SOFAR-Kanal: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''SOFAR-Kanal''' ('''SO'''und '''F'''ixing '''A'''nd '''R'''anging) ist eine Zwischenschicht im Ozean, in der dort ausgesandter [[Wasserschall]] sich über weite Strecken ausbreiten kann, ähnlich wie in einem [[Wellenleiter]].
Der '''SOFAR-Kanal''' ('''SO'''und '''F'''ixing '''A'''nd '''R'''anging) ist eine Zwischenschicht im Ozean, in der sich dort ausgesandter [[Wasserschall]] über weite Strecken ausbreiten kann, ähnlich wie in einem [[Wellenleiter]].


== Physikalischer Hintergrund ==
== Physikalischer Hintergrund ==
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Nach dem [[Snelliussches Brechungsgesetz|Snelliusschen Brechungsgesetz]]: <math>\cos(\alpha_2) = \frac{c_2}{c_1} \cos(\alpha_1)</math> wird ein Schallstrahl, der unter einem Winkel <math>\alpha</math> zur Horizontalen im Schallgeschwindigkeitsminimum abgestrahlt wird, folgendermaßen gebrochen:
Nach dem [[Snelliussches Brechungsgesetz|Snelliusschen Brechungsgesetz]]: <math>\cos(\alpha_2) = \frac{c_2}{c_1} \cos(\alpha_1)</math> wird ein Schallstrahl, der unter einem Winkel <math>\alpha</math> zur Horizontalen im Schallgeschwindigkeitsminimum abgestrahlt wird, folgendermaßen gebrochen:
Es sind <math>\alpha_1</math> der Abstrahlwinkel, <math>c_1</math> die [[Schallgeschwindigkeit]] in der Abstrahltiefe, <math>\alpha_2</math> der gebrochene Winkel und <math>c_2</math> die [[Schallgeschwindigkeit]] in der angrenzenden Tiefenschicht.
Es sind <math>\alpha_1</math> der Abstrahlwinkel, <math>c_1</math> die [[Schallgeschwindigkeit]] in der Abstrahltiefe, <math>\alpha_2</math> der gebrochene Winkel und <math>c_2</math> die Schallgeschwindigkeit in der angrenzenden Tiefenschicht.


Zu Beginn ist <math>c_2 > c_1</math> und damit <math>\left|\alpha_2\right| < \left|\alpha_1\right|</math>, der Schallstrahl wird also zur Horizontalen hin gebrochen, bis es zur [[Totalreflexion]] kommt und sich das [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] des Winkels umkehrt. Nun ist <math>c_2 < c_1</math> und damit <math>\left|\alpha_2\right| > \left|\alpha_1\right|</math>, der Schallstrahl wird also von der Horizontalen weg gebrochen und bewegt sich wieder in Richtung der Tiefe, in der sich das Schallgeschwindigkeitsminimum befindet. Ab dort ist wieder <math>c_2 > c_1</math> und <math>\left|\alpha_2\right| < \left|\alpha_1\right|</math>, der Schallstrahl wird also wieder zur Horizontalen hin gebrochen bis [[Totalreflexion]] auftritt.
Zu Beginn ist <math>c_2 > c_1</math> und damit <math>\left|\alpha_2\right| < \left|\alpha_1\right|</math>, der Schallstrahl wird also zur Horizontalen hin gebrochen, bis es zur [[Totalreflexion]] kommt und sich das [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] des Winkels umkehrt. Nun ist <math>c_2 < c_1</math> und damit <math>\left|\alpha_2\right| > \left|\alpha_1\right|</math>, der Schallstrahl wird also von der Horizontalen weg gebrochen und bewegt sich wieder in Richtung der Tiefe, in der sich das Schallgeschwindigkeitsminimum befindet. Ab dort ist wieder <math>c_2 > c_1</math> und <math>\left|\alpha_2\right| < \left|\alpha_1\right|</math>, der Schallstrahl wird also wieder zur Horizontalen hin gebrochen bis Totalreflexion auftritt.


Die Tiefe, in der [[Totalreflexion]] auftritt, hängt vom [[Steigung|Gradienten]] der [[Schallgeschwindigkeit]] und dem Abstrahlwinkel <math>\alpha</math> ab. Der Bereich zwischen den Tiefen, in denen [[Totalreflexion]] auftritt, wird SOFAR-Kanal genannt. Je größer der Gradient und je flacher der Abstrahlwinkel ist, umso schmaler ist also der SOFAR-Kanal.
Die Tiefe, in der [[Totalreflexion]] auftritt, hängt vom [[Steigung|Gradienten]] der [[Schallgeschwindigkeit]] und dem Abstrahlwinkel <math>\alpha</math> ab. Der Bereich zwischen den Tiefen, in denen Totalreflexion auftritt, wird SOFAR-Kanal genannt. Je größer der Gradient und je flacher der Abstrahlwinkel ist, umso schmaler ist also der SOFAR-Kanal.


