V-A-Theorie: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''V-A-Wechselwirkung''' (Abkürzung für ''[[Vektor]]-[[axialer Vektor|Axialvektor]]''-Wechselwirkung, gesprochen „V minus A Theorie“) ist ein [[Feldtheorie (Physik)|feldtheoretisches]] Modell für die [[schwache Wechselwirkung]]. Es ist eine Erweiterung von [[Enrico Fermi|Fermis]] ''Strom-Strom-Wechselwirkung'', um die 1956 im [[Wu-Experiment]] entdeckte [[Paritätsverletzung]] erklären zu können. Sie ist eine niederenergetische [[Approximation]] für die [[elektroschwache Wechselwirkung]], welche die Wechselwirkung durch Austausch von [[Eichboson]]en ([[W-Boson|W<sup>+</sup>-, W<sup>−</sup>-]] und [[Z-Boson|Z<sup>0</sup>-Boson]]) beschreibt.
Die '''V-A-Wechselwirkung''' (Abkürzung für ''[[Vektor]]-[[Axialer Vektor|Axialvektor]]''-Wechselwirkung, gesprochen „V minus A Theorie“) ist ein [[Feldtheorie (Physik)|feldtheoretisches]] Modell für die [[schwache Wechselwirkung]]. Es ist eine Erweiterung von [[Enrico Fermi|Fermis]] ''[[Fermi-Wechselwirkung|Strom-Strom-Wechselwirkung]]'', um die 1956 im [[Wu-Experiment]] entdeckte [[Paritätsverletzung]] erklären zu können.
 
Die V-A-Wechselwirkung ist eine niederenergetische [[Approximation]] der [[Elektroschwache Wechselwirkung|elektroschwachen Wechselwirkung]], welche die Wechselwirkung durch Austausch von [[Eichboson]]en ([[W-Boson|W<sup>+</sup>-, W<sup>−</sup>-]] und [[Z-Boson|Z<sup>0</sup>-Boson]]) beschreibt.


== Hintergrund ==
== Hintergrund ==
=== Fermis Strom-Strom-Wechselwirkung ===
1936 postulierte Fermi seine Theorie zur Beschreibung des [[Beta-Zerfall]]s in Form des [[Hamiltonoperator]]s
1936 postulierte Fermi seine Theorie zur Beschreibung des [[Beta-Zerfall]]s in Form des [[Hamiltonoperator]]s


:<math>\mathcal{\hat H}_\mathrm{Fermi} = \frac{G}{\sqrt{2}} \int d^3r \cdot j^{\mu}_H(x) \cdot j_{L \mu}(x)</math>
:<math>\mathcal{\hat H}_\mathrm{Fermi} = \frac{G_\mathrm F}{\sqrt{2}} \int \mathrm d^3 x \cdot j^{\mu}_H(x) \cdot j_{L \mu}(x)</math>
 
* G ist die [[Kopplungskonstante]] der schwachen Wechselwirkung.
* <math>j^{\mu}_H(x)</math> und <math>j^{\mu}_L(x)</math> sind die [[Spezielle Relativitätstheorie|4-dimensionalen]] [[Stromdichte]]n für [[Hadronen]] bzw. [[Leptonen]] (in Fermis Theorie nur für die am Beta-Zerfall beteiligten Teilchen [[Proton]], [[Neutron]], [[Elektron]] und [[Neutrino|Elektron-Neutrino]]).
* Die Stromdichte hängt mit den Feldern zusammen <math>j^{\mu}=\bar{\psi} \gamma^{\mu} \psi</math>.


1956 veröffentlichten [[Tsung-Dao Lee]] und [[Chen Ning Yang]] die [[Hypothese]], der zufolge bei der schwachen Wechselwirkung, im Gegensatz zur [[Starke Wechselwirkung|starken]] und zur [[Elektromagnetische Wechselwirkung|elektromagnetischen Wechselwirkung]], die [[Parität (Physik)|Parität]] nicht erhalten bleibt. Dabei hatten sie auch mehrere spezielle Experimente vorgeschlagen. Die Beobachtung gelang [[Chien-Shiung Wu]], wodurch eine Anpassung des bis dahin paritätserhaltenden Stroms nötig wurde.
* <math>G_\mathrm F</math> ist die [[Fermi-Konstante]],
* <math>j^{\mu}_H(x)</math> und <math>j^{\mu}_L(x)</math> sind die [[Spezielle Relativitätstheorie|4-dimensionalen]] [[Stromdichte]]n für [[Hadronen]] bzw. [[Leptonen]] (in Fermis Theorie nur für die am Beta-Zerfall beteiligten Hadronen [[Proton]] und [[Neutron]] sowie für die an ihm beteiligten Leptonen [[Elektron]] und [[Neutrino|Elektron-Neutrino]]). Die Stromdichten hängen mit den [[Wellenfunktion]]en bzw. Feldern <math>\psi</math> zusammen über:
::<math>j^{\mu} = \bar{\psi} \gamma^{\mu} \psi</math>,
:darin sind <math>\gamma^{\mu}</math> die [[Dirac-Matrizen]].


