Die scheinbare Helligkeit gibt an, wie hell ein Himmelskörper – insbesondere ein Fixstern – von der Erde aus erscheint. Die scheinbare Helligkeit wird als Zahl angegeben und trägt den Zusatz Magnitudo, kurz mag (oder auch m), Größenklasse oder schlicht Größe. Je kleiner die Zahl, desto heller ist das Gestirn.
Die heutige Skala zur Messung der scheinbaren Helligkeit ist logarithmisch, wie es der Sinneswahrnehmung entspricht (siehe Weber-Fechner-Gesetz). Die ursprünglich 6-teilige Skala geht auf die babylonische Astronomie zurück,[1] wovon sie der griechische Astronom Hipparch (190–120 v. Chr.) für seinen Sternkatalog (≈900 Fixsterne) übernahm.[2] Auch Ptolemäus (100–175 n. Chr.), der diesen Katalog erweiterte, teilte die freiäugig sichtbaren Sterne in sechs Größenklassen ein, aber ohne seine Methode zu beschreiben.[3] Die hellsten Gestirne wurden der ersten Größe zugerechnet, die schwächsten der sechsten Größe.
Später wurde die Skala nach beiden Seiten hin erweitert, um sowohl hellere Objekte als auch – nach Aufkommen des Teleskops – schwächere Objekte einordnen zu können. Die Helligkeitsskala wurde 1850 von Norman Pogson logarithmisch so definiert, dass ein Stern erster Größe (1,0 mag) genau hundertmal so hell ist wie ein Stern sechster Größe (6,0 mag), und dieser hundertmal heller als ein Stern elfter Größe (11,0 mag). Ein Größenunterschied von 1 Magnitude (mag) entspricht damit einem Helligkeitsunterschied um den Faktor $ {\sqrt[{5}]{100}}\approx 2{,}511886.. $. Die Kalibrierung der Skala erfolgte an sogenannten Standardsternen.
Die scheinbare Helligkeit eines Gestirns hängt vom jeweiligen Beobachtungsband (Filter) ab. Für wissenschaftliche Beobachtungen wurde eine Reihe unterschiedlicher Filtersysteme definiert, durch die Beobachtungen mit verschiedenen Teleskopen und Instrumenten vergleichbar werden.
Name | Objekttyp | Maximale beobachtete Magnitude |
---|---|---|
Sonne | Stern | −26,73 mag |
Sonne, vom Neptun aus gesehen |
Stern | −19,35 mag |
Vollmond | Mond | −12,73 mag |
Iridium-Flare | Satellit | −9 | mag
ISS | Raumstation | −5 | mag
Venus | Planet | −4,67 mag |
Jupiter | Planet | −2,94 mag |
Mars | Planet | −2,91 mag |
Merkur | Planet | −1,9 | mag
Sirius | Stern | −1,46 mag |
Canopus | Stern | −0,73 mag |
Saturn | Planet | −0,47 mag |
Wega | Stern | [Anm. 1] 0,03 mag |
Polarstern | Stern | 1,97 mag |
Andromeda | Galaxie | 3,4 | mag
Uranus | Planet | 5,5 | mag
(1) Ceres | Zwergplanet | 6,6 | mag
Neptun | Planet | 7,8 | mag
Pluto | Zwergplanet | 13,9 | mag
(136199) Eris | Zwergplanet | 18,8 | mag
S Ori 70 | Planemo | 20,8 | mag
Der Polarstern hat eine scheinbare Helligkeit („Magnitude“) von etwa zwei. Folgende Schreibweisen sind hierfür üblich:
Als Einheitenzeichen empfiehlt die Internationale Astronomische Union die Schreibweise 2,0 mag und rät von einem hochgestellten m ab.[5]
Nach Norman Robert Pogson entspricht ein Helligkeitsunterschied von 1:100 einem Unterschied von fünf Größenklassen bzw. 5 mag. Die Magnituden-Skala ist logarithmisch, ebenso wie Sinnesempfindungen des Menschen nach dem Weber-Fechner-Gesetz dem Logarithmus des Reizes proportional sind.
