Die Äquivalenz von Masse und Energie oder kurz E = mc² ist ein 1905 von Albert Einstein im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie entdecktes Naturgesetz.[1] Es besagt in heutiger Formulierung, dass die Masse m und die Ruheenergie E0 eines Objekts zueinander proportional sind:[A 1]
Hierbei ist c die Lichtgeschwindigkeit.
Eine Änderung der inneren Energie eines Systems bedeutet daher auch eine Änderung seiner Masse. Durch den großen konstanten Umrechnungsfaktor $ \textstyle c^{2} $ gehen Energieumsätze, wie sie im Alltag typisch sind, mit nur kleinen, kaum messbaren Änderungen der Masse einher. So erhöht sich die Masse einer typischen Autobatterie durch die in ihr gespeicherte elektrische Energie nur um 40 ng.
In der Kernphysik, der Elementarteilchenphysik und der Astrophysik tritt die Äquivalenz von Masse und Energie weit stärker in Erscheinung. Die Masse von Atomkernen ist aufgrund der bei ihrer Entstehung freigesetzten Bindungsenergie um knapp ein Prozent kleiner als die Summe der Massen ihrer ungebundenen Kernbausteine. Durch Annihilation eines Teilchens mit seinem Antiteilchen kann sogar die ganze in der Masse der Teilchen steckende Energie in Strahlungsenergie umgewandelt werden.
Die Gültigkeit der Äquivalenz von Masse und Energie ist experimentell in vielen Tests der relativistischen Energie-Impuls-Beziehung überprüft und mit hoher Genauigkeit bestätigt worden.
Dass die Äquivalenz von Masse und Energie in der klassischen Physik wie im Alltag unbemerkt blieb, lässt sich aus der Größe des Faktors $ c^{2}\approx \,9\cdot 10^{16}\,\mathrm {m} ^{2}/\mathrm {s} ^{2} $ heraus verstehen. Nach $ E_{0}=m\,c^{2} $[A 1] entsprechen den Energieumsätzen von normaler Größe (etwa bei chemischen Reaktionen wie Verbrennung oder bei Erzeugung von Wärme durch mechanische Arbeit) nur extrem kleine Änderungen der Masse, die auch heute nur in speziellen Experimenten beobachtet und berücksichtigt werden. Infolgedessen wurden zwei getrennte Erhaltungssätze aufgestellt: Erhaltung der gesamten Masse (bei zusammengesetzten Systemen verstanden als Summe der Massen der einzelnen Komponenten), Erhaltung der gesamten Energie. Da die Gesamtenergie aber erhalten bleibt, wenn Ruheenergie in kinetische Energie umgewandelt wird, die Masse jedoch nur von der Ruheenergie abhängt, ist der Massenerhaltungssatz nicht streng gültig.[2] Die mit einer Energieübertragung $ \Delta E $ verbundene Änderung $ \Delta m{\mathord {=}}\Delta E/c^{2} $ der Masse eines Objekts wird je nach Vorzeichen auch als Massenzuwachs bzw. Massendefekt bezeichnet. Man spricht umgangssprachlich auch von einer Umwandlung der Masse $ \Delta m $ in die Energie $ \Delta E $, obwohl sich die Gesamtenergie nicht ändert und nur eine Energieform in eine andere Energieform umgewandelt wird. Anstelle von zwei Erhaltungssätzen hat man also nur noch einen, den Energieerhaltungssatz, in dem die Summe der Ruheenergien $ m\,c^{2} $ aller einzelnen Komponenten des Systems mitzuzählen sind.
Bei der Verbrennung von Kohle wird Energie in Form von Wärme und Strahlung frei, die Masse des dabei entstehenden Kohlenstoffdioxids ist (bei gleichbleibender Anzahl der Atome) aber nur unmessbar kleiner als die Summe der Massen der Ausgangsstoffe Kohlenstoff und Sauerstoff. Generell trägt auch der Energiezuwachs, der mit einer Temperaturerhöhung verbunden ist, nur unwesentlich zur Masse bei. Die Sonne etwa wäre nur rund 0,0001 Prozent masseärmer, wenn sie kalt wäre.
