HEOS-1

HEOS-1

HEOS-1
Land: Europa
Betreiber: ESRO
COSPAR-Bezeichnung: 1968-109A
Missionsdaten
Masse: 105 kg
Größe: 1,3 m Durchmesser
Start: 5. Dezember 1968, 18:55 GMT
Startplatz: Cape Canaveral LC-17B
Trägerrakete: Delta E-1
Status: verglüht am 28. Oktober 1975
Bahndaten
Umlaufzeit: 6690 min[1]
Bahnneigung: 28,1°
Apogäum: 227099 km
Perigäum: 6804 km
Exzentrizität: 0,893

HEOS-1 (Highly Eccentric Orbit Satellite, englisch für: Satellit mit stark exzentrischer Umlaufbahn) war ein Satellit der europäischen Forschungsorganisation ESRO. In der Frühphase wurde der Satellit auch als HEOS-A bezeichnet.

Aufgabe

Der Satellit HEOS-1 wurde mit dem Ziel entwickelt, eine Anzahl von Experimenten aufzunehmen, mit denen in einer Periode erwarteter hoher Sonnenaktivität das magnetische Feld und die Energieverteilung von Protonen und Elektronen erforscht werden sollte.

Der Satellit wurde für eine Lebensdauer von einem Jahr konstruiert. Hauptauftragnehmer des Satelliten waren die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke aus Deutschland. Als Berater fungierte die Firma Lockheed Aircraft Deutschland. Weitere Auftragnehmer waren die Firmen BAC aus Großbritannien (Lageregelung), ETCA aus Belgien (elektrische Systeme) und Snecma aus Frankreich (Temperaturregelung).

Der Start von HEOS-1 mit einer Delta-E1

Aufbau

Grundstruktur

Die Grundstruktur des Satelliten war ein Zylinder von ungefähr 1325 mm Durchmesser; sie besaß auf der Oberseite einen axialen Ausleger um die Magnetfeldsensoren und die Antennen in einem gewissen Abstand anbringen zu können. Die Oberfläche stellte ein 16-flächiges Polyeder dar und war bis zu 70 % mit Sonnenzellen belegt. Eine Äquatorzone in der Nähe der Schwerpunktfläche von 70 mm Breite war für den Einbau der Experimente- und Fluglagenmessefühler reserviert. Die restlichen freien Zylinderflächen waren mit einer Wärmeschutzschicht überzogen. Deckfläche und Grundfläche des Satelliten waren mit abnehmbaren Platten ausgestattet, welche die Satellitenzelle verstärken und zusätzliche Flächen für die Temperaturregelung darstellen. Die primäre Zelle bestand aus dem Satellitenadapter, dem achteckigen Mittelrohr und vier Auslegern, welche die Sonnenzellenpaneele trugen, die ihrerseits die äußere Fläche darstellten. Der dreibeinige Ausleger war auf drei Trägern am oberen Teil des achteckigen Rohres befestigt. Diese anpassungsfähige Konfiguration vermochte eine Vielzahl verschiedenartiger Experimente aufzunehmen, wobei nur wenige Änderungen vorgenommen werden mussten.

Magnetische Auslegung

Aufgrund der Natur der Experimente wurde großer Wert auf die magnetische Reinheit des gesamten Satelliten gelegt. Magnesium, Aluminium und Titan waren die Hauptwerkstoffe der Grundstruktur. Herstellung und Handhabung wurden mit äußerster Sorgfalt vorgenommen, um so eine magnetische Verunreinigung zu vermeiden. Elektrische Schaltungen und Kabelbäume waren so ausgelegt, dass magnetische Streufelder nicht auftreten konnten. Alle Bauteile wurden unter dem Gesichtspunkt ausgewählt, die Verwendung magnetischer Werkstoffe auf ein Mindestmaß zu beschränken. Im Übrigen wurden umfangreiche Prüfversuche durchgeführt, um permanente und streumagnetische Felder zu ermitteln und zu verringern.

