Eine Kettenfontäne entsteht als Folge des Mould-Effekts, wenn eine geeignete Kette oder ein Seil aus einem Gefäß über den Rand nach unten gleitet. Das fallende Kettenende zieht dabei die im Gefäß liegenden Kettenglieder immer schneller nach. Der scharfe Knick, mit dem die Kette zunächst über den Rand des Gefäßes läuft, weitet sich zu einem Bogen, der den Rand nicht mehr berührt und umso höher wird, je schneller sich die Kette bewegt. Die Kette steigt zitternd und mäandrierend von dort in die Höhe, wo sie sich aus dem Knäuel löst. Sobald das fallende Ende den Boden erreicht, nehmen die Geschwindigkeit der Kette und die Höhe der Fontäne nicht weiter zu, ein stationärer Zustand ist erreicht. Die Weite des Bogens lässt sich durch Neigen des Gefäßes erhöhen.
Veröffentlichte Video-Demonstrationen des Phänomens gibt es mit Kugelketten, mit einer Kette aus aufgefädelten Makkaroni (Nudeln von wenigen cm Länge) und mit einem Seil. Einer breiten Öffentlichkeit wurde das Phänomen erstmals im Jahr 2013 bekannt durch ein YouTube-Video[1] von Steve Mould, nach dem der Effekt daraufhin benannt wurde.[2] 1:01 Es handelt sich um eine Entdeckung, wie sie in der Mechanik selten geworden ist.
Mould deutete eine intuitive Erklärung über eine Impulsbilanz für die gerade in der Luft befindlichen Kettenglieder an. Biggins und Warner zeigten allerdings bald, dass so keine von null verschiedene Höhe der Fontäne entstehen kann, sondern dass dafür zusätzlich zur Zugkraft der Kette eine das startende Kettenstück schiebende Kraft nötig ist.[3] Diese Kraft muss aus der Energie stammen, die die Zugkraft der fallenden Kette in das Gefäß einbringt; die Entstehung der Kraft im Detail kann in komplizierter Weise von der Art der Kette/des Seils und von ihrer Anordnung im Gefäß abhängen.
Einfacher ist die Form des Bogens vom Gefäß bis zum Boden zu beschreiben. Es ist im zeitlichen Mittel eine umgekehrte Kettenlinie. Entlang dieser Kurve ändert der Impuls kontinuierlich seine Richtung, während der Betrag (mit der Längsgeschwindigkeit) konstant bleibt. Die vektorielle Impulsänderung wird gemeinsam bewirkt durch die Fallbeschleunigung einerseits und die Zugspannung in Kombination mit der Krümmung andererseits.
Die sich im oberen Bereich des Bogens ergebende Zugspannung ist ungefähr so groß, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Wellen in der Kette gleich der Längsgeschwindigkeit der Kette selbst ist.[4] ab 2:23 Das erklärt die Mäander und das Zittern. Es handelt sich um Wellen, die gegen bzw. mit dem Medium laufen, was in der Summe eine sehr kleine bzw. die doppelte Geschwindigkeit ergibt.
Unverbunden im freien Fall auf einer Wurfparabel wären die Kettenglieder schwerelos. Ihre Verkettung verhindert aber, dass sie der Fallbeschleunigung
wobei
Die Geschwindigkeit ergibt sich aus der Betrachtung der radialen Kraft im Bereich des Bogens. Die Krümmung kann ungleichmäßig sein, sogar dreidimensional,[4] ab 1:13 aber stets ist die Krümmung sowohl Ursache als auch Folge der Querkraft und fällt damit heraus: An einem kurzen Bogenstück der Länge
Diese Kraft wirkt als Zentripetalkraft
worin
Dieses lange bekannte[6] Ergebnis besagt, dass eine Kette mit gleichmäßigem Massebelag, auf die keine anderen Kräfte außer einer bestimmten Zugspannung wirken, sich entlang einer beliebigen (glatten) festen Raumkurve bewegen kann. Dazu müssen die Geschwindigkeit und die Anfangsbedingungen stimmen.
Mit der im vorangehenden Kapitel aus dem statischen Gewicht bestimmten Zugspannung ergibt sich
Dies ist pro Längeneinheit die potentielle Energie der Kette über die Fallhöhe
Der Impuls pro Längeneinheit beträgt
Das ist aber gerade die Zugspannung
Biggins und Warner haben bei Experimenten mit einer Kugelkette
Die Autoren geben auch ein einfaches mechanisches Modell für die abstoßende Wechselwirkung an, das mit Parameterwerten, die für die verwendete Kette passen,