In alltäglichen Situationen übersteigt die Ruheenergie eines Körpers seine kinetische Energie um viele Größenordnungen. Selbst bei der Geschwindigkeit eines Satelliten im Erdorbit (ca. 8 km/s) beträgt seine kinetische Energie $ E_{\mathrm {kin} } $ einerseits weniger als ein Milliardstel seiner Ruheenergie:
Andererseits ist die kinetische Energie so groß, dass ein Satellit verglüht, wenn sie sich beim Wiedereintritt in die Atmosphäre in eine gleich große Wärmemenge umwandelt.
Ein Wasserstoff-Atom – bestehend aus einem Elektron und einem Proton – hat ca. 1/70.000.000 weniger Masse als die beiden freien Teilchen zusammen. Diese Massendifferenz ist bei der Bildung des Atoms als Bindungsenergie freigeworden. Für Atomkerne ist dieser Massendefekt hingegen recht groß: bei 12C beispielsweise rund 0,8 %.
Bekannte Beispiele für die Äquivalenz von Masse und Energie sind:
Die moderne Physik formuliert die Begriffe Masse und Energie mithilfe der Energie-Impuls-Relation der speziellen Relativitätstheorie: Demnach hat jedes abgeschlossene physikalische System (im Folgenden „Körper“ genannt) eine Gesamtenergie $ E $ und einen Impuls $ {\vec {p}}=(p_{x},p_{y},p_{z}) $ sowie eine Masse $ m $. Energie und Impuls haben je nach dem gewählten Bezugssystem (von dem die Geschwindigkeit des Körpers abhängt) verschiedene Werte, die Masse dagegen besitzt immer denselben Wert.[A 2] Die Größen $ (E/c,\,{\vec {p}}) $ bilden die vier Komponenten des Energie-Impuls-Vierervektors des Körpers. Die Norm dieses Vierervektors ist (bis auf einen konstanten Faktor $ c $) durch die Masse $ m $ bestimmt:
Nach der Energie umgestellt:
Im Schwerpunktsystem ($ p=0 $) ergibt sich für die Energie wieder $ E=mc^{2} $, auch oft als Ruheenergie $ E_{0} $ bezeichnet.
Von einem anderen Bezugssystem aus betrachtet hat derselbe Körper andere Werte für die vier Komponenten. Diese Werte lassen sich durch Anwenden der Lorentztransformation erhalten. Bewegt sich der Körper relativ zum gewählten Bezugssystem mit der Geschwindigkeit $ {\vec {v}}\, $, so bestimmen sich seine Energie und sein Impuls gemäß
Dabei bleibt die Norm des Vierervektors $ (E/c,\,{\vec {p}}) $ erhalten (siehe oben), die Masse $ m $ ist also eine Lorentzinvariante.[A 2]
Wenn man die Gleichung $ E=\gamma mc^{2} $ nach Potenzen von $ \beta =v/c $ in eine Taylor-Reihe entwickelt, erhält man:
Das „nullte“ Glied dieser Reihe ist wieder die Ruheenergie $ E_{0}=mc^{2} $ des Körpers. Alle höheren Glieder zusammen bilden die kinetische Energie $ E_{\mathrm {kin} }=E-E_{0} $. Im ersten dieser Glieder hebt sich $ c^{2} $ heraus und es ergibt sich die klassische kinetische Energie
Dies ist eine gute Näherung, wenn im nichtrelativistischen Fall (d. h. $ v\ll c $) alle weiteren Glieder vernachlässigt werden können, weil sie Potenzen von $ v^{2}/c^{2}\ll 1 $ enthalten. Bei sehr großen Geschwindigkeiten können diese höheren Glieder nicht vernachlässigt werden. Sie repräsentieren dann das überproportionale Anwachsen der kinetischen Energie für relativistische Geschwindigkeiten.
Einstein erweiterte 1907 seine Überlegungen auch auf die Gravitation.[3] Das Äquivalenzprinzip, also die Gleichheit von träger und schwerer Masse, führte ihn zur Schlussfolgerung, dass eine Zunahme der Ruheenergie eines Systems auch eine Zunahme der schweren Masse zur Folge hat. Bei der Weiterführung dieses Gedankens im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie ergab sich, dass nicht nur die Masse, sondern der Energie-Impuls-Tensor als Quelle des Gravitationsfeldes anzusehen ist.
