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Die '''hexatische Phase''' ist eine zwischen [[Flüssigkeit]] und [[Kristall]] liegende [[Phase (Materie)|Phase]] in zweidimensionalen Systemen. Sie | Die '''hexatische Phase''' ist eine zwischen [[Flüssigkeit]] und [[Kristall]] liegende thermodynamische [[Phase (Materie)|Phase]] ([[Aggregatzustand]]) in zweidimensionalen Systemen. Sie stellt eine [[anisotrop]]e Flüssigkeit mit typischerweise sechszähligem [[Flüssigkristall #Nematische Phasen|Direktor]]<nowiki/>feld dar (''hexa'' = [[Griechische Sprache|griechisch]] sechs): | ||
* Flüssig ist die hexatische Phase, da aufgrund der Dissoziation von [[Versetzung (Materialwissenschaft)|Dislokationen]] der [[Schermodul]] verschwindet. | |||
* Anisotrop ist diese Phase, da in sechs Richtungen noch recht gerade Linien entlang der nächsten Nachbarn gezogen werden können. Die Existenz dieses Richtungsfeldes bedeutet, dass es ein elastisches Modul gegen Verdrillung bzw. [[Torsion (Mechanik)|Torsion]] in der Ebene geben muss, das analog zu [[Flüssigkristall]]en Frankkonstante genannt wird. | |||
Die | Erst die Dissoziation von [[Disklination]]en an einem zweiten [[Phasenübergang]] bei höherer Temperatur oder kleinerer [[Dichte]] erzeugt eine [[isotrop]]e Flüssigkeit, in der auch die Orientierungselastizität verschwindet. Die hexatische Phase enthält folglich Dislokationen, aber noch keine Disklinationen. | ||
== Ordnungsparameter == | |||
Die hexatische Phase lässt sich durch zwei [[Ordnungsparameter]] beschreiben, von denen die [[Translation (Physik)|Translation]]s<nowiki/>ordnung [[Nahordnung und Fernordnung #Nahordnung|kurzreichweitig]] ist ([[exponentiell]]er Abfall) und die [[Kristallorientierung|Orientierung]]s<nowiki/>ordnung quasi-[[Nahordnung und Fernordnung #Fernordnung|langreichweitig]] ([[algebraische Funktion|algebraischer]] Abfall). | |||
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! Phase !! Translationsordnung !! Orientierungsordnung !! [[Gitterfehler|Defekte]] | |||
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| [[kristallin]] || quasi-langreichweitig: <math>G_{\vec{G}}(\vec{R}) \propto R^{-\eta_{\vec{G}}}</math> || langreichweitig: <math>\lim_{r \to \infty}G_6(\vec{r}) \propto const. </math> || defektfrei | |||
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| '''hexatisch (anisotrop flüssig)''' || kurzreichweitig: <math>G_{\vec{G}}(\vec{R}) \propto e^{-R/\xi_{\vec{G}}}</math> || quasi-langreichweitig: <math>G_6(\vec{r}) \propto r^{-\eta_6}</math> || Dislokationen | |||
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| isotrop flüssig || kurzreichweitig: <math>G_{\vec{G}}(\vec{R}) \propto e^{-R/\xi_{\vec{G}}}</math> || kurzreichweitig: <math>G_6(\vec{r}) \propto e^{-r/\xi_6}</math> || Dislokationen und Disklinationen | |||
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|} | |||
mit der [[Korrelationslänge]] <math>\xi</math>. | |||
=== Translationsordnung === | |||
[[Datei:Topologische Defekte in 2D.svg|mini|Dislokationspaare zerstören die diskrete Translationsordnung (Verschiebung entlang der roten Pfeile), es lässt sich aber noch eine Orientierungsordnung erkennen, die in einer Richtung durch die schwarzen Linien angedeutet ist (oben). Erst Disklinationen zerstören zusätzlich die Orientierungsordnung (unten).]] | |||
Kennt man die Positionen der Atome oder Partikel, so lässt sich die Translationsordnung messen mit der Translations[[Korrelationsfunktion (Physik)|korrelationsfunktion]] <math>G_{\vec{G}}(\vec{R})</math> als Funktion des Abstandes zwischen dem [[Kristallgitter|Gitter]]<nowiki/>platz am Orte <math>\vec{R}</math> und dem Ort <math>\vec{0}</math>, basierend auf der zweidimensionalen [[Dichtefunktion]] <math>\rho_{\vec{G}}(\vec{R}) = e^{i\vec{G} \cdot [\vec{R} + \vec{u}(\vec{R})]}</math> im [[Reziprokes Gitter|reziproken Raum]]: | |||