Ein Jahr darauf entwickelten [[Richard Feynman]], [[Murray Gell-Mann]]<ref>{{Literatur | Autor = R. P. Feynman, M. Gell-Mann | Titel = Theory of the Fermi Interaction | Sammelwerk = Physical Review | Band = 109 | Jahr = 1958 |  Nummer = 1| Seiten = 193–198| DOI= 10.1103/PhysRev.109.193}}</ref> und unabhängig von ihnen [[George Sudarshan]] und [[Robert Marshak]]<ref>{{Literatur | Autor = E. C. G. Sudarshan, R. E. Marshak | Titel = Chirality Invariance and the Universal Fermi Interaction | Sammelwerk = Physical Review | Band = 109 | Jahr = 1958 |  Nummer = 5| Seiten = 1860–1862| DOI= 10.1103/PhysRev.109.1860.2}}</ref><ref>{{Literatur | Autor = ECG Sudarshan, RE Marshak | Titel = The Nature of the Four-Fermion Interaction | Sammelwerk = Padua Conference on Mesons and Recently Discovered Particles | Jahr = 1957 | Seiten = 1860–1862 | Kommentar = Vortrag |Online = {{Webarchiv|url=http://wildcard.ph.utexas.edu/~sudarshan/pub/1958_005.pdf|wayback=20120616221547|text=Artikel zum Vortrag}} (PDF; 94&nbsp;kB)}}</ref> die V-A-Wechselwirkung. Dazu muss in den Hamiltonoperator ein axialer Vektorstrom eingeführt werden, auf den der Paritätsoperator eine andere Wirkung hat als auf polare Ströme. Ein solcher axialer Strom mit paritätsverletzendem Anteil kann geschrieben werden als
=== Paritätsverletzung ===
1956 veröffentlichten [[Tsung-Dao Lee]] und [[Chen Ning Yang]] die [[Hypothese]], nach der bei der schwachen Wechselwirkung, im Gegensatz zur [[Starke Wechselwirkung|starken]] und zur [[Elektromagnetische Wechselwirkung|elektromagnetischen Wechselwirkung]], die [[Parität (Physik)|Parität]] ''nicht'' erhalten bleibt. Dabei hatten sie auch mehrere spezielle Experimente vorgeschlagen. Die Beobachtung gelang [[Chien-Shiung Wu]], wodurch eine Anpassung des bis dahin paritätserhaltenden Stroms nötig wurde.


:<math>j^{\mu} = \bar{\psi}\gamma^{\mu}(g_v - g_a \gamma_5)\psi</math>
=== Erweiterung der Theorie ===
Ein Jahr darauf entwickelten [[Richard Feynman]], [[Murray Gell-Mann]]<ref>{{Literatur |Autor=R. P. Feynman, M. Gell-Mann |Titel=Theory of the Fermi Interaction |Sammelwerk=Physical Review |Band=109 |Nummer=1 |Datum=1958 |Seiten=193–198 |DOI=10.1103/PhysRev.109.193}}</ref> und unabhängig von ihnen [[George Sudarshan]] und [[Robert Marshak]]<ref>{{Literatur |Autor=E. C. G. Sudarshan, R. E. Marshak |Titel=Chirality Invariance and the Universal Fermi Interaction |Sammelwerk=Physical Review |Band=109 |Nummer=5 |Datum=1958 |Seiten=1860–1862 |DOI=10.1103/PhysRev.109.1860.2}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=ECG Sudarshan, RE Marshak |Titel=The Nature of the Four-Fermion Interaction |Sammelwerk=Padua Conference on Mesons and Recently Discovered Particles |Datum=1957 |Seiten=1860–1862 |Kommentar=Vortrag |Online={{Webarchiv |url=http://wildcard.ph.utexas.edu/~sudarshan/pub/1958_005.pdf |text=Artikel zum Vortrag |wayback=20120616221547}} |Format=PDF |KBytes=94}}</ref> die V-A-Wechselwirkung. Dazu muss in den Hamiltonoperator ein axialer Vektorstrom eingeführt werden, auf den der Paritätsoperator eine andere Wirkung hat als auf polare Ströme. Ein solcher axialer Strom mit paritätsverletzendem Anteil kann geschrieben werden als


* <math>\gamma^{\mu}</math> sind [[Dirac-Matrizen]].
::<math>j^{\mu}  = \bar{\psi}\gamma^{\mu}(g_v - g_a \gamma_5)\psi</math>,
* <math>\gamma_5</math> transformiert einen polaren in einen axialen Vektor.
* <math>g_v</math> und <math>g_a</math> sind Koeffizienten, die das Verhältnis zwischen polaren und axialen Vektorströmen angeben.


