Christoffelsymbole

Christoffelsymbole

In der Differentialgeometrie sind die Christoffelsymbole, nach Elwin Bruno Christoffel (1829–1900), Hilfsgrößen zur Beschreibung der kovarianten Ableitung auf Mannigfaltigkeiten. Sie geben an, um wie viel sich Vektorkomponenten bei der Parallelverschiebung entlang einer Kurve ändern. In älterer Literatur findet sich auch die Bezeichnung Christoffel’sche Dreizeigersymbole (erster und zweiter Art)[1].

Im euklidischen Vektorraum sind die Christoffelsymbole die Komponenten der Gradienten der ko- und kontravarianten Basisvektoren eines krummlinigen Koordinatensystems.[2] In der allgemeinen Relativitätstheorie dienen die Christoffelsymbole zur Herleitung des Riemannschen Krümmungstensors.

Christoffelsymbole einer Fläche

In der klassischen Differentialgeometrie wurden die Christoffelsymbole erstmals für gekrümmte Flächen im dreidimensionalen euklidischen Raum definiert. Sei also SR3 eine orientierte reguläre Fläche und X:UR2S eine Parametrisierung von S. Die Vektoren Xu(p) und Xv(p) bilden eine Basis der Tangentialebene TpS, und mit Np wird der Normalenvektor zur Tangentialebene bezeichnet. So bilden die Vektoren Xu(p), Xv(p), Np eine Basis des R3. Die Christoffelsymbole Γijk, i,j,k=1,2 werden bezüglich der Parametrisierung X dann durch das folgende Gleichungssystem definiert:

2Xu2=Γ111Xu+Γ112Xv+h11N,2Xuv=Γ121Xu+Γ122Xv+h12N,2Xvu=Γ211Xu+Γ212Xv+h21N,2Xv2=Γ221Xu+Γ222Xv+h22N.

Schreibt man X1 für Xu, X2 für Xv und X11 für 2Xu2, X21 für 2Xuv und X22 für 2X2v, so lassen sich die definierenden Gleichungen zusammenfassend als

Xij=k=12ΓijkXk+hijN

schreiben. Aufgrund des Satzes von Schwarz gilt X2u=X1v, das heißt, X12=X21, und daraus folgt die Symmetrie der Christoffelsymbole, das heißt Γ121=Γ211 und Γ122=Γ212. Die Koeffizienten h11, h12=h21 und h22 sind die Koeffizienten der zweiten Fundamentalform.

Ist γ:]a,b[S eine Kurve bezüglich der gaußschen Parameterdarstellung γ(t)=X(u1(t),u2(t)), so ist der tangentiale Anteil ihrer zweiten Ableitung durch

(γ¨)=(u¨1+i,j=12Γij1u˙iu˙j)Xu1+(u¨2+i,j=12Γij2u˙iu˙j)Xu2

gegeben. Durch Lösen des Differentialgleichungssystems (γ¨)=0 findet man also die Geodäten auf der Fläche.

Allgemeine Definition

Die im vorigen Abschnitt definierten Christoffelsymbole kann man auf Mannigfaltigkeiten verallgemeinern. Sei also M eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit mit einem Zusammenhang . Bezüglich einer Karte (U,φ) erhält man mittels 1|p:=φ1|p,,n|p:=φn|p eine Basis des Tangentialraums TpM und somit auch ein lokales Reper (Basisfeld) 1,,n des Tangentialbündels. Für alle Indizes i und j sind dann die Christoffelsymbole Γijk durch

ij=:Γijkk

definiert. Die n3 Symbole Γijk bilden also ein System von Funktionen, welche vom Punkt der Mannigfaltigkeit abhängen (dieses System bildet aber keinen Tensor, s. u.).

Man kann die Christoffelsymbole auch für ein n-Bein, d. h. eine lokale Basis E1,,En, die nicht unmittelbar durch eine Karte festgelegt wird, gemäß

EiEj=:ΓijkEk

definieren, wobei hier und im Folgenden die Summenzeichen gemäß der Einsteinschen Summenkonvention weggelassen werden.

Eigenschaften

Kovariante Ableitung von Vektorfeldern

Im Folgenden bezeichnet, genauso wie im vorigen Abschnitt, 1,,n einen lokalen Rahmen, welcher durch eine Karte induziert wird, und E1,,En einen beliebigen lokalen Rahmen.

Seien X,YΓ(TM) Vektorfelder mit den in UTM lokalen Darstellungen X=XiEi und Y=YjEj. Dann gilt für die kovariante Ableitung von Y in Richtung von X:

XY=(XYk+XiYjΓijk)Ek.

Dabei bezeichnet XYk die Anwendung der Derivation X auf die Komponentenfunktion Yk.

Wählt man einen lokalen Rahmen 1,,n, der von einer Karte φ induziert wird, und wählt man für das Vektorfeld X speziell das Basisvektorfeld i, so erhält man

iY=(iYk+YjΓijk)k

bzw. für die k-te Komponente

(iY)k=iYk+YjΓijk.