=== "Ranging" ===
=== "Ranging" ===


Da sich der Schall durch das ''Fixing'' hier nicht kugelförmig, sondern zylindrisch ausbreitet, nimmt die [[Schallenergie]] nicht quadratisch mit der Entfernung zur Schallquelle, sondern linear mit dieser ab. Dazu kommt noch, dass hier keine [[Absorption (Physik)|Absorption]] an der Oberfläche und am Meeresboden stattfindet. Dies führt dazu, dass die [[Schallenergie]] zu einem großen Teil im '''SOFAR-Kanal''' bleibt und der Schall sich dadurch über mehrere Tausend Kilometer ausbreiten kann.
Da sich der Schall durch das ''Fixing'' hier nicht kugelförmig, sondern zylindrisch ausbreitet, nimmt die [[Schallenergie]] nicht quadratisch mit der Entfernung zur Schallquelle, sondern linear mit dieser ab. Dazu kommt noch, dass hier keine [[Absorption (Physik)|Absorption]] an der Oberfläche und am Meeresboden stattfindet. Dies führt dazu, dass die Schallenergie zu einem großen Teil im '''SOFAR-Kanal''' bleibt und der Schall sich dadurch über mehrere Tausend Kilometer ausbreiten kann.


== Nutzen und Anwendung ==
== Nutzen und Anwendung ==
U. a. die [[Buckelwal]]e haben gelernt, diesen Kanal zu nutzen, um sich über bis zu tausende von Kilometern zu verständigen.


Auch der Mensch hat gelernt, den SOFAR-Kanal zu nutzen. Im Zweiten Weltkrieg schlug [[Maurice Ewing]] vor, diesen Kanal zur Kommunikation in Notfällen zu nutzen. Im Falle des Absturzes eines Piloten verursachte eine Metallkugel, die aufgrund des [[Druck (Physik)|Druckes]] automatisch in 1&nbsp;km Tiefe (also im Bereich des SOFAR-Kanals) explodierte, einen Schallimpuls. Dieses Signal konnte dann mit Hilfe von drei an der amerikanischen Küste in etwa der gleichen Tiefe, aber an unterschiedlichen Orten aufgestellten [[Hydrophon]]en aufgefangen werden. Durch exakte Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem die [[Schallwelle]]n an den jeweiligen Hydrophonen eintrafen, konnte aufgrund der Laufzeitdifferenzen (und unter Annahme einer konstanten [[Schallgeschwindigkeit]]) die Position des Absturzes mit relativ hoher Genauigkeit berechnet werden.
Auch der Mensch hat gelernt, den SOFAR-Kanal zu nutzen. Im Zweiten Weltkrieg schlug [[Maurice Ewing]] vor, diesen Kanal zur Kommunikation in Notfällen zu nutzen. Im Falle des Absturzes eines Piloten verursachte eine Metallkugel, die aufgrund des [[Druck (Physik)|Druckes]] automatisch in 1&nbsp;km Tiefe (also im Bereich des SOFAR-Kanals) explodierte, einen Schallimpuls. Dieses Signal konnte dann mit Hilfe von drei an der amerikanischen Küste in etwa der gleichen Tiefe, aber an unterschiedlichen Orten aufgestellten [[Hydrophon]]en aufgefangen werden. Durch exakte Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem die [[Schallwelle]]n an den jeweiligen Hydrophonen eintrafen, konnte aufgrund der Laufzeitdifferenzen (und unter Annahme einer konstanten [[Schallgeschwindigkeit]]) die Position des Absturzes mit relativ hoher Genauigkeit berechnet werden.