Lageregelung

HEOS-A erhielt eine Spinstabilisierung, die es ermöglichte, die Spinachse in Bezug auf die Ebene der Ekliptik entweder parallel, senkrecht oder in einer beliebigen Zwischenstellung und ungefähr senkrecht zur Sonnenrichtung zu orientieren. Die Lagestabilisierung wurde unter Ausnutzung des Kreiseleffektes erzielt. Man ließ den Flugkörper mit einer Nenndrehgeschwindigkeit von 10 Umdrehungen/min um seine Längsachse rotieren. Die Anlage für die Spitzengeschwindigkeit wurde vom Boden gesteuert. Erhöhung oder Verringerung des Satellitenspins wurde hierbei durch ein Kaltgassystem bewirkt, dessen zwei Gasdüsen am "Äquator" des Satelliten angeordnet waren. Die Neuausrichtung der Spinachse wurde entweder vom Boden aus gesteuert oder sie erfolgte über einen bordeigenen geschlossenen Regelkreis im Satelliten. Die Umorientierung der Spinachse geschah über eine impulsgesteuerte, eine Präzession erzeugende Kaltgasdüse an der Bodenkante des Satelliten. Ein Pastell Arbeiten der Nutationsdämpfer bestand aus einer gasgefüllten Röhre, die eine Kugel enthielt. Er wurde dazu verwendet, den Nutationskegel der Spinachse zu beseitigen, der durch die Gasstrahlstöße und Präzisionsdrehmomente erzeugt wird.

Stromversorgung

Photoelektrisch arbeitende Sonnenzellen und eine magnetisch reine Silber-Kadmium-Batterie lieferten 42 W für alle Experimente, Telemetrie, Ladesteuerung und die Messsubsysteme. Außerdem sorgte die Stromversorgungsanlage dafür, dass alle Verbraucher ihre nach Erfordernis geregelte Spannung erhielten. Die Stromverteilung erfolgte über eine Verteilerbox. Während der Schattenperiode, die in der Nähe des Perigäums auftritt, wurde die Batterie verwendet. Der Sonnenzellensammler bestand aus einer primären Anordnung von 7302 n/p Zellen, die 16 V Gleichspannung lieferten, und einer sekundären Anordnung von 1184 n/p Zellen, die zur Neuauflage und der Batterie dienen.

Temperaturregelung

Für die Einhaltung der Temperaturen innerhalb der zulässigen Grenzen während der Startvorbereitungen, der Aufstiegsphase sowie während des Betriebs wurde ein passives System benutzt. Während des Normalbetriebes lagen die Temperaturen möglichst nahe am optimalen Wert. Es wurden drei Zustände auf der Umlaufbahn berücksichtigt: (A) volle Sonnenstrahlung: den größten Teil seiner Betriebslebensdauer verbrachte der Satelliten im Sonnenlicht; (B) kurze Verfinsterung: Sie betrug maximal 45 Minuten. Während dieser Zeit blieben alle Experimente und Subsysteme in Betrieb; (C) lange Verfinsterung: bis zu 4,5 Stunden; während dieser Zeit waren alle Geräte mit Ausnahme des Empfängers für die Befehlsaufnahme und seiner Stromversorgung abgeschaltet.

Telemetrie

Ein integriertes Transpondergerät von 5,5 kg Gewicht und 20 Watt Leistung wurde gleichzeitig für Telemetrie, Fernsteuerung und Bahnverfolgung benutzt. Das System empfing Digitaldaten auf 63 Kanälen und Analogdaten auf 64 Kanälen, die zeitlich nacheinander zugewiesen wurden. Im Einklang mit den ESRO-Bodenstationen wurde eine Sendefrequenz von 136 bis 138 MHz gewählt. Die Rundstrahlantenne war so ausgelegt, dass sie bei einer Sendeleistung von 5,5 Watt einwandfreien Empfang von Satelliten ermöglichte und zwar für jede Fluglage bis zu einem Apogäum von 300.000 km. Für die Befehlsübermittlung wurde ein Standard Tonuntersystem benutzt, mit denen bis zu 70 verschiedene Befehle auf der Frequenz von 148,25 MHz übertragen wurden. Es wurde ein Abstands-Tonuntersystem verwendet, dass eine Genauigkeit der Bahnverfolgung plus minus 50 km gestattete.