Physikalisch ist die Helligkeitsskala durch die Energie des einfallenden Lichtes definiert (bolometrische Helligkeit). Wenn $ m_{0},m_{1} $ die Magnituden und $ \Phi _{0},\Phi _{1} $ die gemessenen Lichtströme zweier Himmelskörper sind, gilt für ihren Helligkeitsunterschied[Anm. 2]
Nimmt man für $ \Phi _{0} $ den Lichtstrom eines Objekts der Größenklasse 0, so erhält man die Helligkeit des ersten Objekts
Für kleine Helligkeitsvariationen (d. h. $ {\frac {\Phi _{1}}{\Phi _{0}}}\approx 1 $) gilt näherungsweise[Anm. 3]
Die Quotienten der hierin auftauchenden Konstanten betragen (beide Darstellungen verdeutlichen den Zusammenhang mit der Definition)
Das Verhältnis der Helligkeit der Klasse m zur Helligkeit der Klasse (m+1) ist
Beispielsweise entspricht ein relativer Helligkeitsunterschied von 1 ppm einer Helligkeitsklassendifferenz von etwa 1,1 µmag.
An einem stark lichtverschmutzten Himmel, etwa dem über einer Großstadt, kann auch das dunkeladaptierte Auge nur Objekte bis zu 4 mag erkennen, unter weniger ungünstigen Umständen auf dem Land bis zu 6 mag. Unter idealen Bedingungen ohne Lichtverschmutzung können am nachtschwarzen Himmel mit bloßem Auge außer dem Zodiakallicht und dem Gegenschein auch lichtschwächere Sterne über 7 mag bis zu 8 mag beobachtet werden (siehe auch Bortle-Skala).
Mit Beobachtungsgeräten sind weitere Sterne zu erkennen; die scheinbare Helligkeit der schwächsten gerade noch erkennbaren bestimmt jeweils die Grenzgröße. Diesbezüglich lässt sich die Leistung von Teleskopen mit der Öffnung D durch Vergleich mit der Pupillenöffnung d abschätzen. Um wie viel Größenklassen die instrumentelle Grenzgröße über der freiäugigen Grenzgröße liegt, ergibt sich aus dem Verhältnis D/d (und da die Öffnungsfläche quadratisch vom Durchmesser abhängt, entsteht mit der logarithmischen Definitionsgleichung der Faktor 2):
Legt man für die Beobachtung mit freiem Auge eine Grenzgröße von 6 mag zugrunde sowie einen Pupillendurchmesser von d = 7 mm, so erhält man:
Die Beziehung lässt sich vereinfachen, denn $ \textstyle 5\cdot \lg {\left({\frac {1}{7}}\right)}=-4{,}2 $:
Ein Fernglas mit der Öffnung von 20 mm erweitert die Sichtbarkeit um gut zwei Größenklassen, ein Teleskop von 70 mm um fünf, im Beispiel also bis 11 mag und eines von 200 mm bis 13 mag. Großteleskope dringen mit CCD-Sensoren auf Größenklassen von 30 mag vor. Die derzeitige Instrumentierung des Hubble-Weltraumteleskops sieht noch Sterne der 31. Größenklasse.
Mit dem Beginn der Photometrie wurden die einzelnen Klassen weiter unterteilt, für moderne Messinstrumente ist eine fast beliebige Verfeinerung möglich. Ein genauer Referenzwert wurde notwendig. Anfänglich wurde die Skala am Polarstern mit 2,1 mag ausgerichtet, bis sich herausstellte, dass dessen Helligkeit geringfügig variiert. Als Referenz dient daher traditionell der Stern Wega, dessen Helligkeit mit der Magnitude null festgesetzt wurde. Zur Kalibrierung moderner photometrischer Systeme dient heute eine Gruppe genau gemessener Referenzsterne nahe dem Himmelspol, die so genannte „Polsequenz“. Das häufig verwendete UBV-System wird beispielsweise derart kalibriert.[6] Dadurch ergibt sich für Wega im UBV-System eine scheinbare Helligkeit von V=+0,03 mag. Farbindizes sind so definiert, dass Sterne des Typs A0V (zu diesen gehört Wega) im Mittel Farbindex 0,00 haben. Helligkeitssysteme mit dieser Eigenschaft werden als „Wega-Helligkeiten“ bezeichnet.
