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Die '''Dirac-Notation''' ist eine [[Notation]] | Die '''Dirac-Notation''', auch '''Bra-Ket-Notation''', ist in der [[Quantenmechanik]] eine [[Notation]] für quantenmechanische [[Zustand (Quantenmechanik)|Zustände]]. Die Notation geht auf [[Paul Dirac]] zurück. Die ebenfalls von ihm eingeführte Bezeichnung Bra-Ket-Notation ist ein Wortspiel mit der englischen Bezeichnung für eine [[Klammer (Zeichen)|Klammer]] (''bracket''). In der Bra-Ket-Notation wird ein Zustand ausschließlich durch seine [[Quantenzahl]]en charakterisiert. | ||
[[ | In der Bra-Ket-Notation schreibt man die [[Vektor]]en eines [[Vektorraum]]s <math>V</math> auch außerhalb eines [[Skalarprodukt]]s mit einer spitzen Klammer als '''Ket''' <math>| v \rangle</math>. Jedem Ket <math>| v \rang</math> entspricht ein '''Bra''' <math>\langle v | \, ,</math> der dem [[Dualraum]] <math>V^*</math> angehört, also eine [[lineare Abbildung]] von <math>V</math> in den zu Grunde liegenden [[Körper (Algebra)|Körper]] <math>K</math> repräsentiert, und umgekehrt. Das Ergebnis der Operation eines Bras <math>\langle v |</math> auf einen Ket <math>| w \rang</math> wird <math>\langle v | w \rang</math> geschrieben, womit der Zusammenhang mit der konventionellen Notation des Skalarprodukts hergestellt ist. | ||
In der Physik wird die Notation verwendet, gleich ob es sich dabei um Vektoren eines Vektorraumes oder um Funktionen in einem [[Hilbert-Raum]] handelt. Die mathematische Rechtfertigung für die Bra-Ket-Notation ergibt sich aus dem [[Satz von Fréchet-Riesz]], den [[Frigyes Riesz|F. Riesz]] und [[Maurice René Fréchet|M. Fréchet]] 1907 unabhängig voneinander bewiesen. Er besagt unter anderem, dass ein [[Hilbertraum]] und sein topologischer Dualraum [[Isometrie|isometrisch]] [[isomorph]] zueinander sind. In unserem Zusammenhang: Zu jedem Ket <math>|v\rangle</math> existiert das entsprechende Bra <math> \langle v|</math>, und umgekehrt. | |||
In der Physik wird die Notation verwendet, gleich ob es sich dabei um Vektoren eines Vektorraumes oder um Funktionen in einem [[Hilbert-Raum]] handelt. Die mathematische Rechtfertigung für die Bra-Ket-Notation ergibt sich aus dem [[Satz von Fréchet-Riesz]], den [[Frigyes Riesz|F. Riesz]] und [[Maurice René Fréchet|M. Fréchet]] 1907 unabhängig voneinander bewiesen. Er besagt unter anderem, dass ein [[Hilbertraum]] und sein topologischer Dualraum [[Isometrie|isometrisch]] [[isomorph]] zueinander sind. | |||
== Darstellung == | == Darstellung == | ||
Sei <math>v</math> ein Vektor eines [[Komplexe Zahl|komplexen]] <math>m</math>-dimensionalen Vektorraums <math>\left(v \in \ | Sei <math>v</math> ein Vektor eines [[Komplexe Zahl|komplexen]] <math>m</math>-dimensionalen Vektorraums <math>\left(v \in \Complex^m\right)</math>. Der Ket-Ausdruck <math>\left| v \right\rangle</math> kann als [[Spaltenvektor]] mit komplexen Elementen <math>v_n</math> (<math>v_n \in \Complex</math>) [[Darstellungstheorie|dargestellt]] werden: | ||
:<math>\left| v \right\rangle \doteq | :<math>\left| v \right\rangle \doteq | ||
