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[[Datei:Communicating vessels.png| | [[Datei:Communicating vessels.png|mini|[[Hydrostatisches Paradoxon]]: Der Wasserstand in ''kommunizierenden Röhren'' ist gleich hoch, unabhängig von ihrer Form und ihrem Verlauf.]] | ||
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[[Datei:ANIMvasicomunicanti.gif|mini|Animation zur Befüllung kommunizierender Röhren]] | |||
Als '''kommunizierende Röhren''' oder '''kommunizierende Gefäße''' bezeichnet man oben offene, aber unten miteinander verbundene [[Rohr (Technik)|Gefäße]]. Eine [[Homogenität|homogene]] [[Flüssigkeit]] steht in ihnen gleich hoch, weil [[Gewichtskraft|Schwerkraft]] und [[Luftdruck]] konstant sind. | |||
== | Die Verbindung zwischen den Röhren kann sogar oberhalb des gemeinsamen Flüssigkeitsspiegels liegen, solange die Verbindungsleitung vollständig mit Flüssigkeit gefüllt ist und ihre Anschlüsse an die Gefäße unterhalb deren Flüssigkeitsspiegel mündet.<ref group="anm">Die maximale Höhe ist von Luftdruck und Schwerkraft begrenzt. Bei einem Luftdruck von <math>p=10^5\,\mathrm{Pa}</math>, einer Schwerebeschleunigung von <math>g=10\,\mathrm{\tfrac{m}{s^2}}</math> und einer Dichte der Flüssigkeit von <math>\rho=10^3\,\mathrm{\tfrac{kg}{m^3}}</math> beträgt die maximale Höhe <math>h</math> höchstens <math>h=\tfrac{p}{g \cdot \rho}=10\,\mathrm{m}</math>. Ab dieser Höhe würde ein Vakuum entstehen, meist wird die Flüssigkeit jedoch vorher schon gasförmig.</ref> Dieses Prinzip wird bei der [[Düker|Heberleitung]] und auch beim [[Heber (Gerät)#Hotoppscher Heber|Hotoppschen Heber]] zur Entleerung von [[Schleusenkammer]]n angewandt. Beim Hotoppschen Heber wird die Füllung des „Verbindungsrohres“ bzw. des Ablaufrohres durch Unterdruck, der durch einen kleinen [[Hydraulikzylinder|hydraulischen Kolben]] erzeugt wird, herbeigeführt;<ref group="anm">siehe dazu auch die Grafik bei Friedrich Engelhard: ''Kanal- und Schleusenbau.'' Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-709-19963-3, S. 205 ({{Google Buch |BuchID=tLmzBgAAQBAJ |Seite=205}}).</ref> wodurch das [[Heber (Gerät)|Saugheberprinzip]] anspringt. | ||
[[Datei:Hydrostatisches Gleichgewicht 3.jpg|mini|Eine leichte Flüssigkeit steigt höher.]] | |||
Wenn jede Röhre vollständig mit einer unterschiedlichen Flüssigkeiten befüllt ist, verhalten sich die Höhen der im Gleichgewicht stehenden Flüssigkeitssäulen umgekehrt proportional zum [[spezifisches Gewicht|spezifischem Gewicht]]. (Sofern sich -wie in der Abbildung unten- in einer einzelnen Röhre zwei verschiedene Flüssigkeiten befinden, trifft dieser Zusammenhang unmittelbar nur zu, wenn die Kontaktfläche zwischen den beiden Flüssigkeiten als Referenzhöhe<!-- = Nulllinie --> angenommen wird.) Leichtere Flüssigkeiten steigen also höher. | |||
[[Datei:Düker Schema.svg| | [[Datei:Düker Schema.svg|mini|Schematische Darstellung eines Dükers]] | ||
== Anwendungen und Vorkommen == | |||
Das [[Prinzip]] der kommunizierenden Gefäße wird für [[Nivelliergerät]]e zur Ermittlung der [[Horizont (Bezug)|Horizontale]] genutzt, etwa bei der [[Schlauchwaage]] und der [[Nivellierwaage|Kanalwaage]], mit der man Höhenunterschiede auf Bruchteile von Millimetern genau messen kann. | |||