Im [[Mercury-Programm|Mercury-Raumfahrtprogramm]] wurden sog. Sofar-Bomben – neben zahlreichen anderen Maßnahmen – für die Ortung der gelandeten Rückkehrkapsel eingesetzt. Die Mercury-Kapseln waren jeweils mit zwei solchen, etwa 450 Gramm schweren, Sprengkörpern bestückt. Der erste wurde während der Landung bei der Entfaltung des Hauptfallschirms abgeworfen. Der zweite verblieb an der Rückkehrkapsel und sollte nur im Fall des Sinkens der Kapsel explodieren. Beide Sofar-Bomben waren auf eine Detonationstiefe von ca. 1200 Metern eingestellt. Die Schallwellen wurden von Mess-Stationen auf beiden Seiten des Atlantik und von Schiffen aufgefangen und zur Positionsbestimmung ausgewertet.
{{Anker|SOFAR-Bombe}}Im [[Mercury-Programm|Mercury-Raumfahrtprogramm]] wurden sog. Sofar-Bomben – neben zahlreichen anderen Maßnahmen – für die Ortung der gelandeten Rückkehrkapsel eingesetzt. Die Mercury-Kapseln waren jeweils mit zwei solchen, etwa 450 Gramm schweren, Sprengkörpern bestückt. Der erste wurde während der Landung bei der Entfaltung des Hauptfallschirms abgeworfen. Der zweite verblieb an der Rückkehrkapsel und sollte nur im Fall des Sinkens der Kapsel explodieren. Beide Sofar-Bomben waren auf eine Detonationstiefe von ca. 1200 Metern eingestellt. Die Schallwellen wurden von Mess-Stationen auf beiden Seiten des Atlantiks und von Schiffen aufgefangen und zur Positionsbestimmung ausgewertet.


Darüber hinaus wird der SOFAR-Kanal von [[SOSUS]] zur Ortung von U-Booten verwendet und selbige können auch über ihn kommunizieren.
Darüber hinaus wird der SOFAR-Kanal von [[SOSUS]] zur Ortung von U-Booten verwendet und selbige können auch über ihn kommunizieren.
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Günter Dietrich u.a.: ''Allgemeine Meereskunde''. Borntraeger Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-443-01016-4
* Günter Dietrich u.&nbsp;a.: ''Allgemeine Meereskunde''. Borntraeger Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-443-01016-4
* John R. Apel: ''Principles of Ocean Physics''. Academic Press, London 1999, ISBN 0-12-058866-8
* John R. Apel: ''Principles of Ocean Physics''. Academic Press, London 1999, ISBN 0-12-058866-8


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://history.nasa.gov/SP-4201/ch12-1.htm Recovery-Prozeduren im Mercury-Projekt (aus: NASA - This New Ocean)]
* [https://history.nasa.gov/SP-4201/ch12-1.htm Recovery-Prozeduren im Mercury-Projekt (aus: NASA - This New Ocean)]


[[Kategorie:Wasserschall]]
[[Kategorie:Wasserschall]]
[[Kategorie:Ozeanografie]]
[[Kategorie:Ozeanografie]]

Aktuelle Version vom 30. Dezember 2021, 20:32 Uhr

Der SOFAR-Kanal (SOund Fixing And Ranging) ist eine Zwischenschicht im Ozean, in der sich dort ausgesandter Wasserschall über weite Strecken ausbreiten kann, ähnlich wie in einem Wellenleiter.

Physikalischer Hintergrund

Bedingung für einen SOFAR-Kanal ist ein Schallgeschwindigkeitsminimum innerhalb der Wassersäule. Die Tiefe, auf der sich das Minimum befindet, bildet die Achse des SOFAR-Kanals.

Die Schallgeschwindigkeit im Ozean hängt von der Dichte und damit von Temperatur, Salzgehalt und Druck ab. Da der Druck linear mit der Tiefe zunimmt und der Einfluss des Salzgehaltes nur gering ist, ist das Temperaturprofil für das Schallgeschwindigkeitsprofil ausschlaggebend. Temperaturprofile, für die sich ein Minimum im Schallgeschwindigkeitsprofil ergibt, sind hauptsächlich zwischen 50° nördlicher und 50° südlicher Breite zu finden, wo eine warme Deckschicht vorhanden ist. Das Minimum liegt dort typischerweise auf Tiefen zwischen 500 und 1500 m unter der Meeresoberfläche.

links: schematisches Schallgeschwindigkeitsprofil (blau) mit einem Minimum auf 1000 m Tiefe und dem Abstrahlwinkel $ \alpha $ (schwarz)
rechts: Strahlengänge für das gegebene Schallgeschwindigkeitsprofil und verschiedene Abstrahlwinkel sowie Achse des SOFAR-Kanals (gepunktet)

"Fixing"

Nach dem Snelliusschen Brechungsgesetz: $ \cos(\alpha _{2})={\frac {c_{2}}{c_{1}}}\cos(\alpha _{1}) $ wird ein Schallstrahl, der unter einem Winkel $ \alpha $ zur Horizontalen im Schallgeschwindigkeitsminimum abgestrahlt wird, folgendermaßen gebrochen: Es sind $ \alpha _{1} $ der Abstrahlwinkel, $ c_{1} $ die Schallgeschwindigkeit in der Abstrahltiefe, $ \alpha _{2} $ der gebrochene Winkel und $ c_{2} $ die Schallgeschwindigkeit in der angrenzenden Tiefenschicht.