Wichtig ist dabei, dass <math>\left| v \right\rangle</math> und <math>(v_1, v_2, v_3, \ | Wichtig ist dabei, dass <math>\left| v \right\rangle</math> und der dazugehörige Spaltenvektor <math>(v_1, v_2, v_3, \dotsc, v_m)^T</math> ''nicht'' dasselbe mathematische Objekt sind und somit kein Gleichheitszeichen verwendet werden darf<ref name=":0">{{Literatur |Autor=J. J. Sakurai |Titel=Modern quantum mechanics |Auflage=Third edition |Ort=Cambridge |Datum=2021 |ISBN=1-108-47322-9 |Seiten=19 ff.}}</ref>. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass die Bra-Ket-Schreibweise von der Wahl einer [[Hilbertraumbasis|Basis]] unabhängig ist, während die Darstellung durch [[Koordinatenvektor]]en die Wahl einer Basis voraussetzt. Stattdessen sollte deutlich gemacht werden, dass es sich bei <math>(v_1, v_2, v_3, \dotsc, v_m)^T</math> um die [[Darstellungstheorie|Darstellung]] von <math>\left| v \right\rangle</math> handelt. Dies kann durch die Verwendung von Zeichen wie <math>\Rightarrow</math>, <math>\doteq</math><ref name=":0" />, <math>\leftrightarrow</math><ref>{{Literatur |Autor=Ramamurti Shankar |Titel=Principles of Quantum Mechanics |Auflage=Second edition |Verlag=Springer New York |Ort=Boston, MA |Datum=1994 |ISBN=978-1-4757-0576-8 |Seiten=12 ff.}}</ref> etc. erfolgen. | ||
Der Bra-Ausdruck <math>\left\langle v \right|</math> kann demnach als | Der Bra-Ausdruck <math>\left\langle v \right|</math> kann demnach als Zeilenvektor mit den [[Konjugation (Mathematik)|konjugierten]] Werten dargestellt werden: | ||
:<math>\left\langle v \right| \doteq \begin{pmatrix} v_1^* | :<math>\left\langle v \right| \doteq | ||
== Beispiele == | == Beispiele == | ||
=== Teilchen mit Spin === | |||
Durch die Notation <math>|1s, {\uparrow}\rangle</math> kann ein [[Elektron]] im Zustand 1s mit [[Spin]] up des [[Wasserstoffatom]]s bezeichnet werden. | |||
=== Photon === | |||
Der [[Polarisation]]szustand eines [[Photon]]s kann als [[Superposition (Physik)|Überlagerung]] zweier Basiszustände <math>|V\rangle</math> (vertikal polarisiert) und <math>|H\rangle</math> (horizontal polarisiert), angegeben werden: | |||
:<math>|\gamma\rangle = \alpha |V\rangle + \beta |H\rangle</math>, | |||
wobei | wobei | ||
:<math>\alpha,\beta \in \Complex</math> | |||
:<math>\alpha,\beta \in \ | |||
und | und | ||
:<math>\alpha^* \alpha + \beta^* \beta = |\alpha|^2 + |\beta|^2 = 1</math> | |||
=== System aus mehreren Bosonen === | |||
Gegeben sei eine Anzahl von <math>n</math> [[Bosonen]] <math>q_k</math> mit jeweils einem bestimmten Impuls <math>p_k = k\frac{2\pi}{L}</math>. Der Zustand lässt sich mittels der Dirac-Notation kompakt abbilden: | |||
Gegeben sei eine Anzahl von <math>n</math> [[Bosonen]] <math>q_k</math> mit jeweils einem bestimmten Impuls <math>p_k = k\frac{2\pi}{L}</math>. Der Zustand lässt sich mittels der Dirac-Notation kompakt abbilden: | |||
{|class="wikitable" | {|class="wikitable" | ||
! n !! Zustandsvektor !! Besetzungszahldarstellung !! Erläuterung | ! <math>n</math> !! Zustandsvektor !! Besetzungszahldarstellung !! Erläuterung | ||
|- | |- | ||
| 0 || <math>\left| 0 \right\rangle</math> || <math>\left| 00 \right\rangle</math> || 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | | 0 || <math>\left| 0 \right\rangle</math> || <math>\left| 00 \right\rangle</math> || 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
|- | |- | ||
| 1 || <math>\left| q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 10 \right\rangle</math> || 1 Teilchen befindet sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | | 1 || <math>\left| q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 10 \right\rangle</math> || 1 Teilchen befindet sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