Ein Beispiel ist der Gravitationskollaps. Wenn im Innern eines Sterns ausreichend großer Gesamtmasse die nukleare Wärmeerzeugung erlischt, konzentriert sich seine Materie auf so kleinem Raum, dass das innen immer stärker werdende Gravitationsfeld selbst durch seine Feldenergie zur weiteren Anziehung und Kontraktion beiträgt. Die Folge ist ein Schwarzes Loch.
Der Zusammenhang zwischen Masse, Energie und Lichtgeschwindigkeit wurde bereits ab 1880 von mehreren Autoren im Rahmen von Maxwells Elektrodynamik bedacht.[4][5][6][7][8] Joseph John Thomson (1881), George Searle (1897), Wilhelm Wien (1900), Max Abraham (1902) und Hendrik Lorentz (1904) erschlossen, dass die elektromagnetische Energie $ E_{\mathrm {em} } $ dem Körper eine „elektromagnetische Masse“ hinzufügt gemäß der Formel (in moderner Notation)
Zu derselben Formel gelangte Friedrich Hasenöhrl (1904/05) durch Betrachtung der elektromagnetischen Hohlraumstrahlung eines Körpers, wobei er auch die Abhängigkeit der Masse von der Temperatur feststellte. Henri Poincaré (1900) hingegen folgerte aus Betrachtungen zum Reaktionsprinzip, dass elektromagnetische Energie einer „fiktiven“ Masse von
entspricht. Die elektromagnetische Masse wurde auch als „scheinbare“ Masse bezeichnet, da man diese vorerst von der „wahren“, mechanischen Masse Newtons unterschied.
Albert Einstein leitete 1905 aus der von ihm kurz zuvor entwickelten speziellen Relativitätstheorie ab, dass sich die Masse $ m $ eines Körpers um $ \Delta m=\Delta E/c^{2} $ ändern muss, wenn der Körper die Energie $ \Delta E $ aufnimmt oder abgibt.[1] Er gewann dieses Resultat für den Fall, dass es sich beim Energieumsatz $ \Delta E $ um elektromagnetische Strahlung handelt. Als Erster erkannte er aber die Allgemeingültigkeit: Diese Äquivalenz muss auch für alle anderen möglichen Formen von Energieumsätzen gelten, und darüber hinaus[9] auch für die gesamte Ruheenergie und die gesamte Masse gemäß
Damit war die Äquivalenz von Masse und Energie in eine umfassende Theorie, die spezielle Relativitätstheorie, eingebettet.
Diese Äquivalenz wurde von Albert Einstein auch „Trägheit der Energie“ genannt.[10][9]
Es folgte eine Reihe weiterer theoretischer Herleitungen der Aussage, dass unter den verschiedensten Bedingungen eine Änderung der Ruheenergie der Änderung der Masse in der Form $ \Delta E_{\text{Ruhe}}=\Delta m\,c^{2} $ entspricht (s. unten die Zeittafel). Einstein selbst publizierte 18 solcher Herleitungen, die letzte im Jahr 1946. Regelmäßig wurde hervorgehoben, dass damit nicht schon die volle Äquivalenz in der Form $ E_{\text{Ruhe}}=m\,c^{2} $ bewiesen sei, sondern nur in der Form $ \Delta E_{\text{Ruhe}}=\Delta m\,c^{2} $ oder gleichbedeutend $ E_{\text{Ruhe}}=m\,c^{2}+{\text{const}} $ mit einem beliebigen konstanten Summanden. Da ein solcher Summand aber immer frei wählbar sei, weil bei der Angabe einer Gesamtenergie der Nullpunkt eine Sache der Konvention sei, könne man ihn (als „weitaus natürlichere“ Wahl (Einstein 1907)) gleich null setzen. In dieser Form wurde die Äquivalenz von Masse und Ruheenergie schon fester Bestandteil der theoretischen Physik, bevor sie durch Messungen überprüft werden konnte.
Experimentell wurde die Äquivalenz der Änderungen von Masse und Energie in der Form $ \Delta E_{\text{Ruhe}}=\Delta m\,c^{2} $ ab 1920 anhand des Massendefekts der Kernmassen zugänglich. Ab den 1930er Jahren wurde diese Äquivalenz quantitativ bei Kernreaktionen bestätigt, bei denen sowohl die Energieumsätze als auch die Differenz der Massen der Reaktionspartner vor und nach der Reaktion messbar waren.[11][12][13] Anfänglich lagen die Fehlergrenzen allerdings bei 20 %.
