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'''Thermochemie''' ist die Lehre von Energie und Wärme, die bei chemischen Reaktionen umgesetzt wird. Während einer | '''Thermochemie''' ist die Lehre von [[Energie]] und [[Wärme]], die bei [[Chemische Reaktion|chemischen Reaktionen]] umgesetzt wird. Während einer Reaktion oder einer [[Phasenumwandlung]] kann Energie freigesetzt oder aufgenommen werden. Die Thermochemie legt dabei den Fokus auf die [[Quantifizierung]] des Energieaustausches, meist auf den Austausch zwischen [[Physikalisches System|System]] und [[Physikalisches System#Umgebung und Systemgrenze|Umgebung]]. Man bedient sich der Thermochemie, um [[Reaktant|Edukt-]] und [[Produkt (Chemie)|Produktmengen]] einer Reaktion vorherzusagen. In Kombination mit [[Entropie]]<nowiki/>bestimmung kann sie auch genutzt werden, um vorherzusagen ob eine Reaktion spontan abläuft oder nicht. | ||
Endotherme | [[Endotherme Reaktion]]en nehmen dabei Wärme aus der Umgebung auf, während [[exotherme Reaktion]]en Wärme freisetzen. Die Thermochemie verbindet dabei die Konzepte der [[Thermodynamik]] mit dem Konzept von Energie in Form [[chemische Bindung|chemischer Bindungen]]. Das Thema beinhaltet üblicherweise Berechnungen von Größen wie [[Wärmekapazität]], [[Reaktionsenthalpie]], Entropie, [[Freie Enthalpie|freier Enthalpie]] und Energie. | ||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
[[Datei:Ice-calorimeter.jpg|250px|mini|Das erste | [[Datei:Ice-calorimeter.jpg|250px|mini|Das erste [[Kalorimeter #Eiskalorimeter|Eis-Kalorimeter]] der Welt, im Winter 1782/83 von [[Antoine Lavoisier]] und [[Pierre-Simon Laplace]] benutzt, um die Enthalpien verschiedener chemischer Vorgänge zu bestimmen.]] | ||
Die Thermochemie basiert auf zwei Modellannahmen. In einer modernen Formulierung kann man diese wie folgt ausdrücken:<ref>{{Literatur |Autor=Pierre Perrot |Titel=A to Z of thermodynamics |Verlag=Oxford University Press |Ort=Oxford; New York |Datum=1998 |ISBN=0-19-856556-9 |Seiten=}}</ref> | Die Thermochemie basiert auf zwei Modellannahmen. In einer modernen Formulierung kann man diese wie folgt ausdrücken:<ref>{{Literatur |Autor=Pierre Perrot |Titel=A to Z of thermodynamics |Verlag=Oxford University Press |Ort=Oxford; New York |Datum=1998 |ISBN=0-19-856556-9 |Seiten=}}</ref> | ||
#Das Postulat von [[Antoine Lavoisier|Lavoisier]] und [[Pierre-Simon Laplace|Laplace]] (1780): Die bei einer beliebigen Umwandlung umgesetzte Energiemenge ist gleich der negativen Energiemenge bei der entgegengesetzt ablaufenden Umwandlung.<ref>{{Literatur |Autor=Frederick Hutton Getman |Titel=Outlines of Theoretical Chemistry |Verlag=John Wiley & sons |Ort=New York |Datum=1918 |Seiten=290 |Online={{Google Buch |BuchID=En83AAAAMAAJ |Seite=290}}}}</ref> | #Das [[Postulat]] von [[Antoine Lavoisier|Lavoisier]] und [[Pierre-Simon Laplace|Laplace]] (1780): Die bei einer beliebigen Umwandlung umgesetzte Energiemenge ist gleich der negativen Energiemenge bei der entgegengesetzt ablaufenden Umwandlung.<ref>{{Literatur |Autor=Frederick Hutton Getman |Titel=Outlines of Theoretical Chemistry |Verlag=John Wiley & sons |Ort=New York |Datum=1918 |Seiten=290 |Online={{Google Buch |BuchID=En83AAAAMAAJ |Seite=290}}}}</ref> | ||
#Der [[Satz von Hess]] (1840): Die Enthalpieänderung einer Reaktion hängt nur von dem Anfangs- und Endzustand ab, nicht | #Der [[Satz von Hess]] (1840): Die Enthalpieänderung einer Reaktion hängt nur von dem Anfangs- und Endzustand ab, aber nicht vom Weg, auf dem diese erreicht wurden. | ||
Diese Annahmen waren die Vorläufer des [[Erster Hauptsatz der Thermodynamik|ersten Hauptsatzes der Thermodynamik]] (1845) und ermöglichten seine Formulierung. | Diese Annahmen waren die Vorläufer des [[Erster Hauptsatz der Thermodynamik|ersten Hauptsatzes der Thermodynamik]] (1845) und ermöglichten seine Formulierung. | ||