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| 1 || <math>\left| q_2 \right\rangle</math> || <math>\left| 01 \right\rangle</math> || 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>1 Teilchen befindet sich im Zustand 2. | | 1 || <math>\left| q_2 \right\rangle</math> || <math>\left| 01 \right\rangle</math> || 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>1 Teilchen befindet sich im Zustand 2. | ||
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| 2 || <math>\left| q_1 q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 20 \right\rangle</math> || 2 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | | 2 || <math>\left| q_1, q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 20 \right\rangle</math> || 2 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
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| 2 || <math>\left| q_1 q_2 \right\rangle = \left| q_2 q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 11 \right\rangle</math> || 1 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>1 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | | 2 || <math>\left| q_1, q_2 \right\rangle = \left| q_2, q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 11 \right\rangle</math> || 1 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>1 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
|- | |- | ||
| 2 || <math>\left| q_2 q_2 \right\rangle</math> || <math>\left| 02 \right\rangle</math> || 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>2 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | | 2 || <math>\left| q_2, q_2 \right\rangle</math> || <math>\left| 02 \right\rangle</math> || 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>2 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
|- | |- | ||
| 3 || <math>\left| q_1 q_1 q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 30 \right\rangle</math> || 3 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | | 3 || <math>\left| q_1, q_1, q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 30 \right\rangle</math> || 3 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
|- | |- | ||
| 3 || <math>\left| q_1 q_1 q_2 \right\rangle = \left| q_1 q_2 q_1 \right\rangle = \left| q_2 q_1 q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 21 \right\rangle</math> || 2 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>1 Teilchen befindet sich im Zustand 2. | | 3 || <math>\left| q_1, q_1, q_2 \right\rangle = \left| q_1, q_2, q_1 \right\rangle = \left| q_2, q_1, q_1 \right\rangle</math> || <math>\left| 21 \right\rangle</math> || 2 Teilchen befinden sich im Zustand 1. <br/>1 Teilchen befindet sich im Zustand 2. | ||
|- | |- | ||
| <math>\vdots</math> || <math>\vdots</math> || <math>\vdots</math> || <math>\vdots</math> | | <math>\vdots</math> || <math>\vdots</math> || <math>\vdots</math> || <math>\vdots</math> | ||
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== Skalarprodukt == | == Skalarprodukt == | ||
Das [[Skalarprodukt]] eines Bra <math>\langle\phi|</math> mit einem Ket <math>|\psi\rangle</math> wird in Bra-Ket-Notation geschrieben als | Das [[Skalarprodukt]] eines Bra <math>\langle\phi|</math> mit einem Ket <math>|\psi\rangle</math> wird in Bra-Ket-Notation geschrieben als: | ||
