Das Square Kilometre Array (kurz SKA) ist ein in Entwicklung befindliches Radioteleskop, welches eine Gesamt-Sammelfläche von ungefähr einem Quadratkilometer aufweisen wird.[1] Es wird über einen großen Frequenzbereich operieren; durch seine Größe wird die Empfindlichkeit um das 50fache gegenüber anderen Radioteleskopen gesteigert werden. Zur Auswertung der Daten werden Hochleistungsrechner und Langstrecken-Netzwerke mit einer Kapazität benötigt, die den heutigen weltweiten Internetverkehr übertrifft.[2] Mit dem SKA wird man den Himmel zehntausendfach schneller absuchen können als bisher. Mit Empfangsstationen, die bis zu einer Distanz von 3000 km von einem Zentrum entfernt aufgestellt werden, wird es extrem hochauflösende Bilder des Himmels generieren. Das SKA wird in Südafrika und Australien gebaut, wo die beste Sicht auf das galaktische Zentrum und minimale Radiointerferenzen gewährleistet sind.[3] Der Bau des SKA startet 2016 mit einem Budget von 1,5 Milliarden Euro, um 2019 die ersten Daten zu erhalten und 2023 in voller Betriebsbereitschaft zu stehen.
Das SKA wird durch eine Kollaboration von 10 Ländern betrieben.[4] Die Forscher hoffen, Antworten auf fundamentale Fragen über Ursprung und Entwicklung des Universums zu finden.
Das SKA wird Signale kombinieren, die von tausenden kleinen Radioantennen empfangen wurden. Durch die große räumliche Distanz von bis zu 3000 km wird es möglich, damit ein riesiges Radioteleskop zu simulieren, welches über eine extrem hohe Empfindlichkeit und Winkelauflösung verfügt. Das SKA wird ebenfalls ein sehr großes Sichtfeld (FOV, englisch field of view) abdecken, mit dem Ziel von 200 Quadratgrad bei Frequenzen unter 1 GHz und mehr als 1 Quadratgrad (ungefähr 5 Mondscheiben) bei höheren Frequenzen. Eine Neuerung ist die gleichzeitige Verwendung von mehreren Sichtfeldern durch Phased-Array-Antennen. Damit wird die Geschwindigkeit bei Musterungen entscheidend verbessert und es wird verschiedenen Benutzern ermöglicht, gleichzeitig verschiedene Teile des Himmels zu beobachten. Durch die Kombination von sehr großen FOV bei hoher Empfindlichkeit wird die Erkundung des Universums revolutioniert.
In den ersten beiden Bauphasen wird eine kontinuierliche Abdeckung von 70 MHz bis 10 GHz gewährleistet. In einer dritten Phase ist eine Ausweitung auf 30 GHz geplant.
Mit einem einzigen Antennendesign kann nicht der gesamte Frequenzbereich von 70 MHz bis 10 GHz (mehr als zwei Dekaden) sinnvoll empfangen werden. Deshalb wird das SKA über drei Typen von Antennenelementen verfügen, SKA-low, SKA-mid und Parabolantennen.
Das SKA wird in drei Regionen unterteilt:
Das SKA wird als hochflexibles Instrument zur Beantwortung einer großen Bandbreite von Fragen der Grundlagenphysik, Teilchenphysik, Astrophysik und der Kosmologie herangezogen werden. Es wird bisher unbekannte Teile des entfernten Universums erkunden können. Folgende wissenschaftliche Projekte wurden als hauptsächliche Betätigungsfelder des SKA ausgewählt:
Über mehr als 90 Jahre hat die Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein korrekt die Ergebnisse aller Experimente vorhergesagt, die zu ihrer Überprüfung entwickelt wurden. Die meisten dieser Tests, auch die stringentesten, wurden mit radioastronomischen Methoden durchgeführt. Astronomen werden imstande sein, mithilfe von Pulsaren als kosmischen Detektoren für Gravitationswellen oder in Binärsystemen mit Schwarzen Löchern die Grenzen der allgemeinen Relativitätstheorie wie das Verhalten von Raum und Zeit in Regionen mit extremen Raumkrümmungen zu untersuchen. Dadurch könnten Hinweise auf neue physikalische Effekte gewonnen werden.
