Indexnotation von Tensoren

Indexnotation von Tensoren

Die Indexnotation ist eine Form, Tensoren schriftlich darzustellen, die vor allem in der Physik und gelegentlich auch im mathematischen Teilgebiet der Differentialgeometrie Anwendung findet.

In ihrer verbreiteteren Form gibt die Notation Tensorkomponenten in bestimmten Koordinaten an. Mit der abstrakten Indexnotation werden dagegen Tensoren koordinatenunabhängig bezeichnet, wobei die Notation den Typ des Tensors angibt und Kontraktionen und kovariante Differentiationen koordinatenfrei darstellen kann. Die abstrakte Indexnotation wurde von Roger Penrose eingeführt.[1]

Am üblichsten ist diese Notation im Kontext der allgemeinen Relativitätstheorie, deren Formulierung in Form von Tensoren erfolgt. Auch einige moderne Texte über spezielle Relativitätstheorie verwenden diese Notation, und im Kontext von Eichtheorien ist sie auch in der Quantenfeldtheorie anzutreffen. Diese Notation eignet sich besonders für Rechnungen in lokalen Koordinaten, weshalb sie in der Physik deutlich verbreiteter ist als in der Mathematik.

Es gibt zwei Grundformen dieser Notation. In der einen stellen die Tensoren mit Indizes Elemente der Tensoren in lokalen Koordinaten dar. Bei dieser Variante wird die Einsteinsche Summenkonvention verwendet, um Kontraktionen oder Spurbildungen auszuführen. Die zweite Möglichkeit ist die abstrakte Tensornotation. Bei dieser zeigen die Indizes nicht mehr die Komponenten in Koordinaten an, sondern sind nur noch Symbole, die die Stufe des Tensors angeben.

Tensoren

In der Differentialgeometrie wird die Geometrie gekrümmter Räume untersucht, die durch sogenannte differenzierbare Mannigfaltigkeiten beschrieben werden. Diese Mannigfaltigkeiten erlauben an jedem Punkt p die Definition eines d-dimensionalen reellen Vektorraums, der als Tangentialraum in diesem Punkt bezeichnet wird. Wenn die Mannigfaltigkeit in einen höherdimensionalen Raum eingebettet wird, entspricht der Tangentialraum genau der d-dimensionalen Hyperfläche, die die Mannigfaltigkeit im Punkt p berührt und dort zu ihr tangential ist. Der Dualraum des Tangentialraums wird als Kotangentialraum bezeichnet.

Die Elemente eines Tensorproduktes aus k Kopien des Kotangentialraums und l Kopien des Tangentialraums werden als (k,l)-Tensoren bezeichnet. Sie sind also multilineare Abbildungen, die k Elemente des Tangentialraums und l Elemente des Kotangentialraums auf eine reelle Zahl abbilden. Ein (k,l)-Tensorfeld ist eine Abbildung, die jeden Punkt der Mannigfaltigkeit auf einen (k,l)-Tensor abbildet.

Die Koordinatendarstellungen von Tensorfeldern müssen ein bestimmtes Transformationsverhalten unter Kartenwechselabbildungen, also lokalen Diffeomorphismen, erfüllen.

Indexnotation

Die Indexnotation schreibt die Argumente, in denen der Tensor linear ist, nicht mittels einer Argumentklammer, sondern mittels Indizes. Diese Indizes werden hoch- oder tiefgestellt, je nachdem ob das Argument aus dem Tangentialraum oder dem Kotangentialraum ist. Ein (k,l)-Tensor T mit Argumenten v1,,vk aus dem Tangentialraum und w1,,wl aus dem Kotangentialraum wird also notiert als:

T(v1,,vk,w1,,wl)=Tμ1μkν1νl(v1)μ1(vk)μk(w1)ν1(wl)νl

Die Indexnotation beruht darauf, dass Tensoren multilineare Abbildungen sind und daher in den Argumenten, in denen sie linear sind, ein Distributivgesetz erfüllen und mit der Multiplikation mit Skalaren kommutieren. Das bedeutet, dass sich z. B. rv1+sV1 mit r und s reellen Zahlen und v1 und V1 aus dem Tangentialraum statt v1 einsetzen lässt und damit wie mit Zahlen weitergerechnet werden kann.

Wenn man die obige Formel als Koordinatenschreibweise versteht, ist sie mit der Summenkonvention einfach zu verstehen. Diese Notation lässt sich jedoch auch koordinatenfrei auffassen, wobei die Position der Indizes nur beschreibt, welche Art Tensor vorliegt, wobei also obenstehende Indizes Kopien des Tangentialraums und untenstehende Indizes Kopien des Kotangentialraums bezeichnen. Das Zeichen für das Tensorprodukt wird in dieser Notation ausgelassen, das heißt hintereinandergeschriebene Tensoren werden als Tensorprodukt aufgefasst. Bei einem einmal oben- und einmal untenstehenden Index wird eine Kontraktion analog zur kanonischen Paarung verstanden, was prinzipiell nicht basisabhängig ist.