Leptonen sind [[Punktteilchen]], daher ist <math>g_v = 1 = g_a</math>. Im Gegensatz dazu sind Hadronen ausgedehnte Teilchen, sie bestehen aus [[Quark (Physik)|Quarks]], daher findet man experimentell <math>g_v=1</math> und <math>g_a\approx 1{,}25</math>.
darin
* transformiert <math>\gamma_5</math> einen polaren in einen axialen Vektor.<!-- so rum oder andersrum? gamma5 wird auf g_a(xial) angewendet. -->
* sind <math>g_v</math> und <math>g_a</math> Koeffizienten, die das Verhältnis zwischen polaren und axialen Vektorströmen angeben:
** Hadronen sind ausgedehnte Teilchen, sie bestehen aus [[Quark (Physik)|Quarks]]; daher findet man bei ihnen experimentell <math>{g_v}_H = 1</math> und <math>{g_a}_H \approx 1{,}25</math>.
** Leptonen sind [[Punktteilchen]], daher ist für sie <math>{g_v}_L = 1 = {g_a}_L</math>.


Der Hamiltonoperator für die V-A-Wechselwirkung ergibt sich zu
Der Hamiltonoperator für die V-A-Wechselwirkung ergibt sich zu


:<math> \mathcal{\hat H}_\mathrm{V-A} = \frac{G}{\sqrt{2}} \int d^3r \cdot \bar{\psi}_p\gamma^{\mu}(1 - g_a \gamma_5)\psi_n \cdot \bar{\psi}_{e}\gamma_{\mu}(1 - \gamma_5)\psi_{\nu}</math>
:<math>\Rightarrow \mathcal{\hat H}_\mathrm{V-A} = \frac{G_\mathrm F}{\sqrt{2}} \int \mathrm d^3x
\cdot \bar{\psi}_p \gamma^{\mu}(1 - {g_a}_H \gamma_5)\psi_n
\cdot \bar{\psi}_e \gamma_{\mu}(1 -         \gamma_5)\psi_{\nu}</math>


* <math>\psi_p</math>, <math>\psi_n</math>, <math>\psi_e</math>, <math>\psi_{\nu}</math> sind die Proton-, Neutron-, Elektron- und Elektron-Neutrino-Felder.
* <math>\psi_p</math>, <math>\psi_n</math>, <math>\psi_e</math>, <math>\psi_{\nu}</math> sind die Proton-, Neutron-, Elektron- und Elektron-Neutrino-Felder.


Um die Theorie auf alle [[Generation (Teilchenphysik)|drei Generationen]] der [[Elementarteilchen]] anwendbar zu machen, muss man die Ströme mit den restlichen Teilchen-Feldern erweitern und den [[Cabibbo-Winkel|Cabibbo-Mischwinkel]] einführen.
Um die Theorie auf alle [[Generation (Teilchenphysik)|drei Generationen]] der [[Elementarteilchen]] anwendbar zu machen, muss man die Ströme mit den restlichen Teilchen-Feldern erweitern und die [[CKM-Matrix]] einführen.


== Referenzen ==
== Referenzen ==
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[[Kategorie:Teilchenphysik]]
[[Kategorie:Teilchenphysik]]
[[Kategorie:Kernphysik]]
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[[Kategorie:Schwache Wechselwirkung]]

Aktuelle Version vom 19. Juni 2021, 09:42 Uhr

Die V-A-Wechselwirkung (Abkürzung für Vektor-Axialvektor-Wechselwirkung, gesprochen „V minus A Theorie“) ist ein feldtheoretisches Modell für die schwache Wechselwirkung. Es ist eine Erweiterung von Fermis Strom-Strom-Wechselwirkung, um die 1956 im Wu-Experiment entdeckte Paritätsverletzung erklären zu können.

Die V-A-Wechselwirkung ist eine niederenergetische Approximation der elektroschwachen Wechselwirkung, welche die Wechselwirkung durch Austausch von Eichbosonen (W+-, W- und Z0-Boson) beschreibt.