Die Sensitivität des SKA in der 21-cm-Wasserstofflinie wird es erlauben, Milliarden von Galaxien bis zur Grenze des sichtbaren Universums abzubilden. Die großräumige Struktur dieser Galaxien ermöglicht Rückschlüsse darauf, wie Galaxien entstanden und sich entwickelten. Die Verteilung von Wasserstoffgas im ganzen Universum wird zeigen, wo sich die ersten Strukturen aus dem Kontinuum formten, aus denen Galaxien und Cluster entstanden. Damit können quantitative Rückschlüsse über die Effekte von dunkler Energie gezogen werden.
Das SKA wird imstande sein, die Lücke in der Geschichte des Universums zu untersuchen, die 300000 Jahre nach dem Urknall beginnt, als das Universum transparent für Strahlung wurde, und sich bis zu der Zeit eine Milliarde Jahre nach dem Urknall erstreckt, in der die ersten jungen Galaxien aufleuchten. Indem es die primordiale Gasverteilung misst, kann das SKA nachvollziehen, wie das Universum nach und nach erhellt wurde, als die ersten Sterne und Galaxien entstanden und sich dann entwickelten.
Es ist noch immer nicht möglich, einfache Fragen über den Ursprung und die Entwicklung von kosmischen Magnetfeldern zu beantworten. Diese stellen aber bekannterweise einen wichtigen Bestandteil des interstellaren und intergalaktischen Raums dar. Das SKA wird die Form des kosmischen Magnetfelds und seine Rolle in der Evolution des Universums klären.
Im Cradle of Life-Programm werden Themen wie Kosmochemie, Astrobiologie und auch SETI erforscht.[5]
Mögliche Standorte für das SKA mussten sich in unbewohnten Gebieten mit sehr kleinen künstlichen Radiointerferenzen befinden. Nach umfangreichen Tests blieben noch zwei Standorte zu Auswahl:
Kompromisslösung: Nach einem langen Wettkampf zwischen den beiden Standorten fiel die Entscheidung am 25. Mai 2012 auf eine Kompromisslösung: Der überwiegende Teil der Parabolantennen, Antennen für die Phasen 1 und 2 sowie der SKA-mid Array für Phase 2 wird in Südafrika gebaut, ein Teil der Parabolspiegel für Phase 1 sowie der SKA-low Array für die Phasen 1 und 2 in Australien und Neuseeland.[3]
Viele Gruppen von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt arbeiten daran, die benötigte Technologie und die Verfahren zu entwickeln, welche vom SKA verwendet werden sollen. Dazu entstehen bzw. entstanden Antennen-Arrays, die nicht Teil des SKA werden. Einige sind im Folgenden aufgeführt. Dem bereits 1995/96 errichteten Giant Metrewave Radio Telescope (GMRT) des indischen National Centre for Radio Astrophysics (NCRA) des TIFR wurde Anfang 2015 der Pathfinder-Status zuerkannt.[9]
MeerKAT ist ein Projekt für 860 Millionen Rand, das mit einem Array von 50 oder mehr Parabolantennen mit 12 m Durchmesser Grundlagen für die Technologie des SKA erprobt. KAT-7, eine Testumgebung aus sieben Schüsseln in der Nähe von Carnarvon in der Provinz Northern Cape in Südafrika, wird 2012 volle Funktionsfähigkeit erlangen. Die Parabolantennen werden mit einzelnen Breitbandempfängern für Frequenzen von 800 MHz bis 8 GHz ausgestattet.[10] Im Juli 2016 wurden bei einer ersten Testaufnahme mit 16 der später geplanten 64 Parabolantennen etwa 1200 neue Galaxien entdeckt.[11]
Der Australische SKA Pathfinder, kurz ASKAP, ist ein 100-Millionen-AU$-Projekt mit dem Ziel, bis 2012 ein Array von 36 Parabolantennen mit 12 m Durchmesser und fortschrittlichen phasengesteuerten Empfängerarrays (mit großem FOV von 30 square degrees) zu bilden. Die Frequenzabdeckung erstreckt sich auf 700 MHz bis 1,7 GHz. ASKAP wird am australischen Standort für das SKA aufgebaut, bei Boolardy.[12]
