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Die '''Nachhallzeit''' ''T<sub>60</sub>'' oder auch einfach ''T'', im Englischen meist ''reverberation time'' (''RT''), ist die bekannteste [[ | Die '''Nachhallzeit''' ''T<sub>60</sub>'' oder auch einfach ''T'', im Englischen meist ''reverberation time'' (''RT''), ist die bekannteste [[Kennzahl]] der [[Raumakustik]]. Unter der [[Nachhall]]<nowiki/>zeit versteht man das Zeitintervall, innerhalb dessen der [[Schalldruck]] in einem Raum bei plötzlichem Verstummen der [[Schallquelle]] auf einen Bruchteil, bei T<sub>60</sub> auf den tausendsten Teil, seines Anfangswerts abfällt, was einer Abnahme des [[Schalldruckpegel]]s von 60 [[Bel (Einheit)|dB]] entspricht. | ||
Die Nachhallzeit eines Raums wird üblicherweise für die [[Mittenfrequenz]] eines [[Terzfilter]]s mit einer [[Frequenz]] von 500 [[Hertz (Einheit)|Hz]] oder 1 kHz angegeben oder als frequenzabhängige Kurve, was aber keinen [[Frequenzgang (System)|Frequenzgang]] des Nachhalls darstellt. | Die Nachhallzeit eines Raums wird üblicherweise für die [[Mittenfrequenz]] eines [[Terzfilter]]s mit einer [[Frequenz]] von 500 [[Hertz (Einheit)|Hz]] oder 1 kHz angegeben oder als frequenzabhängige Kurve, was aber keinen [[Frequenzgang (System)|Frequenzgang]] des Nachhalls darstellt. | ||
== Nachhallzeit und Schallabsorption == | == Nachhallzeit und Schallabsorption == | ||
Der US-amerikanische Physiker [[Wallace Clement Sabine]] (1868–1919) fand 1898 durch Experimente heraus, dass sich die Nachhallzeit [[proportional]] zum [[Volumen]] <math>V</math> eines Raumes und umgekehrt proportional zur [[Absorptionsgrad #Absorptionsvermögen|äquivalenten Absorptionsfläche]] <math>A</math> der umschließenden Oberflächen verhält, d. h. je größer der Raum und je [[Schallreflexionsfaktor|schallhärter]] ( | Der US-amerikanische Physiker [[Wallace Clement Sabine]] (1868–1919) fand 1898 durch Experimente heraus, dass sich die Nachhallzeit [[proportional]] zum [[Volumen]] <math>V</math> eines Raumes und umgekehrt proportional zur [[Absorptionsgrad #Absorptionsvermögen|äquivalenten Absorptionsfläche]] <math>A</math> der umschließenden Oberflächen verhält, d. h. je größer der Raum und je [[Schallreflexionsfaktor|schallhärter]] ([[Schallreflexion|reflektierender]]) die Oberflächenmaterialien, desto länger die Nachhallzeit: | ||
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:Dabei sind | :Dabei sind | ||
:* <math>S_i</math> die jeweiligen Teilflächen | :* <math>S_i</math> die jeweiligen Teilflächen | ||
:* <math>\alpha_i</math> die dazugehörigen [[Absorptionsgrad]]e | :* <math>\alpha_i</math> die dazugehörigen [[Absorptionsgrad]]e; ein hoher Absorptionsgrad entspricht in der Akustik einem niedrigen Reflexionsgrad und umgekehrt | ||
:* <math>m</math> die [[ | :* <math>m</math> die [[Schalldämpfung]] des [[Ausbreitungsmedium]]s, z. B. Luft; häufig, besonders bei kleinen Raumvolumina, lässt sich der Dämpfungsterm <math>4mV</math> vernachlässigen. | ||
Die [[Proportionalitätskonstante]] hat den Wert | Die [[Proportionalitätskonstante]] hat den Wert | ||
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:<math>T = k \cdot \frac{V}{4 m V - S \ln(1 - \alpha)}</math> | :<math>T = k \cdot \frac{V}{4 m V - S \ln(1 - \alpha)}</math> | ||
Für kleine Werte von <math>\alpha</math> geht die Eyringsche Formel mit der [[Approximation|Näherung]] <math>\ln x \approx x-1</math> in die Sabinesche Formel über | Für kleine Werte von <math>\alpha</math> geht die Eyringsche Formel mit der [[Approximation|Näherung]] <math>\ln x \approx x-1</math> in die Sabinesche Formel über. | ||