Tensoren in der Physik

Ein Tensor ist, im Sprachgebrauch der Physik, eine Äquivalenzklasse von Tripeln (B,S,T), bestehend aus

  1. einer Basis B eines fixierten n-dimensionalen Vektorraums V, z. B. des Minkowski-Raumes,
  2. einer Signatur S, die ein Tupel einer Länge s mit Einträgen Sk{h,t}, k=1,,s, ist,
  3. und einem „Hypertupel“ T, d. h. einer Abbildung T:IsR, wobei I={1,2,,n}.
  • Die Länge s der Signatur, die auch die Anzahl der Argumente der Abbildung T angibt, heißt Stufe des Tensors.
  • Für die Abbildung T wird nicht die übliche Funktionsschreibweise verwendet, sondern ähnlich wie bei Folgen die alternative (und historisch ältere) Indexschreibweise, wobei Indizes oben und unten hinter dem Funktionssymbol T angeordnet werden können. Welche Indizes oben und welche unten geschrieben werden, gibt die Signatur an. Dabei steht ein Eintrag h oder t in der Signatur für Hoch- und Tiefstellen des entsprechenden Index.
  • Zwei Tripel (B,S,T) und (B,S,T) bezeichnen denselben Tensor, wenn die Signatur übereinstimmt, d. h. S=S, und die Komponenten von T und T über die Koordinatenwechselmatrix A verbunden sind. Das heißt B=BA, wenn die Basis als Zeilenvektor der Basisvektoren aufgefasst wird und A eine n×n-Matrix ist. Das Transformationsverhalten hat dann folgende Gestalt
T(i1,,is)=j1,,js(AS1)(i1,j1)(ASs)(is,js)T(j1,,js)
wobei Ah:=A die Transformationsmatrix und At:=(A1)T die Transponierte der inversen Matrix ist, d. h. (At)(i,j):=(A1)(j,i). Der Allgemeinheit willen wurde auf das Hoch- und Tiefstellen verzichtet und die Funktionsschreibweise statt der Indizes gewählt, konkrete Beispiele für die Indexschreibweise finden sich weiter unten.

Beziehung zum geometrischen Tensorprodukt

Eine Klasse äquivalenter Darstellungstripel (B,S,T) bezeichnet die Koordinatendarstellung eines Elements aus dem Tensorproduktraum

TSV=VS1VSs,

wobei Vh:=V der Vektorraum und Vt:=V der duale Vektorraum der Linearformen ist. Das Element selbst ist dann die Summe

T=j1,,jsT(j1,,js)ej1S1ejsSs,

mit ejh:=ej ein Basisvektor und ejt:=θj ein Element der dualen Basis.

Beispiele der Koordinatennotation

Beispiele der Stufe 1

Beispiel einer kontravarianten Größe ist der Spaltenvektor der Koordinaten eines Ortsvektors (xμ), als Tripel also (B,(h),x). Kontravariante Größen haben vereinbarungsgemäß immer hochgestellte Indizes. Der Variationsbereich der Indizes entspricht gemäß ihrer Herkunft immer der Basis, hat also eine Anzahl, die der Dimension des Raums entspricht.

Unter einem Basis-/Koordinatenwechsel B=BA transformiert sich der Vektor als

xμ=ν=1nAμνxν, d. h. x=Ax.

Das invariante geometrische Objekt ist der Vektor

x:=ν=1nxνeν.

In der relativistischen Raum-Zeit werden die Koordinaten als Spaltenvektor

x=(xμ)=(x0,x1,x2,x3)T=(ct,x,y,z)T

angegeben.

Beispiel einer kovarianten Größe ist der Zeilenvektor der Koordinaten einer 1-Form, d. h. eines linearen Funktionals, α=(αμ), oder als Tripel (B,(t),α). Kovariante Größen haben vereinbarungsgemäß immer tiefgestellte Indizes. Sie transformieren sich definitionsgemäß nach

αμ=ν=1n(At)μναν

Das invariante geometrische Objekt ist der Kovektor

α:=ν=1nανθν.

In der relativistischen Raum-Zeit werden die Koordinaten als

(αμ)=(α0,α1,α2,α3)

angegeben.

Analog zur Multiplikation eines Zeilen- mit einem Spaltenvektor in Rn definiert man die Anwendung eines linearen Funktionals auf einen Vektor:

α|x=α(x)=μαμxμ=αμxμ

Die letzte Schreibweise verwendet die Einsteinsche Summationskonvention, die besagt, dass über gleich benannte Indizes summiert wird, wenn der eine unten und der andere oben steht. Man spricht auch, etwas ungenau, vom Skalarprodukt eines ko- und eines kontravarianten Vektors.