Experimente

Die Experimente an Bord des Satelliten hatten ein Gesamtgewicht von 25 kg und einen elektrischen Leistungsbedarf von 7,5 W. Es handelte sich dabei um folgende Experimente:

  • Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (Deutschland): "Ionenwolke". Eine 8 kg schwere, mit Barium und Kupferoxid gefüllte Kapsel wurde ausgestoßen; sie erzeugte in etwa 50 km Abstand vom Satelliten eine Ionenwolke
  • Imperial College (Großbritannien): Messung des interplanetaren magnetischen Feldes
  • Imperial College (Großbritannien): Messung der Einfallsrichtung von hochenergetischen Protonen der Höhenstrahlung
  • Universität Brüssel (Belgien): Untersuchung der Winkelverteilung an solaren Protonen geringer Energie
  • Centre d'Etudes Nucléaires de Saclay (Frankreich): Messungen von Protonen, Elektronen und kosmischer Alpha-Strahlung
  • Universitäten von Bari und Rom (Italien): Fluss- und Energieverteilungsmessungen der positiven Komponente des Sonnenwindes
  • Universität von Mailand (Italien) und Centre d'Etude Nucléaires Saclay (Frankreich): Messung von Elektronen zwischen 50 und 300 MeV in der primären kosmischen Strahlung

Umlaufbahn

Die Bahnparameter der hochelliptischen Umlaufbahn wurden so gewählt, dass der Satellit trotz der gravitationsbedingten Störungen durch Mond und Sonne mindestens ein Jahr nicht in die Erdatmosphäre eintreten würde. Die Erdnähe lag über der nördlichen, die Erdferne über der südlichen Hemisphäre. Die Erdnähe blieb vom Start an gerechnet höchstens 90 Tage in einem Halbraum, der durch die Ebene begrenzt ist, welche senkrecht zur Sonnenrichtung steht und die den Erdmittelpunkt enthält. Dadurch war gewährleistet, dass der Satellit während der ersten drei Monate mindestens 24 Stunden pro Umlaufbahn außerhalb der Erdstoßwelle sein würde. Wenn der Satellit weiter als 100.000 km von der Erde entfernt war, wurde der Winkel zwischen den Fahrstrahlen Erdmittelpunkt-Satellit und Erdmittelpunkt-Sonne nie mehr als 15 Grad betragen, um eine durch die Ausrichtung der an keine auf die Sonne mögliche Verschlechterung der Nachrichtenübermittlung auszuschließen. Günstige Startfenster traten gegen Ende 1968 und am Anfang 1969 auf.

Kooperation mit der NASA

Da die ESRO keine europäische Trägerrakete mit der notwendigen Leistung zur Verfügung hatte, wurde der Start durch die US-amerikanische NASA durchgeführt. Die ESRO war dabei die erste ausländische Organisation, die die NASA für eine Trägerrakete und den Start bezahlte, und HEOS-1 war der erste Satellit, der unter diesem Rahmenabkommen gestartet wurde.[2]

Missionsverlauf

Der Start von HEOS-1 erfolgte am 5. Dezember 1968 vom Cape Canaveral in den USA. Als Trägerrakete diente eine Delta E-1. Der Betrieb des Satelliten war 16 Monate lang völlig zufriedenstellend, danach traten die ersten Defekte auf. Von 1975 an war nur noch das Magnetfeld-Experiment einsatzfähig und die Telemetrie funktionierte nur noch zu 50 %. Am 28. Oktober 1975 trat der Satellit wieder in den Erdatmosphäre ein. Der Nachfolger HEOS-2 wurde am 31. Januar 1972 gestartet.

Einzelnachweise

  1. Bahndaten nach NSSDC Master Catalog. NASA, abgerufen am 9. September 2010 (englisch).
  2. Satellites. In: Origins of NASA Names. NASA, 1976, S. 46, abgerufen am 9. September 2010 (englisch): „Under a 30 December 1966 memorandum of understanding, ESRO became the first international space group to agree to pay NASA for launchings; it would reimburse NASA for launch vehicle and direct costs of equipment and services. The first satellite orbited under this agreement, HEOS I-"Highly Eccentric Orbit Satellite"-was launched 5 December 1968.“

Weblinks

  • Encyclopedia Astronautica: HEOS (englisch)
  • Gunter's Space Page: HEOS 1,2 (englisch)
  • ESA: HEOS (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive) (3 Seiten, englisch, PDF, 98 KiB)