Die Scheiner-Methode ist ein Verfahren, mit dem eine äquatoriale (parallaktische) Fernrohrmontierung präzise auf den Himmelspol ausgerichtet werden kann. Der Vorgang dauert etwa 15–30 Minuten und wird auch „Scheinern“ genannt.
Entwickelt wurde die Methode vom deutschen Astrophysiker Julius Scheiner in Zusammenhang mit seiner Mitwirkung bei den internationalen Arbeiten zum photographischen Himmelsatlas. Sie wurde in seinem Buch Die Photographie der Gestirne sowie im Bulletin du Comité Permanent de la Carte du Ciel Photographique veröffentlicht. Die Methode nützt aus, dass sich Aufstellungsfehler des Instruments je nach aktuellem Stundenwinkel und nach Deklination eines Sterns unterschiedlich auswirken. So lässt sich in unterschiedlichen Positionen des Fernrohrs getrennt ermitteln, ob die Polhöhe oder das Azimut der Polachse verstellt werden müssen, damit die Polachse exakt auf den Himmelspol weist.
Man lässt zunächst einen äquatornahen Stern im Südmeridian auf dem Faden eines Fadenkreuzokulars durch das Gesichtsfeld des Teleskops laufen. Anhand der Abweichung wird die Südausrichtung der Montierung korrigiert: Weicht der Stern vom Fadennetz in Deklination nach Norden ab, so weist das Südende der Stundenachse zu weit nach Osten (bzw. nach Westen wenn die Abweichung nach Süden erfolgte).
Zur genauen Einstellung der Polhöhe (geografische Breite) wird ein Stern über dem Osthorizont angepeilt, die Abweichung beobachtet und die Polhöhe entsprechend korrigiert. Weicht der Stern nach Norden ab, so ist die Stundenachse der Montierung zu steil eingestellt (bei Südabweichung bzw. Weststern umgekehrt). Beide Schritte des Verfahrens werden solange wiederholt, bis der jeweilige Stern etwa 1 Minute genau auf dem Faden bleibt.
Bei modernen, computergesteuerten Amateurteleskopen (mit so genannter Goto-Montierung) übernimmt der in die Montierung eingebaute Computer diese Berechnung. Voraussetzung hierfür ist, dass Datum, Uhrzeit und geografischer Standort bekannt sind und die Montierung bereits genähert nach Norden ausgerichtet wurde (Alignment). Der Beobachter peilt nun lediglich einen äquatornahen, hellen Stern im Südmeridian mit einem Fadenkreuzokular an. Anschließend berechnet der Computer die Idealposition des Sterns und bewegt diesen dann aus der Ursprungsposition heraus. Zum Abschluss verdreht der Benutzer Azimut und Polhöhe der Stundenachse von Hand so lange, bis sich der Stern wieder an der Ursprungsposition im Fadenkreuz befindet. Die Zeitdauer bis zur Neupositionierung überbrückt die Steuerung durch ein beständiges Nachführen der Montierung.
Neuere Go-to-Steuerungen kennen auch die „Zweistern-Methode“, bei der Sterne in zwei Himmelsrichtungen in die Gesichtsfeldmitte gestellt werden und daraus die Drehmatrix der Montierungsachsen berechnet wird. Bei teureren Geräten gibt es sogar die „Dreistern-Methode“, bei der ein 3.Stern zur Kontrolle und Minimierung der Restfehler dient.
Die Scheiner-Methode oder ähnliche Verfahren sind die Voraussetzung für punktförmige Sternabbildungen in der Astrofotografie. Fehler in der Ausrichtung der Fernrohrmontierung äußern sich bei Langzeitbelichtungen als kleine Bildfelddrehung. Des Weiteren ist bei Benutzung langer Brennweiten der Einfluss der atmosphärischen Refraktion auf die notwendige Nachführgeschwindigkeit zu beachten (King'sche Nachführgeschwindigkeit: Edward Skinner King).