Weiterhin ist die scheinbare Helligkeit abhängig von der Wellenlänge des Lichts. Daher wird in der beobachtenden Astronomie die scheinbare Helligkeit oft für den visuellen Spektralbereich um 550 Nanometer angegeben.[7] Sie wird durch das Symbol V gekennzeichnet.[7]
Die Gesamthelligkeit eines Mehrfachsterns errechnet sich aus den Lichtströmen der Einzelkomponenten:
Im Fall eines Doppelsterns (n=2) mit den Helligkeiten m1 und m2 der Einzelkomponenten erhält man:
Die scheinbare Helligkeit der Sonne, ihrer Planeten und unseres Mondes schwankt unter anderem wegen deren sehr variabler Entfernung zur Erde teils sehr stark. Noch stärker wird jedoch die Magnitude des Mondes von seiner Phase (Mondsichel) beeinflusst. Wegen dieser starken Schwankungen ordnet man üblicherweise nur Sternen eine scheinbare Helligkeit zu. Die mit bloßem Auge sichtbaren Sterne verteilen sich wie folgt:
Anzahl Sterne | Größe | Magnitude | Bemerkung |
---|---|---|---|
23 | 1 | ≤ 1,5 | |
70 | 2 | 1,5 < x ≤ 2,5 | |
170 | 3 | ||
430 | 4 | nach Argelander/Kapteyn | |
1200 | 5 | ||
4000 | 6 |
Neben den „klassischen“ Himmelsobjekten gibt es einige weitere Objekte, die nur kurzzeitig in auffällige Erscheinung treten beziehungsweise nur an bestimmten Orten auf der Erde zu sehen sind. Sie können sogar die Helligkeit der Venus übertreffen.
Objekt | Ursache | Beispiel-Ereignis | mag.max |
---|---|---|---|
Meteor in der Erdatmosphäre | Teilchen in der Atmosphäre werden zum Leuchten angeregt | Lugo-Bolide[8] | −23 mag |
Komet | Reflexion des Sonnenlichtes am Staubschweif | Großer Septemberkomet, Komet Ikeya-Seki |
−17 mag |
Künstliche Satelliten | Reflexion des Sonnenlichtes | Iridium-Flare Iridium-Satelliten |
−9 mag |
Internationale Raumstation | −5 mag | ||
Supernova-Explosion | Plötzliche Energieabgabe | Supernova 1006[9] | −9 mag |
Die scheinbare Helligkeit von Kometen kann beschrieben werden durch:
Dabei ist:
m0 und n sind Fitparameter, die aus Messungen abgeleitet werden und einen Vergleich der Kometen untereinander zulassen. Beispielsweise konnte der Helligkeitsverlauf des Kometen Tempel 1 mit den Parametern m0 = 5,5 mag und n = 25 recht gut wiedergegeben werden.
Die scheinbare Helligkeit ist abhängig von der Entfernung des Beobachters (beziehungsweise der Erde) vom beobachteten Objekt und – bei nicht selbst leuchtenden Objekten (Planeten, Zwergplaneten, Asteroiden, Transneptunischen Objekten u. a.) – zusätzlich von der Phase und vom Abstand zum zentralen Stern. So erscheint der Mond aufgrund seiner Nähe wesentlich heller als weit entfernte Sterne, obwohl diese milliardenfach stärker leuchten.
Eine von der Entfernung unabhängige Größe ist die absolute Helligkeit. Sie gilt für eine Einheitsentfernung von 10 Parsec, bei Körpern des Sonnensystems für 1 AE.
Ursprünglich wurde unter scheinbarer Helligkeit jene verstanden, wie sie dem Auge erscheint. Sie wird heute visuelle Helligkeit genannt – im Gegensatz zur fotografischen Magnitude, die einer etwas anderen spektralen Empfindlichkeit entspricht.