Beim [[Heber (Gerät)|Heber]], einer Form der Saugpumpe, wird der Flüssigkeitstransfer erst beim Gleichstand der beiden Flüssigkeitsspiegel gestoppt. ''Siphons'' und [[Düker]] sind hinunter- und wieder hinaufführende Wasserleitungen, mit denen sich eine Senke überbrücken lässt. [[Wasserturm|Wassertürme]] nutzen ebenfalls das Prinzip der kommunizierenden Röhren, um in Wasserleitungen konstanten Druck herzustellen. | |||
Mit einem [[Düker]] können Flüssigkeiten (meist Wasser) unter Hindernissen hindurchgeleitet oder durch ein zwischen Bergen liegendes Tal geführt werden, ohne ein [[Aquädukt]] zu errichten. Die [[Römisches Reich|Römer]] nutzten das Prinzip bei innerstädtischen Druckleitungen. | |||
Werden nebeneinander aufgestellte Behälter wie [[Zisterne|Regenwassertanks]] durch kommunizierende Röhren miteinander verbunden, so stellt sich dadurch in allen Behältern der gleiche [[Füllstand]] ein, auch wenn nur ein einzelner Behälter einen Zu- oder Ablauf hat. So kann ein großer Behälter durch eine Batterie von kleineren Gefäßen ersetzt werden. | |||
Als [[Füllstandmessung|Füllstandanzeige]] eines verschlossenen undurchsichtigen Behälters dienen ein nahe dem Boden angeschlossenes Glasrohr ([[Schauglas]]) oder ein transparenter Schlauch, die von dort nach oben geführt werden und dessen Flüssigkeitsspiegel anzeigen. | |||
Bei der [[Röhrenzentrifuge]] wird das unterschiedlich hohe Aufsteigen verschieden dichter Flüssigkeiten zur Trennung von Flüssigkeitsgemischen genutzt ([[Röhrenzentrifuge#Funktionsprinzip Flüssig-Flüssig-Trennung|Flüssig-Flüssig-Trennung]]). | |||
Bei einem Hochwasser kann eine Mauer oder ein Damm das Wasser nur aufhalten, wenn das Fundament so beschaffen ist, dass keine Wasserführung im Boden stattfindet. Sonst würde sich auf beiden Seiten derselbe Wasserpegel einstellen.<!-- Auch ein ansonsten abgedicheter Keller kann das Eindringen des Wassers nicht verhindern, wenn Kellerwände oder -boden durch eine Verbindung zu einem Hausbrunnen, eine undichte Einführungsöffnung für Kabel oder Leitungen oder einen Abfluss (etwa zu einer Sickergrube) durchbrochen werden und Wasser dort einströmen kann. << Allgemeinplatz. Braucht eigentlich nicht gesondert erwähnt werden? --> | |||
[[Datei:Artesian Well DE.svg|mini|hochkant=1.5|Aus einem [[Artesischer Brunnen|Artesischen Brunnen]] strömt das Wasser aufgrund des Drucks der Wassersäule in den wasserführenden Bodenschichten. Der Wasserdruck kann für [[Wasserspiel]]e und [[Springbrunnen]] genutzt werden.]] | |||
== Niveaufläche und Messgenauigkeit == | == Niveaufläche und Messgenauigkeit == | ||
Der kommunizierende [[Flüssigkeitsspiegel]] liegt auf einer Niveau- oder [[Äquipotentialfläche]], entlang welcher das [[Schwerepotential]] der Erde konstant ist. | |||
Für genaue [[Höhenmessung]]en müssen | Für genaue [[Höhenmessung]]en müssen störende Effekte vermieden werden. Dazu gehören vor allem [[Schwingung]]en des Systems, die den [[Pegel (Wasserstandsmessung)|Pegelstand]] an beiden Enden schwanken lassen. Bereits kleine Luftdruckdifferenzen durch den Einfluss von [[Wind]] oder [[Temperatur]]unterschiede können sich je nach Bauart und Länge der [[Rohr (Technik)|Röhren]] merklich auswirken. Bei sehr dünnen Rohren oder Schläuchen macht sich der [[Kapillareffekt]] bemerkbar. | ||