== Messung == | == Messung == | ||
Die Bestimmung der Nachhallzeit erfolgt klassisch durch die Messung des Schalldrucks im zu untersuchenden Raum nach dem Abschalten einer [[Rauschquelle]], die selbst nicht nachklingen darf, oder nach der Erzeugung eines Impulsschalles, z. B. mit einer [[Schreckschusspistole]]. Moderne Verfahren nutzen spezielle [[Messsignal]]e, wie [[Maximalfolge]]n (MLS) oder [[Sweep (Signalverarbeitung)|Sweep]]s ([[Chirp]]s), welche über [[Omnidirektionaler Lautsprecher #Gehäuse mit versetzten Lautsprechern|omnidirektionale Messlautsprecher]] wiedergegeben werden. Aus der Anregung und den im Raum gemessenen Empfangssignalen wird über | Die Bestimmung der Nachhallzeit erfolgt klassisch durch die Messung des Schalldrucks im zu untersuchenden Raum nach dem Abschalten einer [[Rauschquelle]], die selbst nicht nachklingen darf, oder nach der Erzeugung eines Impulsschalles, z. B. mit einer [[Schreckschusspistole]]. Moderne Verfahren nutzen spezielle [[Messsignal]]e, wie [[Maximalfolge]]n (MLS) oder [[Sweep (Signalverarbeitung)|Sweep]]s ([[Chirp]]s), welche über [[Omnidirektionaler Lautsprecher #Gehäuse mit versetzten Lautsprechern|omnidirektionale Messlautsprecher]] wiedergegeben werden. Aus der Anregung und den im Raum gemessenen Empfangssignalen wird über eine Hadamard-Transformation (MLS) oder über eine inverse Faltung auf der Zeitebene oder einer komplexen Division auf der Frequenzebene (Sweeps) die [[Impulsantwort]] berechnet, aus der sich ein [[Manfred Schroeder|Schroeder]]-Plot berechnen lässt. | ||
Verschiedene Untersuchungen belegen, dass die Messunsicherheiten bisweilen beträchtlich ausfallen können.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.zehner.ch/lab/ringversuch1.html |titel=Ringversuch Nachhallzeit 2019 |abruf=2019-11-10}}</ref> | |||
Der Schalldruck im Raum nimmt mit fortschreitender Zeit nahezu [[exponentiell]] ab. Ein [[logarithmisch]]es Maß für den Schalldruck ([[Schalldruckpegel]]) nimmt daher nahezu [[linear]] über der Zeit ab, die [[Steilheit]] der entsprechenden Abfallgeraden ist ein Maß für die Nachhallzeit. Für unterschiedliche Frequenzen können die Nachhallzeiten deutlich differieren; zur detaillierten Berechnung wird das Signal entsprechend [[Filter (Elektrotechnik)|gefiltert]]. | Der Schalldruck im Raum nimmt mit fortschreitender Zeit nahezu [[exponentiell]] ab. Ein [[logarithmisch]]es Maß für den Schalldruck ([[Schalldruckpegel]]) nimmt daher nahezu [[linear]] über der Zeit ab, die [[Steilheit]] der entsprechenden Abfallgeraden ist ein Maß für die Nachhallzeit. Für unterschiedliche Frequenzen können die Nachhallzeiten deutlich differieren; zur detaillierten Berechnung wird das Signal entsprechend [[Filter (Elektrotechnik)|gefiltert]]. | ||
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''Gruppe B'' – Gute Sprachverständlichkeit über geringe Entfernung, z. B. Büros, Flure, Schalterhallen. | ''Gruppe B'' – Gute Sprachverständlichkeit über geringe Entfernung, z. B. Büros, Flure, Schalterhallen. | ||
Für Räume der Gruppe B gibt die DIN keine Soll-Nachhallzeiten vor. Die „Empfehlung“ für eine Raumakustik nach dem aktuellen Stand der Technik gibt an, wie viel Absorptionsmaterial welcher Absorptionsklasse (nach DIN EN 11654) im Verhältnis | Für Räume der Gruppe B gibt die DIN keine Soll-Nachhallzeiten vor. Die „Empfehlung“ für eine Raumakustik nach dem aktuellen Stand der Technik gibt an, wie viel Absorptionsmaterial welcher Absorptionsklasse (nach DIN EN 11654) im Verhältnis zum Raumvolumen in den Raum eingebracht werden soll. Die Anordnung der Absorber ist dabei zu beachten. | ||