:<math>G_{\vec{G}}(\vec{R}) = \langle \rho_{\vec{G}}(\vec{R}) \cdot \rho^\ast_{\vec{G}}(\vec{0}) \rangle</math> | |||
Der [[Ortsvektor]] <math>\vec{R}</math> zeigt hier auf einen Gitterplatz im [[Kristall]], um den das Atom mit der [[Auslenkung]] <math>\vec{u}(\vec{R})</math> thermisch fluktuieren kann, <math>\vec{G}</math> ist ein reziproker [[Gittervektor]] in der [[Fourierreihe|Fourierdarstellung]]. Die spitzen Klammern deuten die statistische [[Mittelung]] über alle Teilchenpaare im Abstand R an (vgl. Korrelationsfunktion). | |||
In der hexatischen Phase fällt die Translationskorrelationfunktion schnell, d. h. exponentiell ab. | |||
Im (zweidimensionalen) Kristall dagegen ist die Translationsordnung quasi-langreichweitig, die Korrelationsfunktion zerfällt langsamer, d. h. algebraisch; sie ist allerdings nicht wie in drei Dimensionen perfekt langreichweitig, da die Auslenkungen <math>\vec{u}(\vec{R})</math> aufgrund des [[Mermin-Wagner-Theorem]]s bei Temperaturen oberhalb des [[absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunktes]] logarithmisch über alle Grenzen anwachsen (divergieren). | |||
Nachteil der Translationskorrelationsfunktion ist, dass sie streng genommen nur im Kristall definiert ist: spätestens in der isotropen Flüssigkeit, wenn Disklinationen vorhanden sind, lässt sich der reziproke Gittervektor nicht mehr bestimmen. | |||
=== Orientierungsordnung === | |||
[[Datei:Lokales Richtungsfeld.svg|mini|Die j nächsten Nachbarteilchen bestimmen das sechszählige Richtungsfeld des i-ten Teilchens]] | |||
[[Datei:Orientierungskorrelationsfunktion.svg|mini|Die Orientierungskorrelation des lokalen Richtungsfeldes als Funktion des Abstandes für den Kristall (blau), die hexatische Phase (grün) und die isotrop flüssige Phase (rot).]] | |||
Die Orientierungsordnung bzw. das Direktorfeld <math>\Psi</math> lässt sich aus dem lokalen Richtungsfeld für ein Teilchen am Ort <math>\vec{r}_i</math> bestimmen, indem man die Winkel <math>\theta_{ij}</math> der Verbindungsachsen zu den <math>N_j</math> nächsten Nachbarn im sechszähligen Raum aufsummiert und mit der Anzahl <math>N_j</math> der (im Mittel sechs) Nachbarn normiert: | |||
::<math>\Psi(\vec{r}_i) = \frac{1}{N_j}\sum_{j=1}^{N_j}e^{i6\theta_{ij}}</math> | |||
<math>\Psi</math> ist eine [[komplexe Zahl]] vom Betrag <math>|\Psi(\vec{r})| \leq 1</math>, die [[Phasenwinkel|Phase]] <math>\theta_{ij}</math> gibt die Richtung des sechszähligen Direktorfeldes an; für einen [[Hexagonales Kristallsystem|hexagonalen Kristall]] sind dies die Richtungen der [[Kristallachse]]n. Für ein Teilchen mit fünf oder sieben nächsten Nachbarn, wie bei Dislokationen und Disklinationen, verschwindet das lokale Direktorfeld: <math>\Psi \sim 0</math>, bis auf einen sehr kleinen Beitrag aufgrund von thermischen Fluktuationen. | |||
Aus dem Direktorfeld <math>\Psi</math> lässt sich für zwei Teilchen i und k im Abstand <math>\vec{r} = \vec{r}_i - \vec{r}_k</math> die Orientierungskorrelationsfunktion bestimmen: | |||
:<math>G_6(\vec{r}) = \langle \Psi(\vec{r}_i) \cdot \Psi^\ast(\vec{r}_k) \rangle</math> | |||
Die spitzen Klammern deuten wieder die statistische Mittelung über alle Teilchenpaare an. | |||
Mit der Orientierungskorrelationsfunktion lassen sich alle drei o. g. Phasen identifizieren: | |||
* Im Kristall zerfällt die Korrelationsfunktion nicht, sondern nähert sich einem konstanten Wert (blau in der doppeltlogarithmischen Abb.): Die [[Torsionssteifigkeit]] ist beliebig groß, d. h. die Frankkonstante ist unendlich. | |||
