Strömungswiderstand

Strömungswiderstand

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Der Strömungswiderstand ist eine physikalische Größe, die in der Fluiddynamik die Kraft bezeichnet, die das Fluid als Medium einer Bewegung entgegensetzt. Ein Körper, der sich relativ zu einem gasförmigen oder flüssigen Medium bewegt, erfährt einen Strömungswiderstand, eine der Relativgeschwindigkeit entgegengesetzt wirkende Kraft. Bewegt sich ein Objekt wie ein Flugzeug durch die Luft, so spricht man auch vom Luftwiderstand oder von der Luftreibung, siehe auch Aerodynamik. Bei Bewegungen im Wasser spricht man von Wasserwiderstand, siehe auch Hydrodynamik.

Wenn ein Fluid hingegen durch eine Rohrleitung strömt, so erfährt es aufgrund der Rohrreibung entlang der zurückgelegten Strecke einen Druckverlust. Siehe: Strömungen in Rohrleitungen

Kräfte auf umströmte Körper

Auf die Oberfläche eines umströmten Körpers übt die Strömung örtlich verschiedene Schubspannung und Druck (Normalspannung) aus. Werden Druck und Schubspannung über die gesamte Oberfläche integriert, erhält man die resultierende Kraft, die die Strömung auf den Körper ausübt. Diese Kraft hat eine bestimmte Richtung im Raum. Die Kraftkomponente, die in Richtung der Anströmrichtung liegt, ist die Widerstandskraft. Neben der Widerstandskraft sind andere Kraftkomponenten die Auftriebskraft und die Seitenkraft. Oft werden diese Kräfte im Windkanal gemessen.

Bei Kraftfahrzeugen ist es üblich, die Kraftkomponenten bezüglich eines fahrzeugfesten Koordinatensystems anzugeben.[1]

Komponenten des Strömungswiderstands

Datei:WiderstStrömKörper.png
Anteil des Druck- und Reibungs­wider­standes für verschiedene Körper

Es sind die physikalischen Größen Druck und Schubspannung, die an der Oberfläche eines Körpers wirken und damit zum Strömungswiderstand beitragen können. Dementsprechend kann der Strömungswiderstand in einen Druckwiderstand und einen Schubspannungswiderstand aufgeteilt werden. In Abhängigkeit von der Form des umströmten Körpers und der Anströmrichtung kann der Druckwiderstand oder der Schubspannungswiderstand überwiegen.

Je nach vorliegendem Fall erweist es sich für die Betrachtung und Berechnung als günstig, bestimmte Effekte, die bei der Umströmung des Körpers auftreten, separat zu behandeln. Dies ist der Hintergrund für den Interferenzwiderstand, induzierte Widerstände und den Wellenwiderstand.

Druckwiderstand (Formwiderstand)

Der Druckwiderstand folgt aus der Druckverteilung (Normalspannung) um einen Körper. Der Druck im Ablösegebiet am Heck von Körpern ist geringer als der im Staupunkt. Die wirksame Fläche dieses Widerstandes ist die projizierte Fläche in Richtung der Anströmung.

Schubspannungswiderstand (Reibungswiderstand, Flächenwiderstand)

Der Schubspannungswiderstand ist Ergebnis der Reibung, also des viskosen Impulsaustausches. Er beruht auf den Schubspannungen, die auf der Oberfläche des Körpers auftreten, indem die Strömung über die Oberfläche streicht.

Interferenzwiderstand

Der Interferenzwiderstand beschreibt die strömungstechnische Widerstandsgröße, die auftritt, wenn vormals völlig unabhängige Strömungskörper zu beieinander liegenden Strömungskörpern werden. Er ist definiert als die Differenz zwischen dem Gesamtwiderstand des Bauteils und der Summe des Widerstands der Einzelbauteile oder Bauteilgruppen nach dem Zusammenbau. Konstruktiv wird man immer einen negativen Interferenzwiderstand anstreben. Ein Beispiel ist ein Flugzeugrumpf und die Flugzeugtragflächen vor dem Zusammenbau und nach erfolgter Montage. Die Summe der Einzelwiderstände der Bauteile Flügel und Rumpf ist höher als der Gesamtwiderstand nach dem Zusammenbau. Qualitativ betrachtet ist der Interferenzwiderstand die gegen die Anströmrichtung wirkende Komponente der Luftkraft an einem Strömungskörper, die durch die gegenseitige Beeinflussung der von verschiedenen Teilen des Flugzeuges ausgelösten Wirbel oder durch Überlagerung der Grenzschichten in den Ecken entsteht.[2]

Induzierter Widerstand

Der induzierte Widerstand entsteht immer, wenn ein Objekt in einem Fluid Strömungen im Fluid erzeugt. Das ist zum Beispiel bei der Auftriebserzeugung durch Tragflächen eines Flugzeugs der Fall, bei der zum einen Luft nach unten beschleunigt wird (downwash) und zum anderen durch Wirbelbildung (Randwirbel) dabei entstehende Druckunterschiede ausgeglichen werden. Die Bewegungsenergie, die dabei der Luft zugeführt wird, geht dem Flugzeug verloren.