Raumakustik in Büros auf die Nachhallzeit zu beschränken, ist oft nicht ausreichend. Weitere Gesichtspunkte, wie bspw. die ''Privacy'' und die ''Artikulationsklasse'', sind ebenso zu berücksichtigen. | Raumakustik in Büros auf die Nachhallzeit zu beschränken, ist oft nicht ausreichend. Weitere Gesichtspunkte, wie bspw. die ''Privacy'' und die ''Artikulationsklasse'', sind ebenso zu berücksichtigen. | ||
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== Beispiele von Nachhallzeiten == | == Beispiele von Nachhallzeiten == | ||
Große [[Opernhaus|Opernbühnen]] kommen auf lange Nachhallzeiten (jeweils mittlere Nachhallzeit, voll besetzt): | Große [[Opernhaus|Opernbühnen]] kommen auf lange Nachhallzeiten (jeweils mittlere Nachhallzeit, voll besetzt): | ||
* die Großen Säle der [[Berliner Philharmonie]] und des [[Wiener Musikverein]]s je 2,0 Sekunden | * die Großen Säle der [[Berliner Philharmonie]], des [[Gewandhaus (Leipzig)|Leipziger Gewandhauses]] und des [[Wiener Musikverein]]s je 2,0 Sekunden | ||
* die New Yorker [[Metropolitan Opera]], die [[Kölner Philharmonie]] und das [[Opernhaus Oslo]] je 1,7 bis 2,0 Sekunden. | * die New Yorker [[Metropolitan Opera]], die [[Kölner Philharmonie]] und das [[Opernhaus Oslo]] je 1,7 bis 2,0 Sekunden. | ||
* die [[Beethovenhalle]] Bonn 1,7 Sekunden | * die [[Beethovenhalle]] Bonn 1,7 Sekunden | ||
* die Mailänder [[Teatro alla Scala|Scala]] 1,6 bis 1,8 Sekunden | * die Mailänder [[Teatro alla Scala|Scala]] 1,6 bis 1,8 Sekunden | ||
* die Dresdner [[Semperoper]] hat 1,6 Sekunden | * die Dresdner [[Semperoper]] hat 1,6 Sekunden | ||
* die [[Royal Festival Hall]] in London 1,4 bis 1,5 Sekunden | * die [[Royal Festival Hall]] in London 1,4 bis 1,5 Sekunden | ||
Die [[Staatsoper Unter den Linden]] besitzt ursprünglich eine Nachhallzeit von lediglich 1,1 Sekunden und erreicht erst dank des Einsatzes elektronischer Verstärkung 1,6 Sekunden. Erst ab dieser Nachhallzeit ist die Klangqualität im Raum für den geplanten Zweck annähernd optimal; dann ist die Tonschwingung ausreichend lang, von guter Qualität und überall gut hörbar. | * das [[:nl:Koninklijk Concertgebouw|Koninklijk Concertgebouw Amsterdam]] 2,2 Sekunden | ||
Die [[Staatsoper Unter den Linden]] besitzt ursprünglich eine Nachhallzeit von lediglich 1,1 Sekunden und erreicht erst dank des Einsatzes elektronischer Verstärkung 1,6 Sekunden; die Raumerhöhung und Schallräume der Renovierung ermöglichten es ab 2017, ohne Nachhilfe diese Nachschallzeit zu erreichen. Erst ab dieser Nachhallzeit ist die Klangqualität im Raum für den geplanten Zweck annähernd optimal; dann ist die Tonschwingung ausreichend lang, von guter Qualität und überall gut hörbar. | |||
Zweckentsprechend kommen [[Kirche (Bauwerk)|Kirchen]] auf die längsten Nachhallzeiten: Während die [[St.-Michaelis-Kirche (Hamburg)|St.-Michaelis-Kirche]] in Hamburg auf 6,3 Sekunden kommt, liegt das [[Ulmer Münster]] bei 12 Sekunden. Rekordhalter bei einem Raumvolumen von 230.000 Kubikmetern ist der [[Kölner Dom]] mit 13 Sekunden.<ref>Andreas Friesecke: [http://books.google.de/books?id=r8G1oDG28fcC&pg=PA100&lpg=PA100&dq=nachhall+konzerts%C3%A4le&source=bl&ots=-WeFezF3GD&sig=WoOOoTjzcVvl_fkVeoJyUJBAIjM&hl=de&sa=X&ei=DNkUUeCYFszKswaG5oAY&sqi=2&ved=0CG4Q6AEwCQ#v=onepage&q=nachhall%20konzerts%C3%A4le&f=false ''Die Audio-Enzyklopädie: Ein Nachschlagewerk für Tontechniker''], 2007, S. 100</ref> | |||