: <math>\langle\phi| \psi\rangle := \left( \langle\phi | \right) \cdot \left( | \psi\rangle \right)</math> | |||
<math>\langle\phi | Dies kann als Anwendung des Bras <math>\langle\phi|</math> auf den Ket <math>|\psi\rangle</math> aufgefasst werden. | ||
Für komplexe Zahlen <math>c_1</math> und <math>c_2</math> gilt: | |||
: <math>\langle\phi| \; \bigg( c_1 |\psi_1\rangle + c_2 |\psi_2\rangle \bigg) = c_1\langle\phi|\psi_1\rangle + c_2\langle\phi|\psi_2\rangle </math> (Linearität) | |||
:<math>\langle\psi|\ | Aufgrund der [[Dualraum|Dualitätsbeziehung]] gilt außerdem: | ||
: <math>\langle\psi|\phi\rangle = \langle\phi|\psi\rangle^* </math> (komplexe Konjugation) | |||
== Tensorprodukt == | == Tensorprodukt == | ||
Das [[Tensorprodukt]] eines Ket <math>|\phi\rangle</math> mit einem Bra <math>\langle\psi|</math> wird geschrieben als | Das [[Tensorprodukt]] eines Ket <math>|\phi\rangle</math> mit einem Bra <math>\langle\psi|</math> wird geschrieben als | ||
:<math> \phi \otimes \psi \ \ | :<math> \phi \otimes \psi \ \ =: \ \ |\phi\rangle\langle\psi|</math> | ||
Im Fall gewöhnlicher Vektoren entspricht das Tensorprodukt einer Matrix. | Im Fall gewöhnlicher Vektoren entspricht das Tensorprodukt einer Matrix. | ||
Für eine vollständige [[Orthonormalbasis]] <math>\{|1\rangle,|2\rangle,\dotsc,|N\rangle \}</math> führt die Operation | Für eine vollständige [[Orthonormalbasis]] <math>\{|1\rangle,|2\rangle,\dotsc,|N\rangle \}</math> führt die Operation | ||
:<math> | : <math>|1\rangle \langle1| |\psi\rangle = \langle1|\psi \rangle |1\rangle = c_1 |1\rangle</math> | ||
</math> | |||
eine Projektion auf den Basiszustand <math> |1 \rangle </math> aus. | eine Projektion auf den Basiszustand <math> |1 \rangle </math> aus. | ||
Dies definiert den '''Projektionsoperator''' auf den Unterraum des Zustands <math> |1 \rangle </math>: | Dies definiert den '''Projektionsoperator''' auf den Unterraum des Zustands <math> |1 \rangle </math>: | ||
:<math> |1\rangle \langle1| </math> | : <math> |1\rangle \langle1| </math> | ||
Eine besonders wichtige Anwendung der Multiplikation von Ket mit Bra ist der '''Einheitsoperator''' <math>I</math>, der sich als Summe über die Projektionsoperatoren ergibt | Eine besonders wichtige Anwendung der Multiplikation von Ket mit Bra ist der '''Einheitsoperator''' <math>I</math>, der sich als Summe über die Projektionsoperatoren ergibt zu | ||
:<math>I=\sum_{n=1}^N |n\rangle \langle n|.</math> | : <math>I=\sum_{n=1}^N |n\rangle \langle n|.</math> | ||
(In unendlich-dimensionalen Hilberträumen ist bei diskreter | (In unendlich-dimensionalen Hilberträumen ist bei diskreter Basis der Limes <math>N\to\infty</math> zu betrachten.) | ||
Diese „Darstellung des Einheitsoperators“ ist insbesondere deshalb von so herausragender Bedeutung, da man damit jeden [[Zustand (Quantenmechanik)|Zustand]] <math> |a\rangle </math> in einer beliebigen [[ | Diese „Darstellung des Einheitsoperators“ ist insbesondere deshalb von so herausragender Bedeutung, da man damit jeden [[Zustand (Quantenmechanik)|Zustand]] <math> |a\rangle </math> in einer beliebigen [[Basis (Vektorraum)|Basis]] entwickeln kann. | ||
Ein Beispiel einer ''Basisentwicklung durch Einschieben der Eins'': | Ein Beispiel einer ''Basisentwicklung durch Einschieben der Eins'': | ||
:<math> |a\rangle = I | a\rangle | : <math> |a\rangle = I | a\rangle = \sum_{n=1}^N |n\rangle \underbrace{\langle n| a\rangle}_{=:\alpha_n} = \sum_{n=1}^N \alpha_n | n \rangle </math> | ||