Man rechnet leicht nach, dass es sich dabei auch tatsächlich um einen Skalar, d. h. einen transformationsinvarianten Tensor 0. Stufe handelt:

α|x=(At)μνανAμκxκ=(A1)νμAμκανxκ=δνκανxκ=α|x

Das zweite Newtonsche Gesetz in Indexnotation:

ddtpi=iϕ

Beispiele der Stufe 2

Es findet sehr oft eine Umschreibung kontravarianter Koordinaten in kovariante statt, d. h. eine Umwandlung eines Vektors in eine 1-Form und umgekehrt. Man bezeichnet dies als Hochstellen oder Herunterstellen von Indizes.

Dies wird durch einen metrischen Tensor g ermöglicht, ein Tensor der Stufe (0,2) mit zweifach kovarianten Koordinaten gμν. D. h. ihm entspricht das Tupel (B,(t,t),g) und die Transformationsvorschrift

gμν=(At)μκ(At)νλgκλ und das geometrische invariante Objekt
g=gμνθμθν.

Im Allgemeinen verlangt man, dass der metrische Tensor symmetrisch – g(x,y)=g(y,x) bzw. gμν=gνμ – und nicht ausgeartet ist, d. h. es muss einen inversen symmetrischen Tensor g1 der Stufe (2,0) geben, welcher kontravariante Koordinaten gμν hat, so dass gilt:

gμκgκν=δμν={1 bei μ=ν0 bei μν..

Die Inverse zum metrischen Tensor wird auch als seine kontravariante Form bezeichnet.

Die adjungierte 1-Form des Ortsvektors x hat dann die „gesenkten“ Koordinaten

xμ=gμνxν, umgekehrt ist xμ=gμνxν.

Die Anwendung der adjungierten 1-Form (xμ) auf den Ortsvektor (xμ)

g(x,x)=gμνxμxν=xμxμ=x0x0+x1x1+x2x2+x3x3

ist eine quadratische Abbildung, die den Ortsvektor auf eine reelle Zahl abbildet.

Der Vektor (xk) wurde bereits durch die Kartesischen Koordinaten (x,y,z) und die Zeitkoordinate ct ausgedrückt.

In der speziellen Relativitätstheorie bzw. im Minkowski-Raum ist die Koordinatenmatrix des metrischen Tensors diagonal mit Einträgen (1,1,1,1) auf der Diagonalen, es werden als Koordinaten-/Basistransformationen nur sog. Lorentz-Transformationen zugelassen, welche diese Normalform des metrischen Tensors unverändert lassen. Der entsprechende adjungierte kovariante Vektor lautet in diesen Koordinaten:

(xk)=(ct,x,y,z)

Hieraus folgt: g(x,x)=xkxk=c2t2x2y2z2. Man beachte, dass die scheinbare Einfachheit dieser Formel eine komplexe Konstruktion verbirgt: Der Vektor x wird in zwei verschiedenen Koordinatendarstellungen ausgedrückt, wobei in eine der Metrik-Tensor schon eingegangen ist. Die übliche Koordinatendarstellung eines Skalarproduktes hat zwar dieselbe Komplexität, aber verbirgt diese nicht.

Durch die kontravariante und kovariante Schreibweise werden Darstellungen in der Form (x,y,z,ict) mit der imaginären Einheit i vermieden, wie sie früher gebräuchlich waren und auch heute noch in manchen Lehrbüchern verwendet werden.

Darüber hinaus ermöglicht ihre Verwendung in der speziellen Relativitätstheorie den direkten Übergang auf den allgemeinen Fall.

Abstrakte Index-Notation

Die abstrakte Index-Notation benutzt die Formalismen von Einsteins Summenkonvention um die Schwierigkeiten der Beschreibung von Kontraktionen und kovarianten Differentiationen der modernen abstrakten Tensor-Notation zu umgehen und die explizite Kovarianz des Ausdruckes zu erhalten.

Es sei V ein (endlich-dimensionaler) Vektorraum und V sein Dualraum. Man betrachte beispielsweise den metrischen Tensor gVV, welcher eine Funktion mit zwei Argumenten aus V ist:

g=g(,):V×VK.

Die Platzhalter "" für die Argumente werden durch tiefgestellte lateinische Indizes ersetzt, die es erlauben den Typ des Tensors abzulesen (tiefgestellt steht für kovariant), jedoch keine numerische Bedeutung haben:

g=gab.

Die Argumente von g erhalten hochgestellte Indizes, die deutlich machen, für welchen Platzhalter sie einzusetzen sind:

g(x,y)=gabxayb=gabybxa.