Der stillgelegte Wasserspeicher Severin in Köln, ein unterirdischer Betonbau mit etwa 20 000 m³ Innenraum, hat bis zu 45 Sekunden Nachhall.<ref>https://blog.rheinenergie.com/index.php/detailseite-reingeblickt/perle-des-koelner-suedens-ein-besuch-im-wasserwerk-severin.html</ref> | |||
Möblierte Wohnräume haben typischerweise Nachhallzeiten von 0,5 bis 0,6 Sekunden. [[Tonstudio]]räume werden stärker | Möblierte Wohnräume haben typischerweise Nachhallzeiten von 0,5 bis 0,6 Sekunden. [[Tonstudio]]räume werden stärker gedämpft und besitzen Nachhallzeiten von 0,2 bis 0,3 Sekunden. In [[Reflexionsarmer Raum|reflexionsarmen Räumen]] kann man kaum noch von einer Nachhallzeit sprechen – diese liegt bei ca. 0,01 Sekunde. | ||
== Siehe auch == | == Siehe auch == |
Die Nachhallzeit T60 oder auch einfach T, im Englischen meist reverberation time (RT), ist die bekannteste Kennzahl der Raumakustik. Unter der Nachhallzeit versteht man das Zeitintervall, innerhalb dessen der Schalldruck in einem Raum bei plötzlichem Verstummen der Schallquelle auf einen Bruchteil, bei T60 auf den tausendsten Teil, seines Anfangswerts abfällt, was einer Abnahme des Schalldruckpegels von 60 dB entspricht.
Die Nachhallzeit eines Raums wird üblicherweise für die Mittenfrequenz eines Terzfilters mit einer Frequenz von 500 Hz oder 1 kHz angegeben oder als frequenzabhängige Kurve, was aber keinen Frequenzgang des Nachhalls darstellt.
Der US-amerikanische Physiker Wallace Clement Sabine (1868–1919) fand 1898 durch Experimente heraus, dass sich die Nachhallzeit proportional zum Volumen $ V $ eines Raumes und umgekehrt proportional zur äquivalenten Absorptionsfläche $ A $ der umschließenden Oberflächen verhält, d. h. je größer der Raum und je schallhärter (reflektierender) die Oberflächenmaterialien, desto länger die Nachhallzeit:
mit
Die Proportionalitätskonstante hat den Wert
In den 1920er Jahren wurde diese Gleichung, die erstmals die akustische Planung von Gebäuden in ihrer Entwurfsphase ermöglichte, zur Eyringschen Nachhallformel präzisiert, die für alle $ \alpha $ gilt:
Für kleine Werte von $ \alpha $ geht die Eyringsche Formel mit der Näherung $ \ln x\approx x-1 $ in die Sabinesche Formel über.
Die Bestimmung der Nachhallzeit erfolgt klassisch durch die Messung des Schalldrucks im zu untersuchenden Raum nach dem Abschalten einer Rauschquelle, die selbst nicht nachklingen darf, oder nach der Erzeugung eines Impulsschalles, z. B. mit einer Schreckschusspistole. Moderne Verfahren nutzen spezielle Messsignale, wie Maximalfolgen (MLS) oder Sweeps (Chirps), welche über omnidirektionale Messlautsprecher wiedergegeben werden. Aus der Anregung und den im Raum gemessenen Empfangssignalen wird über eine Hadamard-Transformation (MLS) oder über eine inverse Faltung auf der Zeitebene oder einer komplexen Division auf der Frequenzebene (Sweeps) die Impulsantwort berechnet, aus der sich ein Schroeder-Plot berechnen lässt.
Verschiedene Untersuchungen belegen, dass die Messunsicherheiten bisweilen beträchtlich ausfallen können.[1]
Der Schalldruck im Raum nimmt mit fortschreitender Zeit nahezu exponentiell ab. Ein logarithmisches Maß für den Schalldruck (Schalldruckpegel) nimmt daher nahezu linear über der Zeit ab, die Steilheit der entsprechenden Abfallgeraden ist ein Maß für die Nachhallzeit. Für unterschiedliche Frequenzen können die Nachhallzeiten deutlich differieren; zur detaillierten Berechnung wird das Signal entsprechend gefiltert.
Das Verfahren zur Messung der Nachhallzeit ist in der dreiteiligen Normenreihe DIN EN ISO 3382 festgelegt.
