf – (H2O), Kohlenstoffmonoxid (CO) und Methan (CH4), die auf biologische Aktivität, z. B. auf einem Exoplaneten, hinweisen könnten.[13] Mittels Astrospektroskopie können Methoden entwickelt werden, um Biosignaturen extraterrestrischer Ökosysteme zu erforschen. 2012 erprobten Astronomen diese Möglichkeit mit dem VLT und analysierten den Erdschein. Mit zukünftigen astronomischen Instrumenten, wie z. B. dem European Extremely Large Telescope kann diese Methodik zur Erforschung nach Biosignaturen auch auf Exoplaneten und Exomonde angewandt werden.[14][15][16]