Hintergrund

Fermis Strom-Strom-Wechselwirkung

1936 postulierte Fermi seine Theorie zur Beschreibung des Beta-Zerfalls in Form des Hamiltonoperators

$ {\mathcal {\hat {H}}}_{\mathrm {Fermi} }={\frac {G_{\mathrm {F} }}{\sqrt {2}}}\int \mathrm {d} ^{3}x\cdot j_{H}^{\mu }(x)\cdot j_{L\mu }(x) $
  • $ G_{\mathrm {F} } $ ist die Fermi-Konstante,
  • $ j_{H}^{\mu }(x) $ und $ j_{L}^{\mu }(x) $ sind die 4-dimensionalen Stromdichten für Hadronen bzw. Leptonen (in Fermis Theorie nur für die am Beta-Zerfall beteiligten Hadronen Proton und Neutron sowie für die an ihm beteiligten Leptonen Elektron und Elektron-Neutrino). Die Stromdichten hängen mit den Wellenfunktionen bzw. Feldern $ \psi $ zusammen über:
$ j^{\mu }={\bar {\psi }}\gamma ^{\mu }\psi $,
darin sind $ \gamma ^{\mu } $ die Dirac-Matrizen.

Paritätsverletzung

1956 veröffentlichten Tsung-Dao Lee und Chen Ning Yang die Hypothese, nach der bei der schwachen Wechselwirkung, im Gegensatz zur starken und zur elektromagnetischen Wechselwirkung, die Parität nicht erhalten bleibt. Dabei hatten sie auch mehrere spezielle Experimente vorgeschlagen. Die Beobachtung gelang Chien-Shiung Wu, wodurch eine Anpassung des bis dahin paritätserhaltenden Stroms nötig wurde.

Erweiterung der Theorie

Ein Jahr darauf entwickelten Richard Feynman, Murray Gell-Mann[1] und unabhängig von ihnen George Sudarshan und Robert Marshak[2][3] die V-A-Wechselwirkung. Dazu muss in den Hamiltonoperator ein axialer Vektorstrom eingeführt werden, auf den der Paritätsoperator eine andere Wirkung hat als auf polare Ströme. Ein solcher axialer Strom mit paritätsverletzendem Anteil kann geschrieben werden als

$ j^{\mu }={\bar {\psi }}\gamma ^{\mu }(g_{v}-g_{a}\gamma _{5})\psi $,

darin

  • transformiert $ \gamma _{5} $ einen polaren in einen axialen Vektor.
  • sind $ g_{v} $ und $ g_{a} $ Koeffizienten, die das Verhältnis zwischen polaren und axialen Vektorströmen angeben:
    • Hadronen sind ausgedehnte Teilchen, sie bestehen aus Quarks; daher findet man bei ihnen experimentell $ {g_{v}}_{H}=1 $ und $ {g_{a}}_{H}\approx 1{,}25 $.
    • Leptonen sind Punktteilchen, daher ist für sie $ {g_{v}}_{L}=1={g_{a}}_{L} $.

Der Hamiltonoperator für die V-A-Wechselwirkung ergibt sich zu

$ \Rightarrow {\mathcal {\hat {H}}}_{\mathrm {V-A} }={\frac {G_{\mathrm {F} }}{\sqrt {2}}}\int \mathrm {d} ^{3}x\cdot {\bar {\psi }}_{p}\gamma ^{\mu }(1-{g_{a}}_{H}\gamma _{5})\psi _{n}\cdot {\bar {\psi }}_{e}\gamma _{\mu }(1-\gamma _{5})\psi _{\nu } $
  • $ \psi _{p} $, $ \psi _{n} $, $ \psi _{e} $, $ \psi _{\nu } $ sind die Proton-, Neutron-, Elektron- und Elektron-Neutrino-Felder.

Um die Theorie auf alle drei Generationen der Elementarteilchen anwendbar zu machen, muss man die Ströme mit den restlichen Teilchen-Feldern erweitern und die CKM-Matrix einführen.

Referenzen

  1. R. P. Feynman, M. Gell-Mann: Theory of the Fermi Interaction. In: Physical Review. Band 109, Nr. 1, 1958, S. 193–198, doi:10.1103/PhysRev.109.193.
  2. E. C. G. Sudarshan, R. E. Marshak: Chirality Invariance and the Universal Fermi Interaction. In: Physical Review. Band 109, Nr. 5, 1958, S. 1860–1862, doi:10.1103/PhysRev.109.1860.2.
  3. ECG Sudarshan, RE Marshak: The Nature of the Four-Fermion Interaction. In: Padua Conference on Mesons and Recently Discovered Particles. 1957, S. 1860–1862 (Artikel zum Vortrag (Memento vom 16. Juni 2012 im Internet Archive) [PDF; 94 kB] Vortrag).