Eine experimentelle Prüfung der Äquivalenz in der Form $ E_{\text{Ruhe}}=mc^{2} $ ist durch Messung der Energieumsätze bei der Erzeugung oder Vernichtung von Teilchen mit $ m>0 $ möglich. Als Erster nahm Fermi 1934 bei der Entstehung der Betastrahlung einen solchen Prozess an. Die neu erzeugten und ausgesandten Elektronen behandelte er mithilfe der quantenmechanischen Dirac-Gleichung, die auf der Energie-Impuls-Beziehung $ {\textstyle E={\sqrt {p^{2}c^{2}+m^{2}c^{4}}}} $ der speziellen Relativitätstheorie beruht und damit der Erzeugung eines ruhenden Elektrons ($ p=0 $) den Energieverbrauch $ E_{\mathrm {Ruhe} }=mc^{2} $ zuschreibt. Dies wurde durch Messung der maximalen kinetischen Energie der Elektronen und Vergleich mit der Energiebilanz der Kernumwandlung bestätigt.
Heute ist die Gültigkeit der Äquivalenz von Masse und Energie experimentell mit hoher Genauigkeit bestätigt:[14]
Beginnend mit 1905 wurden Interpretation und Bedeutung der Äquivalenz von Masse und Energie schrittweise weiterentwickelt und vertieft.[7][15]
Einstein kam 1905[1] durch das folgende Gedankenexperiment auf den Zusammenhang von Masse und Energie. Ein ähnliches Gedankenexperiment hatte Poincaré 1900 entwickelt, aber nicht befriedigend klären können.[8]
In einem Bezugssystem ruht ein Körper und hat eine bestimmte Ruheenergie $ E_{\text{vor}} $, über die wir nichts Näheres zu wissen brauchen. Er sendet zwei gleiche Lichtblitze gleicher Energie $ {\tfrac {1}{2}}E_{\text{ph}} $ in entgegengesetzte Richtungen aus. Dann sind auch die Impulse $ {\tfrac {1}{2}}{\tfrac {E_{\text{ph}}}{c}} $ der Lichtblitze gleich groß, aber entgegengesetzt, sodass der Körper wegen der Erhaltung des Gesamtimpulses in Ruhe bleibt. Wegen der Erhaltung der Energie hat der Körper nun die Energie
Wir betrachten denselben Vorgang von einem zweiten Bezugssystem aus, das sich relativ zum ersten mit Geschwindigkeit $ -v $ in der Emissionsrichtung eines der Lichtblitze bewegt. Die Werte aller im zweiten System berechneten Energien werden mit $ E' $… bezeichnet. Dabei könnte es sein, dass die Energieskalen beider Bezugssysteme verschiedene Nullpunkte haben, die sich um eine Konstante $ C $ unterscheiden. Da die Energieerhaltung im zweiten Bezugssystem genauso gut wie im ersten gilt (Relativitätsprinzip), folgt
Da der Körper im ersten System in Ruhe bleibt, bewegt er sich im zweiten System nach der Emission mit gleicher Geschwindigkeit $ v $ wie davor. Seine Energie ist im zweiten Bezugssystem daher um die kinetische Energie $ E'_{\text{kin}} $ größer als im ersten. Daher gilt:
Indem man die Seiten dieser zwei Gleichungen paarweise voneinander abzieht, fallen die unbekannten Ruheenergien und die Konstante heraus und man erhält:
Der entscheidende Punkt ist nun: Die beiden Lichtblitze, die im Ruhesystem des Körpers entgegengesetzte Richtungen und gleiche Energien haben, sind auch im zweiten Bezugssystem (aufgrund der Wahl der Bewegungsrichtung) entgegensetzt, haben aber verschiedene Energien. Einer zeigt Rotverschiebung, der andere Blauverschiebung. Nach der Lorentztransformation der elektrodynamischen Felder sind ihre Energien $ {\tfrac {1}{2}}E_{\text{ph}}{\tfrac {1-\beta }{\sqrt {1-\beta ^{2}}}} $ bzw. $ {\tfrac {1}{2}}E_{\text{ph}}{\tfrac {1+\beta }{\sqrt {1-\beta ^{2}}}} $, wobei $ \beta ={\tfrac {v}{c}} $. Zusammen ist ihre Energie dadurch größer als im ersten Bezugssystem:
Die beiden Werte für die kinetische Energie vor und nach der Emission sind daher nach obiger Gleichung auch verschieden. Durch die Emission nimmt die kinetische Energie ab um
Da bei der Emission die Geschwindigkeit des Körpers gleich bleibt, er aber danach eine geringere kinetische Energie hat als davor, muss sich seine Masse verringert haben. Um diese Änderung zu ermitteln, nutzen wir die im Grenzfall $ \beta \ll 1 $ gültige Formel $ E_{\text{kin}}={\tfrac {1}{2}}mv^{2}\equiv {\tfrac {1}{2}}mc^{2}\beta ^{2} $ und entwickeln die rechte Seite der letzten Gleichung nach Potenzen bis zum Glied $ \beta ^{2} $. Es ergibt sich $ E'_{\text{kin,nach}}-E'_{\text{kin,vor}}=-{\tfrac {1}{2}}{\tfrac {E_{\text{ph}}}{c^{2}}}v^{2} $. Also führt die Abgabe der Energie $ E_{\text{ph}} $ zu einer Verringerung der Masse um $ \Delta m={\tfrac {E_{\text{ph}}}{c^{2}}} $.