LOFAR ist ein 120 Millionen Euro teures europäisches Projekt, geplant und gebaut vom Institut ASTRON in den Niederlanden, das ein neuartiges Array von Antennenstationen für niedrige Frequenzen mit phasengesteuerter Öffnung, verteilt über ganz Nordeuropa, aufbaut und seit 2011 nutzt. Empfangsdaten bei niedrigen Frequenzen von 10 MHz bis 240 MHz werden direkt zu einem zentralen Rechner geleitet, wo Überlagerung und Auswertung vorgenommen werden. LOFAR entwickelt zurzeit grundlegende Verarbeitungstechniken, die für das SKA von entscheidender Bedeutung sind.[13] Der Erweiterung NenuFAR der französischen LOFAR-Station FR606 beim Nançay-Radioteleskop wurde im August 2014 Pathfinder-Status zuerkannt.[14]
Das Allen Teleskop Array (ATA) besteht aus innovativen Offset-Gregory-Parabolantennen mit einem Durchmesser von 6,1 m, ausgestattet mit Breitbandempfängern für 500 MHz bis 11 GHz. Zurzeit sind 42 Elemente zu einem funktionsfähigen Array zusammengeschaltet, mit einer geplanten Erweiterung auf 350 Antennenelementen. Für das Design der Parabolantennen wurden spezielle günstige Herstellungsmethoden ausprobiert.
Die Square Kilometre Array Design Study, kurz SKADS, ist ein europäisches Projekt im Umfang von 38 Millionen Euro, welches eine ganze Bandbreite von Technologien und wissenschaftlichen Studien im Umfeld des SKA entwickelt. Der Fokus der technischen Entwicklungen liegt bei Hochfrequenz-Phasenarrays für 300 MHz bis 1 GHz. Ein solches vollelektronisches Teleskop liefert eine große Zahl gleichzeitiger Beams für höchste Geschwindigkeiten bei Himmelsdurchmusterungen.[15]
Das Technology Development Project, abgekürzt TDP, ist ein 12-Millionen-Dollar-Programm der USA, um gezielt für das SKA Technologien für Parabolschüsseln und deren Einbindung zu entwickeln. Es wird von einem Konsortium von Universitäten unter der Leitung der Cornell University betrieben und wird 2012 abgeschlossen.
Das Murchison Widefield Array ist ähnlich dem LOFAR ein Radioteleskop für den Frequenzbereich bis 300 MHz mit synthetischer Apertur. Für die Entwicklung des SKA werden dafür relevante Technologien entwickelt:
Das MWA befindet sich an einem der möglichen Standorte für das SKA in Australien.
Das SKA wurde ursprünglich in den frühen 1990ern von einer internationalen Gruppe ersonnen, welche 1994 gebildet wurde. 2000 wurde das erste "Memorandum of Agreement" unterzeichnet. Beachtliche Energie wurde in der Folge in Vorbereitungsarbeiten gesteckt. 2008 war das volle Design geplant für 2012, mit einem Budget von 1,5 Milliarden Euro. Der ASTRONET-Fahrplan für europäische Astronomie empfahl jedoch das E-ELT mit höherer Dringlichkeit. Die Konstruktionspläne sollen nun bis 2018 erstellt werden.[16]
Das SKA wird von mehreren Staaten finanziert. Die Mitglieder sind Australien, Indien,[17] Italien, Kanada, Neuseeland, die Niederlande, Schweden, Südafrika, das Vereinigte Königreich und die Volksrepublik China. Deutschland erklärte im Juni 2014 den Austritt zum Ende Juni 2015.[18][19] Gründungsmitglieder der im Dezember 2011 gegründeten „SKA Organisation“ waren Australien, Deutschland, Frankreich, Italien, Neuseeland, die Niederlande, Südafrika, das Vereinigte Königreich und die Volksrepublik China.[20]