Als Bandlücke (englisch band gap), auch Bandabstand bzw. verbotene Zone, wird der energetische Abstand zwischen Valenzband und Leitungsband eines Festkörpers bezeichnet. Dessen elektrische und optische Eigenschaften werden wesentlich durch die Größe der Bandlücke bestimmt. Die Größe der Bandlücke wird üblicherweise in Elektronenvolt (eV) angegeben.
Material | Art | Energie in eV | |
---|---|---|---|
0 K | 300 K | ||
Elemente | |||
C (als Diamant) | indirekt | 5,4 | 5,46–5,6[1] |
Si | indirekt | 1,17 | 1,12 |
Ge | indirekt | 0,75 | 0,67 |
Se | direkt | 1,74 | |
IV-IV-Verbindungen | |||
SiC 3C | indirekt | 2,36 | |
SiC 4H | indirekt | 3,28 | |
SiC 6H | indirekt | 3,03 | |
III-V-Verbindungen | |||
InP | direkt | 1,42 | 1,27 |
InAs | direkt | 0,43 | 0,355 |
InSb | direkt | 0,23 | 0,17 |
InN | direkt | 0,7 | |
InxGa1-xN | direkt | 0,7–3,37 | |
GaN | direkt | 3,37 | |
GaP 3C | indirekt | 2,26 | |
GaSb | direkt | 0,81 | 0,69 |
GaAs | direkt | 1,52 | 1,42 |
AlxGa1-xAs | x<0,4 direkt, x>0,4 indirekt |
1,42–2,16 | |
AlAs | indirekt | 2,16 | |
AlSb | indirekt | 1,65 | 1,58 |
AlN | direkt | 6,2 | |
BN | 5,8 | ||
II-VI-Verbindungen | |||
TiO2 | 3,03 | 3,2 | |
ZnO | direkt | 3,436 | 3,37 |
ZnS | 3,56 | ||
ZnSe | direkt | 2,70 | |
CdS | 2,42 | ||
CdSe | 1,74 | ||
CdTe | 1,45 |
Nach dem Bändermodell sind gebundene Zustände der Elektronen nur auf bestimmten Intervallen der Energieskala zugelassen, den Bändern. Zwischen den Bändern können (aber müssen nicht) energetisch verbotene Bereiche liegen. Jeder dieser Bereiche stellt eine Lücke zwischen den Bändern dar, jedoch ist für die physikalischen Eigenschaften eines Festkörpers nur die eventuelle Lücke zwischen dem höchsten noch vollständig mit Elektronen besetzten Band (Valenzband, VBM) und dem nächsthöheren (Leitungsband, CBM) von entscheidender Bedeutung. Daher ist mit der Bandlücke immer diejenige zwischen Valenz- und Leitungsband gemeint.
Das Auftreten einer Bandlücke in manchen Materialien lässt sich quantenmechanisch durch das Verhalten der Elektronen in dem periodischen Potential einer Kristallstruktur verstehen. Dieses Modell der quasifreien Elektronen liefert die theoretische Grundlage für das Bändermodell.
Falls das Valenzband mit dem Leitungsband überlappt, tritt keine Bandlücke auf. Ist das Valenzband nicht vollständig mit Elektronen besetzt, so übernimmt der obere nicht gefüllte Bereich die Funktion des Leitungsbandes, folglich hat man auch hier keine Bandlücke. In diesen Fällen reichen infinitesimale Energiebeträge zur Anregung eines Elektrons aus.
Nur angeregte Elektronen im Leitungsband können sich praktisch frei durch einen Festkörper bewegen und tragen zur elektrischen Leitfähigkeit bei. Bei endlichen Temperaturen sind durch thermische Anregung immer einige Elektronen im Leitungsband, jedoch variiert deren Anzahl stark mit der Größe der Bandlücke. Anhand dieser wird deshalb die Klassifizierung nach Leitern, Halbleitern und Isolatoren vorgenommen. Die genauen Grenzen sind unscharf, man kann jedoch in etwa folgende Grenzwerte als Faustregel benutzen:
Die Fähigkeit eines Festkörpers zur Lichtabsorption ist an die Bedingung geknüpft, die Photonenenergie mittels Anregen von Elektronen aufzunehmen. Da keine Elektronen in den verbotenen Bereich zwischen Valenz- und Leitungsband angeregt werden können, muss die Energie $ E_{p} $ eines Photons die Energie $ E_{g} $ der Bandlücke übertreffen
ansonsten kann das Photon nicht absorbiert werden.