Dies ist die Darstellung des Zustands-Kets <math>|a\rangle</math> in der <math>n</math>-Basis durch das sogenannte ''Einschieben der Eins''. | Dies ist die Darstellung des Zustands-Kets <math>|a\rangle</math> in der <math>n</math>-Basis durch das sogenannte ''Einschieben der Eins''. | ||
Dass dies ''immer'' funktioniert, ist eine unmittelbare Konsequenz der [[vollständiger Raum|Vollständigkeit]] des [[Hilbertraum]]s, in dem die Zustände, also die ''Kets'', 'leben'. | Dass dies ''immer'' funktioniert, ist eine unmittelbare Konsequenz der [[vollständiger Raum|Vollständigkeit]] des [[Hilbertraum]]s, in dem die Zustände, also die ''Kets'', 'leben'. | ||
Für eine kontinuierliche Basis ist statt der Summe ein Integral zu bilden. | Für eine kontinuierliche Basis ist statt der Summe ein Integral zu bilden. | ||
So erhält man beispielsweise für den Ortsraum die Summe über das | So erhält man beispielsweise für den Ortsraum die Summe über das Ortskontinuum und damit den Einheitsoperator als Integral über den ganzen <math>\mathbb{R}^3</math>: | ||
: <math>I= \sum_{\text{kont. Basis}} |\vec{x}\rangle \langle \vec{x}| = \int_{\mathbb R^3}\, \, \mathrm{d}^3\! x\, |\vec{x}\rangle \langle \vec{x}|</math> | |||
Natürlich ist auch mit einer solchen kontinuierlichen Basis eine Basisentwicklung möglich, was in der Regel auf ein [[Fourier-Transformation|Fourierintegral]] führt. Technisch handelt es sich dabei ''nicht'' | Natürlich ist auch mit einer solchen kontinuierlichen Basis eine Basisentwicklung möglich, was in der Regel auf ein [[Fourier-Transformation|Fourierintegral]] führt. Technisch handelt es sich dabei ''nicht'' um eine Entwicklung nach Basisvektoren des Hilbertraums, da es in den betrachteten [[Separabler Raum|separablen Räumen]] kein Kontinuum von paarweise orthogonalen Vektoren geben kann: Vektoren der Art <math>|\vec{x}\rangle</math> bilden vielmehr eine mathematisch nicht-triviale Erweiterung des betrachteten Hilbertraums, und man nennt sie daher auch manchmal „uneigentliche Vektoren“, weil sie wie die [[Deltafunktion]] oder wie monochromatische [[ebene Welle]]n nicht quadratintegrierbar sind. (Auch der Begriff der [[Orthogonalität]] muss hierbei verallgemeinert werden, indem man statt der sonst üblichen [[Kroneckersymbol]]e <math>\delta_{i,j}</math> Deltafunktionen benutzt.) | ||
Beachtet man bei Rechnungen diese Details, die im Grunde nur auf die „Rezepte“ <math>\sum_i\to \int_{\mathbb R^3}\, \, \mathrm{d}^3\! x\,</math> und <math>\delta_{i,j} \to \delta (x_i- x_j)</math> hinauslaufen, so bleibt die Basisentwicklung eine brauchbare Analogie. | Beachtet man bei Rechnungen diese Details, die im Grunde nur auf die „Rezepte“ <math>\sum_i\to \int_{\mathbb R^3}\, \, \mathrm{d}^3\! x\,</math> und <math>\delta_{i,j} \to \delta (x_i- x_j)</math> hinauslaufen, so bleibt die Basisentwicklung eine brauchbare Analogie. | ||
== Darstellungen in der Quantenmechanik == | == Darstellungen in der Quantenmechanik == | ||
In der Quantenmechanik arbeitet man häufig mit Projektionen von Zustandsvektoren auf eine bestimmte Basis anstatt mit den Zustandsvektoren selbst. | In der Quantenmechanik arbeitet man häufig mit Projektionen von Zustandsvektoren auf eine bestimmte Basis anstatt mit den Zustandsvektoren selbst. | ||