Wellenwiderstand

Der Wellenwiderstand tritt bei umströmten Körpern auf, die sich mit Überschall- oder transsonischer Geschwindigkeit bewegen. An Körperkanten, die der Anströmung entgegen geneigt sind, tritt eine Druckerhöhung auf, während an den Kanten, die der Anströmung abgeneigt sind, eine Druckverminderung auftritt. Dieser Druck führt zu einer entgegen der Bewegung gerichteten Kraft.

Abhängigkeit des Strömungswiderstandes

Die Strömungswiderstandskraft $ F_{\mathrm {W} } $ eines Körpers in einer bestimmten Lage ist abhängig von der Anströmgeschwindigkeit $ v $, der Dichte $ \rho $ und der Viskosität (Zähigkeit) $ \eta $ des Fluids sowie der geometrischen Abmessung (einer charakteristischen Länge) $ L $ des Körpers.

$ F_{\mathrm {W} }=f(v,\rho ,\eta ,L) $

Dieser Zusammenhang, der fünf Variablen umfasst, kann mit Hilfe einer Dimensionsanalyse nach dem Buckinghamschen Π-Theorem auch mittels zweier dimensionsloser Ähnlichkeitskennzahlen formuliert werden.[3] Diese Ähnlichkeitskennzahlen sind der Strömungswiderstandskoeffizient $ c_{\mathrm {W} } $ und die Reynolds-Zahl $ {\mathit {Re}} $, die definiert sind als

Datei:Kugel-Reynolds.png
Strömungswiderstandskoeffizient einer Kugel in Abhängigkeit von der Reynolds-Zahl: cW = f(Re)
$ c_{\mathrm {W} }={\frac {F_{\mathrm {W} }}{{\frac {1}{2}}\rho v^{2}A}} $
$ {\mathit {Re}}={\frac {vL\rho }{\eta }} $

Dabei ist die Größe $ A $[4] eine Bezugsfläche, welche definiert sein muss. Üblicherweise wird die Stirnfläche des Körpers als Bezugsfläche verwendet, bei Tragflügeln aber die Flügelfläche.

Der physikalische Zusammenhang kann damit beschrieben werden in der Form

$ c_{\mathrm {W} }=f({\mathit {Re}}) $

Die Widerstandskraft $ F_{\mathrm {W} } $ ist proportional zum Produkt aus $ c_{\mathrm {W} } $-Wert und Bezugsfläche, welches als Widerstandsfläche bezeichnet wird. Man erhält die Strömungswiderstandkraft aus

$ F_{\mathrm {W} }=c_{\mathrm {W} }\,A\,{\frac {1}{2}}\,\rho v^{2} $

Der Faktor $ \,{\tfrac {1}{2}}\rho v^{2}\, $ wird als Staudruck bezeichnet.

Für praktische Anwendungen, z. B. dem Luftwiderstand von Kraftfahrzeugen, kann die Abhängigkeit von der Reynolds-Zahl häufig vernachlässigt werden. Dann wird der $ c_{\mathrm {W} } $-Wert als konstanter Wert angesetzt, so dass der Widerstand quadratisch mit der Geschwindigkeit zunimmt. Für einen Vergleich des Strömungswiderstands verschiedener Fahrzeuge ist die Widerstandsfläche das maßgebliche Kriterium.[5]

Laminare Strömung

Bei laminarer Strömung wird der Strömungswiderstand nur durch die innere Reibung des Mediums verursacht. Ist $ \eta $ die dynamische Viskosität des Mediums, so gilt für kugelförmige Körper vom Radius $ r $ das Stokessche Gesetz

$ F_{\mathrm {W} }=6\pi \,\eta \,v\,r $

Der Widerstandsbeiwert $ c_{w} $ einer Kugel kann für den allgemeinen Fall einer laminaren Strömung mit Reynoldszahlen kleiner $ 2\cdot 10^{5} $ mit folgender Näherungsformel ermittelt werden[6]:

$ c_{w}={\frac {24}{Re}}+{\frac {4}{\sqrt {Re}}}+0{,}4\quad {\text{mit}}\quad Re<2\cdot 10^{5} $

Für Reynoldszahlen kleiner 1 gilt das Stoke'sche Gesetz und der Widerstandsbeiwert nähert sich dem Wert $ {\frac {24}{Re}} $ an!