Im Indexkalkül für Tensoren schreibt man dafür auch Y;ik oder DiYk, während man die partielle Ableitung (Ykφ1)φi als Y,ik bezeichnet. Es ist bei Y;ik aber zu beachten, dass hier nicht nur die Komponente Yk abgeleitet wird, sondern dass es sich um die k-te Komponente der kovarianten Ableitung des gesamten Vektorfelds Y handelt. Obige Gleichung schreibt sich dann als

DiYk=Ykφi+ΓijkYj

bzw.

Y;ik=Y,ik+ΓijkYj.

Wählt man für X und Y den Tangentialvektor γ˙ einer Kurve γ:]a,b[M und ist M eine 2-dimensionale Mannigfaltigkeit, so hat γ˙γ˙ die gleiche lokale Darstellung bezüglich der Christoffelsymbole wie (γ¨) aus dem ersten Abschnitt.

Christoffelsymbole bei riemannschen und pseudo-riemannschen Mannigfaltigkeiten

Sei (M,g) eine riemannsche oder pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit und der Levi-Civita-Zusammenhang. Der lokale Rahmen sei der durch eine Karte (U,x) induzierte 1,,n.

Hier kann man die Christoffelsymbole durch

Γμνσ=12gσκ(gνκxμ+gμκxνgμνxκ)

aus dem metrischen Tensor g gewinnen,[3][4] wobei, wie in der Allgemeinen Relativitätstheorie üblich, griechische Buchstaben für die Raumzeit-Indizes benutzt wurden. In diesem Fall sind die Christoffelsymbole symmetrisch, das heißt, es gilt Γμνσ=Γνμσ für alle μ und ν. Diese Christoffelsymbole nennt man auch Christoffelsymbole zweiter Art.

Als Christoffelsymbole erster Art werden die Ausdrücke

Γμνκ=12(μgνκ+νgμκκgμν)(=Γμνσgσκ)

bezeichnet.

Ältere, besonders in der Allgemeinen Relativitätstheorie verwendete Notationen sind für die Christoffelsymbole erster Art

[μν,κ]=Γμνκ ,

sowie für die Christoffelsymbole zweiter Art

{σμν}=Γμνσ .

Anwendung auf Tensorfelder

Die kovariante Ableitung kann von Vektorfeldern auf beliebige Tensorfelder verallgemeinert werden. Auch hier treten in der Koordinatendarstellung die Christoffelsymbole auf. In diesem Abschnitt wird durchgehend der oben beschriebene Indexkalkül verwendet. Wie in der Relativitätstheorie üblich, werden die Indizes mit griechischen Kleinbuchstaben bezeichnet.

Die kovariante Ableitung eines Skalarfeldes g ist

Dμg=gxμ.

Die kovariante Ableitung eines Vektorfeldes Vν  ist

DμVν=Vνxμ+ΓλμνVλ

und bei einem Kovektorfeld, also einem (0,1)-Tensorfeld Vν erhält man

DμVν=VνxμΓμνλVλ.

Die kovariante Ableitung eines (2,0)-Tensorfeldes Aμν ist

DλAμν=Aμνxλ+ΓρλμAρν+ΓρλνAμρ.

Bei einem (1,1)-Tensorfeld Aνμ lautet sie

DλAνμ=Aνμxλ+ΓρλμAνρΓνλρAρμ

und für ein (0,2)-Tensorfeld Aμν  erhält man

DλAμν=AμνxλΓμλρAρνΓνλρAμρ.

Erst die hier auftretenden Summen bzw. Differenzen, nicht aber die Christoffelsymbole selbst, besitzen die Tensoreigenschaften (z. B. das korrekte Transformationsverhalten).

Einzelnachweise

  1. Karl Strubecker: Differentialgeometrie, Band 2, S. 204 ff.
  2. Werner: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik, Band 1 S. 313 ff.
  3. Eric Weisstein: Christoffel Symbols of the Second Kind (Wolfram Mathworld)
  4. Bruce Kusse, Erik Westwig: Christoffel Symbols and covariant derivatives (Seite 5, Formel F.24)

Literatur

  • Wolfgang Werner: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik. Tensoralgebra und Tensoranalysis. Band 1. Springer Vieweg Verlag, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-25271-7, S. 313 ff., doi:10.1007/978-3-658-25272-4.
  • Wolfgang Werner: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik. Tensoren in Mathematik und Physik. Band 2. Springer Vieweg Verlag, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-25279-3, doi:10.1007/978-3-658-25280-9.
  • Manfredo Perdigão do Carmo: Differential Geometry of Curves and Surfaces. Prentice-Hall Inc., Upper Saddle River NJ 1976, ISBN 0-13-212589-7.
  • Manfredo Perdigão do Carmo: Riemannian Geometry. Birkhäuser, Boston u. a. 1992, ISBN 0-8176-3490-8.
  • John M. Lee: Riemannian Manifolds. An Introduction to Curvature (= Graduate Texts in Mathematics 176). Springer, New York NY u. a. 1997, ISBN 0-387-98322-8.