Wenn | Wenn all diese Effekte durch kontrollierte Bedingungen genau erfasst oder vermieden werden, können mit Präzisions-Schlauchwaagen Höhenunterschiede über Distanzen von hunderten Metern bis auf eine Abweichung von 0,01 mm genau gemessen werden. Auf diese Art lässt sich z. B. ein [[Höhennetz]] auf den beiden Seiten eines Flusses genauer nachvollziehen, als es mit Messungen auf [[optisch]]er Basis möglich wäre, da es hierbei zur Störung der [[Lichtbrechung]] durch die in der [[Luft]] enthaltene Feuchtigkeit kommt. | ||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
* [[Hydrostatik]] | |||
* [[Nivellement]] | * [[Nivellement]] | ||
* [[Pegeluhr]] | * [[Pegeluhr]] | ||
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== Literatur == | == Literatur == | ||
* E. Jochmann:''Grundriss Der Experimentalphysik'' | * {{Literatur |Hrsg=[[Dieter Meschede]] |Titel=[[Gerthsen Physik]] |Auflage=23 |Verlag=Springer | ||
* Orest D. Chwolson, Gerhard Schmitt (Hrsg.):''Die Lehre von den gasförmigen, flüssigen und festen Körpern'' | |Ort=Berlin |Datum=2006 |ISBN=978-3-540-25421-8 |Kapitel=3.1 Ruhende Flüssigkeiten und Gase – insb. 3.14 Der Schweredruck |Seiten=96-98}} | ||
* Alfred Böge, Wolfgang Böge:''Technische Mechanik'' | * E. Jochmann: ''Grundriss Der Experimentalphysik.'' Nachdruck des Originals von 1883 1. Auflage (2012), Salzwasser Verlag GmbH, Paderborn, ISBN 978-3-84600-754-9. | ||
* Orest D. Chwolson, Gerhard Schmitt (Hrsg.): ''Die Lehre von den gasförmigen, flüssigen und festen Körpern.'' Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden 1913. | |||
* Alfred Böge, Wolfgang Böge: ''Technische Mechanik.'' Statik – Reibung – Dynamik – Festigkeitslehre – Fluidmechanik, 31. Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-09154-5. | |||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
* | * {{Internetquelle |url=https://pawn.physik.uni-wuerzburg.de/physikonline/video1/m8_fluide/kommuniroehren1.html |titel=Kommunizierende Röhren |titelerg=VIDEO|hrsg=Fakultät für Physik und Astronomie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg |abruf=2020-11-05|kommentar=Alternative Webseiten der Physik in Würzburg}} | ||
* {{Internetquelle |url=https://www.conatex.com/media/manuals/BADE/BADE_2000075.pdf |titel=Kommunizierende Röhren |titelerg=Bedienungsanleitung |hrsg=Conatex-Didactic Lehrmittel GmbH |abruf=2020-11-05|kommentar=Beschreibung eines Lehrmittels}} | |||
* | |||
== Anmerkungen == | == Anmerkungen == |
Als kommunizierende Röhren oder kommunizierende Gefäße bezeichnet man oben offene, aber unten miteinander verbundene Gefäße. Eine homogene Flüssigkeit steht in ihnen gleich hoch, weil Schwerkraft und Luftdruck konstant sind.
Die Verbindung zwischen den Röhren kann sogar oberhalb des gemeinsamen Flüssigkeitsspiegels liegen, solange die Verbindungsleitung vollständig mit Flüssigkeit gefüllt ist und ihre Anschlüsse an die Gefäße unterhalb deren Flüssigkeitsspiegel mündet.[anm 1] Dieses Prinzip wird bei der Heberleitung und auch beim Hotoppschen Heber zur Entleerung von Schleusenkammern angewandt. Beim Hotoppschen Heber wird die Füllung des „Verbindungsrohres“ bzw. des Ablaufrohres durch Unterdruck, der durch einen kleinen hydraulischen Kolben erzeugt wird, herbeigeführt;[anm 2] wodurch das Saugheberprinzip anspringt.