* In der hexatischen Phase zerfällt die Orientierungskorrelationsfunktion nach einem [[Potenzgesetz]] (algebraisch), in der doppeltlogarithmischen Darstellung gibt dies gerade Linien (grün in der Abbildung dargestellt). | |||
* In der isotropen Flüssigkeit zerfällt die Korrelation exponentiell, dies gibt gekrümmte Kurven im log-log Diagramm (rot in der Abb. bzw. Geraden im lin-log Diagramm). | |||
Alle Kurven sind überlagert von der diskreten Struktur der Atome bzw. der Partikel, zu sehen an den Minima bei halbzahligen mittleren Teilchenabständen <math>r</math>. Teilchen, die in den Positionen schlecht korreliert sind, sind auch im lokalen Richtungsfeld schlecht korreliert. | |||
== Hintergrund == | |||
Die Theorie des zweistufigen Schmelzens wurde von [[John Michael Kosterlitz]] und [[David J. Thouless]] bzw. [[Bertrand Halperin]], [[David R. Nelson]] und [[Allan Peter Young|A. Peter Young]] in ihren Arbeiten zum [[Schmelzen]] in zwei Dimensionen entwickelt. Nach den Anfangsbuchstaben der Nachnamen der Autoren hat sich der Name [[KTHNY-Theorie]] eingebürgert. | |||
M. Kosterlitz und D. Thouless wurden für die Idee des Schmelzens durch topologischen Defekte mit dem [[Liste der Nobelpreisträger für Physik|Nobelpreis für Physik]] 2016 ausgezeichnet (siehe auch [[Kosterlitz-Thouless-Übergang]]). Die hexatische Phase wurde von D. Nelson und B. Halperin vorhergesagt, sie hat in dreidimensionalen Systemen kein strenges Analogon. | |||
Zweizählige Direktorfelder kennt man von [[Flüssigkristall]]en; dort kommt die Anisotropie aus der länglichen ([[prolat]]) oder abgeplatteten ([[Rotationsellipsoid|oblat]]) Form der einzelnen Moleküle. | |||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
* [[XY-Modell]] | * [[XY-Modell]] | ||
* [[ | |||
== Weblinks == | |||
* [http://www.keim.physik.uni-konstanz.de/paper/PhysInUZeit%20(2008).pdf Phasenübergänge durch topologische Defekte: Das Schmelzen zweidimensionaler Kristalle] | |||
* [https://assets.nobelprize.org/uploads/2018/06/kosterlitz-lecture.pdf ''Topological Defects and Phase Transitions'', Nobelvortrag 2016 von M. Kosterlitz] | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* J | * {{cite journal | last=Kosterlitz | first=J M | last2=Thouless | first2=D J | title=Long range order and metastability in two dimensional solids and superfluids. (Application of dislocation theory) | journal=Journal of Physics C: Solid State Physics | publisher=IOP Publishing | volume=5 | issue=11 | date=1972-06-12 | issn=0022-3719 | doi=10.1088/0022-3719/5/11/002 | pages=L124–L126}} | ||
* J | * {{cite journal | last=Kosterlitz | first=J M | last2=Thouless | first2=D J | title=Ordering, metastability and phase transitions in two-dimensional systems | journal=Journal of Physics C: Solid State Physics | publisher=IOP Publishing | volume=6 | issue=7 | date=1973-04-12 | issn=0022-3719 | doi=10.1088/0022-3719/6/7/010 | pages=1181–1203}} | ||
* J | * {{cite journal | last=Kosterlitz | first=J M | title=The critical properties of the two-dimensional xy model | journal=Journal of Physics C: Solid State Physics | publisher=IOP Publishing | volume=7 | issue=6 | date=1974-03-21 | issn=0022-3719 | doi=10.1088/0022-3719/7/6/005 | pages=1046–1060}} | ||
* B. I. | * {{cite journal | last=Nelson | first=David R. | last2=Kosterlitz | first2=J. M. | title=Universal Jump in the Superfluid Density of Two-Dimensional Superfluids | journal=Physical Review Letters | publisher=American Physical Society (APS) | volume=39 | issue=19 | date=1977-11-07 | issn=0031-9007 | doi=10.1103/physrevlett.39.1201 | pages=1201–1205}} | ||