Die Projektion auf eine bestimmte Basis wird '''Darstellung''' genannt. | Die Projektion auf eine bestimmte Basis wird '''Darstellung''' genannt. Ein Vorteil davon ist, dass die so erhaltenen Wellenfunktionen komplexe Zahlen sind, für die der Formalismus der Quantenmechanik als [[partielle Differentialgleichung]] geschrieben werden kann. | ||
Ein Vorteil davon ist, dass die so erhaltenen Wellenfunktionen komplexe Zahlen sind, für die der Formalismus der Quantenmechanik als [[partielle Differentialgleichung]] geschrieben werden kann. | |||
* Darstellung in der | * Darstellung in der Ortsraum-Basis ([[Ortsdarstellung]]): | ||
Sei <math>| \vec x \rangle</math> ein Eigenzustand des [[Ortsoperator]]s <math> \hat{x}</math> mit der Eigenschaft | : Sei <math>| \vec x \rangle</math> ein Eigenzustand des [[Ortsoperator]]s <math> \hat{x}</math> mit der Eigenschaft | ||
<math> \hat{x} | \vec x \rangle = | :: <math> \hat{x} | \vec x \rangle = \vec x | \vec x \rangle </math>. | ||
Die Wellenfunktion <math>\psi(\vec x) </math> ergibt sich durch Projektion als | : Die Wellenfunktion <math>\psi(\vec x) </math> ergibt sich durch Projektion als | ||
:<math>\psi(\vec x)=\langle \vec{x}|\psi\rangle</math> | :: <math>\psi(\vec x)=\langle \vec{x}|\psi\rangle</math> | ||
Das Skalarprodukt | : Das Skalarprodukt ist | ||
:<math>\langle\psi_1|\psi_2\rangle\ = \int_{\mathbb R^3(\vec x)} \langle \psi_1 |\vec{x}\rangle\langle \vec{x}|\psi_2\rangle\, \mathrm{d}^3 \! x = \int_{\mathbb R^3(\vec x)} \psi_1(\vec x)^*\,\psi_2(\vec x)\, \mathrm{d}^3 \! x</math> | :: <math>\langle\psi_1|\psi_2\rangle\ = \int_{\mathbb R^3(\vec x)} \langle \psi_1 |\vec{x}\rangle\langle \vec{x}|\psi_2\rangle\, \mathrm{d}^3 \! x = \int_{\mathbb R^3(\vec x)} \psi_1(\vec x)^*\,\psi_2(\vec x)\, \mathrm{d}^3 \! x</math> | ||
* Darstellung in der Impulsraum-Basis ([[Impulsdarstellung]]): | * Darstellung in der Impulsraum-Basis ([[Impulsdarstellung]]): | ||
Sei <math>| \vec p \rangle</math> ein Eigenzustand des [[Impulsoperator]]s <math> \hat{p}</math> mit der Eigenschaft | : Sei <math>| \vec p \rangle</math> ein Eigenzustand des [[Impulsoperator]]s <math> \hat{p}</math> mit der Eigenschaft | ||
<math> \hat{p} | \vec p \rangle = | :: <math> \hat{p} | \vec p \rangle = \vec p | \vec p \rangle</math>. | ||
: Die Wellenfunktion <math>\psi(\vec p)</math> ergibt sich durch Projektion als | |||
:: <math>\psi(\vec p)=\langle \vec{p}|\psi\rangle\,\,\left(\equiv\,\int \frac{e^{-i\vec p\cdot\vec x}}{(2\pi )^{3/2}}\,\psi (\vec x)\, \mathrm{d}^3 \! x\right)</math> | |||
: Das Skalarprodukt ist jetzt dasselbe wie zuvor | |||
:: <math>\langle\psi_1|\psi_2\rangle\ = \int_{\mathbb R^3(\vec p)}\langle \psi_1 |\vec{p}\rangle\langle \vec{p}|\psi_2\rangle\, \mathrm{d}^3 \! p = \int_{\mathbb R^3(\vec p)} \psi_1(\vec p)^*\,\psi_2(\vec p)\, \mathrm{d}^3 \! p</math> | |||
Allgemein gilt, dass Skalarprodukte bei einem beliebigen [[Basiswechsel (Vektorraum)|Basiswechsel]] invariant sind. Beispiele sind die Übergänge („Darstellungswechsel“) von einem vollständigen Satz von Eigenvektoren und/oder uneigentlichen Eigenvektoren [[selbstadjungiert]]er [[Operator (Mathematik)|Operatoren]] des Systems zum anderen, z. B. der Übergang von einem Matrixsystem zum anderen oder der Übergang von einer Matrixdarstellung zur Orts- oder Impulsdarstellung. | |||
