Bremsstrahlung ist die elektromagnetische Strahlung, die entsteht, wenn der Impuls eines geladenen Teilchens, z. B. eines Elektrons, geändert wird. Dem liegt zugrunde, dass jede Geschwindigkeitsänderung eines geladenen Teilchens mit der Absorption oder Emission von elektromagnetischer Strahlung verbunden ist.
Von Bremsstrahlung im engeren Sinne spricht man, wenn Teilchen in Materie gebremst werden.
Bei Teilchenbeschleunigern (vor allem bei Synchrotronen) und bei Speicherringen wird bei der Ablenkung geladener Teilchen durch ein Magnetfeld Bremsstrahlung frei, die in diesen Zusammenhängen Synchrotronstrahlung genannt wird.
Der Effekt der Bremsstrahlung wird in Röntgenröhren zur Erzeugung von Röntgenstrahlung verwendet. Dabei schießt man Elektronen mit einer kinetischen Energie ab 30 keV auf eine Metallplatte, die häufig aus Wolfram besteht. Ein kleiner Teil der beim Abbremsen frei werdenden Energie wird in Röntgenstrahlung mit einem kontinuierlichen Spektrum (einem Röntgenkontinuum) umgewandelt.
Bremsstrahlung kann außerdem die Entwicklung und Morphologie elektrischer Entladungen beeinflussen[1] sowie hochenergetische terrestrische Gammablitze und Positronen erzeugen [2].
Zu kurzen Wellenlängen hin hat das Spektrum eine Grenzwellenlänge, die der kinetischen Energie der Elektronen entspricht, d. h. die gesamte kinetische Energie der Elektronen wird in Röntgenstrahlung umgewandelt. Diese Grenzwellenlänge hängt nur von der durchlaufenen Beschleunigungsspannung (Anodenspannung) ab, sie ist unabhängig vom Anodenmaterial; die Form des Spektrums hängt ab von der Geschwindigkeitsverteilung der Elektronen und dem verwendeten Metall.
Die kürzestmögliche Wellenlänge $ \lambda $ (siehe Duane-Hunt-Gesetz) tritt auf, wenn die gesamte kinetische Energie des Elektrons in die Strahlungsenergie eines einzigen Photons umgewandelt wird:
mit
Mit
folgt
Durch Einsetzen der Naturkonstanten h c und e ergibt sich die zugeschnittene Größengleichung:
Die untere Grenzwellenlänge $ \lambda _{\mathrm {min} } $ hängt also nur von der Beschleunigungsspannung $ U $ ab; bei einer Beschleunigungsspannung von 25 kV beträgt sie 0,05 nm. Diese Strahlung vermag bereits normales Glas und dünne Aluminiumplatten zu durchdringen. Daher müssen bei Farb-Bildröhren, die mit Beschleunigungsspannungen von 25 bis 27 kV arbeiten (Schwarzweiß-Bildröhre: ca. 18 kV), Maßnahmen zum Strahlenschutz getroffen werden. Man verwendet daher Bleioxid-haltiges Glas für den Kolben.
Die kontinuierliche Intensitätsverteilung der Bremsstrahlung, wenn Elektronen in ein Material eintreten, folgt der Kramerschen Regel:[4]
mit
Bei realen Spektren von Röntgenemissionen wird die entstehende Bremsstrahlung durch verschiedene Effekte überlagert. Hinzu kommt insbesondere die charakteristische Strahlung (Peaks in der Abb.), die ein Emissionsspektrum der Atome des Materials darstellt, sowie dessen Absorptionsbanden, da die Bremsstrahlung unter der Materialoberfläche entsteht.
Ein für kleine Ordnungszahlen $ Z $ wichtiger Prozess ist die Streuung freier Elektronen an den Schalenelektronen eines Atoms oder Moleküls.[5] Da diese Elektron-Elektron-Bremsstrahlung eine Funktion von $ Z $, die Elektron-Kern-Bremsstrahlung jedoch eine Funktion von $ Z^{2} $ ist, kann die Elektron-Elektron-Bremsstrahlung für Metalle vernachlässigt werden. Für Luft jedoch spielt sie eine wichtige Rolle bei der Erzeugung terrestrischer Gammablitze.[6]