* | * {{cite journal | last=Halperin | first=B. I. | last2=Nelson | first2=David R. | title=Theory of Two-Dimensional Melting | journal=Physical Review Letters | publisher=American Physical Society (APS) | volume=41 | issue=2 | date=1978-07-10 | issn=0031-9007 | doi=10.1103/physrevlett.41.121 | pages=121–124}} | ||
* {{cite journal | last=Nelson | first=David R. | last2=Halperin | first2=B. I. | title=Dislocation-mediated melting in two dimensions | journal=Physical Review B | publisher=American Physical Society (APS) | volume=19 | issue=5 | date=1979-02-01 | issn=0163-1829 | doi=10.1103/physrevb.19.2457 | pages=2457–2484}} | |||
* A. P. | * {{cite journal | last=Young | first=A. P. | title=Melting and the vector Coulomb gas in two dimensions | journal=Physical Review B | publisher=American Physical Society (APS) | volume=19 | issue=4 | date=1979-02-15 | issn=0163-1829 | doi=10.1103/physrevb.19.1855 | pages=1855–1866}} | ||
* A. | * {{cite journal | last=Jaster | first=A. | title=The hexatic phase of the two-dimensional hard disk system | journal=Physics Letters A | publisher=Elsevier BV | volume=330 | issue=1–2 | year=2004 | issn=0375-9601 | doi=10.1016/j.physleta.2004.07.055 | pages=120–125| arxiv=cond-mat/0305239 }} | ||
* {{cite journal | last=Keim | first=P. | last2=Maret | first2=G. | last3=Grünberg | first3=H.H.v. | title=Frank's constant in the hexatic phase | journal=Phys. Rev. E' | volume=75 | year=2007 | pages=031402 | doi=10.1103/PhysRevE.75.031402 | arxiv=cond-mat/0610332}} | |||
* {{cite journal | last=Gasser | first=U. | last2=Eisenmann | first2=C. | last3=Maret | first3=G. |last4=Keim | first4=P. | title=Melting of crystals in two dimensions | journal=ChemPhysChem | volume=11 | issue=5 | year=2010 | pages=963–970 | doi=10.1002/cphc.20090075 }} | |||
* {{cite journal | last=Kosterlitz | first=M. | title=Commentary on Ordering, metastability and phase transitions in two-dimensional systems | journal=Journal of Physics C | volume=28 | issue=48 | year=2016 | pages=481001 | doi=10.1088/0953-8984/28/48/481001 }} | |||
[[Kategorie:Kristallographie]] | [[Kategorie:Kristallographie]] | ||
[[Kategorie:Statistische Physik]] | |||
[[Kategorie:Topologie]] |
Die hexatische Phase ist eine zwischen Flüssigkeit und Kristall liegende thermodynamische Phase (Aggregatzustand) in zweidimensionalen Systemen. Sie stellt eine anisotrope Flüssigkeit mit typischerweise sechszähligem Direktorfeld dar (hexa = griechisch sechs):
Erst die Dissoziation von Disklinationen an einem zweiten Phasenübergang bei höherer Temperatur oder kleinerer Dichte erzeugt eine isotrope Flüssigkeit, in der auch die Orientierungselastizität verschwindet. Die hexatische Phase enthält folglich Dislokationen, aber noch keine Disklinationen.
Die hexatische Phase lässt sich durch zwei Ordnungsparameter beschreiben, von denen die Translationsordnung kurzreichweitig ist (exponentieller Abfall) und die Orientierungsordnung quasi-langreichweitig (algebraischer Abfall).
Phase | Translationsordnung | Orientierungsordnung | Defekte |
---|---|---|---|
kristallin | quasi-langreichweitig: $ G_{\vec {G}}({\vec {R}})\propto R^{-\eta _{\vec {G}}} $ | langreichweitig: $ \lim _{r\to \infty }G_{6}({\vec {r}})\propto const. $ | defektfrei |
hexatisch (anisotrop flüssig) | kurzreichweitig: $ G_{\vec {G}}({\vec {R}})\propto e^{-R/\xi _{\vec {G}}} $ | quasi-langreichweitig: $ G_{6}({\vec {r}})\propto r^{-\eta _{6}} $ | Dislokationen |
isotrop flüssig | kurzreichweitig: $ G_{\vec {G}}({\vec {R}})\propto e^{-R/\xi _{\vec {G}}} $ | kurzreichweitig: $ G_{6}({\vec {r}})\propto e^{-r/\xi _{6}} $ | Dislokationen und Disklinationen |
mit der Korrelationslänge $ \xi $.