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Lavoisier, Laplace und [[Germain Henri Hess|Hess]] waren ebenfalls an der Definition der [[Spezifische Wärmekapazität|spezifischen Wärmekapazität]] und der [[Latente Wärme|latenten Wärme]] beteiligt, auch wenn schließlich [[Joseph Black]] die abschließenden Beiträge zu der Entwicklung des Konzepts des latenten Wärmetransports geleistet hat. | Lavoisier, Laplace und [[Germain Henri Hess|Hess]] waren ebenfalls an der Definition der [[Spezifische Wärmekapazität|spezifischen Wärmekapazität]] und der [[Latente Wärme|latenten Wärme]] beteiligt, auch wenn schließlich [[Joseph Black]] die abschließenden Beiträge zu der Entwicklung des Konzepts des latenten Wärmetransports geleistet hat. | ||
[[Gustav Robert Kirchhoff|Gustav Kirchhoff]] zeigte 1858, dass die Änderung der Reaktionsenthalpie durch die Änderung der Wärmekapazität von | [[Gustav Robert Kirchhoff|Gustav Kirchhoff]] zeigte 1858, dass die Änderung der [[Reaktionsenthalpie]] durch die Änderung der Wärmekapazität von [[Reaktant]]en zu Produkten gegeben ist: | ||
:<math>\frac {\mathrm{d}H} {\mathrm{d}T} = C_\mathrm{p} </math>. | :<math>\frac {\mathrm{d}H} {\mathrm{d}T} = C_\mathrm{p} </math>. | ||
Die Integration dieser Gleichung erlaubt die Evaluierung der Reaktionsenthalpie bei einer Temperatur aus den Messergebnissen bei einer anderen Temperatur.<ref>{{Literatur|Autor=Peter W. Atkins, Julio De Paula|Titel=Physikalische Chemie|Auflage=5.|Verlag=Wiley-VCH|Ort=Weinheim|Datum=2013|Seiten=75|ISBN=978-3-527-33247-2}}</ref> | |||
Die [[Integralrechnung|Integration]] dieser Gleichung erlaubt die Evaluierung der Reaktionsenthalpie bei einer Temperatur A aus den Messergebnissen bei einer anderen Temperatur B.<ref>{{Literatur|Autor=Peter W. Atkins, Julio De Paula|Titel=Physikalische Chemie|Auflage=5.|Verlag=Wiley-VCH|Ort=Weinheim|Datum=2013|Seiten=75|ISBN=978-3-527-33247-2}}</ref> | |||
== Kalorimetrie == | == Kalorimetrie == | ||
Die Bestimmung von Enthalpieänderungen wird mittels der [[Kalorimetrie]] durchgeführt, üblicherweise in einem geschlossenen Behältnis in welchem der zu beobachtende Prozess abläuft. Die Temperatur des Behältnisses wird | Die Bestimmung von Enthalpieänderungen wird mittels der [[Kalorimetrie]] durchgeführt, üblicherweise in einem geschlossenen Behältnis, in welchem der zu beobachtende Prozess abläuft. Die Temperatur des Behältnisses wird durch ein [[Thermometer]] oder ein [[Thermoelement]] überwacht und grafisch gegen die Zeit aufgetragen. Moderne [[Kalorimeter]] sind in der Regel mit Digitalsensoren und Software versehen, um Ergebnisse schnell zur Auswertung bereitzustellen. Ein Beispiel dafür ist die [[Dynamische Differenzkalorimetrie]] (engl. ''differencial scanning calorimetry'', kurz ''DSC''). | ||
== Systeme == | == Systeme == | ||
Verschiedene thermodynamische Definitionen können in der Thermochemie sehr hilfreich sein. Ein ''System'' ist definiert als exakt der Teil des Universums, der analysiert werden soll. Alles außerhalb des Systems ist als ''Umgebung'' definiert. Beispiele für ein System sind: | Verschiedene thermodynamische Definitionen können in der Thermochemie sehr hilfreich sein. Ein ''[[Thermodynamisches System|System]]'' ist definiert als exakt der Teil des Universums, der analysiert werden soll. Alles außerhalb des Systems ist als ''Umgebung'' definiert. Beispiele für ein System sind: | ||
* ein (vollständig) [[isoliertes System]], welches weder Energie noch Materie mit der Umgebung austauschen kann, in erster Näherung also ein [[Bombenkalorimeter]] | * ein (vollständig) [[Abgeschlossenes System (Thermodynamik)|isoliertes System]], welches weder Energie noch Materie mit der Umgebung austauschen kann, in erster Näherung also ein [[Bombenkalorimeter]] | ||
* ein thermisch isoliertes System, das weder Wärme noch Materie, dafür aber mechanische Arbeit austauschen kann, | * ein thermisch isoliertes System, das weder Wärme noch Materie, dafür aber mechanische Arbeit austauschen kann, z. B. ein [[Kolben (Technik)|Kolben]] oder ein [[Ballon]] | ||