Turbulente Strömung

In einer turbulenten Strömung lässt sich der Strömungswiderstand nur durch Experimente bestimmen, bzw. durch aufwendige numerische Rechnung, z. B. mittels Finite-Volumen-Verfahren, annähern.

Bei Kraftfahrzeugen, aber auch z. B. Fahrradfahrern und Läufern, kann im relevanten Geschwindigkeitsbereich von turbulenter Strömung ausgegangen werden.[7][8]

Im modernen Automobilbau ist der $ c_{\mathrm {W} } $-Wert, der Luftwiderstandsbeiwert, von großer Bedeutung. Er kann im optimalen Falle 0,07 betragen (TERA Fennek 2013), beim Ford Model T war er 0,9.

Längenbezogener Strömungswiderstand

Poröse Materialien werden zur Schalldämpfung eingesetzt. Ihre Fähigkeit zur Schallabsorption hängt unter anderem von ihrem längenbezogenen Strömungswiderstand ab.[9] Diese besondere Form des Strömungswiderstands ist Maß für die Fähigkeit des Materials, die kleinen Luftbewegungen zu bremsen, die von auftreffenden Schallwellen ausgelöst werden.[10]

Beim Einsatz in der Zwischensparrendämmung von Dächern etwa sollte der längenbezogene Strömungswiderstand r des Dämmstoffs zwischen 3 und 35 kPa∙ s/m2 oder – gemäß der DIN EN 13162 in Verbindung mit der DIN 4109-10 – bei mindestens 5 [kN∙ s/m4] liegen.[11]

Literatur

  • Ernst Götsch: Luftfahrzeugtechnik, Motorbuchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8
  • Thomas Schütz: Hucho – Aerodynamik des Automobils. Springer Vieweg, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-8348-2316-8.
  • Willi Bohl, Wolfgang Elmendorf: Technische Strömungslehre. Vogel Fachbuch, Würzburg 2008, ISBN 978-3-8343-3129-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wolf-Heinrich Hucho: Aerodynamik des Automobils. Definition der an einem Fahrzeug wirkenden Kräfte und Momente
  2. FLUGTAXI GmbH: PPL%20Grundbegriffe%20des%20Fliegens%20neutral.pdf PPL Grundbegriffe des Fliegens, abgerufen am 4. Mai 2010.
  3. Jürgen Zierep: Ähnlichkeitsgesetze und Modellregeln der Strömungslehre. Karlsruhe 1991, ISBN 3-7650-2041-9
  4. Durch die Geometrie steht die Bezugsfläche $ A $ in einem festen Verhältnis zum Quadrat der charakteristischen Länge $ L $.
  5. Wolf-Heinrich Hucho, Syed Rafeeq Ahmed (Hrsg.): Aerodynamik des Automobils: Strömungsmechanik, Wärmetechnik, Fahrdynamik, Komfort; mit 49 Tabellen. Springer-Verlag, 2005, ISBN 3-528-03959-0, Abschnitt „Dilemma Stirnfläche“, S. 276 (1135 S., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. tec-science: Widerstandsbeiwert (Reibungsbeiwert und Druckbeiwert). In: tec-science. 31. Mai 2020, abgerufen am 25. Juni 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  7. Herbert Sigloch: Technische Fluidmechanik. Springer, Berlin, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-44635-4, S. 324 (581 S., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Luftwiderstand beim Radrenntraining, www.trainingsworld.com, abgerufen am 27. August 2017
  9. Jan Borgers: Raumakustische Grundlagen, Seite 8; Oktober 2018. In: Jan-Borgers.de
  10. Jan Borgers: Luftströmungswiderstand DIN EN 29 053 und ISO 9 053, In: Jan-Borgers.de
  11. Prof. dr.-Ing. Ulrich Möller Fachmerkblatt 1 für den Holzbau - Schallschutz von Dächern – Schwerpunkt Zwischensparrendämmung, Institut für Hochbau, Baukonstruktion und Bauphysik an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, Leipzig, in Kooperation mit Isover/ Saint Gobain