Einstein schließt diese 1905 publizierte Überlegung mit den Worten ab[1] (Symbole modernisiert):[A 3][A 4]
„Gibt ein Körper die Energie $ \Delta E $ in Form von Strahlung ab, so verkleinert sich seine Masse um $ \Delta m=\Delta E/c^{2} $. […] Die Masse eines Körpers ist ein Maß für dessen Energieinhalt […]. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei Körpern, deren Energie in hohem Maße veränderlich ist (z. B. bei den Radiumsalzen), eine Prüfung der Theorie gelingen wird.“
Einstein umgeht das Problem der unbekannten Ruheenergie, indem in seinem Gedankenexperiment diese Größe aus den Gleichungen eliminiert werden kann. Für die Energieabgabe wählt er elektromagnetische Strahlung und leitet daraus die Veränderung der Masse ab. 1905 fügt er ohne Beweis die Aussage an, dass dies für jede Art Energieverlust gelte. Ab 1907/08 schlägt er vor, „da wir über den Nullpunkt […] verfügen können, […] jegliche träge Masse als Vorrat an Energie aufzufassen“,[3] also $ E=mc^{2} $.
Ab 1897 hatten Henri Becquerel, Marie und Pierre Curie und Ernest Rutherford die ionisierenden Strahlen erforscht und aus ihrer damals unerklärlich hohen Energie gefolgert, dass die zugrunde liegenden Kernreaktionen millionenfach energiereicher als chemische Reaktionen sind. Als Energiequelle wurde von Rutherford und Frederick Soddy (1903) ein in den Körpern befindliches, enormes Reservoir an latenter Energie vermutet, das auch in normaler Materie vorhanden sein müsse. Rutherford (1904) spekulierte, dass man vielleicht eines Tages den Zerfall radioaktiver Elemente kontrollieren und aus einer geringen Menge Materie eine enorme Energiemenge freisetzen könnte.[29][30] Mit Einsteins Gleichung $ E_{\text{Ruhe}}=m\,c^{2} $ (1905) konnte man diese Energie an den unterschiedlichen Kernmassen ablesen, was in den 1930er Jahren tatsächlich nachgewiesen werden konnte.
Allerdings besagt die Gleichung nicht, wie man die Spaltung schwerer Atomkerne in Gang setzt. Entscheidend war die Beobachtung der induzierten Kernspaltung durch Otto Hahn und Fritz Straßmann wie auch, dass die dabei freiwerdenden Neutronen eine Kettenreaktion in angereichertem Uran auslösen können. Anders als populärwissenschaftliche Berichte behaupten,[31] spielte daher der Zusammenhang von Ruheenergie und Masse bei der Entwicklung der Atombombe („Manhattan-Projekt“ in den USA ab 1942) keine besondere Rolle.[32][33] Albert Einstein beeinflusste die Entwicklung der Atombombe weniger durch seine physikalischen Erkenntnisse, sondern allenfalls politisch. Er schrieb einen Brief an Präsident Roosevelt, in dem er für die Entwicklung der Atombombe in den USA eintrat. Einstein tat dies, da er befürchtete, dass in Deutschland bereits am Bau von Atomwaffen gearbeitet werde.[32][34]