Dabei kommt es nicht auf die Reihenfolge der Argumente an, was den Rechenregeln bei der Einsteinschen Summenkonvention entspricht. Ob der abstrakte Index einen Platzhalter für ein Argument oder ein Argument selbst bezeichnet, hängt von der Interpretation der Ausdrücke ab, in denen gewisse natürliche Vektorraumisomorphismen manifest sind. Beispielsweise steht xaya=yaxa für x(y)=y(x), wenn man yVV mit seinem zugehörigen Element aus dem Bidualraum identifiziert. Diese Notation benötigt also keine Bezeichnung für den natürlichen Isomorphismus VV.

Die Identifikation VV bezüglich des metrischen Tensors ist durch xb=gabxa gegeben. In dieser Beziehung steht gab für den Isomorphismus VV,xg(x,), für welchen ebenfalls keine zusätzliche Bezeichnung eingeführt werden muss. Der Zweideutigkeit des Symbols gab liegt hierbei der Isomorphismus VVL(V,V) zugrunde.

Ein weiteres Beispiel ist die Spur eines Tensors t=tabc über die letzten beiden Argumente tabb. Dies soll in der abstrakten Index-Notation eine Kontraktion darstellen. Durch die Wiederholung des Index erinnert die abstrakte Index-Notation an Einsteins Summenkonvention, obwohl sie keine Summation beinhaltet.

Abstrakte Indizes und Tensorräume

Ein allgemeiner homogener Tensor ist ein Element eines beliebig oft wiederholten Tensorprodukts der Vektorräume V und V, wie zum Beispiel:

VVVVV.

Nun erhält jeder Faktor in diesem Tensorprodukt eine Bezeichnung mithilfe eines lateinischen Buchstabens in hochgestellter Position, wenn es sich um einen kontravarianten Faktor (also V) handelt oder in einer tiefgestellten Position, wenn es sich um einen kovarianten Faktor (der Dualraum V) handelt. So ist das Produkt als

VaVbVcVdVe

beziehungsweise

Vabcde

darstellbar.

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese Ausdrücke dasselbe Objekt darstellen. Somit werden Tensoren dieses Typs durch folgende gleichwertige Ausdrücke dargestellt:

habcdeVabcde=VVVVV

Kontraktion

Immer wenn im Tensorprodukt von Vektorräumen V und V ein kovarianter und ein kontravarianter Faktor auftritt, existiert eine damit verbundene Spur. Beispielsweise ist

Tr12:VVVVVVVV

die Spur der ersten beiden Vektorräume. Und

Tr15:VVVVVVVV

die Spur des ersten und des fünften Vektorraums. Diese Spuroperationen lassen sich in der Abstrakten Index-Notation wie folgt darstellen:

habcdehaacde
habcdehabcda

Zopfabbildungen (Braiding Map)

Zu jedem Tensorprodukt existieren sogenannte Zopfabbildungen. Zum Beispiel vertauscht die Zopfabbildung

τ(12):VVVV

die beiden Tensorfaktoren (also τ(uv)=vu). Zopfabbildungen stehen in einer eindeutigen Beziehung zur Symmetrischen Gruppe, indem sie die Tensorfaktoren vertauschen. Mit τ(σ) wird die Zopfabbildung bezeichnet, die die Permutation σ auf die Tensorfaktoren anwendet.

Zopfabbildungen sind wichtig in der Differentialgeometrie. Beispielsweise lässt sich die Bianchi-Identität dadurch ausdrücken. Hier sei R der Riemannsche Krümmungstensor, der als Tensor in VVVV betrachtet wird. Die erste Bianchi-Identität lautet:

R+τ(123)R+τ(132)R=0.

In der Abstrakten Index-Notation ist die Anordnung der Indizes fix (normalerweise lexikographisch geordnet). Somit kann eine Zopfabbildung durch Vertauschen der Indizes repräsentiert werden. Beispielsweise ist der Riemannsche Krümmungstensor in der Abstrakten Index-Notation:

R=RabcdVabcd=VVVV.

Die Bianchi-Identität wird so zu

Rabcd+Rcabd+Rbcad=0.

Siehe auch

  • Penrosesche graphische Notation
  • Zopfgruppe

Einzelnachweise

  1. Roger Penrose, Wolfgang Rindler Spinors and Space-Time, Band 1, Cambridge University Press 1984. Auch verwendet zum Beispiel in Marcus Kriele Spacetime, Springer, 1999, S. 86, Wald General Relativity, University of Chicago Press 1984, Kapitel 2.4

Quellen

  • Roger Penrose: The Road to Reality. A Complete Guide to the Laws of the Universe. Cape, London u. a. 2004, ISBN 0-224-04447-8.
  • Roger Penrose, Wolfgang Rindler: Spinors and space-time: Volume 1: Two-spinor calculus and relativistic fields. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1984, ISBN 0-521-24527-3.