Zu Beginn ist $ c_{2}>c_{1} $ und damit $ \left|\alpha _{2}\right|<\left|\alpha _{1}\right| $, der Schallstrahl wird also zur Horizontalen hin gebrochen, bis es zur Totalreflexion kommt und sich das Vorzeichen des Winkels umkehrt. Nun ist $ c_{2}<c_{1} $ und damit $ \left|\alpha _{2}\right|>\left|\alpha _{1}\right| $, der Schallstrahl wird also von der Horizontalen weg gebrochen und bewegt sich wieder in Richtung der Tiefe, in der sich das Schallgeschwindigkeitsminimum befindet. Ab dort ist wieder $ c_{2}>c_{1} $ und $ \left|\alpha _{2}\right|<\left|\alpha _{1}\right| $, der Schallstrahl wird also wieder zur Horizontalen hin gebrochen bis Totalreflexion auftritt.

Die Tiefe, in der Totalreflexion auftritt, hängt vom Gradienten der Schallgeschwindigkeit und dem Abstrahlwinkel $ \alpha $ ab. Der Bereich zwischen den Tiefen, in denen Totalreflexion auftritt, wird SOFAR-Kanal genannt. Je größer der Gradient und je flacher der Abstrahlwinkel ist, umso schmaler ist also der SOFAR-Kanal.

"Ranging"

Da sich der Schall durch das Fixing hier nicht kugelförmig, sondern zylindrisch ausbreitet, nimmt die Schallenergie nicht quadratisch mit der Entfernung zur Schallquelle, sondern linear mit dieser ab. Dazu kommt noch, dass hier keine Absorption an der Oberfläche und am Meeresboden stattfindet. Dies führt dazu, dass die Schallenergie zu einem großen Teil im SOFAR-Kanal bleibt und der Schall sich dadurch über mehrere Tausend Kilometer ausbreiten kann.

Nutzen und Anwendung

Auch der Mensch hat gelernt, den SOFAR-Kanal zu nutzen. Im Zweiten Weltkrieg schlug Maurice Ewing vor, diesen Kanal zur Kommunikation in Notfällen zu nutzen. Im Falle des Absturzes eines Piloten verursachte eine Metallkugel, die aufgrund des Druckes automatisch in 1 km Tiefe (also im Bereich des SOFAR-Kanals) explodierte, einen Schallimpuls. Dieses Signal konnte dann mit Hilfe von drei an der amerikanischen Küste in etwa der gleichen Tiefe, aber an unterschiedlichen Orten aufgestellten Hydrophonen aufgefangen werden. Durch exakte Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem die Schallwellen an den jeweiligen Hydrophonen eintrafen, konnte aufgrund der Laufzeitdifferenzen (und unter Annahme einer konstanten Schallgeschwindigkeit) die Position des Absturzes mit relativ hoher Genauigkeit berechnet werden.

Im Mercury-Raumfahrtprogramm wurden sog. Sofar-Bomben – neben zahlreichen anderen Maßnahmen – für die Ortung der gelandeten Rückkehrkapsel eingesetzt. Die Mercury-Kapseln waren jeweils mit zwei solchen, etwa 450 Gramm schweren, Sprengkörpern bestückt. Der erste wurde während der Landung bei der Entfaltung des Hauptfallschirms abgeworfen. Der zweite verblieb an der Rückkehrkapsel und sollte nur im Fall des Sinkens der Kapsel explodieren. Beide Sofar-Bomben waren auf eine Detonationstiefe von ca. 1200 Metern eingestellt. Die Schallwellen wurden von Mess-Stationen auf beiden Seiten des Atlantiks und von Schiffen aufgefangen und zur Positionsbestimmung ausgewertet.

Darüber hinaus wird der SOFAR-Kanal von SOSUS zur Ortung von U-Booten verwendet und selbige können auch über ihn kommunizieren.

Der SOFAR-Kanal kann auch zur Temperaturbestimmung über akustische Tomographie verwendet werden.

Literatur

  • Günter Dietrich u. a.: Allgemeine Meereskunde. Borntraeger Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-443-01016-4
  • John R. Apel: Principles of Ocean Physics. Academic Press, London 1999, ISBN 0-12-058866-8

Weblinks