Kennt man die Positionen der Atome oder Partikel, so lässt sich die Translationsordnung messen mit der Translationskorrelationsfunktion $ G_{\vec {G}}({\vec {R}}) $ als Funktion des Abstandes zwischen dem Gitterplatz am Orte $ {\vec {R}} $ und dem Ort $ {\vec {0}} $, basierend auf der zweidimensionalen Dichtefunktion $ \rho _{\vec {G}}({\vec {R}})=e^{i{\vec {G}}\cdot [{\vec {R}}+{\vec {u}}({\vec {R}})]} $ im reziproken Raum:
Der Ortsvektor $ {\vec {R}} $ zeigt hier auf einen Gitterplatz im Kristall, um den das Atom mit der Auslenkung $ {\vec {u}}({\vec {R}}) $ thermisch fluktuieren kann, $ {\vec {G}} $ ist ein reziproker Gittervektor in der Fourierdarstellung. Die spitzen Klammern deuten die statistische Mittelung über alle Teilchenpaare im Abstand R an (vgl. Korrelationsfunktion).
In der hexatischen Phase fällt die Translationskorrelationfunktion schnell, d. h. exponentiell ab.
Im (zweidimensionalen) Kristall dagegen ist die Translationsordnung quasi-langreichweitig, die Korrelationsfunktion zerfällt langsamer, d. h. algebraisch; sie ist allerdings nicht wie in drei Dimensionen perfekt langreichweitig, da die Auslenkungen $ {\vec {u}}({\vec {R}}) $ aufgrund des Mermin-Wagner-Theorems bei Temperaturen oberhalb des absoluten Nullpunktes logarithmisch über alle Grenzen anwachsen (divergieren).
Nachteil der Translationskorrelationsfunktion ist, dass sie streng genommen nur im Kristall definiert ist: spätestens in der isotropen Flüssigkeit, wenn Disklinationen vorhanden sind, lässt sich der reziproke Gittervektor nicht mehr bestimmen.
Die Orientierungsordnung bzw. das Direktorfeld $ \Psi $ lässt sich aus dem lokalen Richtungsfeld für ein Teilchen am Ort $ {\vec {r}}_{i} $ bestimmen, indem man die Winkel $ \theta _{ij} $ der Verbindungsachsen zu den $ N_{j} $ nächsten Nachbarn im sechszähligen Raum aufsummiert und mit der Anzahl $ N_{j} $ der (im Mittel sechs) Nachbarn normiert:
$ \Psi $ ist eine komplexe Zahl vom Betrag $ |\Psi ({\vec {r}})|\leq 1 $, die Phase $ \theta _{ij} $ gibt die Richtung des sechszähligen Direktorfeldes an; für einen hexagonalen Kristall sind dies die Richtungen der Kristallachsen. Für ein Teilchen mit fünf oder sieben nächsten Nachbarn, wie bei Dislokationen und Disklinationen, verschwindet das lokale Direktorfeld: $ \Psi \sim 0 $, bis auf einen sehr kleinen Beitrag aufgrund von thermischen Fluktuationen.
Aus dem Direktorfeld $ \Psi $ lässt sich für zwei Teilchen i und k im Abstand $ {\vec {r}}={\vec {r}}_{i}-{\vec {r}}_{k} $ die Orientierungskorrelationsfunktion bestimmen:
Die spitzen Klammern deuten wieder die statistische Mittelung über alle Teilchenpaare an.
Mit der Orientierungskorrelationsfunktion lassen sich alle drei o. g. Phasen identifizieren:
Alle Kurven sind überlagert von der diskreten Struktur der Atome bzw. der Partikel, zu sehen an den Minima bei halbzahligen mittleren Teilchenabständen $ r $. Teilchen, die in den Positionen schlecht korreliert sind, sind auch im lokalen Richtungsfeld schlecht korreliert.
Die Theorie des zweistufigen Schmelzens wurde von John Michael Kosterlitz und David J. Thouless bzw. Bertrand Halperin, David R. Nelson und A. Peter Young in ihren Arbeiten zum Schmelzen in zwei Dimensionen entwickelt. Nach den Anfangsbuchstaben der Nachnamen der Autoren hat sich der Name KTHNY-Theorie eingebürgert.
M. Kosterlitz und D. Thouless wurden für die Idee des Schmelzens durch topologischen Defekte mit dem Nobelpreis für Physik 2016 ausgezeichnet (siehe auch Kosterlitz-Thouless-Übergang). Die hexatische Phase wurde von D. Nelson und B. Halperin vorhergesagt, sie hat in dreidimensionalen Systemen kein strenges Analogon.
Zweizählige Direktorfelder kennt man von Flüssigkristallen; dort kommt die Anisotropie aus der länglichen (prolat) oder abgeplatteten (oblat) Form der einzelnen Moleküle.