* ein mechanisch isoliertes System, das weder mechanische Arbeit noch Materie, dafür aber Wärme austauschen kann, | * ein mechanisch isoliertes System, das weder mechanische Arbeit noch Materie, dafür aber Wärme austauschen kann, z. B. ein ''offenes'' Bombenkalorimeter | ||
* ein [[offenes System]], welches sowohl Materie als auch Energie frei mit der Umgebung austauschen kann, | * ein [[Offenes System (Thermodynamik)|offenes System]], welches sowohl Materie als auch Energie frei mit der Umgebung austauschen kann, z. B. ein Topf kochendes Wasser. | ||
== Prozesse == | == Prozesse == | ||
Ein System unterliegt einem Prozess wenn sich eine oder mehrere seiner thermodynamischen Eigenschaften ändern. Ein Prozess bezieht sich immer auf die | Ein System unterliegt einem Prozess wenn sich eine oder mehrere seiner [[Zustandsgröße|thermodynamischen Eigenschaften]] ändern. Ein Prozess bezieht sich immer auf die [[Zustandsänderung #Begriff_in_der_Thermodynamik|Veränderung eines Zustandes]]. | ||
* Ein [[isothermer Prozess]] tritt auf, wenn die Temperatur des Systems gleich bleibt. | |||
* Ein [[isobarer Prozess]] tritt auf, wenn der Druck des Systems konstant bleibt. | |||
* Ein [[adiabatisch]]er Prozess tritt auf, wenn kein [[Wärmeaustausch]] mit der Umgebung stattfindet. | |||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == |
Thermochemie ist die Lehre von Energie und Wärme, die bei chemischen Reaktionen umgesetzt wird. Während einer Reaktion oder einer Phasenumwandlung kann Energie freigesetzt oder aufgenommen werden. Die Thermochemie legt dabei den Fokus auf die Quantifizierung des Energieaustausches, meist auf den Austausch zwischen System und Umgebung. Man bedient sich der Thermochemie, um Edukt- und Produktmengen einer Reaktion vorherzusagen. In Kombination mit Entropiebestimmung kann sie auch genutzt werden, um vorherzusagen ob eine Reaktion spontan abläuft oder nicht.
Endotherme Reaktionen nehmen dabei Wärme aus der Umgebung auf, während exotherme Reaktionen Wärme freisetzen. Die Thermochemie verbindet dabei die Konzepte der Thermodynamik mit dem Konzept von Energie in Form chemischer Bindungen. Das Thema beinhaltet üblicherweise Berechnungen von Größen wie Wärmekapazität, Reaktionsenthalpie, Entropie, freier Enthalpie und Energie.
Die Thermochemie basiert auf zwei Modellannahmen. In einer modernen Formulierung kann man diese wie folgt ausdrücken:[1]
Diese Annahmen waren die Vorläufer des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik (1845) und ermöglichten seine Formulierung.
Lavoisier, Laplace und Hess waren ebenfalls an der Definition der spezifischen Wärmekapazität und der latenten Wärme beteiligt, auch wenn schließlich Joseph Black die abschließenden Beiträge zu der Entwicklung des Konzepts des latenten Wärmetransports geleistet hat.
Gustav Kirchhoff zeigte 1858, dass die Änderung der Reaktionsenthalpie durch die Änderung der Wärmekapazität von Reaktanten zu Produkten gegeben ist:
Die Integration dieser Gleichung erlaubt die Evaluierung der Reaktionsenthalpie bei einer Temperatur A aus den Messergebnissen bei einer anderen Temperatur B.[3]
Die Bestimmung von Enthalpieänderungen wird mittels der Kalorimetrie durchgeführt, üblicherweise in einem geschlossenen Behältnis, in welchem der zu beobachtende Prozess abläuft. Die Temperatur des Behältnisses wird durch ein Thermometer oder ein Thermoelement überwacht und grafisch gegen die Zeit aufgetragen. Moderne Kalorimeter sind in der Regel mit Digitalsensoren und Software versehen, um Ergebnisse schnell zur Auswertung bereitzustellen. Ein Beispiel dafür ist die Dynamische Differenzkalorimetrie (engl. differencial scanning calorimetry, kurz DSC).
Verschiedene thermodynamische Definitionen können in der Thermochemie sehr hilfreich sein. Ein System ist definiert als exakt der Teil des Universums, der analysiert werden soll. Alles außerhalb des Systems ist als Umgebung definiert. Beispiele für ein System sind:
Ein System unterliegt einem Prozess wenn sich eine oder mehrere seiner thermodynamischen Eigenschaften ändern. Ein Prozess bezieht sich immer auf die Veränderung eines Zustandes.