* Matrixelemente einer invariant definierten [[Observable|„Messgröße“]], mit zugeordnetem, von der benutzten Basis abhängigen Operator <math>\hat A\,,</math> sind in allen Basen gleich, obwohl die Operatoren selbst im Allgemeinen unterschiedliche Darstellungen besitzen. So berechnet man etwa in der Ortsdarstellung | |||
:: <math>\langle\psi_1|\hat A|\psi_2\rangle\ = \iint_{\mathbb R^3(\vec x)\,\mathbb R^3(\vec x')} \langle \psi_1|\vec{x}\rangle\langle\vec{x}|\hat A|\vec{x}'\rangle\langle \vec{x}'|\psi_2\rangle\, \mathrm{d}^3 \! x \, \mathrm{d}^3 \! x'\ </math> <math> = \iint_{\mathbb R^3(\vec x)\,\mathbb R^3(\vec x')} \psi_1(\vec x)^* \hat{A}(\vec{x}, \, \vec{x}')\psi_2(\vec{x}')\, \mathrm{d}^3 \! x \, \mathrm{d}^3 \! x' </math> | |||
: Die Diagonalelemente, also die mit <math>|\psi_1\rangle=|\psi_2\rangle</math>, sind zugleich die [[Erwartungswert#Quantenmechanischer Erwartungswert|Erwartungswerte]] des Operators in den jeweiligen Zuständen. | |||
Die | == Symbole in Unicode == | ||
Die öffnenden und schließenden Winkel sollen in [[Unicode]] durch die Zeichen <code>U+27E8 <small>MATHEMATICAL LEFT ANGLE BRACKET</small></code> und <code>U+27E9 <small>MATHEMATICAL RIGHT ANGLE BRACKET</small></code> aus dem [[Unicodeblock Verschiedene mathematische Symbole-A]] dargestellt werden. Es gibt zwar zusätzlich die Zeichen <code>U+2329 <small>LEFT-POINTING ANGLE BRACKET</small></code> und <code>U+232A <small>RIGHT-POINTING ANGLE BRACKET</small></code> im [[Unicodeblock Verschiedene technische Zeichen]], aber das Unicode-Konsortium rät von deren Verwendung ab.<ref>{{Internetquelle |autor=Barbara Beeton, Asmus Freytag, Murray Sargent III |url=https://www.unicode.org/reports/tr25/tr25-6.html |titel=UTR #25: Unicode and Mathematics |werk=Unicode |hrsg=[[Unicode]], Inc. |datum=2003-08-31 |sprache=en |abruf=2022-02-25 |kommentar=siehe Kap. 2.10}}</ref> | |||
: | |||
== Literatur == | |||
* | * {{Literatur |Autor=P. A. M. Dirac |Titel=A new notation for quantum mechanics |Sammelwerk=Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society |Band=35 |Nummer=3 |Seiten=416–418 |Datum=1939 |Sprache=en |DOI=10.1017/S0305004100021162 |bibcode=1939PCPS...35..416D}} | ||
* {{Literatur |Autor=P. A. M. Dirac |Titel=The Principles of Quantum Mechanics |Verlag=Clarendon Press |Ort=Oxford |Datum=1958 |Sprache=en |Auflage=4. |Kommentar=Nachdruck als Paperback 1989 |ISBN=978-0-19-852011-5}} | |||
: | * {{Cite book|publisher=Dover Publications|isbn=978-0-486-69186-2|last1=Szabo|first1=Attila|last2=Ostlund|first2=Neil S.|title=Modern quantum chemistry: introduction to advanced electronic structure theory|location=Mineola, NY|date=1996|language=}} | ||
''Hinweis: Das Buch von Szabo-Ostlund bietet im 1. Kapitel eine kompakte, zusammenfassende Einführung in die Dirac-Notation.'' | |||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> | ||
[[Kategorie:Quantenmechanik]] | [[Kategorie:Quantenmechanik]] | ||
[[Kategorie:Notation (Physik)]] | [[Kategorie:Notation (Physik)]] | ||
[[Kategorie:Paul Dirac]] | [[Kategorie:Paul Dirac als Namensgeber]] |
Die Dirac-Notation, auch Bra-Ket-Notation, ist in der Quantenmechanik eine Notation für quantenmechanische Zustände. Die Notation geht auf Paul Dirac zurück. Die ebenfalls von ihm eingeführte Bezeichnung Bra-Ket-Notation ist ein Wortspiel mit der englischen Bezeichnung für eine Klammer (bracket). In der Bra-Ket-Notation wird ein Zustand ausschließlich durch seine Quantenzahlen charakterisiert.