Wenn jede Röhre vollständig mit einer unterschiedlichen Flüssigkeiten befüllt ist, verhalten sich die Höhen der im Gleichgewicht stehenden Flüssigkeitssäulen umgekehrt proportional zum spezifischem Gewicht. (Sofern sich -wie in der Abbildung unten- in einer einzelnen Röhre zwei verschiedene Flüssigkeiten befinden, trifft dieser Zusammenhang unmittelbar nur zu, wenn die Kontaktfläche zwischen den beiden Flüssigkeiten als Referenzhöhe angenommen wird.) Leichtere Flüssigkeiten steigen also höher.
Das Prinzip der kommunizierenden Gefäße wird für Nivelliergeräte zur Ermittlung der Horizontale genutzt, etwa bei der Schlauchwaage und der Kanalwaage, mit der man Höhenunterschiede auf Bruchteile von Millimetern genau messen kann.
Beim Heber, einer Form der Saugpumpe, wird der Flüssigkeitstransfer erst beim Gleichstand der beiden Flüssigkeitsspiegel gestoppt. Siphons und Düker sind hinunter- und wieder hinaufführende Wasserleitungen, mit denen sich eine Senke überbrücken lässt. Wassertürme nutzen ebenfalls das Prinzip der kommunizierenden Röhren, um in Wasserleitungen konstanten Druck herzustellen. Mit einem Düker können Flüssigkeiten (meist Wasser) unter Hindernissen hindurchgeleitet oder durch ein zwischen Bergen liegendes Tal geführt werden, ohne ein Aquädukt zu errichten. Die Römer nutzten das Prinzip bei innerstädtischen Druckleitungen.
Werden nebeneinander aufgestellte Behälter wie Regenwassertanks durch kommunizierende Röhren miteinander verbunden, so stellt sich dadurch in allen Behältern der gleiche Füllstand ein, auch wenn nur ein einzelner Behälter einen Zu- oder Ablauf hat. So kann ein großer Behälter durch eine Batterie von kleineren Gefäßen ersetzt werden.
Als Füllstandanzeige eines verschlossenen undurchsichtigen Behälters dienen ein nahe dem Boden angeschlossenes Glasrohr (Schauglas) oder ein transparenter Schlauch, die von dort nach oben geführt werden und dessen Flüssigkeitsspiegel anzeigen.
Bei der Röhrenzentrifuge wird das unterschiedlich hohe Aufsteigen verschieden dichter Flüssigkeiten zur Trennung von Flüssigkeitsgemischen genutzt (Flüssig-Flüssig-Trennung).
Bei einem Hochwasser kann eine Mauer oder ein Damm das Wasser nur aufhalten, wenn das Fundament so beschaffen ist, dass keine Wasserführung im Boden stattfindet. Sonst würde sich auf beiden Seiten derselbe Wasserpegel einstellen.
Der kommunizierende Flüssigkeitsspiegel liegt auf einer Niveau- oder Äquipotentialfläche, entlang welcher das Schwerepotential der Erde konstant ist.
Für genaue Höhenmessungen müssen störende Effekte vermieden werden. Dazu gehören vor allem Schwingungen des Systems, die den Pegelstand an beiden Enden schwanken lassen. Bereits kleine Luftdruckdifferenzen durch den Einfluss von Wind oder Temperaturunterschiede können sich je nach Bauart und Länge der Röhren merklich auswirken. Bei sehr dünnen Rohren oder Schläuchen macht sich der Kapillareffekt bemerkbar.
Wenn all diese Effekte durch kontrollierte Bedingungen genau erfasst oder vermieden werden, können mit Präzisions-Schlauchwaagen Höhenunterschiede über Distanzen von hunderten Metern bis auf eine Abweichung von 0,01 mm genau gemessen werden. Auf diese Art lässt sich z. B. ein Höhennetz auf den beiden Seiten eines Flusses genauer nachvollziehen, als es mit Messungen auf optischer Basis möglich wäre, da es hierbei zur Störung der Lichtbrechung durch die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit kommt.