Unser subjektives Empfinden des Nachhalls wird vor allem durch die Zeit kurz nach dem Anfangssignal geprägt, da der spätere Nachhall normalerweise durch das Umgebungsgeräusch überdeckt wird. Deshalb wird neben der Nachhallzeit auch die Frühe Abklingzeit EDT, von englisch: Early Decay Time, verwendet. Die frühe Abklingzeit EDT ist definiert als die Zeit, in welcher der Pegel des Ausgangssignals um 60 dB abnimmt. Allerdings wird für diese Messung nur die Zeit berücksichtigt, die für einen Abfall von 0 dB auf −10 dB benötigt wird. Die gemessene Zeit wird dann auf einen Abfall um 60 dB extrapoliert.
Oft wird die Frage nach der optimalen Nachhallzeit gestellt, also einer Nachhallzeit, die von der Mehrzahl der Zuhörer und auch der Mitwirkenden subjektiv als besonders geeignet empfunden und so bezeichnet wird. Die optimale Nachhallzeit richtet sich danach, für welchen Zweck ein Raum aus raumakustischer Sicht verwendet wird.
Die DIN 18041 „Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen“, in der Neufassung von April 2004, unterscheidet Räume nach deren notwendiger Sprachverständlichkeit und teilt diese in die Gruppen A und B ein.
Gruppe A – Gute Sprachverständlichkeit über größere Entfernungen, z. B. Klassenzimmer. Räume der Gruppe A unterscheiden sich in den Sprachszenarien und werden in Unterricht, Sprache und Musik eingeteilt. Entsprechend der Raumgröße kann die Soll-Nachhallzeit mittels Formel errechnet oder aus einem Diagramm abgelesen werden. Räume mit einem Volumen bis 250 m³ können nicht überdämpft werden, da die Direktschallversorgung ausreichend ist.
Gruppe B – Gute Sprachverständlichkeit über geringe Entfernung, z. B. Büros, Flure, Schalterhallen. Für Räume der Gruppe B gibt die DIN keine Soll-Nachhallzeiten vor. Die „Empfehlung“ für eine Raumakustik nach dem aktuellen Stand der Technik gibt an, wie viel Absorptionsmaterial welcher Absorptionsklasse (nach DIN EN 11654) im Verhältnis zum Raumvolumen in den Raum eingebracht werden soll. Die Anordnung der Absorber ist dabei zu beachten.
Raumakustik in Büros auf die Nachhallzeit zu beschränken, ist oft nicht ausreichend. Weitere Gesichtspunkte, wie bspw. die Privacy und die Artikulationsklasse, sind ebenso zu berücksichtigen.
Große Opernbühnen kommen auf lange Nachhallzeiten (jeweils mittlere Nachhallzeit, voll besetzt):
Die Staatsoper Unter den Linden besitzt ursprünglich eine Nachhallzeit von lediglich 1,1 Sekunden und erreicht erst dank des Einsatzes elektronischer Verstärkung 1,6 Sekunden; die Raumerhöhung und Schallräume der Renovierung ermöglichten es ab 2017, ohne Nachhilfe diese Nachschallzeit zu erreichen. Erst ab dieser Nachhallzeit ist die Klangqualität im Raum für den geplanten Zweck annähernd optimal; dann ist die Tonschwingung ausreichend lang, von guter Qualität und überall gut hörbar.
Zweckentsprechend kommen Kirchen auf die längsten Nachhallzeiten: Während die St.-Michaelis-Kirche in Hamburg auf 6,3 Sekunden kommt, liegt das Ulmer Münster bei 12 Sekunden. Rekordhalter bei einem Raumvolumen von 230.000 Kubikmetern ist der Kölner Dom mit 13 Sekunden.[2]
Der stillgelegte Wasserspeicher Severin in Köln, ein unterirdischer Betonbau mit etwa 20 000 m³ Innenraum, hat bis zu 45 Sekunden Nachhall.[3]
Möblierte Wohnräume haben typischerweise Nachhallzeiten von 0,5 bis 0,6 Sekunden. Tonstudioräume werden stärker gedämpft und besitzen Nachhallzeiten von 0,2 bis 0,3 Sekunden. In reflexionsarmen Räumen kann man kaum noch von einer Nachhallzeit sprechen – diese liegt bei ca. 0,01 Sekunde.
Hallradius | Raumschall | Schallfeldgröße | Faltungshall | Deutlichkeitsmaß