In der Bra-Ket-Notation schreibt man die Vektoren eines Vektorraums
In der Physik wird die Notation verwendet, gleich ob es sich dabei um Vektoren eines Vektorraumes oder um Funktionen in einem Hilbert-Raum handelt. Die mathematische Rechtfertigung für die Bra-Ket-Notation ergibt sich aus dem Satz von Fréchet-Riesz, den F. Riesz und M. Fréchet 1907 unabhängig voneinander bewiesen. Er besagt unter anderem, dass ein Hilbertraum und sein topologischer Dualraum isometrisch isomorph zueinander sind. In unserem Zusammenhang: Zu jedem Ket
Sei
Wichtig ist dabei, dass
Der Bra-Ausdruck
Durch die Notation
Der Polarisationszustand eines Photons kann als Überlagerung zweier Basiszustände
wobei
und
Gegeben sei eine Anzahl von
Zustandsvektor | Besetzungszahldarstellung | Erläuterung | |
---|---|---|---|
0 | 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. 0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
1 | 1 Teilchen befindet sich im Zustand 1. 0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
1 | 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. 1 Teilchen befindet sich im Zustand 2. | ||
2 | 2 Teilchen befinden sich im Zustand 1. 0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
2 | 1 Teilchen befinden sich im Zustand 1. 1 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
2 | 0 Teilchen befinden sich im Zustand 1. 2 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
3 | 3 Teilchen befinden sich im Zustand 1. 0 Teilchen befinden sich im Zustand 2. | ||
3 | 2 Teilchen befinden sich im Zustand 1. 1 Teilchen befindet sich im Zustand 2. | ||
Das Skalarprodukt eines Bra
Dies kann als Anwendung des Bras
Für komplexe Zahlen
Aufgrund der Dualitätsbeziehung gilt außerdem:
Das Tensorprodukt eines Ket
Im Fall gewöhnlicher Vektoren entspricht das Tensorprodukt einer Matrix.
Für eine vollständige Orthonormalbasis
eine Projektion auf den Basiszustand
Eine besonders wichtige Anwendung der Multiplikation von Ket mit Bra ist der Einheitsoperator
(In unendlich-dimensionalen Hilberträumen ist bei diskreter Basis der Limes
Diese „Darstellung des Einheitsoperators“ ist insbesondere deshalb von so herausragender Bedeutung, da man damit jeden Zustand
Ein Beispiel einer Basisentwicklung durch Einschieben der Eins:
Dies ist die Darstellung des Zustands-Kets
Dass dies immer funktioniert, ist eine unmittelbare Konsequenz der Vollständigkeit des Hilbertraums, in dem die Zustände, also die Kets, 'leben'.
Für eine kontinuierliche Basis ist statt der Summe ein Integral zu bilden.
So erhält man beispielsweise für den Ortsraum die Summe über das Ortskontinuum und damit den Einheitsoperator als Integral über den ganzen
Natürlich ist auch mit einer solchen kontinuierlichen Basis eine Basisentwicklung möglich, was in der Regel auf ein Fourierintegral führt. Technisch handelt es sich dabei nicht um eine Entwicklung nach Basisvektoren des Hilbertraums, da es in den betrachteten separablen Räumen kein Kontinuum von paarweise orthogonalen Vektoren geben kann: Vektoren der Art
Beachtet man bei Rechnungen diese Details, die im Grunde nur auf die „Rezepte“
In der Quantenmechanik arbeitet man häufig mit Projektionen von Zustandsvektoren auf eine bestimmte Basis anstatt mit den Zustandsvektoren selbst.
Die Projektion auf eine bestimmte Basis wird Darstellung genannt. Ein Vorteil davon ist, dass die so erhaltenen Wellenfunktionen komplexe Zahlen sind, für die der Formalismus der Quantenmechanik als partielle Differentialgleichung geschrieben werden kann.
Allgemein gilt, dass Skalarprodukte bei einem beliebigen Basiswechsel invariant sind. Beispiele sind die Übergänge („Darstellungswechsel“) von einem vollständigen Satz von Eigenvektoren und/oder uneigentlichen Eigenvektoren selbstadjungierter Operatoren des Systems zum anderen, z. B. der Übergang von einem Matrixsystem zum anderen oder der Übergang von einer Matrixdarstellung zur Orts- oder Impulsdarstellung.
Die öffnenden und schließenden Winkel sollen in Unicode durch die Zeichen U+27E8 MATHEMATICAL LEFT ANGLE BRACKET
und U+27E9 MATHEMATICAL RIGHT ANGLE BRACKET
aus dem Unicodeblock Verschiedene mathematische Symbole-A dargestellt werden. Es gibt zwar zusätzlich die Zeichen U+2329 LEFT-POINTING ANGLE BRACKET
und U+232A RIGHT-POINTING ANGLE BRACKET
im Unicodeblock Verschiedene technische Zeichen, aber das Unicode-Konsortium rät von deren Verwendung ab.[3]
Hinweis: Das Buch von Szabo-Ostlund bietet im 1. Kapitel eine kompakte, zusammenfassende Einführung in die Dirac-Notation.