Die Energie eines Photons ist an die Frequenz $ \nu $ (Ny) der elektromagnetischen Strahlung gekoppelt über die Formel
mit dem Planckschen Wirkungsquantum $ h. $
Besitzt ein Festkörper eine Bandlücke, so ist er demnach für Strahlung unterhalb einer gewissen Frequenz / oberhalb einer gewissen Wellenlänge transparent (im Allgemeinen ist diese Aussage nicht ganz korrekt, da es auch andere Möglichkeiten gibt, die Photonenenergie zu absorbieren). Speziell für die Durchlässigkeit von sichtbarem Licht (Photonenenergien um 2 eV) lassen sich folgende Regeln ableiten:
Da die Absorption eines Photons mit der Anregung eines Elektrons vom Valenz- ins Leitungsband verbunden ist, besteht ein Zusammenhang mit der elektrischen Leitfähigkeit. Insbesondere sinkt der elektrische Widerstand eines Halbleiters mit steigender Lichtintensität, was z. B. bei Helligkeitssensoren genutzt werden kann, siehe auch unter Fotoleitung.
Das Minimum des Leitungsbandes liegt im $ E({\vec {k}}) $-Diagramm direkt über dem Maximum des Valenzbandes;
darin ist $ {\vec {k}} $ der Wellenvektor, der bei Photonen proportional ist zu ihrem vektoriellen Impuls:
mit dem reduzierten Planckschen Wirkungsquantum $ \hbar . $
Bei einem direkten Übergang vom Valenzband zum Leitungsband liegt der kleinste Abstand zwischen den Bändern direkt über dem Maximum des Valenzbandes. Daher ist die Änderung $ \Delta {\vec {k}}\approx {\vec {0}} $, wobei der Impulsübertrag des Photons wegen seiner im Vergleich geringen Größe vernachlässigt wird.
Anwendungsbeispiele: Leuchtdiode
Bei einer indirekten Bandlücke ist das Minimum des Leitungsbandes gegenüber dem Maximum des Valenzbandes auf der $ {\vec {k}} $-Achse verschoben, d. h. der kleinste Abstand zwischen den Bändern ist versetzt. Die Absorption eines Photons ist nur bei einer direkten Bandlücke effektiv möglich, bei einer indirekten Bandlücke muss ein zusätzlicher Quasiimpuls ($ {\vec {k}} $) beteiligt werden, wobei ein passendes Phonon erzeugt oder vernichtet wird. Dieser Prozess mit einem Photon allein ist aufgrund des niedrigen Impulses des Lichts wesentlich unwahrscheinlicher, das Material zeigt dort eine schwächere Absorption.
Der bekannteste Halbleiter, Silicium, besitzt einen indirekten Bandübergang.
Die Energie $ E_{\mathrm {g} } $ der Bandlücke nimmt mit steigender Temperatur für viele Materialien zuerst quadratisch, dann linear ab, und zwar ausgehend von einem maximalen Wert $ E_{\mathrm {g} }(0) $ bei $ T=0\,\mathrm {K} $. Für einige Materialien, die in Diamantstruktur kristallisieren, kann die Bandlücke auch mit steigender Temperatur größer werden. Die Abhängigkeit lässt sich phänomenologisch u.a. mit der Varshni-Formel beschreiben:[3]
mit der Debye-Temperatur $ \beta \approx \Theta _{\mathrm {Debye} }. $
Die Varshni-Parameter können für unterschiedliche Halbleiter angegeben werden:
Halbleiter | Eg(T = 0 K) in eV |
$ \alpha $ in 10−4 eV/K |
$ \beta $ in K |
Quelle |
---|---|---|---|---|
Si | 1,170 | 4,73 | 636 | [4] |
Ge | 0,744 | 4,774 | 235 | |
GaAs | 1,515 | 5,405 | 204 | [4] |
GaN | 3,4 | 9,09 | 830 | [5] |
AlN | 6,2 | 17,99 | 1462 | [5] |
InN | 0,7 | 2,45 | 624 | [5] |
Dieses Temperaturverhalten ist hauptsächlich auf die relative Positionsverschiebung von Valenz- und Leitungsband durch die Temperaturabhängigkeit der Elektron-Phonon Wechselwirkungen zu erklären. Ein zweiter Effekt, der u.a. bei Diamant zu einem negativen $ \alpha $ führt, ist die Verschiebung aufgrund der thermischen Ausdehnung des Gitters. Diese kann in bestimmten Bereichen nicht-linear und auch negativ werden, wodurch negative $ \alpha $ erklärbar werden.[6]
Anwendungen gibt es vor allem in der Optik (u. A. verschiedenfarbige Halbleiter-Laser) und in allen Gebieten der Elektrotechnik, wobei man u. A. die Halbleiter- bzw. Isolator-Eigenschaften der Systeme und ihre große Variabilität (z. B. durch Legierung) ausnutzt. Zu den Systemen mit Bandlücke gehören auch die seit etwa 2010 aktuellen sog. topologischen Isolatoren, bei denen zusätzlich zu den Zuständen im Innern, die keinen Strom tragen, (fast) supraleitende Oberflächenströme auftreten.
fr:Bande interdite